Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Verwaltungskosten im Rahmen eines Verfahrens auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts.

Der Kläger beantragte am 09.07.2009 bei dem Beklagten die Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises nach § 69 SGB IX.

Mit Bescheid vom 16.04.2010 stellte der Beklagte den GdB mit 40 fest.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 24.11.2009 Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Gewährung von Akteneinsicht im Wege der Übersendung der Verwaltungsakte. Mit Schreiben vom 15.03.2010 teilte der Beklagte unter Hinweis auf § 25 Abs. 4 SGB X mit, dass eine Übersendung der Akten nicht in Betracht komme. Im Rahmen eines Telefonats am 16.04.2010 zwischen dem Klägerbevollmächtigten und einem Mitarbeiter des Beklagten wurde vereinbart, dass alle entscheidungsrelevanten Unterlagen kopiert und dem Klägerbevollmächtigten übersandt würden. Der Mitarbeiter des Beklagten hielt fest: "Über die entstehenden Kosten wurde Herr L informiert."

Mit Bescheid vom 16.04.2010 verfügte der Beklagte, dass für die Einsichtgewährung in Akten, das Fertigen von Kopien zur SGB IX-Akte und für deren Versand Gebühren i.H.v. 10,50 EUR festgesetzt würden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Es seien insgesamt 27 Seiten aus der Verwaltungsakte kopiert und übersandt worden. Rechtsgrundlage für die Festsetzung sei die Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten des Landkreises Mittelsachsen für Amtshandlungen in weisungsfreien Angelegenheiten vom 11.06.2009 (Kostensatzung). Hiernach fielen für die Einsichtgewährung in Akten Kosten i.H.v. 5,00 EUR an. Hinzu kämen Kosten für Kopien (schwarz-weiß bis Größe A4 einseitig 0,15 EUR bzw. doppelseitig 0,30 EUR) sowie das Porto für den Versand in tatsächlicher Höhe (1,45 EUR).

Gegen den Bescheid vom 16.04.2010 wandte sich der Kläger mit Widerspruch seines Bevollmächtigten vom 28.04.2010. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Widerspruch richte sich gegen die Erhebung der Gebühr für die Akteneinsichtsgewährung i.H.v. 5,00 EUR sowie gegen die Portokosten i.H.v. 1,45 EUR. Der Erhebung der genannten Kosten stehe § 64 Abs. 1 SGB X entgegen. Hiernach bestehe für das Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts Kostenfreiheit. Lediglich für die Anfertigung von Ablichtungen aus den Akten könne gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X ein Aufwendungsersatz in angemessenem Umfang verlangt werden. Die auf die Anfertigung der Kopien entfallenden Kosten würden daher nicht beanstandet. Die darüber hinaus gehende Kostenforderung sei jedoch rechtswidrig. Die Anwendung der Kostensatzung sei für das Sozialverwaltungsverfahren nach dem SGB X ausgeschlossen, da für diesen Bereich der Verwaltungstätigkeit keine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer derartigen Satzung bestehe und die Satzung im Übrigen gegen höherrangiges Recht - insbesondere § 64 Abs. 1 SGB X - verstoße.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Kostenfreiheit einschließlich der Erhebung von Auslagen des § 64 SGB X beziehe sich auf die Verfahren nach den Sozialgesetzbüchern. Es seien alle diejenigen Verfahren gemeint, in denen nach Abschluss der behördlichen Ermittlungen ein Verwaltungsakt erlassen werde. Für das Verfahren und für die von der Behörde angestellten Ermittlungen würden keine Gebühren erhoben. Gleichfalls würden keine Auslagen auf die Verfahrensbeteiligten umgelegt, wenn sich die Behörde Auskünften und Zuarbeiten Dritter bediene, für die ebenso Auslagen entstehen könnten, wie auch für die eigenen Auslagen - beispielsweise durch Telefonate oder Postentgelte. Vorliegend habe jedoch der Klägerbevollmächtigte um Auskunft aus den Akten gebeten, damit er seine Belange verfolgen könne, er also Auskünfte für seine Entscheidungsfindung im Verfahren treffen könne. Hier werde er dann zwar selbst kein Verwaltungsverfahren mit dem Ziel einer hoheitlichen Entscheidung führen, er sei aber ebenso wie die Behörde im Verwaltungsverfahren auf Auskünfte Dritter angewiesen, um seine Anträge für das erstrebte Verwaltungsverfahren - hier Widerspruchsverfahren - sachgerecht stellen zu können. Für die Zuarbeit an den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten sei die Behörde berechtigt, ihre Aufwendungen, die sie ja gerade nicht für die eigene Entscheidungsfindung brauche, auf den Auskunftssuchenden umzulegen. Mit der Kostensatzung habe sie dies getan. Hierbei sei es ihr freigestellt, bestimmte Verrichtungen pauschal zu erheben und andere an einem konkreten Aufwand festzuschreiben. Gegen die Entscheidung des Beklagten wandte sich der Kläger mit seiner am 04.06.2010 zum Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage, mit welcher er sein Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiterverfolgte.

Der Beklagte trat der Klage entgegen. Die Kostenfreiheit sei nicht durch § 64 SGB X gedeckt, wie auch eine solche nach § 183 SGG gerade nicht das Fertigen von Kopien im Verfahren vor den Gerichten einschließe. Habe der Gesetzgeber mit § 120 SGG gerade eine Ausnahmeregelung geschaffen, stehe es den Trägern der Sozialhilfe frei, Kosten für die Akteneinsicht und für entsprechende Kopien per Satzung zu erheben.

Mit Urteil vom 25.01.2011 hob das Sozialgericht Chemnitz unter Zulassung der Berufung den Bescheid des Beklagten vom 16.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.05.2010 insoweit auf, als durch ihn Verwaltungsgebühren i.H.v. 5,00 EUR und Portokosten i.H.v. 1,45 EUR festgesetzt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Erhebung der genannten Kosten auf der Grundlage der Kostensatzung des Beklagten verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen § 64 Abs. 1 SGB X, welcher auf Verfahren auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts Anwendung finde. Bei der vom Beklagten erhobenen Gebühr für die Akteneinsicht i.H.v. 5,00 EUR handele es sich ersichtlich um eine Gebühr im Sinne des § 64 Abs. 1 SGB X. Dem Kläger werde diese Gebühr für die Inanspruchnahme einer Leistung, nämlich der Akteneinsicht, in Rechnung gestellt, was nach § 64 Abs. 1 SGB X gerade nicht zulässig sei. Entsprechendes gelte für die Auslagen in Gestalt der Portokosten. Nichts anderes ergebe sich aus der Sonderregelung des § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X. Diese Vorschrift benutzte den Begriff der "Aufwendungen", ohne diesen näher zu definieren. Aufwendungen in diesem Sinne seien sicherlich die Kopierkosten, welche vorliegend allerdings nicht im Streit ständen. Nicht geregelt sei, ob auch Verwaltungsgebühren und Portokosten für die Versendung der Kopien in Rechnung gestellt werden könnten. Da es sich bei der Vorschrift um eine Ausnahmeregelung gegenüber der allgemeinen Regelung des § 64 SGB X handele, sei diese eng auszulegen. Nach Sinn und Zweck des § 64 Abs. 1 SGB X solle der Bürger in Verfahren, die sich nach den Büchern des Sozialgesetzbuches richten, von Kosten und Auslagen freigestellt werden, denn diese Vorschrift verfolge den Zweck, dem Bürger Kostenfreiheit in allen sozialrechtlichen Verfahren zu gewährleisten. Sie sei also weit auszulegen mit der Folge, dass sie anzuwenden sei, wenn nicht ausdrückliche und den jeweiligen Tatbestand genau bezeichnende Sonderregelungen wie § 25 Abs. 5 SGB X Anwendung fänden. Unklarheiten, wie die fehlende Definition des Begriffs der "Aufwendungen" in § 25 Abs. 5 SGB X, müssten zu Lasten der Behörde gehen mit der Folge, dass lediglich sächliche Aufwendungen in Form der anfallenden Kopierkosten, nicht jedoch Verwaltungsgebühren und Portokosten auf den Bürger umgelegt werden könnten. Die entsprechende Vorschrift in der Satzung des Beklagten sei somit auf Verfahren nach dem SGB X unanwendbar.

Gegen das Urteil vom 25.01.2011 richtet sich die vom Beklagten am 28.02.2011 eingelegte Berufung. Zur Begründung wird ausgeführt: Wenn die sozialgerichtliche Entscheidung dem Beklagten die Kosten für das Porto versage, weiche das Gericht von seinen eigenen Grundsätzen ab. So werde in Klageverfahren gegen Behörden im Rahmen der Kostenfestsetzung der Anspruch auf Erstattung von fiktiven Portokosten für die Kläger bei deren Obsiegen im Rechtsstreit für rechtmäßig erachtet und den Klägern als erstattungsfähige Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zugestanden. Wenn dem Beklagten tatsächliche Aufwendungen von Portokosten im Rahmen des Akteneinsichtsverfahrens entständen, weil er für das Verschicken von Kopien Postdienstleistungen (wie jeder andere auch) in Anspruch nehme, müsse ihm ein Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X zustehen, weil sich der Aufwendungsersatz nicht auf das Fertigen von Kopien beschränke. Dem stehe schon der Wortlaut der genannten Vorschrift entgegen, der nämlich keinen Bezug zum Satz 1 des § 25 Abs. 5 SGB X herstelle und damit die Auslagenerhebung auf das alleinige Fertigen von Kopien beschränke. Hätte der Gesetzgeber allein Kopierkosten gemeint, dann hätte er nicht den Begriff der Aufwendungen gewählt oder diesen Begriff der Aufwendungen zur Bindung an die Kopierkosten mit dem Vorwort "diese" (Aufwendungen) in den Gesetzestext formuliert. Zudem gehe der Bezug zu § 64 SGB X fehl. Auf die bisherige Argumentation werde insoweit Bezug genommen. Ergänzend sei auf Folgendes hinzuweisen: Die vollständige Schwerbehindertenakte zu jedem Einzelfall liege allein in elektronischer Form (als Datei) vor. Wenn Akteneinsicht gewährt werde, sei regelmäßig ein Ausdruck der Akte für die vom Antragsteller gewünschten Aktenteile notwendig. Dieser Aufwand sei wegen des Ablagesystems zur elektronischen Akte regelmäßig für die Behörde (viel) höher als bei der Akteneinsicht in gegenständlich geführte Akten. Für diesen Verwaltungsaufwand würden die hier in Rede stehenden Kosten für die Akteneinsicht erhoben. Die ausgesuchten Aktenteile würden dann ausgedruckt und versandt, wofür die die weiteren Kosten anfielen. Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Es gelte der Grundsatz der Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 1 SGB X. Allein bezüglich der Akteneinsicht regele § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X, dass - abweichend von der generellen Kostenfreiheit des Sozialverwaltungsverfahrens - für die Anfertigung von Ablichtungen ein Aufwendungsersatz in angemessenem Umfang verlangt werden könne. Diese Vorschrift stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit § 25 Abs. 5 Satz 1 SGB X und berechtige zu einem Aufwendungsersatz nur in Zusammenhang mit der Anfertigung, nicht aber mit der Versendung von Kopien. Die darüber hinausgehenden Kostenforderungen nach der Kostensatzung des Beklagten seien rechtswidrig. Soweit der Beklagte auf Regelungen für die Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren verweise, könnten diese auf das Verwaltungsverfahren nicht übertragen werden. Im Hinblick auf den vom Beklagten geschilderten besonderen Aufwand bei der Führung von Akten in elektronischer Form sei darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Art und Weise der Aktenführung dem Beklagten obliege. Der Betroffene dürfe hierdurch nicht dergestalt beeinträchtigt werden, dass durch die Form der Aktenführung besondere Gebühren anfielen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 25.01.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen war die Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten des Landkreises Mittelsachsen für Amtshandlungen in weisungsfreien Angelegenheiten (Kostensatzung) vom 11.06.2009.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist - insbesondere hinsichtlich des beschrittenen Rechtswegs (§ 17a Abs. 5 GVG) - zulässig und auch im Übrigen angesichts der für den Senat bindenden Zulassung durch das Sozialgericht statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 16.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.05.2010 insoweit aufgehoben, als hiermit Verwaltungsgebühren i.H.v. 5,00 EUR sowie Portokosten i.H.v. 1,45 EUR festgesetzt wurden. Denn die Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Rechtsgrundlage für die vom Beklagten erhobene Kostenforderung ist § 25 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz des Freistaates Sachsen (SächsVwKG) i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten des Landkreises Mittelsachsen für Amtshandlungen in weisungsfreien Angelegenheiten vom 11.06.2009 (Kostensatzung). § 25 Abs. 1 SächsVwKG ermächtigt die Gemeinden, Landkreise und sonstigen kommunalen Körperschaften des öffentlichen Rechts, für ihre Amtshandlungen in weisungsfreien Angelegenheiten aufgrund von Satzungen Kosten zu erheben. Hierzu gehört das Verfahren zur Feststellung des GdB nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX), dessen Durchführung gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 Sächsisches Gesetz zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (SächsAGSGB) den Landkreisen und Kreisfreien Städten obliegt, welche hierbei gemäß § 15a Abs. 1 Satz 3 SächsSGSGB (nur) der Rechtsaufsicht durch den Kommunalen Sozialverband Sachsen unterliegen.

Die laufende Nr. 1 Tarifstelle 3.1 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 Kostensatzung (Kostenverzeichnis) sieht für die Einsichtsgewährung in Akten und amtliche Bücher und dergleichen, soweit diese nicht öffentlich ausgelegt sind und soweit die Einsicht nicht in einem gebührenpflichtigen Verfahren gewährt wird, eine Gebühr von 0,50 EUR je Akte oder Buch, mindestens jedoch 5,00 EUR vor. Gemäß § 5 Abs. 1 Kostensatzung i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 und § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 SächsVwKG werden Auslagen in Gestalt von Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, ausgenommen die Entgelte für einfache Briefsendungen, grundsätzlich in tatsächlich entstandener Höhe erhoben. Auf diese Bestimmungen stützt der Beklagte die Kostenforderung i.H.v. 5,00 EUR (Akteneinsicht) bzw. 1,45 EUR (Porto für Großbrief).

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Kostenforderung ist, dass die Kostensatzung, auf welche der Beklagte die Kostenforderung stützt, rechtmäßig ist. Daran fehlt es hier. Die Kostensatzung widerspricht für Verfahren nach dem SGB X höherrangigem Recht.

Das Verwaltungsverfahren zur Feststellung des GdB richtet sich nach bundesgesetzlichen Vorschriften, nämlich ausweislich § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), ergänzt durch das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung. Wenn, wie hier, kommunale Körperschaften Verwaltungstätigkeiten nach Bundesrecht vornehmen, sind sie an die dort aufgestellten gesetzlichen Vorgaben gebunden. Für die Bemessung von Gebühren ergibt sich dies ausdrücklich aus § 25 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 SächsVwKG, wonach im Bundesrecht festgelegte Vorgaben Anwendung finden.

Eine derartige bundesgesetzliche Vorgabe, welche als höherrangiges Recht zu beachten ist, enthält die Vorschrift des § 64 Abs. 1 SGB X. § 64 Abs. 1 SGB X bestimmt, dass für das Verfahren bei den Behörden nach dem SGB X keine Gebühren und Auslagen erhoben werden. Die Kostenfreiheit erfasst hierbei das gesamte Verwaltungsverfahren, das bei einer Behörde i.S.v. § 1 Abs. 2 SGB X durchgeführt wird, einschließlich des Widerspruchsverfahrens (Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 64 Rn 3; Freischmidt in: Hauck/Noftz, SGB X, § 64 Rn. 4). Erfasst wird zudem auch schlicht hoheitliches Handeln wie Auskunft oder Beratung. Die Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 1 SGB X betrifft sowohl Gebühren als auch Auslagen. Gebühren sind Entgelte für die Vornahme von Amtshandlungen, worunter z.B. auch Auskünfte und Beratungen nach §§ 15, 14 SGB I oder die Gewährung von Akteneinsicht gehören. Auslagen sind u.a. Porti, Telefon- und Fotokopierkosten. Soweit der Grundsatz der Kostenfreiheit zum Tragen kommt, können auch nicht durch Satzung Gebühren erhoben oder Auslagen erstattet verlangt werden (Krasney in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand März 2007, SGB X, § 64 Rn. 3).

Bei der hier im Streit stehenden Gewährung von Akteneinsicht handelt es sich - unabhängig von ihrer Qualität als schlicht hoheitliches Handeln oder Verwaltungsakt (vgl. hierzu: Krasney in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2003, SGB X, § 25 Rn. 13) - um die "Vornahme einer Amtshandlung" im vorbezeichneten Sinne. Die geltend gemachten Portokosten stellen Auslagen im vorbezeichneten Sinne dar. Damit steht der vom Beklagten erhobenen Kostenforderung der Grundsatz der Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 1 SGB X entgegen.

Eine Ausnahmeregelung zu § 64 Abs. 1 SGB X enthält (u.a.) § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X (Krasney in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand März 2007, SGB X, § 64 Rn. 3; Freischmidt in: Hauck/Noftz, SGB X, § 64 Rn. 5). Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 SGB X können die Beteiligten, soweit die Akteneinsicht zu gestatten ist, Auszüge oder Abschriften selbst fertigen oder sich Ablichtungen durch die Behörde erteilen lassen. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X kann die Behörde Ersatz ihrer Aufwendungen in angemessenem Umfang verlangen. Der Aufwendungsersatz nach § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X knüpft hierbei systematisch an die Erteilung von Auszügen, Abschriften oder Ablichtungen nach § 25 Abs. 5 Satz 1 SGB X an. Insoweit handelt es sich um einen im Einzelfall entstehenden besonderen Aufwand, der über den im Rahmen der allgemeinen Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB X entstehenden Aufwand hinausgeht. Nicht erfasst von § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X ist dagegen der bei jeder Akteneinsicht (auch in den Räumlichkeiten der Behörde) entstehende allgemeine Verwaltungsaufwand (z.B. durch Heraussuchen und Bereitstellen der Akten, Überwachung der Akteneinsichtnahme etc.). Denn der Anspruch nach § 25 Abs. 5 SGB X ergänzt lediglich den (allgemeinen) Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 SGB X, indem er dem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit eröffnet, das Ergebnis der Akteneinsicht zur weiteren Verwendung zu fixieren (BSG, Beschl. v. 30.11.1994, Az: 11 RAr 89/94). Er setzt somit die Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 und 4 SGB X voraus, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass der Beteiligte die Aktenteile, von denen ggf. Ablichtungen durch die Behörde gefertigt werden sollen, konkret zu bezeichnen hat (BSG, a.a.O.). Hieraus folgt, dass "Aufwendungen" i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X nur solche sind, die dadurch entstehen, dass - über die allgemeine Akteneinsicht hinaus - Ablichtungen zur weiteren Verwendung gefertigt werden. Der insoweit entstehende Aufwand wird von der laufenden Nr. 3 Tarifstelle 2.1 des Kostenverzeichnisses der Kostensatzung erfasst (0,15 EUR für einseitige schwarz-weiß Kopie bis Größe A4). Diesen besonderen Aufwand kann der Beklagte gegenüber dem Kläger geltend machen. Da der Kläger dies von vornherein anerkannt und seinen Klageantrag entsprechend beschränkt hatte, braucht nicht entschieden zu werden, ob die insoweit erhobene Kostenforderung "angemessen" im Sinne der gesetzlichen Regelung ist und ob der Beklagte bei seiner Entscheidung ein Ermessen ("kann verlangen") hätte ausüben und hierbei die persönlichen Verhältnisse des Klägers berücksichtigen müssen (vgl. hierzu: von Wulffen in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 25 Rn 11). Dagegen unterfällt die allgemeine Gebühr für die Verwaltungshandlung "Einsichtgewährung in Akten" nach der laufenden Nr. 1 Tarifstelle 3.1 des Kostenverzeichnisses der Kostensatzung (0,50 EUR je Akte, mindestens 5,00 EUR) nicht dem Ausnahmetatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X, so dass insoweit der Grundsatz der Kostenfreiheit nach § 64 Abs. 1 SGB X zum Tragen kommt. Entsprechendes gilt für die geltend gemachten Portokosten. Derartige Kosten sind von § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X nicht erfasst, da diese Norm, wie dargelegt, die Akteneinsicht durch den Verfahrensbeteiligten voraussetzt. Vorliegend wurde indes durch den Kläger gar keine Akteneinsicht genommen, sondern die Aktendurchsicht auf den Beklagten delegiert. Lässt sich die Behörde, wie vorliegend, hierauf ein, obwohl ein entsprechender Rechtsanspruch des Verfahrensbeteiligten nicht besteht (BSG, a.a.O.), stellen sich die hierdurch entstehenden Aufwendungen als allgemeiner Verwaltungsaufwand dar, welcher von der Sondervorschrift des § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB X nicht erfasst wird. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass § 5 Abs. 1 Kostensatzung i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 und § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SächsVwKG einfache Briefsendungen, d.h. Briefsendungen, die - wie hier - nicht besonders zugestellt werden, ohnehin von der Auslagenerhebung ausnimmt.

Da mithin hinsichtlich der streitbefangenen Kostenforderung des Beklagten der Grundsatz der Kostenfreiheit des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens zum Tragen kommt, ist die Kostensatzung des Beklagten dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass sie Verwaltungsverfahren nach dem SGB X, die dem Anwendungsbereich des § 64 Abs. 1 SGB X unterfallen, nicht erfasst (geltungserhaltende Auslegung).

Soweit der Beklagte auf den mit der Führung einer elektronischen Akte verbundenen besonderen Aufwand verweist, weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass die verwaltungsinterne Entscheidung über die Art und Weise der Aktenführung nicht dazu führen kann, dem - kraft Gesetzes von der Kostenpflicht freigestellten - Verfahrenbeteiligten die durch die besondere Form der Aktenführung entstehenden Mehrkosten aufzubürden.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.