Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht Gotha (SG), in dem der Beschwerdegegner die Kläger zu 1. bis 2. vertrat (S 30 AS 7563/11). Die Kläger begehrten in dem Rechtsstreit (Klageeingang am 11. November 2011) den Bewilligungsbescheid vom 23. Juni 2011, abgeändert zuletzt durch Bescheid vom 24. August 2011 (Bewilligung von vorläufigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Klägerin zu 1. und den Kläger zu 2. für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2011) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2011 (Geschäftszeichen: W 1047/11) dahingehend abzuändern, dass ihnen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe bewilligt werden. Des Weiteren begehrten sie eine Abänderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 (Geschäftszeichen: W 1340/11). Ihre notwendigen Aufwendungen seien in beiden Widerspruchsverfahren vollständig zu erstatten. Zur Begründung der Klage führte der Beschwerdegegner aus, der Bewilligungsbescheid habe nicht vorläufig ergehen dürfen, weil die Klägerin zu 1. ab dem 1. August 2011 kein schwankendes Einkommen erzielt habe. Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2012 teilte er mit, die Beklagte habe am 4. April 2012 nochmals zwei Widerspruchsbescheide, den Bescheid über die Betriebskostennachzahlung vom 8. Dezember 2011 sowie den Bescheid vom 8. Dezember 2011 über die Ablehnung der Kostenübernahme für feste Brennstoffe erlassen. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014 erklärte er, die Beklagte habe zuletzt mit Bescheid vom 24. August 2011 die Leistungen zutreffend berechnet. Nachzuzahlen seien im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung noch 112,86 Euro. Die Beklagte erklärte, der Klageanspruch werde in Höhe von 30,97 Euro anerkannt. Mit Beschluss vom 13. Mai 2014 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete Rechtsanwalt M. bei. Nach Erklärung der Beklagten, 4/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen, erklärte der Beschwerdegegner die Annahme des Teilanerkenntnisses und die Erledigung des Rechtsstreits.

Unter dem 6. August 2013 beantragte er für diesen Rechtsstreit die Festsetzung folgender Vergütung:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3104 VV-RVG 100,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006,1005 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 531,00 Euro Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV-RVG 100,89 Euro Summe 631,89 Euro

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. September 2014 die dem Beschwerdegegner im Rahmen der PKH zustehende Vergütung auf 405,79 Euro (Verfahrensgebühr 170,00 Euro, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro, Auslagen/Pauschale: 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008: 64,79 Euro) fest. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG sei nicht zu berücksichtigen. Die bloße Annahme eines Teilanerkenntnisses reiche nicht aus.

Dagegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt und vorgetragen, die Erledigungsgebühr sei in Höhe von 190,00 Euro festzusetzen. Der Beschwerdeführer hat Anschlusserinnerung und vorsorglich die Festsetzung der Gebühren auf 0,00 Euro beantragt. Seinem Antrag auf Akteneinsicht durch Übersendung der Akten hat das SG nicht entsprochen.

Mit Beschluss vom 8. März 2016 hat das SG die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren auf 631,89 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 31032 VV-RVG 170,00 Euro, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro, Erledigungsgebühr Nrn. 1006, 1005 VV-RVG 190,00 Euro, Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 100,89 Euro) festgesetzt. Die in Ansatz gebrachte Gebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe der Mittelgebühr liege trotz eines leicht unterdurchschnittlichen Aufwands seitens des Beschwerdegegners im Bereich der Toleranzgrenze von 20 v.H ... Die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG lägen vor.

Gegen den am 21. April 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 27. April 2016 Beschwerde eingelegt und eine Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 390,62 Euro beantragt. Die Verfahrensgebühr sei lediglich in Höhe von 75 v.H. der Mittelgebühr gerechtfertigt. Neben der Klageschrift seien lediglich fünf teilweise sehr kurze Schriftsätze gefertigt worden. Beanstandet werde zudem die Berücksichtigung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG, weil diese vorliegend nicht entstanden sei. Ein gerichtlicher Termin habe nicht stattgefunden; die Voraussetzungen für eine fiktive Terminsgebühr lägen nicht vor. Das Verfahren habe aufgrund eines Teilanerkenntnisses der Beklagten geendet. Die Erledigungsgebühr sei ebenfalls allenfalls in Höhe von 75 v.H. der Mittelgebühr angemessen. Der Beschwerdegegner verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluss vom 8. März 2016.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 28. April 2016) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (a.F.), denn der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit war vor diesem Zeitpunkt erteilt worden. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N., nach juris) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro.

Soweit das SG verfahrensfehlerhaft dem Beschwerdeführer Akteneinsicht durch Übersendung der Akte verweigert hat, ist der Verfahrensfehler allerdings durch Nachholung der Akteneinsicht in der Beschwerdeinstanz geheilt.

Die Beschwerde ist in dem tenorierten Umfang auch begründet.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hat den Klägern zu 1. und 2. mit Beschluss vom 13. Mai 2014 PKH gewährt und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N.). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.

Die beantragte Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe der Mittelgebühr von 170,00 Euro ist angemessen. Diese ist nach Nr. 1008 VV-RVG um 51,00 Euro zu erhöhen. Beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist vor allem der zeitliche Aufwand im Verfahren zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren (nicht eingeschränkt auf Verfahren nach dem SGB II) tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar 2013 - L 6 SF 1578/12 B m.w.N., nach juris). Mit fünf Schriftsätzen, auch wenn einige davon kurz waren, lag er auch unter Berücksichtigung der allgemein notwendigen sonstigen außergerichtlichen Aktivitäten im Durchschnitt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewertet der Senat als durchschnittlich, insofern, als während des Klageverfahrens weitere Bescheide der Beklagten ergangen sind, zu denen der Beschwerdegegner Stellung genommen hat. Die Bedeutung des Verfahrens für die Kläger ist überdurchschnittlich. Abzustellen ist dabei auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Die Kläger begehrten zuletzt noch eine Nachzahlung in Höhe von 112,86 Euro. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich. Eine Terminsgebühr ist entgegen den Ausführungen der Vorinstanz und der UdG nicht festzusetzen. Für die Bestimmung der Terminsgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, findet die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV-RVG Anwendung, auf die in Nr. 3104 VV-RVG verwiesen wird. Nach Nr. 3106 VV-RVG beträgt die Terminsgebühr 20,00 bis 380,00 Euro. Die Terminsgebühr entsteht nach Absatz 3 der Vorbemerkung 3 VV-RVG für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, wobei dies allerdings für Besprechungen (nur) mit dem Auftraggeber nicht gilt. Hier hat kein Termin stattgefunden und für eine Besprechung i.d.S. ist nichts ersichtlich. Aber auch die in Nr. 3106 VV-RVG aufgeführten Verfahrenskonstellationen sind nicht gegeben. Danach entsteht eine Terminsgebühr auch, wenn 1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, 2. nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder 3. das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Insbesondere ist das Verfahren nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt worden. Das Angebot der Beklagten mit Schriftsatz vom 9. Mai 2014 war kein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift, denn es hätte ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis erfordert, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 101 Rn. 20). Es handelte sich unter Berücksichtigung des Klagebegehrens um ein Teilanerkenntnis der Beklagten, das von beiden Beteiligten auch als solches angesehen wurde. Das Teilanerkenntnis hat der Beschwerdegegner angenommen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. April 2015 - Az.: L 6 SF 145/15 B, 29. Juli 2009 - L 6 B 15/09 SF und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF, nach juris). Dem Beschwerdegegner steht eine Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 126,67 Euro (2/3 der Mittelgebühr) zu. Die vom Beschwerdegegner begehrte Vergütung in Höhe von 190,00 Euro übersteigt den Toleranzrahmen. Er hatte zuletzt nur noch eine Nachzahlung in Höhe von 112,86 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung geltend gemacht. Insoweit bewertet der Senat sowohl den Umfang als auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als unterdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger ist überdurchschnittlich, dies wird jedoch durch ihre unterdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse kompensiert.

Zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG).

Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV-RVG 126,67 Euro Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 367,67 Euro USt Nr. 7008 VV RVG 69,86 Euro

Summe 437,53 Euro

Die Beschwerden sind gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).