Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 7 AS 722/09 - Urteil vom 18.10.2011
Eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid kann nur dann beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat, die über das Maß desjenigen hinaus geht, dass schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Eine solche qualifizierte, die Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt z. B. vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserhebliche Tatsachen unaufgefordert beibringt. Dies gilt aber nur für neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren. Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung. Dort ist die unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw. der Auslagenpauschale abgegolten. Entscheidend ist der dem Anwalt entstandene Aufwand, der im Fall des vorgenannten Urteils des BSG durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber heranzutreten, um von diesem eine entsprechende Bescheinigung zu erhalten. Dementsprechend reicht auch eine ausführliche Widerspruchsbegründung nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen, und zwar selbst dann nicht, wenn die vorgetragenen Argumente dazu führen, dass die Behörde ihre Auffassung ändert und dem Widerspruch abhilft.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine höhere Kostenerstattung für die Vertretung durch ihren Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren.
Die Klägerin lebt zusammen mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen. Sie bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.
Mit Bescheid vom 15. November 2006 beschränkte der Beklagte die Kosten der Unterkunft auf die nach seiner Auffassung angemessene Höhe und setzte die Beschränkung mit Änderungsbescheid vom 15. November 2006 für den Monat Dezember 2006 um.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 20. November 2006 Widerspruch und beauftragte zur Erledigung der Angelegenheit (Widerspruch gegenüber dem Beklagten) ihren Rechtsanwalt am 13. März 2007 (Vollmacht Bl. 131 VA). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begründete mit Schreiben vom 14. März 2007 den Widerspruch und forderte den Beklagten auf, die Kürzung der Leistungen umgehend zurückzunehmen und insofern die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid wiederherzustellen.
Der Beklagte erließ am 02. Mai 2007 einen Abhilfebescheid und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig und nachgewiesen seien. Dies gelte auch für die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwaltes.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2007 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Gebührenrechnung, welche einen Gesamtbetrag von 690,20 EUR auswies, an den Beklagten. Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 08. August 2007 setzte der Beklagte die erstattungsfähigen Gebühren auf insgesamt 309,40 EUR fest (Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG - 240,00 EUR; Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG - 20,00 EUR; Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG - 49,40 EUR). Die Geschäftsgebühr habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unzutreffender Weise nach Nr. 2300 VV angewandt. Ein Betrag von mehr als 240,00 EUR werde nur dann gewährt, wenn die Angelegenheit umfangreich und schwierig sei. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte Erledigungsgebühr könne nicht anerkannt werden, da allein die Einlegung des Rechtsbehelfs und dessen Begründung regelmäßig für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals "durch die anwaltliche Mitwirkung" im Sinne von VV Nr. 1002 nicht ausreiche. Anhaltspunkte dafür lägen hier auch nicht vor. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, dass die geringfügige Kürzung der Geschäftsgebühr nicht beanstandet werde. Zu beanstanden sei aber die Streichung der Erledigungsgebühr. Die - amtlichen -, also gesetzesgleichen Vorbemerkungen zum Gebührenverzeichnis in Teil I als Vorbemerkung 1 vor Ziff. 1000 führen wörtlich aus "Die Gebühren dieses Teil entstehen neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren". Die Erledigungsgebühr trete als Erfolgsgebühr neben die tätigkeitsbezogenen Gebühren, so dass ein zusätzliches Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten nicht erforderlich sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22. August 2007 zurück. Aufgrund des Erfolges des Widerspruchs käme eine Erledigungsgebühr zwar grundsätzlich in Betracht. Durch die Einlegung des Rechtsbehelfs und dessen Begründung werde jedoch das Tatbestandsmerkmal "durch die anwaltliche Mitwirkung" im Sinne von VV Nr. 1002 nicht erfüllt. Selbst eine ausführliche Widerspruchsbegründung reiche nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen. Ein besonderes - gerade auf die Erledigung der Angelegenheit ohne streitige Entscheidung gerichtetes - Tätigwerden sei nicht erkennbar.
Dagegen hat die Klägerin am 26. September 2007 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und ausgeführt, dass zum einen die Erledigungsgebühr noch zusätzlich zu erstatten sei und zum anderen auch noch die Gebühren für das Tätigwerden im Hinblick auf die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (Antrag nach § 86a Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Dass der Beklagte über diesen Antrag nicht ausdrücklich entschieden habe, ändere nichts. Im Änderungsbescheid sei ausgeführt, dass die höheren Mietkosten nachträglich ab 01. Dezember 2006 gewährt würden. Dies stelle auch eine Abhilfe auf den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV-Antrag) dar und begründe einen zusätzlichen Gebührenanspruch. Das AdV-Verfahren sei eine getrennt zu behandelnde und abzurechnende Angelegenheit. Dies sei auch schon unter der BRAGO bekannt gewesen und gelte unter dem RVG weiter. Weiterhin hat die Klägerin eine Kostenrechnung für den AdV-Antrag in Höhe von 602,14 EUR eingereicht (Geschäftsgebühr 240,00 EUR; Erledigungsgebühr 240,00 EUR; Pauschale für Post und Telekommunikation 20,00 EUR; Dokumentenpauschale 6,00 EUR; Umsatzsteuer 96,14 EUR). Die Vergütung eines AdV-Antrages sei gesondert gebührenpflichtig. Dies habe auch kürzlich das SG Hannover bestätigt (im dortigen Verfahren nach der BRAGO).
Das SG Hannover hat die Klage mit Urteil vom 30. April 2009 abgewiesen, da die Kostenfestsetzung durch den Beklagten nicht zu beanstanden sei. Eine Erledigungsgebühr nach den Ziff. 1002 - 1005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sei nicht entstanden. Eine über das allgemeine Betreiben der Geschäfte hinausgehende Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin, die ursächlich für die unstreitige Beilegung der Rechtssache gewesen sei, liege nicht vor. Die Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin habe darin bestanden, den Widerspruch der Klägerin näher zu begründen. Eine Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten, die für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung möglicherweise entstanden seinen, existiere nicht. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozial-verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -(SGB X) seien die Kosten eines Vorverfahrens zu erstatten. Hiervon seinen die Kosten eines Antragsverfahrens nicht umfasst.
Gegen das der Klägerin am 14. Mai 2009 zugestellte Urteil, hat diese am 15. Juni 2009 Berufung eingelegt.
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 16. Juni 2009 die Erstattung der Kosten für den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung abgelehnt und ausgeführt, dass die Entscheidung über den Sofort-Vollzug keine verschiedene Angelegenheit im Sinne des § 17 RVG sei, die eine weitere Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG entstehen lasse. Eine Fallkonstellation mit zwei schon äußerlich getrennten oder zu verschiedenen Zeiten durchgeführten Verfahren läge nicht vor. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2009 zurück und nahm Bezug auf die Begründung des Bescheides vom 16. Juni 2009 und auf die Argumentation des SG Hannover, wonach Kosten im Antragsverfahren gemäß § 63 SGB X nicht zu erstatten seien. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass über den Antrag bereits abschließend durch Urteil entschieden worden sei, so dass es eines Kostenfestsetzungsbescheides nicht bedurft hätte.
Der Klägerin ist im Berufungsverfahren der Auffassung, dass der Widerspruchsbescheid vom 11. November 2009 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens werde. Vorsorglich sei Klage vor dem SG Hannover unter dem Az. S 21 AS 4034/09 erhoben worden.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. April 2009 aufzuheben und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 08. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2007 abzuändern, sowie den Bescheid vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2009 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens unter Berücksichtigung einer Erledigungsgebühr festzusetzen sowie die Kosten für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß Kostenrechnung vom 18. Juni 2008 zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Begründung der Bescheide und des angefochtenen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie auf die Gerichtsakte des SG Hannover S 21 AS 4034/09 und auf die Verwaltungsakten Band I und II des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
§ 144 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach die Berufung ausgeschlossen ist, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt, ist hier nicht einschlägig. Die Vorschrift bezieht sich allein auf gerichtliche Verfahren. In Rechtsstreitigkeiten, in denen als Hauptsache über die Kosten isolierter Vorverfahren gestritten wird, ist die Berufung durch diese Vorschrift nicht ausgeschlossen (Bundessozialgericht - BSG -, SozR 3-1300 § 63 Nr. 11).
Streitgegenstand sind sowohl der Bescheid des Beklagten vom 08.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2007, mit dem über die Kostennote vom 20.07.2007 entschieden wurde, als auch der weitere Bescheid vom 16.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009, der über die später geltend gemachte Gebühr für das Aussetzungsverfahren befunden hat. Die Bescheide regeln einen einheitlichen Lebenssachverhalt, weil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eine unmittelbare Folge des Rechtsbehelfs darstellt und nur als Annex des Widerspruchs behandelt werden kann. Eines zweiten Klageverfahrens hätte es nicht bedurft.
Gemäß § 63 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X).
Für Anträge nach § 86a Abs. 3 SGG können die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat und die Widerspruchsstelle die sofortige Vollziehung aussetzen. Die Widerspruchsstelle ist ab dem Eingang des Widerspruchs zuständig. Damit gehört auch der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzw. Herstellung der aufschiebenden Wirkung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens. Die entsprechende Kostengrundentscheidung hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 02. Mai 2007 getroffen.
Für die Höhe der Kosten des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin ist nach § 63 Abs. 2 SGB X zu entscheiden, ob dem Anwalt der geltend gemachte Anspruch auch wirklich in vollem Umfange zusteht. Seine Gebührenforderung muss im Einklang mit dem RVG, das zum 01. Juli 2004 und damit vor dem Beginn des Tätigwerdens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. März 2007 in Kraft getreten ist, stehen. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, bestehen Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dies gilt auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG).
Für das Widerspruchsverfahren hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1005 VV RVG kommt bei einer "Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen" in Betracht. Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das GKG nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG). Abs. 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Ginge es hier um ein gerichtliches Verfahren, wäre gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG eine Betragsrahmengebühr entstanden. Die Klägerin hat höhere Kosten der Unterkunft behauptet. Hierfür ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (§ 51 SGG). Dann entstehen auch Betragsrahmengebühren, da die Klägerin den Anspruch als Versicherte geltend macht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG). Auch hat sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt. Allerdings liegen die weiteren Voraussetzungen, dass dies nämlich durch die anwaltliche Mitwirkung geschehen ist, nicht vor, vgl Nr 1002 VV RVG. Eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid kann nämlich nur dann beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat, die über das Maß desjenigen hinaus geht, dass schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG, Urteil vom 09. Dezember 2010 - B 13 R 63/09 R - m. w. N.).
Eine solche qualifizierte, die Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt z. B. vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserhebliche Tatsachen unaufgefordert beibringt. Dies gilt aber nur für neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren. Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung. Dort ist die unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw. der Auslagenpauschale abgegolten (vgl. BSG, Urteil vom 09. Dezember 2010 - B 13 R 63/09 R - Rdnr. 27). Entscheidend ist der dem Anwalt entstandene Aufwand, der im Fall des vorgenannten Urteils des BSG durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber heranzutreten, um von diesem eine entsprechende Bescheinigung zu erhalten (BSG, a. a. O., Rdnr. 28). Dementsprechend reicht auch eine ausführliche Widerspruchsbegründung nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen, und zwar selbst dann nicht, wenn die vorgetragenen Argumente dazu führen, dass die Behörde ihre Auffassung ändert und dem Widerspruch abhilft (Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2006- L 1 AL 23/06).
Derartige Aktivitäten des Prozessbevollmächtigten sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Prozessbevollmächtigte hat in seiner Widerspruchsbegründung zum einen die bereits von der Klägerin vorgetragenen Argumente aufgegriffen (eine Kostensenkungsauforderung habe die Klägerin nicht erhalten). Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte die bereits bekannte familiäre Situation (zwei minderjährige Kinder) beschrieben und ergänzend vorgetragen, dass die Wohnung nicht übermäßig teuer angesichts der aktuellen Mietverhältnisse in H. sei. Im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass zwar eine Anschlussbeschäftigung des Ehemannes der Klägerin nicht konkret in Aussicht stehe, allerdings begründete Hoffnung darauf bestehe, weitere Anstellungsverhältnisse zu erhalten. Daher sei ein Umzug unzumutbar. Beweisantritt oder ähnliches Engagement ist nicht erfolgt bzw. nicht ersichtlich. Auch das Schreiben vom 11. April 2007, mit dem der Prozessbevollmächtigte darauf hinwies, dass die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte durch die Rechtsprechung der Sozialgerichte überholt sei, stellt einen solchen Aufwand nicht dar. Aufgrund einer Pressemitteilung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 24. April 2007 über ein Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24. April 2007 - L 7 AS 494/05 - hat der Beklagte von der bisherigen Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung Abstand genommen und § 8 Wohngeldgesetz, rechte Spalte der Tabelle (anstatt des bisherigen Drittelmixes"), zugrunde gelegt.
Der Beklagte hat die Geschäftsgebühr, die Telekommunikationsgebühr ebenso wie die Berechnung der Umsatzsteuer zutreffend vorgenommen.
Die Klägerin kann gem. § 63 SGB X keine gesonderte Erstattung der Aufwendungen für Antrag auf Aussetzung der Vollziehung/Herstellen der aufschiebenden Wirkung beanspruchen. Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern (§ 15 Abs. 2 Satz 1 RVG). Es handelt sich vorliegend nicht um eine der in § 17 RVG abschließend (vgl. BT-Drucksache 15/1971 S. 191) aufgezählten verschiedenen Angelegenheiten. Insbesondere liegen keine verschiedenen Angelegenheiten im Sinne des § 17 Ziff. 1 RVG vor. Gemäß § 17 Ziff. 1 RVG sind verschiedene Angelegenheiten jeweils das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), das Verfahren über die Beschwerde und weitere Beschwerde nach der Beschwerdeordnung, das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und ein gerichtliches Verfahren. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1971 S. 191) wird beispielhaft das baurechtliche Mandat hinsichtlich der Erteilung einer Baugenehmigung sowie das übliche beitragsrechtliche Mandat im Rahmen der VwGO aufgeführt. Erläutert wird dort, dass auch im Falle eines typischen verwaltungsrechtlichen Mandats es nicht angemessen ist, die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren und im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides als eine Angelegenheit zu betrachten. Dies gilt umso mehr deshalb, weil § 80 Abs. 6 VwGO nunmehr vorsieht, dass ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (gerichtlicher Aussetzungsantrag) erst zulässig ist, wenn zuvor ein behördlicher Aussetzungsantrag gemäß § 80 Abs. 4 VwGO gestellt und zumindest teilweise abgelehnt wurde. Durch die Novellierung des § 80 VwGO hat der Gesetzgeber den behördlichen Aussetzungsantrag als gerichtliche Zulässigkeitsvoraussetzung aufgewertet. Dem soll in gebührenrechtlicher Hinsicht dadurch entsprochen werden, dass das behördliche Aussetzungsverfahren als eigene Angelegenheit vergütet wird (BT-Drucksache 15/1971 S. 191 zu § 17 Ziff. 2). Eine vergleichbare Situation besteht aber im sozialgerichtlichen Verfahren nicht, vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 4/07 R = SozR 4-1935 § 17 Nr. 1. Die Entscheidung der zuständigen Stelle über Aussetzung der Vollziehung gemäß § 86a Abs. 3 SGG erfolgt nach Ermessen, auf Antrag oder von Amts wegen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 9. Aufl. § 86a Rdnr. 26). Es ist damit bereits Aufgabe der Behörde, die Aussetzung der Vollziehung zu prüfen und ggf. anzuordnen oder die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Der Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 SGG setzt gerade nicht voraus, dass sich der Antragsteller zunächst an die Verwaltung wenden muss, um eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die Anordnung der Vollziehung zu erhalten. Ein solcher Antrag nach § 86a Abs. 3 SGG ist statthaft, löst aber kein eigenständiges Verfahren im Sinne des RVG aus (vgl. BSG, a. a. O. für einen Fall im Rahmen der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, § 97 Abs. 4 SGB V).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der Anwendung des § 193 SGG.
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegt nicht vor.-