Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) und die Feststellung des Merkzeichens "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (G) streitig.

Die 1955 geborene, aus K. stammende (Übersiedlung 1990) Klägerin beantragte am 13.07.2007 die Feststellung des GdB und von Merkzeichen. Das Landratsamt S. zog diverse ärztliche Unterlagen, insbesondere die Seiten 2.1 bis 2.6 des Entlassungsberichts des Prof. Dr. J., Ärztlicher Direktor der Rheumaklinik Bad W., vom 04.10.2007 (Rehabilitationsmaßnahme vom 05.09.2007 bis zum 03.10.2007; chronisches Zervikobrachialsyndrom beidseits bei degenerativen Halswirbelsäulenveränderungen, chronisches Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, Varusgonarthrose beidseits, arterielle Hypertonie, Adipositas, Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom) bei. Danach holte es den Befundbericht des Orthopäden W. vom 18.12.2007 (chronisch-degeneratives Wirbelsäulensyndrom, geringfügige schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vor allem der Hals- und Brustwirbelsäule und geringer der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Symptomatik, Polyarthralgien bei Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom, ausgeprägte Beschwerden in nahezu allen großen Gelenken ohne ausgeprägte Funktionseinschränkungen) ein. Dr. G. berücksichtigte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.01.2008 als Behinderungen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Fibromyalgiesyndrom und ein chronisches Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 30 sowie eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke mit einem Einzel-GdB von 20 und bewertete den Gesamt-GdB mit 30. Nachdem die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt hatte, berücksichtigte Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.02.008 als zusätzliche Behinderung eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB weiterhin mit 30. Mit Bescheid vom 20.02.2008 stellte das Landratsamt den GdB mit 30 seit 13.07.2007 fest und lehnte die Feststellung von Merkzeichen ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 28.02.2008 Widerspruch ein. Nachdem die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen, insbesondere das Sozialmedizinische Gutachten von Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-WürttemB. (MDK) vom 06.03.2008 (anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom, Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom, Verdacht auf Anpassungsstörung mit leichter depressiver Reaktion, bekannte arterielle Hypertonie, Adipositas, Osteochondrose und Spondylarthrose der Halswirbelsäule) vorgelegt hatte, berücksichtigte Dr. Sch. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.04.008 als zusätzliche Behinderung einen Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB nunmehr mit 40. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 15.05.2008 stellte das Landratsamt den GdB mit 40 seit 13.07.2007 fest und lehnte weiterhin die Feststellung von Merkzeichen ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch im Übrigen zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 10.07.2008 Klage beim Sozialgericht K. erhoben. Sie hat Blatt 1 des Entlassungsberichts des Prof. Dr. J. vom 04.10.2007 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die im Rahmen des auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gerichteten Klageverfahrens S 5 R 1965/08 angefallenen ärztlichen Unterlagen beigezogen, den Chirurgen Dr. B. unter dem 17.08.2008, den Neurologen und Psychiater Dr. M. unter dem 21.08.2008, den Neurologen und Psychiater Dr. G. unter dem 12.09.2008 sowie den Allgemeinmediziner Dr. G. unter dem 24.01.2009 schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und diverse Arztbriefe beigezogen. Dr. B. hat ein ausgeprägtes Fibromyalgiesyndrom, eine Hemisensibilität links, eine Osteochondrose und Spondylarthrose an der Halswirbelsäule, eine Spondylolisthesis C4/5, eine Osteochondrose und Spondylarthrose an der Lendenwirbelsäule, eine Periarthritis humeroscapularis links, differenzialdiagnostisch eine Rotatorenmanschettenruptur links, eine minimale medial betonte Gonarthrose rechts, eine leichte FußW.elarthrose links, eine Adipositas, eine Depression sowie eine Hypertonie beschrieben und ausgeführt, die Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr sei weder erheblich beeinträchtigt noch sei sie auf eine Begleitung angewiesen. Dr. M. hat über eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion leichter bis mittelgradiger Ausprägung, ein Restless-Legs-Syndrom, eine Spondylolisthesis C4/5, eine Osteochondrose und Spondylarthrose der Halswirbelsäule, eine Hyperthonie sowie ein diskretes Karpaltunnelsyndrom beidseits berichtet und angegeben, über eine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr sei ihm nichts bekannt. Dr. G. hat eine somatoforme Schmerzstörung bei Fibromyalgie, eine depressive Reaktion sowie ein Restless-Legs-Syndrom beschrieben und ausgeführt, aufgrund der ständigen chronischen Schmerzen und der Bewegungsunruhe sei die Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr beeinträchtigt, ohne allerdings auf eine ständige Begleitung angewiesen zu sein. Dr. G. hat über eine diffuse Druckschmerzhaftigkeit in der gesamten Skelettmuskulatur, Verspannungen und Bewegungseinschränkungen der Hals-Schulter-Partien sowie beider Arme und Beine sowie eine starke Druckschmerzhaftigkeit in der Magengrube und beider Lenden berichtet und angegeben, die Bewegungsunfähigkeit im Straßenverkehr beruhe auf einer körperlichen Erkrankung im Sinne einer Fibromyalgie und damit verbundener Einschränkungen, wobei die Klägerin aber nicht auf eine ständige Begleitung angewiesen sei. Dr. B. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.04.2009 an der bisherigen GdB-Einschätzung festgehalten.

Sodann hat das Sozialgericht die im Rahmen des Rentenverfahrens erstellten Gutachten beigezogen.

Dr. M., Chefarzt der Abteilung Innere Medizin und Rheumatologie der Federseeklinik Bad B., hat in seinem Gutachten vom 02.07.2009 als Gesundheitsstörungen eine Bluthochdruckerkrankung, ein Zwölffingerdarm-Geschwür, eine Arthrose des rechten Kniegelenks, eine Schultersymptomatik und eine chronische Schmerzerkrankung im Sinne einer klassischen somatisch betonten Form einer Fibromyalgie beschrieben. Dr. R. hat daraufhin in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2009 als Behinderungen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, eine somatoforme Störung im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms mit einem Einzel-GdB von 20, eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke mit einem Einzel-GdB von 10 sowie einen Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und den Gesamt-GdB mit 30 seit 02.07.2009 bewertet.

Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 25.03.2009 ausgeführt, die Klägerin habe über regelmäßige nicht lange Spaziergänge berichtet, ihr vielfältiges Beschwerdebild lasse sich organisch in keiner Weise erklären. Es bestünden nur leichte degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne jegliche radikuläre Symptomatik und auch ohne schwerwiegende Funktionseinschränkung. Für die Diagnose einer Fibromyalgie fehle es an der dafür erforderlichen Druckschmerzhaftigkeit der sogenannten Tenderpoints. Vielmehr liege eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor. Wesentliche Bedeutung hätten zweifellos bewusste und final ausgerichtete Tendenzen mit sehr demonstrativen Zügen. Das Beschwerdebild sei eindeutig bewusst, sehr betont und überhöht vorgestellt worden. Man könne daher von der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen ausgehen. Definitionsgemäß handele es sich dabei um ursprünglich durch eine körperliche Störung verursachte körperliche Symptome, die wegen des psychischen Zustandes aggraviert würden oder länger anhielten, wobei sich ein Aufmerksamkeit suchendes histrionisches Verhalten mit zusätzlichen Beschwerden nicht-körperlichen Ursprungs entwickele, was auch vorliegend der Fall sei. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem objektivierbaren Befund und den subjektiv geklagten Beschwerden.

Ferner hat das Sozialgericht Dr. S., Chefarzt der Medizinischen Klinik am Kreiskrankenhaus S., unter dem 01.02.2010 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter Beifügung diverser Arztbriefe berichtet, als Funktionsbeeinträchtigungen bestünden eine Fibromyalgie, ein chronisches Wirbelsäulenleiden und eine chronische Migräne.

Sodann hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Dr. M. vom 12.04.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat die Bluthochdruckerkrankung mit einem Einzel-GdB von 20 und die Verschleißerscheinungen des Bewegungsapparates im Kontext mit der Fibromyalgie als chronische Schmerzerkrankung mit einem Einzel-GdB von 50 beurteilt. Er hat zur Begründung ausgeführt, im Rahmen des komplexen Schmerzgeschehens handele es sich um mittelgradige Auswirkungen mit dauernden erheblichen Funktionseinbußen, da eine schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität vorhanden sei, eine sehr umfangreiche Schmerzmedikation, einschließlich Antidepressiva, glaubhaft umgesetzt werde und die Schmerzerkrankung dennoch in der Summe nicht geringer geworden sei. Er hat ferner ausgeführt, die subjektive Angabe der Klägerin, sie könne keine zwei Kilometer im allgemeinen Ortsverkehr in einer Stunde zurücklegen, lasse sich durch die schmerztherapeutischen Befunde so nicht eindeutig belegen. Somit sei zu sagen, dass das Gehvermögen eingeschränkt sei, jedoch zwei Kilometer im allgemeinen Ortsverkehr in circa einer halben Stunde auf durchschnittlich beschaffenem Gelände zurückgelegt werden könnten.

Daraufhin hat Dr. B. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.06.2010 ausgeführt, aus dem Gutachten des Dr. H. ergäben sich keine wesentlichen Beeinträchtigungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. S. begründe ebenfalls keine abweichende versorgungsärztliche Bewertung. Aus dem Gutachten des Dr. M. ergäben sich keine wesentlichen objektivierbaren Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule beziehungsweise akuten Entzündungshinweise, so dass es an objektvierbaren rheumatologischen Befunden fehle, während die psychischen Auswirkungen Gegenstand der nervenärztlichen Begutachtung seien. Auch sei die Beweglichkeit der Wirbelsäule nicht wesentlich beeinträchtigt. Der einmalig erhöhte Blutdruck rechtfertige für sich keine abweichende versorgungsärztliche Einschätzung.

Die Klägerin hat die Arztbriefe des Radiologen Dr. Sch. vom 07.06.2010 (kernspintomographisch dorsale Bandscheibenprotrusionen ohne wesentlichen Kompressionseffekt bei L3/4 bis L5/S1, chronische Osteochondrose L5/S1, diskrete Grundplattenödeme median L3 und links L4) sowie vom 09.10.2010 (kernspintomographisch geringgradige Retropatellararthrose links) und des Dr. B. vom 14.09.2010 (leichte retropatellare Arthrose) vorgelegt.

Mit Urteil vom 29.09.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, das Fibromyalgiesyndrom und das chronische Schmerzsyndrom lasse sich kein höherer Einzel-GdB als 30 begründen. Der höheren GdB-Einschätzung des Dr. M. könne nicht gefolgt werden, da nach dem Gutachten des Dr. H. bei der Klägerin demonstrative Verhaltensweisen zu berücksichtigen seien und Dr. M. in seinem Gutachten keinerlei konkrete Angaben zu Funktionseinbußen schmerzbedingter Art gemacht habe, sondern pauschal davon ausgehe, dass solche Funktionseinbußen im gesamten körperlichen, seelischen und geistigen Bereich vorlägen. Somit sei zwar von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen. Im Rahmen des hierfür vorgesehenen GdB-Rahmens zwischen 30 und 40 könne jedoch nicht an den oberen Rand gegangen werden. Ferner könne es dahingestellt bleiben, ob für eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke noch ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen sei. Funktionsbehinderungen der Hüftgelenke habe Dr. M. in seinem Gutachten nicht erwähnt. Entgegen der Annahme des Dr. M. könne für den Bluthochdruck kein höherer Einzel-GdB als 10 vergeben werden. Zwar habe Dr. M. bei seiner Begutachtung einen erhöhten Blutdruck festgestellt, jedoch habe keiner der behandelnden oder begutachtenden Ärzte über eine mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades beziehungsweise einen diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung berichtet. Ferner sei für eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Aus alledem ergebe sich kein höherer Gesamt-GdB als 40. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens G nicht erfüllt. Sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich genommen einen Einzel-GdB von wenigstens "40" (gemeint 50) bedingten, seien nicht gegeben. Andere Funktionsbehinderungen, die sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten, lägen ebenfalls nicht vor. Auch sei Dr. M. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin noch zwei Kilometer in einer halben Stunde zurücklegen könne.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.10.2010 Berufung eingelegt. Sie hat ausgeführt, das Sozialgericht sei aus unzutreffenden Gründen dem Gutachten des Dr. M. nicht gefolgt, da sie an einer schweren Schmerzerkrankung wie auch einem schwer einstellbaren Bluthochdruck leide, so dass sie nicht mehr richtig laufen könne.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts K. vom 29. September 2010 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2008 in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheids vom 15. Mai 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 und das Merkzeichen "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat ausgeführt, das Sozialgericht habe zutreffend und nachvollziehbar begründet, warum unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhalts dem Sachverständigen Dr. M. nicht gefolgt werden könne.

Sodann hat der Senat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG das Gutachten des Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen Dr. Sch. vom 08.12.2011 eingeholt. Der Sachverständige hat ein kleinschrittiges, etwas unsicheres Gangbild der seit 01.10.2008 berenteten Klägerin bei seitengleicher Ausbildung der Ober- und Unterschenkelmuskulatur sowie kräftiger beidseitiger Fußsohlenbeschwielung und sicherem Stand auf beiden Beinen sowie gut auslösbaren nicht pathologischen Reflexen beschrieben. Fersensporn und Fußfehler seien durch die geeignete Einlagenversorgung vollständig kompensiert. Er hat das chronische Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen mit generalisiertem Somatisierungssyndrom im Sinne einer Fibromyalgie mit einem Einzel-GdB von 40, das Schultergelenksleiden mit chronischem, ausgeprägtem Impingementsyndrom beidseits mit einem Einzel-GdB von 20, das chronische Wirbelsäulenleiden mit gering- bis mittelgradigen funktionellen Auswirkungen und rezidivierendem W.elreizsyndrom mit einem Einzel-GdB von 20, das chronische Kniegelenksleiden mit Chondropathia patellae und Patellaspitzensyndrom beidseits bei Chondromalacia Grad II und Innenmeniskushinterhorn-Degeneration rechts mit einem Einzel-GdB von 20, die Hyperurikämie mit initialer Gichtatrophie mit einem Einzel-GdB von 20, die Hüftgelenksarthrose Grad I bis II beidseits ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen mit einem Einzel-GdB von 0 sowie den Fersensporn beidseits bei Senk-Spreizfuß beidseits mit einem Einzel-GdB von 0 und den Gesamt-GdB mit 50 seit 01.01.2011 bewertet. Er hat zur Begründung ausgeführt, unter Zusammenschau müsse die gegenseitige Verstärkung der Funktionsbeeinträchtigungen durch das chronische Schmerzsyndrom mit Fibromyalgie und die organisch-manifesten Leiden mit ihren Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, der Schultergelenke und der Kniegelenke berücksichtigt werden. Unberücksichtigt seien bei der Gesamt-GdB-Beurteilung die bereits auf fachfremdem internistischen und hals-nasen-ohrenärztlichen Fachgebiet erfassten Gesundheitsstörungen, die jedoch aus ganzheitlicher orthopädisch-rheumatologischer Sicht nicht zu einer signifikanten Anhebung des Gesamt-GdB führten. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, die Klägerin sei zwar in der Lage, eine Strecke von zwei Kilometern zu Fuß zurückzulegen, allerdings nicht innerhalb einer halben Stunde. Die belastungsabhängig auftretenden Schmerzen im Kniescheibenbereich beider Gelenke sowie im Lendenwirbelsäulenbereich würden durch das manifeste chronische Schmerzsyndrom mit somatoformer Störung und Fibromyalgiekomponente erheblich verstärkt, so dass die Klägerin glaubhaft zu häufigeren Pausen und zwischenzeitlichem Hinsitzen gezwungen sei. Erschwerend komme hierbei noch die Adipositas hinzu. Allerdings bedingten die Behinderungen an den unteren Gliedmaßen und/oder an der Lendenwirbelsäule noch keinen Einzel-GdB von 50 und wirkten sich diese Behinderungen nicht besonders auf die Gehfähigkeit aus. Ferner lägen weder eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit verursachende innere Leiden noch entsprechende schwere geistige Behinderungen, hirnorganische Anfallsleiden oder eine entsprechende Sehminderung vor. Dem Gutachten ist das vom Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. St. am 10.09.2008 erstellte Audiogramm beigefügt worden.

Hierzu hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.01.2012 ausgeführt, dem Gutachten des Dr. Sch. könne nicht gefolgt werden. Es gebe grundsätzlich keine Methode, Schmerzen objektiv zu messen. Hier sei man bei der Begutachtung in weiten Teilen auf die subjektiv vorgetragene Schmerzsymptomatik angewiesen, wobei es einer psychiatrischen Fachkunde bedürfe, diese Schmerzen im Kontext als glaubhaft einzustufen. Unter Berücksichtigung der im Urteil des Sozialgerichts erwähnten demonstrativen Verhaltensweisen der Klägerin müssten die von ihr subjektiv vorgetragenen Schmerzen mit größter Zurückhaltung interpretiert werden. Ferner sei anzunehmen, dass die von Dr. Sch. befundete eingeschränkte Schultergelenksbeweglichkeit auf einem bei der Untersuchung demonstrativen und willkürlichen Gegenspannen beruht habe. Abgesehen davon wäre selbst bei theoretischer Annahme eines Einzel-GdB von 20 für eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke kein höherer Gesamt-GdB als 40 begründbar. Auch der von Dr. Sch. angegebene Einzel-GdB von 20 für einen Knorpelschaden beider Kniegelenke sei nicht begründbar. Die Kniegelenke seien beidseits frei beweglich gewesen. Anhaltende Reizerscheinungen der Kniegelenke seien nicht feststellbar. Mangels Funktionseinschränkungen könne auch die von Dr. Sch. erwähnte Hyperurikämie mit initialer Gichtatrophie keinen messbaren Einzel-GdB bedingen. Ein jetzt vorgelegtes Tonaudiogramm vom 10.09.2008 ergebe einen prozentualen Hörverlust für das rechte Ohr von 11 % und für das linke Ohr von 31 %, was einem Einzel-GdB von 0 entspreche.

Dr. Sch. hat in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 26.04.2012 ausgeführt, dass es weder einer Klägerin noch einem Sprechstundenpatienten oder einem Leistungssportler möglich sei, bei den von ihm routinemäßig jeden Tag durchgeführten Schulterfunktionstests in diesem Umfang subjektive Beeinflussungen der Testergebnisse zu realisieren. Ferner seien anhaltende Reizerscheinungen am Kniegelenk nicht nur durch einen Kniegelenkserguss zu beweisen. Vielmehr zählten hier auch Knochenhautreizungen, insbesondere in Kombination mit chronischen Ansatzreizungen der Kniescheibensehnen sowohl der Oberschenkelstrecksehnen als auch der Patellasehne am unteren Kniescheibenpol ebenso zu Reizerscheinungen, wie eine Erweichung des Kniescheibenknorpels, die durch Druck- und Anspannungstests der Kniescheibe in klassischer Form nachgewiesen würden. Die Klägerin leide an typischen und ausgeprägten sogenannten Patellaspitzensydromen im Bereich des oberen und unteren Kniescheibenpols, die in Kombination mit dem kernspintomographisch gesicherten Knorpelschaden der Kniescheibenrückseite und dem objektiven Schmerzbefund an den Kniescheibenrandzonen stünden. Auch bleibe er dabei, die Hyperurikämie mit initialer Gichtatrophie mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Denn diesbezüglich lägen tatsächlich diffuse Druckschmerzhaftigkeiten der Gelenkkapseln, die zu geringen Funktionseinschränkungen führten, vor. Bezüglich der Bewertung von Schmerzen versichere er, dass ein elementares Ziel jeder gutachterlichen Untersuchung die Differenzierung von objektivem Funktionsbefund und geklagter Schmerzsymptomatik sei. In Bezug auf die gutachterliche Untersuchung der Klägerin sei beispielhaft hierfür angeführt, dass die Hüftgelenke bei ihm und Dr. M. funktionell und qualitativ weitgehend schmerzfrei gewesen seien, andere Gelenke wie die Schulter dagegen massiv schmerzgehemmt. Gleiches gelte für die Erhebung des Hand- und Fußfunktionsbefundes. Bei genauem Studium seiner gutachterlichen Befunderhebung erkenne man dementsprechend auch einen zwar politopen, aber doch differenzierten Schmerzbefund der Klägerin, in klarer Korrelation zu der Fibromyalgie und den aufgeführten Einzelleiden.

Hierzu hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10.05.2012 ausgeführt, die Fibromyalgie sei nach den hiermit verbundenen psychischen Begleiterscheinungen zu beurteilen. Sofern Dr. Sch. weiterhin daran festhalte, dass anhaltende Reizerscheinungen in Verbindung mit Knorpelschäden der Kniegelenke nachzuweisen seien, so seien solche dem Gutachten nicht zu entnehmen. In Verbindung mit der Hyperurikämie mit initialer Gichtatrophie seien aus dem Gutachten von Dr. Sch. keine GdB-relevanten Funktionseinschränkungen zu entnehmen. Orientiere man sich also an den objektiv fassbaren Befunden bei kritischer Würdigung einer subjektiv angegebenen Schmerzsymptomatik bei bekannter Aggravationstendenz, ergebe sich keine Möglichkeit, von der bisherigen GdB-Beurteilung abzuweichen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn bei der Klägerin lässt sich kein höherer GdB als 40 feststellen.

Die Feststellung des GdB richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich bei der Klägerin keine Schwerbehinderteneigenschaft feststellen.

Im Funktionssystem Rumpf beträgt der Einzel-GdB 20.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 beträgt bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40.

Zutreffend hat Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2009 unter Berücksichtigung der in der eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. B. vom 17.08.2008 und der in dem beigezogenen, im Urkundenbeweis verwertbaren, Gutachten des Dr. M. vom 02.07.2009 dargelegten Befunde den Einzel-GdB für das Wirbelsäulenleiden der Klägerin mit 20 bewertet. Nichts anderes ergibt sich selbst unter Annahme der von Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.12.2011 dokumentierten Bewegungsmaße. Diese rechtfertigen ebenfalls nur die Annahme eines Einzel-GdB von 20. Er hat die Halswirbelsäule nach allen Richtungen als stark schmerzhaft bewegungseingeschränkt beschrieben und im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule lediglich gering- bis mittelgradige Auswirkungen objektiviert. Mithin handelt es sich nach der insoweit zutreffenden Einschätzung des Dr. Sch. um einen Einzel-GdB von 20 rechtfertigende mittelgradige Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule und mithin nur in einem Wirbelsäulenabschnitt und noch nicht um einen Einzel-GdB ab 30 rechtfertigende schwere Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradige Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten.

Soweit Dr. M. in seinem Gutachten vom 12.04.2010 die chronische Schmerzerkrankung "im Sinne einer Fibromyalgiesymptomatik bzw. somatoformen Schmerzstörung" mit einem Einzel-GdB von 50 und Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.12.2011 das chronische Schmerzsyndrom im "Stadium III nach Gerbershagen mit generalisiertem Somatisierungssyndrom im Sinne einer Fibromyalgie" mit einem Einzel-GdB von 40 bewerten, fällt die Bewertung dieses Leidens weder in das internistisch-rheumatologische noch in das orthopädische, sondern vielmehr in das nervenheilkundliche Fachgebiet. Zutreffend hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10.05.2012 dargelegt, dass die Fibromyalgie nach den hiermit verbundenen psychischen Begleiterscheinungen zu beurteilen ist. Das war auch für den Senat angesichts der fehlenden Objektivierbarkeit der Schmerzen angesichts der nicht vorhandenen Muskelatrophien (dazu siehe unten) nachvollziehbar begründet. Damit einhergehend sind nach den VG, Teil B, Nr. 18.4 die Fibromyalgie und ähnliche Syndrome jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Vorliegend betreffen diese Auswirkungen das nervenheilkundliche Fachgebiet (somatoforme Störungen; so LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 668/11, vom 19.12.2008 - L 8 SB 3720/07, vom 29.08.2008 - L 8 SB 5525/06 und vom 23.11.2007 - L 8 SB 4995/04), so dass sie für das Funktionssystem Rumpf nicht den Einzel-GdB erhöhen.

Im Bereich des Funktionssystems Gehirn, einschließlich Psyche beträgt der Einzel-GdB allerdings nicht mehr als 30.

Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (zum Beispiel schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70.

Bei der Klägerin liegt nach den im Urkundenbeweis verwertbaren Gutachten des Dr. H. vom 25.03.2009 sowie den Gutachten des Dr. M. vom 12.04.2010 und des Dr. Sch. vom 08.12.2011 unzweifelhaft eine somatoforme Schmerzstörung vor. Die hieraus resultierenden Funktionsstörungen rechtfertigen allenfalls die Annahme einer mit einem Einzel-GdB zwischen 30 und 40 zu bewertenden stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, aber noch nicht die Annahme einer mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewertenden schweren Störung mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Gegen eine solch starke Ausprägung der seelischen Erkrankung der Klägerin sprechen die in den ärztlichen Unterlagen und den Gutachten dargestellten vorhanden Alltagskompetenzen. Auch der von der Klägerin geschilderte Tagesablauf rechtfertigt nicht die Annahme einer schweren seelischen Störung. Denn die Klägerin ist immerhin noch in der Lage, ihren Zwei-Personen-Haushalt alleine zu versorgen und die Mahlzeiten zuzubereiten. Ihr Familienleben hat die Klägerin als harmonisch beschrieben. Dass den von der Klägerin demonstrierten Funktionseinschränkungen mit Vorsicht zu begegnen ist, hat Dr. H. in seinem Gutachten anschaulich dargestellt. So hat die Klägerin bei der gezielten Bewegungsprüfung im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich heftig und muskelkräftig gegeninnerviert, aber bei mehreren Kontrollen und Ablenkung haben sich im Bereich der Halswirbelsäule allenfalls endgradige Bewegungseinschränkungen und im Bereich der Lendenwirbelsäule ein Finger-Boden-Abstand von 20 cm sowie eine beidseits freie Seitwärtsneigung gezeigt. Ferner hat Dr. H. trotz der von der Klägerin umfangreich geschilderten Schmerzen keine Muskelatrophien festgestellt, so dass eine schmerzbedingte Schonung jedenfalls nicht nachgewiesen ist. Auch unter Würdigung des von Dr. H. erhobenen psychischen Befundes lässt sich nach Auffassung des Senats noch keine schwere Störung mit Anpassungsschwierigkeiten rechtfertigen. So hat sich die Klägerin bewusstseinsklar, örtlich und zeitlich und zur Person situativ voll orientiert, im Gespräch zugewandt und kontaktbereit sowie in Gestik und Mimik ausgesprochen lebhaft gezeigt. Sie hat auch nicht tiefergehend depressiv herabgestimmt gewirkt. Hinweise auf Interessenverlust oder Freudlosigkeit oder eine Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls hat Dr. H. ebenso wenig ausgemacht wie Antriebs- oder Ich-Störungen. Da sich das Jammern und Klagen der Klägerin bei Wegfall der Aufmerksamkeitszuwendung jeweils verlor, hat Dr. H. auch vor dem Hintergrund des Gegenspannens bei der Bewegungsprüfung für den Senat sehr gut nachvollziehbar dargelegt, dass das Verhalten der Klägerin bei der Exploration und Untersuchung mit demonstrativen Zügen bewusst final geprägt gewesen ist. Vor diesem Hintergrund hat Dr. H. schlüssig dargelegt, dass sich die Gesundheitsstörungen auf eine berufliche Tätigkeit nicht schwerwiegend nachteilig auswirken, und funktionelle Einschränkungen lediglich aufgrund ihres Lebensalters ausgemacht. Zwar hat Dr. M. aufgrund einmaliger Untersuchung am 20.02.2008 in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21.08.2008 eine gedrückte Stimmungslage mit innerer Unruhe sowie Vergesslichkeit und die Klägerin als angespannt, überreizt sowie erregt wirkend beschrieben. Aber auch er hat die Klägerin als auf ihre Schmerzsymptomatik fixiert, nur mäßig depressiv verstimmt, emotional schwingungsfähig und ohne wesentliche Antriebminderung beschrieben und ist daher von einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion leichter bis mittelgradiger Ausprägung ausgegangen, was ebenfalls gegen die Annahme einer schweren Störung spricht. Ebenso hat Dr. G. bei der Klägerin aufgrund der zwischen dem 18.03.2008 und dem 22.07.2008 durchgeführten Untersuchungen ausweislich seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 12.09.2008 mit Ausnahme einer niedergeschlagenen Stimmung, angegebenen Schmerzen und Ein- sowie Durchschlafstörungen bei unruhigen Beinen keinen pathologischen psychischen Befund erhoben. Nichts anderes ergibt sich aus dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. M. vom 12.04.2010. Zwar hat die Klägerin gegenüber diesem Sachverständigen im Wesentlichen über Ganzkörperschmerzen, eine massive Einschränkung der Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit sowie eine deutliche depressive Entwicklung geklagt. Eine Befundverschlechterung lässt sich aber nicht feststellen. So hat auch Dr. M. bei der Klägerin eine normal kräftig ausgeprägte Muskulatur sowie keine Anhaltspunkte für eine Muskelatrophie ausgemacht und die Klägerin als "extrem" klagsam beschrieben. Vor diesem Hintergrund ist auch die Einschätzung des Dr. M., es seien "mittelgradige Auswirkungen mit dauernden erheblichen Funktionseinbußen schmerzbedingt" vorhanden, einzuordnen. Einen Einzel-GdB von 50 rechtfertigende schwere Störungen liegen mithin nicht vor. Auch sieht sich der Senat angesichts der oben dargelegten eher mäßigen Einschränkungen ebenso wie das Sozialgericht nicht dazu veranlasst, den für stärker behindernde Störungen eröffneten GdB-Rahmen zwischen 30 und 40 nach oben auszuschöpfen.

Für das Funktionssystem Arme beträgt der Einzel-GdB 10.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.13 beträgt bei einer Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) bei einer Armhebung nur bis zu 120 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit der GdB 10 und bei einer Armhebung nur bis zu 90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit der GdB 20.

Auch hier folgt der Senat der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. R. vom 23.10.2009, in der für das Schultergelenksleiden von einem Einzel-GdB von 10 ausgegangen wird. Die von Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.12.2011 dargelegten Bewegungsmaße der Schultergelenke seitwärts/körperwärts von 95/0/10 Grad rechts und 80/0/10 Grad links (Normalmaß 180/0/20-40 Grad), rückwärts/vorwärts von 10/0/90 Grad rechts und 15/0/80 Grad links (Normalmaß 40/0/170 Grad), auswärts/einwärts bei anliegendem Oberarm von 30/0/90 Grad rechts und 20/0/90 Grad links (Normalmaß 40-60/0/95 Grad) sowie auswärts/einwärts bei 90 Grad seitwärts abgehobenem Oberarm von 10/0/80 Grad rechts und 30/0/50 Grad links (Normalmaß 70/0/70 Grad) entsprechen zwar einer Armhebung von bis zu 90 Grad aber noch keiner entsprechenden Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Angesichts dessen, dass erst eine hälftige Bewegungseinschränkung bei der Armhebung (nämlich bei 90 Grad statt dem Normalmaß 170-180 Grad) Eingangsvoraussetzung für einen GdB von 20 ist, liegt eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ebenfalls erst bei einer hälftigen Einschränkung (also bei 20/0/45-50 Grad statt dem Normalmaß 40-60/0/95 Grad bei anliegendem Oberarm und bei 35/0/35 Grad statt dem Normalmaß 70/0/70 Grad bei 90 Grad seitwärts abgehobenem Oberarm) vor. Eine solche hälftige Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit hat aber vorliegend Dr. Sch. mit 30/0/90 Grad rechts und 20/0/90 Grad links bei anliegendem Oberarm sowie mit 10/0/80 Grad rechts und 30/0/50 Grad links bei 90 Grad seitwärts abgehobenem Oberarm nicht objektiviert. Mithin ist das Schultergelenksleiden der Klägerin mit einem Einzel-GdB von 10 ausreichend bewertet.

Im Funktionssystem Beine beträgt der Einzel-GdB ebenfalls nicht mehr als 10.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 beträgt bei einer einseitigen Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis 0/0/90 Grad) der GdB 0 bis 10, mittleren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung 0/10/90 Grad) der GdB 20 und stärkeren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung 0/30/90 Grad) der GdB 30 sowie beträgt bei einseitigen ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (zum Beispiel Chondromalacia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ohne Bewegungseinschränkung der GdB 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkung der GdB 20 bis 40.

Vorliegend rechtfertigen die von Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.12.2011 dokumentierten Bewegungsmaße bei der Streckung/Beugung von 0/0/140 Grad rechts und 0/0/130 Grad links (Normalmaß 5-10/0/120-150 Grad) und damit weit über 90 Grad keinen Einzel-GdB. Nichts anderes gilt im Hinblick auf den von Dr. Sch. mit einem chronischen Kniegelenksleiden mit Chondropathia patellae und Patellaspitzensyndrom beidseits bei Chondromalacia Grad II und Innenmeniskushinterhorn-Degeneration rechts beschriebenen Knorpelschaden. Dabei kann es dahin gestellt bleiben, ob die nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 für einen Einzel-GdB ab 10 erforderlichen anhaltenden Reizerscheinungen von Dr. Sch. objektiviert worden sind oder nicht. Denn aufgrund der vom Sachverständigen gemessenen Beugungsfähigkeit von 130 rechts und 140 Grad links bei einem Normalmaß von 120-150 Grad fehlenden Bewegungseinschränkung wäre lediglich der nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 für eine Chondromalacia Grad II bis IV vorgegebene GdB-Rahmen zwischen 10 und 30 eröffnet. Da bei der Klägerin aber nur eine Chondromalacia Grad II festgestellt worden ist, müsste man im unteren Bereich dieses GdB-Rahmens bleiben, so dass ein höherer GdB als 10 nicht in Betracht käme. Daher folgt der Senat der Einschätzung von Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.01.2012 und bewertet den Einzel-GdB für das Funktionssystem Beine mit nicht mehr als 10. Dass weder die Hüftgelenksarthrose Grad I bis II beidseits, da ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen im Sinne der VG, Teil B, Nr. 18.14, noch der Fersensporn beidseits bei Senk-Spreizfuß beidseits, da ohne statische Auswirkungen im Sinne der VG, Teil B, Nr. 18.14, GdB-relevant sind, hat auch Dr. Sch. so beurteilt.

Für das Funktionssystem Herz-Kreislauf beträgt der Einzel-GdB jedenfalls nicht mehr als 20.

Nach den VG, Teil B, Nr. 9.3 beträgt für einen Bluthochdruck in leichter Form (keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung; höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) der GdB 0 bis 10 und in mittelschwerer Form (mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades; Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I bis II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie, diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung) je nach Leistungsbeeinträchtigung der GdB 20 bis 40.

Zwar sind bei der Klägerin mit 170/100 mmHg (Entlassungsbericht des Dr. J. vom 04.12.2007), 170/100 mmHg (Gutachten des Dr. M. vom 02.07.2009) und 200/100 mmHg (Gutachten des Dr. M. vom 12.04.2010) mehrfach Werte über 100 mmHg dokumentiert, so dass entgegen der Einschätzung des Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2009 ein GdB-Rahmen zwischen 20 und 40 eröffnet ist. Da aber eine aus dem Bluthochdruck resultierende Leistungsbeeinträchtigung oder Organbeteiligung nicht dokumentiert ist, kann innerhalb dieses GdB-Rahmens nur am unteren Rand geblieben werden.

Für das Funktionssystem Ohren ist kein Einzel-GdB zu vergeben. Der Senat folgt dabei den schlüssigen Ausführungen von Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.01.2012, wonach sich aus dem Tonaudiogramm vom 10.09.2008 ein prozentualer Hörverlust für das rechte Ohr von 11 % und für das linke Ohr von 31 % ergibt, was nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 einem Einzel-GdB von 0 entspricht.

Die von Dr. Sch. beschriebene Hyperurikämie mit initialer Gichtatrophie ist entgegen dessen Einschätzung nicht mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, da nach den zutreffenden Ausführungen von Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.01.2012 keinerlei hieraus bedingte Funktionseinschränkungen objektiviert sind.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Arme, Einzel-GdB nicht mehr als 10 für das Funktionssystem Beine, Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf) beträgt der Gesamt-GdB jedenfalls nicht mehr als 40. Dies ergibt sich aus der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf orthopädischem, nervenheilkundlichem und internistischem Fachgebiet.

Bei der Klägerin liegen auch nicht die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens G vor.

Die Feststellung der Voraussetzungen von Merkzeichen richtet sich ebenfalls nach den Vorschriften des SGB IX.

Auf Antrag des behinderten Menschen treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).

Zu den gesundheitlichen Merkmalen im Sinne des § 69 Abs. 5 SGB IX gehört die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr. Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX). In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

Da also nach § 145 Abs. 1 SGB IX nur Schwerbehinderte für das Merkzeichen G in Betracht kommen, scheitern ihr Feststellungsbegehren schon daran, dass sich bei ihr nach den obigen Darlegungen nur ein Gesamt-GdB von 40 feststellen lässt.

Ungeachtet dessen lässt sich bei ihr aber auch keine erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr feststellen.

Als üblicherweise zu Fuß zurückzulegende Wegstrecken im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind - ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall - Wegstrecken von bis zu 2 Kilometern mit einer Gehdauer von etwa 30 Minuten anzusehen (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R; BSG, Urteil vom 13.08.1997 - 9 RVS 1/96; BSG, Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87). Der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Merkzeichens entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Merkzeichen G, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG), "Gehörlosigkeit" (Gl) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Merkzeichens "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteil des Senats vom 19.04.2012 - L 6 SB 5039/11 - unter Hinweis auf LSG Baden-WürttemB., Urteile vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 - und 24.09.2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4; so zuletzt auch LSG Baden-WürttemB., Beschluss vom 02.12.2012 - L 8 SB 1914/10).

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin an einer das Merkzeichen G rechtfertigenden Einschränkung der Gehfähigkeit leidet.

Zwar liegt bei der Klägerin nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit vor. Diese erreicht aber noch nicht ein solches Maß, dass die Klägerin wegen der bei der Prüfung des Merkzeichens G zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage wäre, ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne Gefahren für sich oder andere eine Wegstrecke von etwa 2 Kilometern in einer Zeit von 30 Minuten zu Fuß zurücklegen.

Denn die bei der Klägerin diagnostizierten Funktionsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet sind selbst unter Zugrundelegung der vom nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. Sch. beschriebenen Diagnosen nicht so schwerwiegend, als dass die zu beachtenden Beurteilungskriterien als erfüllt angesehen werden könnten. Nach dem Gutachten des Dr. Sch. vom 08.12.2011 liegen bei der Klägerin GdB-relevante Leiden, die sich auf die Gehfähigkeit auswirken, in Form eines mit einem Einzel-GdB von 20 zu beurteilenden chronischen Wirbelsäulenleidens mit gering- bis mittelgradigen funktionellen Auswirkungen und rezidivierendem W.elreizsyndrom, einer mit einem Einzel-GdB von 0 zu beurteilenden Hüftgelenksarthrose Grad I bis II beidseits ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen, eines mit einem Einzel-GdB von nicht mehr als 10 zu beurteilenden chronischen Kniegelenksleidens mit Chondropathia patellae und Patellaspitzensyndrom beidseits bei Chondromalacia Grad II und Innenmeniskushinterhorn-Degeneration rechts sowie eines mit einem Einzel-GdB von 0 zu beurteilenden Fersensporns beidseits bei Senk-Spreizfuß beidseits vor. Es ist oben bereits ausführlich dargelegt worden, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule nur gering- bis mittelgradige Auswirkungen objektiviert worden sind, im Bereich der Hüft- und Kniegelenke keine Bewegungseinschränkung dokumentiert ist sowie die Fersensporne und Senk-Spreizfüße ohne statische Auswirkungen sind. Damit liegen nach den objektiven Befunden die Bewegungsfähigkeit beeinträchtigende Einschränkungen nur in recht geringem Maße vor. Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht, dass die Klägerin bei unveränderten Befunden bei der Untersuchung bei Dr. H. sogar unproblematisch den Einbeinstand und weitere Steh- und Gangtests zeigen konnte, was Dr. Sch. völlig unbeachtet gelassen hat, somit auch tatsächlich eine Bewegung möglich war. Der Senat folgt daher der Einschätzung des die Klägerin behandelnden Orthopäden Dr. B., der eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr verneint hat. Auch hat Dr. Sch. in Auswertung der von ihm erhobenen Befunde zutreffend dargelegt, dass sich die Behinderungen an der Lendenwirbelsäule und/oder den unteren Gliedmaßen nicht besonders auf die Gehfähigkeit auswirken.

Weiter rechtfertigt die von Dr. M. in seinem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 12.04.2010 diagnostizierte Fibromyalgie als chronische Schmerzerkrankung nicht das Merkzeichen G. Zum einen kommt es für die Beurteilung der der Klägerin zumutbar zu bewältigenden Gehstrecke nicht maßgeblich auf die mit dem Gehen verbundenen Schmerzen, sondern allein darauf an, ob die Gehstrecke von 2 Kilometern durch die Klägerin zu Fuß in 30 Minuten - auch mit Schmerzen - bewältigbar ist. Zum anderen hat sogar Dr. M. ausgeführt, dass sich die Selbsteinschätzung der Klägerin, sie könne keine 2 Kilometer im allgemeinen Ortsverkehr in einer Stunde zurücklegen, durch die schmerztherapeutischen Befunde so nicht eindeutig belegen lässt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Darlegungen des Dr. Sch. in seinem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 08.12.2011 samt Stellungnahme vom 26.04.2012. Denn dieser hat sich bei seiner Einschätzung lediglich auf die nach seiner Ansicht glaubhaften Angaben der Klägerin gestützt, sie sei beim Gehen schmerzbedingt zu häufigeren Pausen und zwischenzeitlichem Hinsitzen gezwungen, aber die fehlende Muskelatrophie insoweit unberücksichtigt gelassen, die belegt, dass die Klägerin tatsächlich läuft So konnte der Sachverständige ein zwar verlangsamtes oder normales Gangbild beobachten. Auch die kräftige Beschwielung belegt, dass die Klägerin laufen kann und läuft. Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach dem im Urkundenbeweis verwertbaren nervenärztlichen Gutachten des Dr. H. vom 25.03.2009 eine Aggravationstendenz der Klägerin vorliegt und daher deren Selbsteinschätzung ein geringer Beweiswert zu kommt. Die Einschätzung des Dr. H., dass sich die Klägerin im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung eindeutig final und bewusst verhält, hält der Senat vor dem Hintergrund für überzeugend, dass die Klägerin bei der gezielten Beweglichkeit der Wirbelsäule sofort heftig und auch muskelkräftig gegeninnerviert hat, bei mehreren Kontrollen und bei Ablenkung dann allenfalls eine endgradige Bewegungseinschränkung ohne jegliche radikuläre Symptomatik vorlag. Zum anderen hat Dr. Sch. selbst dargelegt, dass "bezüglich des Merkzeichens G ... aufgrund der aktuellen gutachterlichen Untersuchung ... keine ausreichende Befundbewertung festgestellt werden" könne, "die zur Vergabe gemäß der gesetzlichen Vorgaben berechtigt".

Auch das Übergewicht der Klägerin rechtfertigt nicht die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens G (vergleiche hierzu Urteil des Senats vom 19.04.2012 - L 6 SB 5039/11 und nachgehend BSG, Beschluss vom 19.09.2012 - B 9 SB 32/12 B). Dafür ist bei der Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren sind all jene heraus zu filtern, die nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.09.2010 - L 11 SB 77/07 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R). Zwar gehört ein erhebliches Übergewicht zu den Faktoren, die einen Bezug zu einer Behinderung haben und daher bei der Beurteilung des Gehvermögens zu berücksichtigen sind. Die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas per magna sind nämlich nicht nur nach den VG Teil B Nr. 15.3 bei der Einschätzung eines aus anderen Gesundheitsstörungen folgenden GdB (erhöhend) zu berücksichtigen, sondern auch insoweit, als sie zu einer Einbuße der in § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.04.2010 - L 13 SB 82/08 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R). Dennoch sind bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G zu verneinen. Denn die aus den oben dargelegten GdB-relevanten Gesundheitsstörungen folgenden Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr werden durch funktionelle Auswirkungen der Adipositas nicht so weit verstärkt, dass die der Klägerin zumutbare Wegstrecke auf unter 2 Kilometer in 30 Minuten abgesunken wäre. Allein der Body-Mass-Index der Klägerin von 35,32 kg/m² (Gutachten des Dr. H. vom 25.03.2009: 95 kg bei 1,64 m), 37,11 kg/m² (Gutachten des Dr. M. vom 02.07.2009: 95 kg bei 1,60 m) beziehungsweise 35,11 kg/m² (Gutachten des Dr. M. vom 12.04.2010: 91 kg bei 1,61 m) begründet nicht diese Annahme, zumal auch Dr. Sch. das Übergewicht der Klägerin nicht für die von ihm angenommene eingeschränkte Gehfähigkeit verantwortlich gemacht hat.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.