Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 1139/12 - Urteil vom 17.10.2013
Unerheblich bei der Geltendmachung von Vorverfahrenskosten ist, dass dem Kläger bislang keine Kosten entstanden sind, die "erstattet" werden könnten, weil er (noch) keine Zahlung an seinen Bevollmächtigten geleistet hat. Denn der Kostenerstattungsanspruch hängt nicht von einer tatsächlich geleisteten Zahlung ab. Vielmehr reicht es aus, wenn der Betroffene der Honorarforderung des Rechtsanwaltes tatsächlich ausgesetzt ist. In diesen Fällen kann er verlangen, von der Vergütungsforderung freigestellt zu werden. Nach § 257 BGB kann derjenige, der Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann, bereits bei Eingehung einer Verbindlichkeit die Freistellung von dieser Verbindlichkeit verlangen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Freistellung des Klägers von den Kosten eines Widerspruchsverfahrens in Höhe von 309,40 EUR. Streitig ist die Frage, ob die Kostenrechnung des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers den formellen Anforderungen an eine wirksame Rechnung genügt, oder die Kosten wegen eines Verstoßes gegen § 10 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) nicht entstanden sind.
Der am 00.00.1980 geborene Kläger steht bei dem Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 05.01.2009 beantragte er die Übernahme von Energieschulden. Mit Schreiben vom 24.03.2010 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer vom Kläger unterzeichneten Vollmacht vom 16.03.2010 dessen Interessenwahrnehmung an und forderte den Beklagten zum Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides auf. Die eingereichte Vollmacht umfasste auch die Geltendmachung von Folgeverfahren, insbesondere der Kostenfestsetzung. Beratungshilfe hat der Kläger nach eigenen Angaben nicht in Anspruch genommen. Mit Bescheid vom 14.04.2010 gab der Beklagte dem Antrag des Klägers auf Kostenübernahme teilweise statt. Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, mit Schreiben vom 12.05.2010 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 23.08.2010 half der Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab.
Der Klägerbevollmächtigte mahnte bei dem Beklagten mit Schreiben vom 08.09.2010 unter Bezugnahme auf die Abhilfe des Widerspruchs eine Kostenentscheidung an und übersandte eine an den Beklagten adressierte Gebührenrechnung. Die Kosten bezifferte er unter Benennung einer Rechnungsnummer, der genauen Angelegenheit und des Vertretungszeitraums wie folgt:
Geschäftsgebühr §§ 3, 14 Abs. 1 RVG i.V.m. Nr. 2400 VV RVG 240,00 EUR
Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem.
Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Summe (Netto) 260,00 EUR
19,00 % USt. gem. Nr. 7008 VV
RVG 49,40 EUR
Gesamtsumme 309,40 EUR
Mit Rundschreiben vom 19.10.2010, welches auch der Klägerbevollmächtigte erhielt, forderte der Beklagte die Verfahrensbevollmächtigten ihrer Kunden auf, die Gebührenrechnungen an die Auftraggeber zu richten und zu adressieren und dem Beklagten eine Abschrift dieser Rechnungen zur Prüfung des Erstattungsanspruches vorzulegen. Zur Begründung führte er aus, erstattungsfähig seien nur die nachgewiesenen und notwendigen Aufwendungen. Der Auftraggeber sei alleiniger Schuldner der Kostenforderung. Der Bevollmächtigte habe kein eigenes Antragsrecht.
Mit Schreiben vom 03.11.2010 ergänzte der Beklagte den Bescheid vom 23.08.2010 dahingehend, dass er die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärte. Dem Grunde nach bestehe ein Kostenerstattungsanspruch. Die Kostenrechnung vom 08.09.2010 begegne jedoch Bedenken. Zum einen sei sie nicht an den Kläger adressiert, obgleich dieser Inhaber des Erstattungsanspruches sei. Zum anderen sei der Bevollmächtigte schon im Vorfeld des Widerspruchsverfahrens tätig geworden, so dass die Kostenrechnung zu korrigieren sei.
Dem trat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 08.11.2010 entgegen und führte aus, die Abrechnung der Gebühren unmittelbar gegenüber dem Beklagten habe sich in der Vergangenheit bewährt und sei nie beanstandet worden. Zutreffend sei, dass gegenüber dem Mandanten abzurechnen sei, der auch Inhaber des Erstattungsanspruches sei. Die Anforderungen des Beklagten stellten jedoch einen bloßen Formalismus dar. Das Ergebnis sei das Gleiche. Eine Reduzierung der Kostenforderung käme nicht in Betracht, denn er habe den Kläger im Verwaltungsverfahren nicht vertreten. Die bloße Aufforderung des Beklagten zum Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides stelle keine Vorbefassung mit der Sache dar.
Mit Schreiben vom 15.11.2010 teilte der Beklagte mit, dass er den Klägerbevollmächtigten bereits mit Schreiben vom 19.10.2010 über die Grundsätze zur Einreichung einer Kostenrechnung informiert habe. Der Antrag vom 08.09.2010 entspreche nicht diesen Grundsätzen, denn der Bevollmächtigte mache die Erstattung in eigenem Namen geltend. Daher erhalte er die Rechnung nunmehr zurück mit der Bitte um Geltendmachung der Kosten gegenüber seinem Mandanten. Der Beklagte vertrat außerdem die Auffassung, dass aufgrund des Schreibens vom 24.03.2010 nebst der eingereichten Vollmacht eine Vertretung im Verwaltungsverfahren vorgelegen habe.
Mit Schreiben vom 15.11.2010 erinnerte der Klägerbevollmächtigte an den Ausgleich seiner Gebühren.
Mit Bescheid vom 03.01.2011 setzte der Beklagte - unter Hinweis auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten des Widerspruchsverfahrens - die zu erstattenden Kosten auf 0,00 EUR fest und führte zur Begründung aus, die Kostenrechnung des Bevollmächtigten könne nicht anerkannt werden. Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten sei § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass erstattungsfähige Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes entstanden seien. Die ausgestellte Vollmacht berechtige den bevollmächtigten Anwalt zwar zur Beantragung der Kostenfestsetzung und zur Empfangnahme von zu erstattenden Kosten, es sei aber nicht nachgewiesen, dass dem Mandanten Kosten durch die Beauftragung des Rechtsanwaltes mit Durchführung des Widerspruchsverfahrens entstanden seien, denn es liege keine Kostenrechnung des Rechtsanwaltes vor, die dieser gegenüber seinem Mandanten erstellt habe.
Mit Schreiben vom 10.01.2011 erhob der Bevollmächtigte des Klägers in dessen Namen Widerspruch und bekräftigte, dass er Namens und in Vollmacht des Klägers tätig geworden sei. Mit Erklärung vom 06.04.2011 bestätigte der Kläger nochmals ausdrücklich, dass er die Kanzlei seines Bevollmächtigten mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens gegen den Beklagten beauftragt und auch eine entsprechende Vollmacht erteilt habe. Er habe keinerlei Verständnis dafür, dass der Beklagte den Ausgleich der Kostenrechnung verweigere und bitte nunmehr um einen Ausgleich der Rechnung, damit die Kanzlei nicht noch länger auf die Kostenerstattung warten müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2011 wies der Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Ausführungen in dem Bescheid vom 03.01.2011 als unbegründet zurück.
Mit der am 18.08.2011 vor dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel auf Übernahme der gemäß Kostenrechnung vom 08.09.2010 in Rechnung gestellten Kosten vertreten durch seinen Bevollmächtigten weiter verfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Abrechnung sei nicht zu beanstanden und er habe gegenüber dem Beklagten und anderen Behörden in hunderten von Fällen in gleicher Weise abgerechnet, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei. Der Beklagte habe seine Abrechnungspraxis erst nach Rechnungsstellung geändert und dies dann in dem Rundschreiben vom 19.10.2010 mitgeteilt. Dieses Rundschreiben sei jedoch nicht bindend. Das Argument des Beklagten, dem Kläger seien keine Kosten entstanden, entbehre jeder Grundlage. Die Abrechnung im Bereich des SGB II erfolge in 99,95 % über Beratungshilfe. In diesen Fällen dürfe gegenüber dem Mandanten mit Ausnahme des Selbstbehaltes von 10 EUR nicht abgerechnet werden. Gegenüber der Staatskasse könne nur abgerechnet werden, wenn der Sozialhilfeträger nicht zur Kostenerstattung verpflichtet sei. Eine Abrechnung gegenüber dem Mandanten selbst dürfe jedenfalls nicht erfolgen. Die Kosten müssten auch nicht vom Mandanten bezahlt werden, wenn ein Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht werden könne. Es könne vielmehr ein Freistellungsanspruch geltend gemacht werden. Auch bedürfe es einer Abrechnung nach § 10 RVG nicht. Eine Abrechnung nach § 10 RVG sei zwar Voraussetzung für die Einforderbarkeit der Kosten, nicht jedoch für das Entstehen des Vergütungsanspruches selbst. Außerdem handele es sich - wie der Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 22.03.2011 Az. VI ZR 63/10 ausdrücklich entschieden habe - bei § 10 RVG um eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Auftraggebers gegenüber dem beauftragten Rechtsanwalt, nicht jedoch gegenüber erstattungspflichtigen Dritten. Dies folge auch daraus, dass der Mandant auf eine Abrechnung nach § 10 RVG vollständig verzichten könne. Das Argument des Beklagten, erst durch die Adressierung der Kostenrechnung an den Mandanten würde eine Aufrechnungslage zugunsten des Beklagten geschaffen, sei nicht tragfähig. Denn für eine Aufrechnungslage müsse die Gegenforderung nur "erfüllbar", nicht aber vollwirksam fällig sein. Die Aufrechnungslage entstehe vielmehr mit der Kostengrundentscheidung. Mit der Gebührenrechnung vom 08.09.2010 sei eine Bestimmung der Rahmengebühr vorgenommen worden, und der Kostenerstattungsanspruch sei fällig gewesen. Ergänzend weist der Kläger darauf hin, dass keine Abtretung des Anspruchs erfolgt sei und er auch keine Beratungshilfe in Anspruch genommen habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 03.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2011 zu verurteilen, ihn von dem Vergütungsanspruch seines Klägerbevollmächtigten in Höhe von 309,40 EUR freizustellen.
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf seine bisherigen Ausführungen Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass der Beklagte sich veranlasst gesehen habe, die Abrechnungspraxis zu vereinheitlichen und daher das Informationsschreiben vom 19.10.2010 verfasst habe. Zivilrechtlicher Kostenschuldner der Anwaltsgebühren sei allein der Kläger. Der Bevollmächtigte selbst habe kein eigenes Antragsrecht. Da im Widerspruchs- und Klageverfahren lediglich die nachgewiesenen und notwendigen Aufwendungen abrechnungsfähig seien, könne ein ordnungsgemäßer Nachweis der Kosten nur dann angenommen werden, wenn der Bevollmächtigte gegenüber seinem Auftraggeber abrechne. Zwar werde die Vergütung des Rechtsanwaltes nach § 8 RVG fällig, wenn die Angelegenheit erledigt sei, eine ordnungsgemäße Abrechnung im Sinne des § 10 RVG sei jedoch Voraussetzung für die außergerichtliche oder gerichtliche Einforderbarkeit der Vergütung. Ohne eine solche Rechnung sei der Mandant weder zur Zahlung verpflichtet noch gerate er in Verzug. Ein Schaden könne also nicht entstehen.
Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht Köln am 10.05.2012 hat der Beklagte zu Protokoll erklärt, dass er die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Sinne des § 63 SGB X als notwendig anerkenne und auch die Höhe der Kostenrechnung von 309,40 EUR nicht angegriffen werde.
Mit Urteil vom 10.05.2012 hat das Sozialgericht Köln der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kostenerstattungsanspruch des Klägers folge aus § 63 SGB X. Hiernach habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Nach Abs. 2 seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Der erste Halbsatz von Abs. 3 bestimme weiter, dass die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen habe, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen festsetze. Da diese Vorschrift nicht allein einen Anspruch auf Bescheidung im Sinne einer Kostenfestsetzung gewähre, sondern unmittelbar einen Anspruch auf Zahlung der entstandenen Kosten, sei die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die statthafte Klageart. Der Beklagte habe sich mit Bescheid vom 03.01.2011 zur Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach bereit erklärt, da der Widerspruch des Klägers erfolgreich war. Spätestens im gerichtlichen Verfahren habe er auch die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten anerkannt und darüber hinaus klargestellt, dass auch die Höhe der Kostennote von 309,40 EUR zwischen den Beteiligten nicht im Streit stehe. Der Beklagte sei nach der Übersendung der Kostenrechnung des Bevollmächtigten vom 08.09.2010 verpflichtet gewesen, den Betrag in Höhe von 309,40 EUR festzusetzen und an den Bevollmächtigten auszuzahlen. Bei dem Kostenerstattungsanspruch aus § 63 SGB X handele es sich um einen Schadensersatzanspruch gegen die sich nicht rechtmäßig verhaltende Behörde nach einem erfolgreichen Widerspruch. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe nicht entgegen, dass dem Kläger Kosten bislang nicht entstanden seien, die "erstattet" werden könnten, da er (noch) keine Zahlung an seine Bevollmächtigte geleistet habe. Zwar setze eine Kostenerstattung begrifflich grundsätzlich voraus, dass der Kläger die Vergütungsforderung des Rechtsanwalts beglichen habe. Kostenerstattungsansprüche und mithin Schadensersatzansprüche seien jedoch nicht allein auf Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens gerichtet, sondern auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit sei ein zu ersetzender Schaden. Der Kostenerstattungsanspruch könne demnach auch auf die Freistellung von zukünftigen, mit hinreichender Bestimmtheit erwartbaren Forderungen gerichtet sein. Es reiche aus, wenn der Kostengläubiger einer Honorarforderung des Rechtsanwaltes tatsächlich ausgesetzt sei, denn dann könne er verlangen, von dieser Vergütungsforderung freigestellt zu werden. Die Änderung eines Antrages auf Zahlung in einen Antrag auf Freistellung sei nach der Regelung des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht als Klageänderung anzusehen. Der Kläger sei Erstattungsberechtigter im Sinne des § 63 SGB X, da er den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.04.2010, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, erhoben habe. Nicht aktivlegitimiert und demnach auch nicht klagebefugt sei hingegen der Bevollmächtigte des Klägers, da der Anspruch weder an ihn abgetreten worden noch ein Forderungsübergang nach § 9 Beratungshilfegesetz (BerHG) eingetreten sei. Obwohl auch der Prozessbevollmächtigte ein vitales eigenes Interesse an der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs habe, sei er doch nur faktisch von der Entscheidung betroffen und trete folgerichtig im Verfahren jedenfalls solange nur als Bevollmächtigter des Klägers auf, wie der Anspruch nicht an ihn abgetreten worden sei. Der Kläger sei im Innenverhältnis zu seinem Bevollmächtigten auch zur Zahlung der geltend gemachten Kosten verpflichtet, so dass er gemäß § 63 Abs. 3 SGB X einen Anspruch auf Übernahme dieses Betrages als zu erstattende Aufwendungen im Wege der Freistellung habe. Der Vergütungsanspruch des Klägerbevollmächtigten gegen den Kläger folge aus dem zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrag zur Wahrnehmung seiner Rechte im vorangegangenen Widerspruchsverfahren gemäß §§ 675 Abs. 1, 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser Vergütungsanspruch sei auch hinreichend konkret und bestimmbar. Der Klägerbevollmächtigte habe von seinem Gebührenbestimmungsrecht gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 1 RVG durch die Rechnungsstellung in seinem Schreiben vom 08.09.2010 Gebrauch gemacht. Hierbei habe er eine Geschäftsgebühr gemäß §§ 2 Abs. 2, 3, 14 RVG i. V. m. Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV RVG) in Höhe von 240,00 EUR und eine Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR, zusammengerechnet also 260,00 EUR, zuzüglich 19 Prozent Umsatzsteuer, mithin insgesamt 309,40 EUR geltend gemacht. Spätestens mit Einreichung der Klageschrift unter Übersendung der Kostenrechnung zur Gerichtsakte habe der Kläger hiervon Kenntnis erlangt. Der Vergütungsanspruch des Klägerbevollmächtigten sei auch fällig. Die Fälligkeit trete gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG ein, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet sei. Dem Anspruch des Klägers stehe auch nicht die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG entgegen. Zwar könne nach dieser Vorschrift ein Rechtsanwalt die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Schon nach dem Wortlaut betreffe diese Regelung jedoch lediglich die Frage, wann eine entstandene Gebühr von dem Mandanten "einforderbar" sei. Hiervon zu unterscheiden sei der im Streitfall geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch. Insoweit sei höchstrichterlich bereits entschieden, dass ein Gegner bei einem materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch nicht einwenden können soll, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet sei, weil ihm keine Berechnung vorgelegt wurde, die den Anforderungen des § 10 RVG entspreche (Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, VI ZR 63/10). Die Vorschrift des § 10 RVG finde nur Anwendung, wenn eine Vergütung eingefordert und kein Erstattungsanspruch geltend gemacht worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Festsetzung und Zahlung der mit Schreiben vom 08.09.2010 in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 309,40 EUR habe der Klägerbevollmächtigte gegenüber dem Beklagten auch für seinen Mandanten gefordert. Für das Klageverfahren folge dies eindeutig aus der Fassung des Rubrums der Klageschrift. Zwar habe der Klägerbevollmächtigte bei Übersendung der Rechnung im Verwaltungsverfahren nicht ausdrücklich formuliert, dass der Kostenerstattungsanspruch im Namen des Klägers geltend gemacht werde. Er habe die Erstattung der Kosten jedoch in der Sache des Klägers unter Bezugnahme auf den Abhilfebescheid vom 23.08.2010 gefordert und hierbei noch einmal auf die bestehende Vollmacht verwiesen. Das Schreiben des Klägers habe daher nicht anders verstanden werden können, als eine weitere Tätigkeit in Ausübung des ihm gegenüber dem Beklagten erteilten Mandates. Dass der Beklagte dies letztlich auch selbst so gesehen habe, ergebe sich aus dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 25.07.2011, der nach seinem Rubrum den Widerspruch des Klägers, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, beschieden habe. Die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs durch den Klägerbevollmächtigten sei auch von der durch den Kläger erteilten Vollmacht gedeckt gewesen. Diese erstrecke sich insbesondere auf alle Neben- und Folgeverfahren, wie beispielsweise die Kostenfestsetzung, sowie auf die Empfangnahme der vom Gegner zu erstattenden Kosten und notwendigen Auslagen. Zudem habe der Kläger den Beklagten in seiner schriftlichen Erklärung vom 06.04.2011 nochmals ausdrücklich um Kostenerstattung gebeten. Durch die Zahlung der in Rechnung gestellten Vergütung auf das Konto des Bevollmächtigten werde der Kläger von der Vergütungsforderung freigestellt. Der Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 309,40 EUR sei im Übrigen auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Gebührenbestimmung des Klägerbevollmächtigten nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG entspreche noch der Billigkeit und werde von dem Beklagten auch nicht beanstandet.
Die Kammer hat die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 24.05.2012 zugestellte Urteil am 13.06.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung wiederholt er die erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend trägt er vor, ohne Rechnungsstellung seien dem Mandanten keine Aufwendungen entstanden, die erstattet werden müssten, da gemäß § 10 RVG die Vergütung ohne Rechnung nicht einforderbar sei. Aus dem Urteil des BGH vom 22.03.2011 Az. VI ZR 63/10 folge nichts anderes. Der Bevollmächtigte könne die Vergütung nicht in eigenem Namen geltend machen. Es läge weder eine Abtretung noch ein Forderungsübergang nach § 9 Beratungshilfegesetz (BerHG) vor. Außerdem sei der Beklagte zur Aufrechnung mit Forderungen berechtigt, die bereits vor der Rechtsanwaltsvergütung fällig gewesen seien (§ 406 BGB). Die Rechnung vom 08.09.2010 sei an den Beklagten, nicht an den Kläger adressiert, daher bestehe unabhängig von der Kenntnis des Klägers von der Rechnung immer noch keine gegen diesen selbst gerichtete Rechnung, deren Erstattung er fordern könne. Er verweist auf die Ausführungen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in dem Urteil vom 04.03.2013, Az. L 19 AS 85/13, die er für zutreffend hält.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.05.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend führt er aus, § 10 RVG fordere nicht, dass die Rechnung an den Mandanten adressiert sei, sondern nur, dass diesem eine "Berechnung" in der vorgeschriebenen Form erteilt werde. Gegenüber anderen Behörden habe es mit der Abrechnungspraxis nie Probleme gegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum für den Beklagten andere Regeln gelten sollten als für Rechtsschutzversicherungen oder zivilrechtliche Gläubiger. Der Beklagte verkenne den Unterschied zwischen Innen - und Außenverhältnis. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen habe in dem Urteil vom 04.03.2013 das Urteil des BGH falsch verstanden, wenn es zwischen verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen unterscheide. Denn für verfahrensrechtliche Kostenerstattungsansprüche könne § 10 RVG erst recht keine Anwendung finden. Denn bei verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen brauche nicht gegenüber dem Mandanten abgerechnet zu werden. Vielmehr sei die Kostenfestsetzung unmittelbar bei Gericht bzw. bei der Behörde zu beantragen. Dies folge aus § 197 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 104 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Kläger habe Kenntnis von der Abrechnung sowohl durch Übermittlung der Abrechnung selbst als auch durch Übermittlung einer Durchschrift der Klage erhalten. Diese Mitteilung der Gebühren an den Kläger sei ausreichend i.S. d. § 10 RVG. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe bereits deshalb, weil alle Behörden die Abrechnungspraxis akzeptieren würden. Der Sonderwunsch des Beklagten sei nicht hinzunehmen. Außerdem sei eine Abrechnung gegenüber dem Mandanten für diesen nachteilig. Mit der Abrechnung werde eine Aufrechnungslage geschaffen. Außerdem führe die Übermittlung der Gebührenrechnungen an die im Rahmen des SGB II beratenen Mandanten dort oftmals zu Unverständnis und Ärger. Zudem würde die Gebühr mit Abrechnung gegenüber dem Mandanten sofort zur Zahlung fällig. Aus der Fürsorgepflicht für den Mandanten folge, dass der Bevollmächtigte bereits in dessen Interesse gegenüber der Behörde abrechnen müsse. Der Kläger könne zudem auch nicht darauf verwiesen werden, der Abhilfebescheid vom 23.08.2010 beinhalte keine Kostenentscheidung. Die erforderliche Kostenentscheidung habe der Beklagte inzident getroffen und dies im Klageverfahren nochmals bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 03.01.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.07.2011 betreffend die Ablehnung der Kostenfestsetzung der im Widerspruchsverfahren entstandenen Gebühren des Klägerbevollmächtigten in Höhe von 309,40 EUR.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 SGG) gerichtet auf die Freistellung des Klägers von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten zulässig (BGH Urteil vom 22.03.2011 Az. VI ZR 63/10). Da der Kläger den Gebührenanspruch gegenüber seinem Rechtsanwalt bisher nicht beglichen hat, geht das Sozialgericht zutreffend von einem Freistellungsanspruch anstelle eines Leistungsanspruchs aus.
Der Kläger ist - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - aktivlegitimiert, da er Inhaber der Forderung gegenüber dem Beklagten ist und den Freistellungsanspruch weder an seinen Bevollmächtigten abgetreten hat noch ein Forderungsübergang nach § 9 BerHG eingetreten ist.
Die Klage ist auch nicht wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (entgegen: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 04.03.2013 Az. L 19 AS 85/13). Das Rechtsschutzinteresse ist Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Klage und von Amts wegen zu prüfen. Es fehlt, wenn das Ziel auf einfacherem Weg erreicht werden kann (Bundessozialgericht Urteil vom 28.03.2013 Az. B 4 AS 42/12 R). Im Hinblick auf das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz kann ein Rechtsschutzinteresse jedoch nur dann verneint werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtstreites entfallen lassen (Bundessozialgericht Urteil vom 12.07.2012 Az. B 14 AS 35/12 R). Im vorliegenden Fall besteht zumindest die Möglichkeit, dass der Kläger als Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes (Bescheid vom 03.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2011, mit dem die Übernahme der Kostenrechnung des Rechtsanwalts abgelehnt worden ist) in seinen Rechten verletzt sein kann, so dass ihm ein Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden kann.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 03.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2011 ist auch materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Kostenerstattung durch Freistellung von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten in Höhe von 309,40 EUR.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 63 SGB X. Hiernach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Nach Abs. 2 sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß Abs. 3 hat die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen festzusetzen. Bei dem Kostenerstattungsanspruch aus § 63 SGB X handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch gegen die sich nicht rechtmäßig verhaltende Behörde nach einem erfolgreichen Widerspruch (Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 63 Rn. 8).
Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Freistellungsanspruch liegen vor. Der Beklagte hat dem von dem bevollmächtigten Rechtsanwalt des Klägers mit Schreiben vom 14.05.2010 erhobenen Widerspruch mit Abhilfebescheid vom 23.08.2010 stattgegeben. Der Beklagte hat zwar in dem Bescheid vom 23.08.2010 keine ausdrückliche Kostenentscheidung getroffen, jedoch in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 03.01.2011 bestätigt, dass die notwendigen und angemessenen Kosten des Widerspruchsverfahrens übernommen werden. Ob dem Bescheid vom 23.08.2010 oder dem Bescheid vom 03.01.2011 konkludent entnommen werden kann, dass der Beklagte auch die Zuziehung eines Rechtsanwaltes für notwendig erklärt hat, kann hier dahingestellt bleiben, denn jedenfalls im Verhandlungstermin am 10.05.2012 vor dem Sozialgericht Köln und erneut mit Schreiben vom 18.03.2013 hat der Beklagte erklärt, dass er die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren als notwendig anerkennt.
Unerheblich ist insoweit, dass dem Kläger bislang keine Kosten entstanden sind, die "erstattet" werden könnten, weil er (noch) keine Zahlung an seinen Bevollmächtigten geleistet hat. Denn der Kostenerstattungsanspruch hängt nicht von einer tatsächlich geleisteten Zahlung ab. Vielmehr reicht es aus, wenn der Betroffene der Honorarforderung des Rechtsanwaltes tatsächlich ausgesetzt ist. In diesen Fällen kann er verlangen, von der Vergütungsforderung freigestellt zu werden (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 05.05.2009 Az. L 1 AL 13/08 unter Hinweis auf § 257 BGB). Nach § 257 BGB kann derjenige, der Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann, bereits bei Eingehung einer Verbindlichkeit die Freistellung von dieser Verbindlichkeit verlangen.
Erstattungsfähig sind die notwendigen Auslagen. Die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes sind regelmäßig erstattungsfähig (Bundessozialgericht Urteil vom 21.12.2009 Az. B 14 AS 83/08 R). Die hier geltend gemachten Aufwendungen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Bevollmächtigte des Klägers hat in der Abrechnung vom 08.09.2010 die Mittelgebühr nach § 14 RVG in Verbindung mit Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 240 EUR zuzüglich der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 EUR zuzüglich der Mehrwertsteuer (19 %) in Höhe von 49,40 EUR, mithin den Gesamtbetrag von 309,40 EUR geltend gemacht. Die Angemessenheit der geltend gemachten Vergütung ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit der Beklagte im Verwaltungsverfahren die Auffassung vertreten hat, aufgrund der Vorbefassung des Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 24.03.2010 sei die Gebühr zu reduzieren, hat der Beklagte diesen Vortrag im Gerichtsverfahren nicht aufrechterhalten. Da der Bevollmächtigte des Klägers mit dem Schreiben vom 24.03.2010 keine inhaltliche Stellungnahme im Verwaltungsverfahren abgegeben hat, sondern nur die Bescheidung des von dem Kläger selbst gestellten Antrages angemahnt hat, kann auch nicht von einer offensichtlichen Vorbefassung im Verwaltungsverfahren, die eine Reduzierung der Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG rechtfertigen würde, ausgegangen werden. Die geltend gemachte Gebühr ist somit der Höhe nach angemessen.
Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob dem Kläger für das Widerspruchsverfahren bereits Aufwendungen entstanden sind, oder ob die Kostenrechnung vom 08.09.2010 aus formalen Gründen zurückzuweisen ist, ist im Sinne des Klägers zu entscheiden. Dem Kläger kann nicht entgegengehalten werden, dass er einer Honorarforderung des Rechtsanwaltes nicht tatsächlich ausgesetzt sei.
Mit Beauftragung des Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren ist ein Beratungsvertrag im Sinne der §§ 670,675 BGB zu Stande gekommen. Gemäß § 8 Abs. 1 RVG ist der Vergütungsanspruch fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Somit ist nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens, für das der Rechtsanwalt beauftragt worden ist, der Auftrag beendet und der Anspruch des Rechtsanwaltes gegenüber seinem Mandanten - hier dem Kläger - entstanden und fällig. Der Anspruch auf Zahlung der Vergütung ist auch nicht aus anderen Gründen erloschen.
Der Senat kann offen lassen, ob der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts aufgrund der Abrechnung vom 08.09.2010 gegenüber dem Kläger "einforderbar" wäre, oder ob der Einforderbarkeit des Vergütungsanspruchs gegenüber dem Kläger § 10 RVG entgegensteht, denn zum einen hat der Kläger mit dem Schreiben vom 06.04.2011, in dem er den Beklagten zum Ausgleich der Vergütung aufgefordert hat, zum Ausdruck gebracht, dass er auf eine weitere Abrechnung, die an ihn adressiert ist, verzichtet. Zum anderen kann der Beklagte sich nicht auf die Vorschrift des § 10 RVG berufen, da diese nur im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant Anwendung findet, nicht jedoch gegenüber einem erstattungspflichtigen Dritten (BGH Urteil vom 22.03.2011 Az. VI ZR 63/10).
Gemäß § 10 Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Gemäß Abs. 2 sind in der Berechnung die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags. Schon nach dem Wortlaut betrifft diese Regelung lediglich die Frage, wann eine entstandene Gebühr von dem Mandanten "einforderbar" ist, nicht jedoch die Frage, ob ein Vergütungsanspruch dem Grunde nach entstanden oder fällig ist. Die Vorschrift dient somit dem Schutz des Mandanten im Innenverhältnis zu seinem Rechtsanwalt. Ein erstattungspflichtiger Dritter kann hingegen nicht einwenden, dass er wegen eines Verstoßes gegen § 10 RVG nicht zur Zahlung verpflichtet sei (BGH Urteil vom 22.03.2011 a.a.O. für einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch nach § 823 BGB).
Im vorliegenden Fall hat der Bevollmächtigte des Klägers mit der Gebührenabrechnung vom 08.09.2010 den Gebührenanspruch hinreichend konkret bestimmt und den Gebührenanspruch unter Benennung der Angelegenheit, der Gebührennummer nach dem RVG und der Steuernummer berechnet. Ob es über diese dem Kläger jedenfalls im Rahmen des Klageverfahrens bekannt gewordenen Kostenrechnung hinaus einer im Übrigen gleich lautenden aber an den Kläger adressierten Abrechnung bedarf, um den Anforderungen des § 10 RVG gerecht zu werden, kann hier dahinstehen. Denn da die formalen Anforderungen des § 10 RVG keine Schutzwirkung zu Gunsten Dritter entfalten, ist der Beklagte bei der im Übrigen unstreitig bestehenden Erstattungspflicht zur Freistellung des Klägers von dem Gebührenanspruch seines Rechtsanwaltes aufgrund der Kostenrechnung vom 08.09.2010 verpflichtet.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Unterscheidung zwischen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüchen und verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen (entgegen: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 04.03.2013 Az. L 19 AS 85/13). Während der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch auf einer materiell-rechtlichen Grundlage (Vertrag, unerlaubte Handlung etc.) beruht und ohne vorherige Kostenentscheidung geltend gemacht werden kann, folgt ein verfahrensrechtlicher Kosterstattungsanspruch - zu dem auch § 63 SGB X gehört - dem Grunde nach aus einer behördlichen Kostenlastentscheidung (Bundessozialgericht Urteil vom 25.11.1999 Az. 13 RJ 23/99 R; BGH Urteil vom 24.04.1990 Az. VI ZR 110/89; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 04.03.2013 a.a.O.). Die Unterscheidung zwischen materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch und verfahrensrechtlichem Kostenerstattungsanspruch führt jedoch nicht dazu, dass der Anwendungsbereich des § 10 RVG über das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt hinaus auch auf das Außenverhältnis zu einem erstattungspflichtigen Dritten auszudehnen wäre. Dies ergibt sich nicht aus den von dem Beklagten unter Hinweis auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 04.03.2013 Az. L 19 AS 85/13 zitierten Entscheidungen. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 25.11.1999 Az. 13 RJ 23/99 R und die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 24.04.1990 Az. VI ZR 110/89 befassen sich in der jeweiligen Fallgestaltung mit der Frage, ob eine Forderung inhaltlich einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch darstellt oder einem verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsanspruch zuzurechnen ist und dem sich hieraus ergebenden Konkurrenzverhältnis zwischen materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch und verfahrensrechtlichem Erstattungsanspruch, wobei Ersterer nur dann geltend gemacht werden könne, wenn Letzterer ausgeschöpft sei (BGH Urteil vom 24.04.1990 a.a.O. zur Übernahme von Detektivkosten).
Im vorliegenden Fall ist die Zuordnung des Vergütungsanspruches aus der Kostenrechnung vom 08.09.2010 zu einem verfahrensrechtlichen Erstattungsanspruch nach § 63 SGB X unstreitig. Die für den verfahrensrechtlichen Erstattungsanspruch zu fordernde Kostenlastentscheidung hat der Beklagte in dem Bescheid vom 03.01.2011 bereits getroffen, indem er die Kosten des Widerspruchverfahrens (dem Grunde nach) für übernahmefähig erklärt und (spätestens) im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht Köln am 10.05.2012 auch die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt hat. Im vorliegenden Fall geht es auch nicht um die Frage, ob die Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach und in welcher Höhe zu erstatten sind. Vielmehr ist die Frage, ob die geltend gemachten Kosten dem Grunde nach von § 63 SGB X erfasst und auch der Höhe nach angemessen sind, zwischen den Beteiligten unstreitig.
Streitig ist allein die Frage, ob dem Kläger Kosten entstanden oder wegen des Fehlens der formalen Voraussetzungen nach § 10 RVG nicht entstanden sind. Für die Entscheidung dieser Frage ist nicht erkennbar, inwieweit eine rechtliche Differenzierung zwischen verfahrensrechtlichem Kostenerstattungsanspruch und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch zu einem unterschiedlichen Ergebnis im Anwendungsbereich des § 10 RVG führen sollte. Der Schutzzweck des § 10 RVG, der das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt betrifft, besteht vielmehr in gleicher Weise unabhängig davon, ob ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch gegenüber einem Dritten geltend gemacht wird, oder ob eine Behörde aufgrund einer bereits getroffenen Kostenlast-Entscheidung einem verfahrensrechtlichen Schadensersatzanspruch ausgesetzt ist.
Die Unterscheidung zwischen verfahrensrechtlichem Kostenerstattungsanspruch und materiell-rechtlichem Erstattungsanspruch führt auch nicht zu einer Unanwendbarkeit des § 257 BGB als Grundlage für den Freistellungsanspruch. Maßgeblich für das Entstehen des Freistellungsanspruchs nach § 257 BGB ist das Eingehen der Verbindlichkeit für die dann zu ersetzende Aufwendung. § 257 BGB führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Freistellungsanspruch unmittelbar mit Eingehung der Verbindlichkeit (hier der Beauftragung des Rechtsanwaltes) entsteht. Vielmehr kann der Freistellungsanspruch auch in Abhängigkeit von der Art des Schuldverhältnisses später eintreten (Toussaint in: JurisPK § 257 6. Auflage 2012 Rnern. 11, 25). In diesem Sinne tritt der Freistellungsanspruch im Falle eines verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsanspruches dann in Kraft, wenn ein Aufwendungsersatzanspruch dem Grunde nach besteht. Dies ist nach Erlass der Kostengrundentscheidung durch die Behörde der Fall.
Der Freistellungsanspruch des Klägers von den Gebühren seines Verfahrensbevollmächtigten ist somit mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens durch Abhilfebescheid vom 23.08.2010 und der Kostenlastentscheidung im Bescheid vom 03.01.2011 und der Bestätigung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Verhandlungstermin vom 10.05.2012 in Höhe der mit Gebührenrechnung vom 08.09.2010 geltend gemachten Auslagen (309,40 EUR) entstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen, da innerhalb des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen divergierende Entscheidungen vorliegen und vor dem Sozialgericht Köln und dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen weitere gleich gelagerte Verfahren anhängig sind.