Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin am 14.03.2001 eine Wehrdienstbeschädigung (WDB) erlitten und deshalb Anspruch auf Ausgleich und die Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen hat.

Die 1979 geborene Klägerin ist seit ....... 1998 Soldatin auf Zeit. Ursprünglich sollte ihre Dienstzeit am ........ 2002 enden, zwischenzeitlich hat sie sich jedoch für weitere vier Jahre verpflichtet, sodass das voraussichtliche Ende ihrer Dienstzeit der ....... 2006 ist. Am 14.03.2001 verursachte die Klägerin gegen 15:20 Uhr einen Verkehrsunfall. Sie fuhr auf der Gemarkung A. über die K 1029 aus Richtung B. in Richtung der B 28, als sie an einer Stopp-Stelle ohne anzuhalten in die B 28 einfuhr und mit einem Fahrzeug, das von rechts kam, zusammenstieß. Die Klägerin zog sich dabei eine Schädelprellung rechts, eine Wadenbeinprellung rechts sowie eine Daumenprellung links zu (Brief des Kreiskrankenhauses C. vom 14.03.2001). An ihrem Fahrzeug, einem VW-Golf, den sie etwa 1 Jahr zuvor für 9.000,- DM gekauft hatte, entstand Totalschaden. Die Klägerin hatte am Unfalltag gegen 05:00 Uhr morgens ihren Dienst angetreten. Sie hatte zunächst einen Soldaten in D. abzuholen und zum Flugplatz E. zu fahren und anschließend den Oberfeldarzt Dr. F. von der Sanitätsakademie in G. abzuholen und zurück nach H. zu bringen. Insgesamt hatte die Klägerin eine dienstliche Fahrstrecke von 829 km am Unfalltag zu bewältigen. Nach ihrer Rückkehr nach H. fuhr die Klägerin, die sog. "Heimschläferin" war, nach Hause. Angaben dazu, warum sie die Stoppstelle überfahren hatte, konnte die Klägerin nicht machen. Die vom Beklagten beigezogene Akte der Staatsanwaltschaft J. (Aktenzeichen 3253 VRs 70 Js 22045/01) enthält die Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen I. vom 14.03.2001, bei der dieser angab, er habe gesehen, wie die Klägerin an die Kreuzung herangefahren sei und ohne anzuhalten die Stoppstelle überfahren habe. Die Klägerin gab in einem unter dem 23.05.2001 ausgefüllten Fragebogen "Unaufmerksamkeit" als mögliche Unfallursache an. Gegenüber der Staatsanwaltschaft äußerte sie sich dahingehend, dass ihre Erinnerung an den Unfall ca. 150 m im Bereich einer dort befindlichen Kurve ausgesetzt und erst nach dem Unfall wieder bruchstückhaft vorhanden sei. Möglicherweise habe für ihr Verhalten jedoch eine Rolle gespielt, dass sie einen vollen Arbeitstag hinter sich und berufsbedingt eine erhebliche Fahrstrecke zurückgelegt habe. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts K. vom 30.05.2001 (rechtskräftig seit 16.06.2001) wurde die Klägerin wegen eines Vergehens der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315 c Abs. 1 Nr. 2 a, Abs. 3 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) und eines Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gem. §§ 229, 230 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen á 50 DM verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde ihr entzogen. Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, ihr vor Ablauf von 6 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Nachdem sich die Klägerin mit Schreiben vom 11.12.2001 an den Wehrbeauftragten gewandt hatte, holte die Beklagte von OFA Dr. F. die Stellungnahme vom 16.05.2002 und von Oberstleutnant L. vom Sanitätskommando IV die Stellungnahme vom 12.06.2002 ein. Mit Bescheid vom 12.09.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Ausgleich nach § 85 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) und Sachschadenerstattung nach § 86 SVG ab. Die bei der Klägerin durch den Unfall am 14.03.2001 eingetretenen Gesundheitsstörungen seien nicht Folge einer WDB im Sinne des § 81 SVG. Die Klägerin habe den Unfall grob verkehrswidrig und rücksichtslos verursacht, indem sie unter Missachtung eines Stoppschildes ohne anzuhalten nahezu ungebremst in die B 28 eingefahren sei. Damit seien nicht die versorgungsrechtlich geschützten allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs, sondern das eigene grob verkehrswidrige und rücksichtslose Verhalten wesentliche Bedingung für den Unfall gewesen. Den "Widerspruch" der Klägerin wies der Beklagte mit Beschwerdebescheid vom 15.01.2003 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 06.02.2003 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie machte geltend, die von ihr begangene fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung habe den versorgungsrechtlichen Schutz auf ihrer Heimfahrt vom Dienst nicht beseitigen können. Dies gelte insbesondere auch, wenn man die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung heranziehe. So habe das BSG in einer Entscheidung vom 04.06.2002 entschieden, dass auch bei Vorliegen einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung der Versicherungsschutz nicht entfalle.

Mit Urteil vom 02.02.2004 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf und stellte fest, dass der Zustand nach Schädelprellung, Wadenprellung rechts, Daumenprellung links Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG sei und verpflichtete die Beklagte, über den Antrag der Klägerin auf Erstattung von Sachschäden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Klägerin habe am 14.03.2001 einen Dienstunfall erlitten. Seine Entscheidung begründete es u. a. damit, dass sich nicht überzeugend darstellen lasse, dass ein Soldat als Verkehrsteilnehmer einen geringeren versorgungsrechtlichen Schutz genieße, als ein gegen das Risiko des Arbeitsunfalls Versicherter, so lange nicht eine "betriebsfremde Handlungstendenz" in Betracht gezogen werden müsse und erwiesen sei. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 09.03.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.03.2004 Berufung eingelegt, die zunächst unter dem Aktenzeichen L 8 VS 1149/04 geführt wurde. Im Hinblick auf ein beim Bundessozialgericht anhängiges Revisionsverfahren, dessen Ausgang abgewartet werden sollte, ist mit Beschluss vom 19.04.2004 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

Nach Ergehen der Entscheidung des BSG vom 16.12.2004 (B 9 VS 1/04 R), mit der das BSG entschieden hat, dass durch ein gefahrerhöhendes, als vorsätzliches Vergehen strafbares Verhalten der Versorgungsschutz eines Soldaten auf dem Heimweg von der Kaserne unterbrochen wird, hat die Klägerin am 24.02.2005 das Verfahren wieder angerufen. Sie vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung des BSG auf ihren Fall keine Anwendung finden könne, da bei ihr gerade keine vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs vorliege.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung der neuen Entscheidung des BSG ihre ablehnende Entscheidung zutreffend gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 02.02.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat das Land Baden-Württemberg mit Beschluss vom 09.02.2006 zum Rechtsstreit beigeladen. Der Beigeladene hat sich der Argumentation und Antragstellung der Beklagten/Berufungsklägerin in vollem Umfang angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Die form und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass der Zustand nach Schädelprellung, Wadenprellung rechts und Daumenprellung links Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG ist und es hat die Beklagte auch zu Recht verpflichtet, über den Antrag auf Erstattung von Sachschäden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Denn die Klägerin war bei dem Verkehrsunfall am 14.03.2001 versorgungsrechtlich geschützt.

Eine Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist ( § 81 Abs. 1 SVG ). Als Wehrdienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SVG ). Auf einem solchen versorgungsrechtlich geschützten Weg hat sich die Klägerin zum Unfallzeitpunkt befunden.

Das Zurücklegen eines Weges hängt mit dem Wehrdienst zusammen, wenn zwischen beidem ein innerer Zusammenhang besteht (ständige Rechtsprechung, zuletzt BSGE 88, 247 , 248 = SozR 3-3200 § 81 Nr. 19 mwN; ebenso zum Unfallversicherungsrecht der 2. Senat des BSG: SozR 3-2200 § 550 Nr. 21 und SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Bei der Feststellung dieses inneren Zusammenhangs geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versorgungsschutz in der Soldatenversorgung reicht. Es ist wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Soldaten noch zum "Zurücklegen des mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weges" gehört, ob beides so aufeinander bezogen ist, dass es sachlich zusammenzufassen ist. Entscheidend ist, ob der eingetretene Schaden dem Soldaten persönlich - also dessen privater Sphäre - oder seinem Dienstherrn - also der dienstlichen Sphäre - zuzurechnen ist (BSGE 88, 247 , 248 = SozR 3-3200 § 81 Nr. 19 mwN).

Der innere Zusammenhang zwischen der primär geschützten Tätigkeit (Wehrdienst) und dem Zurücklegen des Weges setzt voraus, dass der Weg wesentlich dazu dient, den Ort der Tätigkeit oder nach Beendigung der Tätigkeit die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges von dem Ort der Tätigkeit zu erreichen. Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten/Soldaten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungs-/Versorgungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte/Soldat auf dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 14).

In seiner Entscheidung vom 16.12.2004 (B 9 VS 1/04 R = BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr. 2), in der es um den versorgungsrechtlichen Schutz eines Soldaten ging, dessen Überholmanöver im Überholverbot strafrechtlich als Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 1 StGB (also Vorsatztat mit fahrlässig herbeigeführtem Erfolg) geahndet worden war, hat das BSG ausgeführt, das Kriterium der Handlungstendenz erfasse nur diejenigen Fälle sachgerecht, in denen der Versicherte/Soldat von dem rechtlich geschützten Weg in räumlicher (z. B. durch Umwege) oder zeitlicher (z. B. durch Unterbrechungen) Hinsicht abweiche. Dabei lasse sich das realisierte Risiko nach dem Kriterium der - objektivierbaren - Handlungstendenz wertend entweder der privaten Sphäre des Versicherten/Soldaten oder aber der betrieblichen/dienstlichen Sphäre zuordnen. Dieser Maßstab versage aber bei "qualitativen" Abweichungen vom geschützten Weg. In diesen Fällen sei nicht fraglich, ob das Zurücklegen des Weges dazu diene, die Dienststelle oder die Wohnung zu erreichen. Fraglich sei, ob die - riskante - Art und Weise, in der dies geschehe, noch dem Schutz des Versorgungsrechts unterfalle. Bei einem solchen "qualitativen" Verlassen des geschützten Weges sei zuerst danach zu fragen, wer die Abweichung veranlasst habe. Habe der Soldat das Risiko ohne dienstliche Gründe erhöht, so sei ihm der eingetretene Erfolg an sich zuzurechnen.

Allerdings reiche nicht jedes beliebige gefahrerhöhende, selbstgefährdende Alltagsverhalten aus, um den Versorgungsschutz entfallen zu lassen. Es müssten weitere besondere Umstände hinzutreten, wobei § 81 Abs 7 SVG nur einen speziellen Fall (absichtlich herbeigeführte gesundheitliche Schädigung) ausdrücklich regle.

Solche besondere Umstände lägen - jedenfalls - dann vor, wenn die Risikoerhöhung durch ein vorsätzliches Verhalten herbeigeführt werde, das als Vergehen oder Verbrechen strafbar sei. Dies ergebe sich einerseits aus der grundsätzlich auch im SVG geltenden Regel des Unfallversicherungsrechts, dass verbotswidriges Handeln den Versicherungsfall nicht ausschließe (§ 7 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)), andererseits aus § 101 Abs. 2 SGB VII , § 52 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 104 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Diese Normen seien Ausdruck eines notwendig auch im Soldatenversorgungsrecht zu leistenden Ausgleichs widerstreitender Grundsätze: Das Sozialrecht habe keine strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen und keine "Nebenstrafe" auszusprechen. Es widerspräche aber der Einheit der Rechtsordnung, wenn "der Staat" ein strafbares Verhalten leistungsrechtlich belohnen würde. Nach § 101 Abs. 2 SGB VII , § 52 SGB V und § 104 Abs. 1 SGB VI könne die Erbringung von Leistungen dann ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, wenn der Versicherungsfall bei einem Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen eingetreten sei. Die diesen Normen zu Grunde liegende Wertung gelte auch im Soldatenversorgungsrecht, sofern die Straftat gerade das risikoerhöhende Verhalten beinhalte, also nicht nur bei dessen Gelegenheit begangen werde. Denn auch im Soldatenversorgungsrecht wäre es widersprüchlich, bestrafte der Staat einerseits ein Dritte gefährdendes (oder sogar verletzendes) Handeln und entschädigte zugleich den Täter für die ihn treffenden Folgen derselben Straftat aus Steuermitteln. Hier führe dies - auf Tatbestandsebene - unmittelbar zum Ausschluss des Versorgungsschutzes; im Recht der gesetzlichen Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung bestehe für die Sozialleistungsträger als Normanwender insoweit - auf der Rechtsfolgenebene - ein Ermessensspielraum (§ 101 Abs. 2 SGB VII, § 52 SGB V, § 104 Abs. 1 SGB VI). Diese gesetzliche Differenzierung sei wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke des SVG und des SGB VII nicht gleichheitswidrig im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)).

Das BSG hat die durch das vorsätzlich falsche Überholen verursachte Risikoerhöhung nicht (mehr) der dienstlichen, sondern (bereits) der privaten Sphäre des Klägers zugerechnet. In dem Unfall habe sich nicht eine allgemeine Gefahr des Straßenverkehrs realisiert, die vom Versorgungsschutz umfasst sei, sondern eine erhöhte Gefahr, die der Kläger selbst vorsätzlich in strafrechtlich verantwortlicher Weise gesetzt habe. Im Hinblick auf die Entscheidung des 2. Senats des BSG vom 04.06.2002 (B 2 U 11/01 R = SozR 3-2700 § 8 Nr. 10), in der für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung trotz Vorliegens einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung der Wegfall des Versicherungsschutzes auf dem Weg zur Arbeitsstätte verneint worden ist, ist Kritik an der Auffassung des 9. Senats des BSG geäußert worden (vgl. Keller, jurisPR-SozR 9/2005 Anm. 6; Schmitt, SGb 2005, 419/420). Ob der dargelegten Auffassung des 9. Senats in den Fällen gefolgt werden kann, in denen der vorsätzlich begangene Verkehrsverstoß zu einer - vorsätzlichen oder fahrlässigen - Gefährdung des Straßenverkehrs geführt hat, lässt der Senat hier jedoch dahinstehen. Jedenfalls ist sie nicht auf die Fälle, in denen ein fahrlässiger Verkehrsverstoß vorliegt, zu erstrecken. In seiner Entscheidung vom 16.12.2004 hat das BSG diese Frage offen gelassen, indem es formuliert hat, eine den Versorgungsschutz ausschließende Risikoerhöhung liege jedenfalls dann vor, wenn sie durch ein vorsätzliches Verhalten herbeigeführt werde. Auch eine frühere Entscheidung, in der ebenfalls der Versorgungsschutz verneint worden ist, betraf einen vorsätzlichen Verkehrsverstoß (Urteil vom 10.10.1994 = BSGE 75, 180 = SozR 3-2200 § 81 Nr. 12). Würde man jedoch jedes fahrlässige Verhalten, das zu einer Risikoerhöhung führt, genügen lassen, um den Versorgungsschutz zu versagen, würde die gesetzliche Regelung des § 81 Abs. 4 Nr. 2 SVG, die den mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weg nach und von der Dienststelle versorgungsrechtlich schützt, weitgehend leer laufen, da von dieser Vorschrift praktisch ausschließlich Verkehrsunfälle erfasst werden. Auch das BSG hat dargelegt, dass nicht jedes beliebige gefahrerhöhende, selbstgefährdende Alltagsverhalten den Versorgungsschutz entfallen lässt. Dies betrifft nach Auffassung des Senats gerade die im Straßenverkehr alltäglichen fahrlässigen Verhaltensweisen, die, wenn sie mit anderen ungünstigen Umständen zusammentreffen, weitreichende Auswirkungen haben können.

Die Beklagte hat im vorliegenden Fall übersehen, dass der Klägerin im Strafbefehl gerade kein vorsätzlicher, sondern ein fahrlässiger Verkehrsverstoß zur Last gelegt worden ist. Denn die Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2 StGB erfasst fahrlässiges Handeln hinsichtlich des Verkehrsverstoßes und fahrlässige Verursachung der Gefahr. Bei Vorsatz hinsichtlich des Verkehrsverstoßes und fahrlässiger Verursachung der Gefahr liegt ein Fall des Abs. 3 Nr. 1 vor. Anhaltspunkte dafür, dass diese Wertung im Strafbefehl falsch gewesen sein könnte, hat der Senat nicht. Das Überfahren einer Stoppstelle kann durchaus im Rahmen einer kurzen Unaufmerksamkeit geschehen, insbesondere wenn - wie hier - aufgrund der zuvor zurückgelegten Fahrstrecke ein Nachlassen der Konzentration durchaus nachvollziehbar ist. Deshalb ist trotz des von der Klägerin begangenen Verkehrsverstoßes der Versorgungsschutz auf dem Weg von der Dienststelle nach Hause nicht entfallen.

Das SG hat die Beklagte auch zu Recht verurteilt, über den Antrage der Klägerin auf Erstattung von Sachschäden unter Beachtung der Rechtsauffassung des SG erneut zu entscheiden.

Gem. § 86 Abs. 1 SVG kann Ersatz geleistet werden, wenn bei einem während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall Kleidungsstücke oder andere Gegenstände, die der Beschädigte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung. Die Beklagte hat eine solche nicht getroffen, da sie eine Ersatzleistung mit der Begründung abgelehnt hat, es liege keine WDB vor. Da diese Auffassung unzutreffend ist, hat die Beklagte nunmehr eine Ermessensentscheidung über die Gewährung des beantragten Ersatzes zu treffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.