Tatbestand

Der Kläger begehrt Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

Der 1951 geborene Kläger saß am 17.03.1997 mit dem Zeugen K. auf einer Parkbank am L.-Platz, einer karreeförmig angelegten, circa 100 m x 50 m großen Parkanlage in C.-O. Das Gelände ist mit einem massiven, 1 m hohen Eisenzaun umgeben, das mit Bäumen und Sträuchern bewachsen ist. Um den Park herum führt ein circa 3 m breiter Fuß- und Radweg mit Eingängen zu der Anlage u. a. auf der L. - und der S.-Straße. Der Kläger hatte einen Schäferhund dabei. Zwischen 19:30 Uhr und 20.00 Uhr führte Sch. ihren American Staffordshire um den L.-Platz herum. In Höhe des Einganges L.-Straße kam es zu einem Kampf zwischen den Hunden. Im weiteren Verlauf verletzte Sch. den Kläger mit einer Gaspistole am linken Auge. Sch. begab sich unmittelbar danach mit ihrem Hund nach Hause in die L.-Straße und veranlasste ihre Mutter, die Zeugin S., die Polizei anzurufen. Der Polizei, auf deren Eintreffen beide circa 10 bis 15 Minuten auf der Straße warteten, schilderte Sch. den Vorfall. Weder der Kläger noch K. wurden am Tatort angetroffen. Der Kläger stellte sich gegen 20.40 Uhr in Begleitung des K. im L.-Hospital B. vor. Die Ärzte diagnostizierten eine perforierende Bulbusverletzung und entfernten das linke Auge des Klägers.

Am späten Abend des 17.03.1997 informierte das L.-Hospital B. die Polizei über die Schussverletzung des Klägers. Nach umfangreichen Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft B. das Ermittlungsverfahren (Az) gegen Sch. wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung mit der Begründung ein, eine Notwehrlage der Sch. sei nicht zu widerlegen. Zusammenfassend gab Sch. im Ermittlungsverfahren an, sie sei am 17.03.1997 - wie jeden Abend - mit ihrem angeleinten Hund um den L-Platz. Plötzlich sei am Parkeingang L.-Straße ein Schäferhund über ihren Hund hergefallen. Entgegen ihrer Bitte hätten der Kläger und K. den Schäferhund nicht zurückgerufen, sondern ihn weiter angestachelt. Als der Staffordshire bei dem Kampf die Oberhand gewonnen habe, sei K. handgreiflich geworden. Von K. sei sie gewürgt und gegen den Zaun gedrückt worden; der Kläger habe sie zusätzlich am Schlüsselbein gepackt. Sie habe furchtbare Angst bekommen, die Gaspistole aus der Jackentasche gezogen und, nachdem sie beiden Männern erfolglos gedroht habe, zunächst auf K. geschossen, der sie daraufhin losließ. Danach habe sie ohne zu zielen schräg nach hinten einen weiteren Schuss abgegeben, da sie vom Kläger weiter bedrängt worden sei. Die Verletzung des Klägers habe sie nicht bemerkt. K. gab an, der angeleinte Schäferhund sei von dem Staffordshire angefallen worden. Weder ihm noch dem Kläger sei es gelungen, die Hunde zu trennen. Sch. habe die Hunde mehrmals aufeinander gehetzt. Er habe nach einem Stock gesucht, dann sei ein Schuss gefallen. Als er sich daraufhin umgedreht habe, sei ihm sogleich die stark blutende Verletzung des Klägers am linken Auge aufgefallen. Die für den Bezirk "L-Platz" zuständigen Polizisten berichteten, dass der Kläger sich mit seinem Hund und anderen Personen aus dem Obdachlosenmilieu des Öfteren in der Parkanlage aufhalte und mehrmals u. a. dadurch auffällig geworden sei, dass er seinen Schäferhund nicht anleine. Der Hund laufe bellend auf Personen zu, die sich ihm nähern. Der alkoholisierte Kläger verhalte sich gegenüber polizeilichen Anordnungen stets uneinsichtig.

Erst im Juli 1999 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Versorgung wegen des Verlustes des linken Auges. Zur Begründung trug er vor, Sch. habe plötzlich eine Gaspistole aus der Tasche geholt und ihm unvermittelt ins Gesicht geschossen habe, nachdem sein angeleinter Schäferhund von dem nicht angeleinten "Kampfhund" angegriffen worden und sein Versuch, die Hunde zu trennen, gescheitert sei.

Der Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Q. sowie die Akte der Staatsanwaltschaft B. bei. Mit Bescheid vom 22.11.1999 lehnte der Beklagte den Anspruch auf Versorgung mit der Begründung ab, es sei nicht nachgewiesen, dass der Verlust des linken Auges Folge eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs gewesen sei. Der Beurteilung der Staatsanwaltschaft B., wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass Sch. in Notwehr gehandelt habe, werde gefolgt.

Im Widerspruchsverfahren berief sich der Kläger darauf, dass das Landgericht B. im Urteil vom 01.04.1999 davon ausgegangen sei, dass für ein Handeln der Sch. in Notwehr nach § 227 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) keine Anhaltspunkte bestünden und ihm daher Schmerzensgeld nach § 823 BGB in Höhe von 40.000 DM zuerkannt worden sei.

Der Beklagte zog die Akte des Landgerichtes B. ( Az) bei. In diesem Verfahren gab Sch. an, der Schäferhund habe sich auf ihren angeleinten Hund gestürzt, die beiden Männer hätten sich auf ihren Zuruf geweigert, die Hunde zu trennen. Sie habe ihre Gaspistole gezogen und zweimal ungezielt geschossen, nachdem sie von K. und dem Kläger bedrängt und bedroht worden sei. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.01.2000).

Hiergegen hat der Kläger am 28.01.2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, Sch. habe ihren Bullterrier auf den Schäferhund gehetzt mit der Bemerkung, es handele sich bei ihrem Hund um einen "Kampfhund". Sch. habe dann als Antwort auf seinen Versuch, die Hunde zu trennen, die Gaspistole aus der Tasche gezogen, zunächst auf ihn und dann auf K. geschossen. Anschließend sei Sch. geflohen.

Mit Beschluss vom 17.02.2000 hat das SG Münster den Rechtsstreit an das SG Düsseldorf verwiesen.

Das SG hat die Akte der Staatsanwaltschaft B. beigezogen, Sch. zum Verfahren beigeladen und die Zeugen K. und S. zu "den Vorgängen vom 17.03.1997" angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.04.2001 und 24.01.2002 verwiesen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24.01.2002 abgewiesen. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen das am 08.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.03.2002 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, die Angaben des K. seien glaubhaft und stünden insbesondere nicht in Widerspruch zu dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft B. Es sei unerheblich, ob der Schäferhund bei anderen Gelegenheiten frei umhergelaufen sei, da dieser nach Aussage des K. am 17.03.1997 an der Leine geführt worden sei. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, aus welchen Tatsachen das Gericht folgere, dass es sich bei dem Hund der Sch. "wohl nicht um ein aggressives Tier gehandelt habe". Dies könne der Akte der Staatsanwaltschaft nicht entnommen werden. Zudem seien Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Aussage der Mutter von Sch. angebracht, da es sich um eine enge Verwandte handele und diese nach eigenem Bekunden das Tatgeschehen nicht mitbekommen habe. Auch könne aus dem Umstand, dass Sch. von sich aus die Polizei hinzugezogen habe, nicht geschlossen werden, dass sie sich einer Schuld nicht bewusst gewesen sei. Es sei möglich, dass Sch. zielgerichtet die Polizei informierte, weil sie nach der überstürzten Flucht die Schwere der Verletzung nicht einschätzen konnte. Zudem habe das Oberlandesgericht B. in seinem Beschluss vom 08.01.1999 (Az.) ausgeführt, dass Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen K. nicht bestünden, letztlich keine Anhaltspunkte für eine Notwehrlage gegeben seien und die allgemeine Lebenserfahrung nicht für ein Handeln in Notwehr spreche.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Düsseldorf vom 24.01.2002 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2000 zu verurteilen, bei ihm den "Verlust des linken Auges" als Folge der Gewalttat vom 17.03.1997 anzuerkennen und ihm Versorgung nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Rechtswidrigkeit des tätlichen Angriffs nicht nachgewiesen sei.

Der Senat hat den Beiladungsbeschluss des SG Düsseldorf vom 07.06.2000 aufgehoben (Beschluss vom 02.04.2002).

Sodann hat der Senat die Akten des Landgerichtes B. und der Staatsanwaltschaft B. beigezogen und anschließend die Polizeibeamten M. und A. sowie den Kläger zu den Geschehnissen vom 17.03.1997 im L.-Park B. angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.06.2003 verwiesen. Sch., die ebenfalls als Zeugin geladen war, ist nicht zum Termin erschienen und legte nach Verhängung eines Ordnungsgeldes eine ärztliche Bescheinigung der Ärztin und Psychotherapeutin R. vor, wonach infolge des Überfalls und der im Prozess vor dem Landgericht gemachten Erfahrung, dass Sch. die Notwehrsituation nicht beweisen konnte, eine depressive Erkrankung mit Angst- und Panikattacken bestehe, die ein Erscheinen vor Gericht verbiete. Der Senat hat sodann die ärztlichen Unterlagen der Ärztin R. beigezogen und von dem Neurologen und Psychiater Dr. U. ein Gutachten angefordert. Dieser ist nach Auswertung aller Unterlagen und ambulanter Untersuchung der Sch. zu der Einschätzung gelangt, dass diese wegen der ausgeprägten Anpassungsstörung nicht in der Lage sei, als Zeugin aufzutreten. Die Vernehmung von Sch. sei höchstens in häuslicher Umgebung möglich, wenn sichergestellt sei, dass ein direkter Kontakt mit dem Kläger vermieden werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten vorbereitenden Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt, die beigezogenen Akten sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger wird durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig.

Nach § 1 Abs. 1 OEG erhält derjenige, der infolge eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Unter einem tätlichen Angriff ist eine in strafbarer Weise unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung zu verstehen, wobei mit der Einwirkung auf den Körper des Opfers vorsätzlich ein Straftatbestand verwirklicht wird (BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/01 R). Der Vorsatz muss sich auf den Angriff als solchen, nicht aber auf den entstandenen Körperschaden richten (BSG, Urteil vom 28.04.1999, B 9 VG 7/98 R m. w. N.). Das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen muss mit an Sicherheit grenzender, d. h. mit ernsten, vernünftigen Zweifeln ausschließender Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Die objektive Beweis- und Feststellungslast trägt das Opfer (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9/9a RVg 3/87; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 103 Rdnr. 19a m. w. N.).

Nach den übereinstimmenden Bekundungen der an dem Vorfall vom 17.03.1997 Beteiligten hat Sch. den Kläger durch den Schuss aus der Gaspistole verletzt. Durch diesen tätlichen Angriff ist es zu einem gesundheitlichen Schaden - Verlust des linken Auges - beim Kläger gekommen. Der Vorsatz muss sich auf den tätlichen Angriff, nicht auf den Körperschaden richten (BSG, Urteil vom 24.04.1991, 9a/9 RVg 1/89). Der Vorsatz hat sich auf einen Angriff als solchen bezogen, es ist unerheblich, dass nach dem Vortrag der Sch. die Gaspistole nicht direkt auf das Auge gerichtet war und dass sie "ungezielt" geschossen hat. Bei Schüssen in die Richtung auf eine andere Person mit einer Gaspistole ist Vorsatz i. S. v. "billigend in Kauf nehmen" zu bejahen.

Der Nachweis der Rechtswidrigkeit des tätlichen Angriffs ist nicht erbracht. Dabei rechtfertigen die im OEG häufig auftretenden Beweisschwierigkeiten keine generelle Beweiserleichterung oder gar eine Beweislastumkehr. Vielmehr gelten auch hier die allgemein anerkannten Beweisgrundsätze (BSG, Urteil vom 06.09.1989, 9a/9 RVg 4/88; BSG, Urteil vom 31.05.1989, 9a/9 RVg 3/89). Zu diesen allgemein anerkannten Beweisgrundsätzen zählt auch der Grundsatz des Anscheinsbeweises (BSG, Urteil vom 22.06.1988, 9a/9 RVg 3/87; BSG, Urteil vom 04.02.1998, B 9 VG 5/96 R) sowie die für die Kriegsopfer geschaffene besondere Beweiserleichterung des § 15 des Gesetztes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), die auch für Gewaltopfer gilt (BSG; Urteil vom 31.05.1989, 9a/9 RVg 3/89). Grundsätzlich indiziert die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit.

Damit ist die Tatbestandsverwirklichung der Körperverletzung zwar ein Indiz für die Rechtswidrigkeit des Angriffs der Sch. auf den Kläger im Sinne des Anscheinsbeweises. Diese Vermutung kann aber wie jeder Anscheinsbeweis durch Umstände entkräftet werden, die einen abweichenden Geschehensablauf ernsthaft möglich erscheinen lassen und damit die Vermutung zerstören. Wenn Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes gegeben sind, müssen diese ausgeräumt werden. Steht als Ergebnis der Ermittlungen fest, dass ein Rechtfertigungsgrund zumindest ernsthaft in Betracht kommt, so hindert dies in der Regel die volle Überzeugung von der Rechtswidrigkeit des Angriffs (LSG NRW, Urteil vom 25.01.2000, L 6 VG 76/96 m. w. N.; LSG NRW, Urteil vom 24.11.1998, L 6 VG 64/96; LSG NRW, Urteil vom 08.06.1999, L 6 VG 64/97). Ein solches Beweisergebnis wirkt sich zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die objektive Beweislast liegt in solchen Fällen bei demjenigen, der aus der behaupteten Tatsache ein Recht herleiten will. Gelingt der Beweis der Rechtswidrigkeit nicht, ist diese Anspruchsvoraussetzung nicht erwiesen.

Unter Beachtung dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, und nach den Gesamtumständen kommt vorliegend der Rechtfertigungsgrund der Notwehr nach § 32 Strafgesetzbuch (StGB) ernsthaft in Betracht. Danach handelt rechtmäßig, wer eine durch Notwehr gebotene Tat begeht. Notwehr ist dabei die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwehren. Im vorliegenden Fall ist nach Würdigung aller Umstände für den Senat ein vom Vortrag des Klägers abweichender Geschehensablauf, eine Notwehrlage der Sch., ernsthaft möglich mit der Folge, dass die Rechtswidrigkeit nicht mehr indiziert wird. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Einlassung der Sch., sie sei von dem Kläger und K. bedroht und bedrängt worden, K. habe sie zusätzlich gewürgt und sie habe große Angst bekommen, eine ernsthafte Notwehrlage darstellt. Dabei stützt sich der Senat zum einen auf die Aussage der S. Die Zeugin hat bei der Vernehmung vor dem SG ausgesagt, dass sie, aufmerksam geworden durch das Hundegebell, aus dem Fenster ihrer Wohnung in der L.-Straße schaute und die Hunde miteinander kämpfen sah. S. beobachtete weiter, dass zwei Männer sehr nah bei Sch. standen. Aus der Akte des Landgerichtes, die im Rahmen eines Urkundsbeweises verwertet wird, ergibt sich in diesem Zusammenhang weiter, dass die Szene auf S. bedrohlich wirkte. Zum anderen ist nach allgemeiner Lebenserfahrung die Schilderung der Sch., das Verhalten und Nähe zu den beiden Männern habe ihr in der Dunkelheit Angst eingeflößt, nachvollziehbar und glaubhaft insbesondere auch deshalb, weil weitere Personen nicht zugegen waren.

Die Einlassungen der S. sind für den Senat überzeugend und schlüssig. Ihre Aussagen sind inhaltlich gleichbleibend und sie hat nichts zu Gunsten ihrer Tochter Sch. hinzugefügt, sondern stets betont, dass sie zu dem eigentlichen Vorfall, d. h. dem Schuss aus der Gaspistole, nichts sagen kann.

Auch die äußeren Umstände sprechen für den von Sch. geschilderten Ablauf am 17.03.1997. Das Gesamtverhalten von Tochter und Mutter, belegt durch die Vernehmungsprotokolle in der Akte der Staatsanwaltschaft, entspricht auch der adäquaten Vorgehensweise in derartigen Situationen. Es ist nachvollziehbar und üblich, nach einem solchen Vorfall umgehend die Polizei zu informieren, u. a. auch um Beweise am Tatort zu sichern. Außerdem haben sich Sch. und S. auch an die Vorgaben der Beamten gehalten und am nächsten Morgen hat Sch. erneut die Polizei verständigt. Zudem wird die Schilderung der Sch., der Schäferhund sei nicht angeleint gewesen, von den Erkenntnissen der in diesem Bezirk Dienst habenden Beamten gestützt, die mehrfach festgehalten haben, dass der Kläger bei mehreren Begegnungen in der Anlage den Schäferhund stets unangeleint umherlaufen ließ und zudem auf entsprechende Anordnungen uneinsichtig reagierte. Vor diesem Hintergrund überzeugt den Senat die Aussage des K., der Schäferhund sei angeleint gewesen, nicht. Außerdem haben der Kläger und K. weder sofort nach dem Schuss oder aber K. nach Eintreffen im Krankenhaus den Vorfall und die schwere Verletzung des Klägers der Polizei gemeldet.

Eine Anhörung der Sch. hat der den Senat nicht für erforderlich gehalten, da die Aussagen der Sch. und S. zum einen einander im Kern übereinstimmen. Zum anderen konnte der Senat auf die in den Akten der Staatsanwaltschaft und des Landgerichtes B. enthaltenen umfangreichen und zeitnahen Aussagen zurückgreifen und als Urkundenbeweis verwerten. Außerdem ist es nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nachvollziehbar, warum der Kläger erst im Sommer 1999, d. h. mehr als zwei Jahre nach dem Vorfall den Antrag stellte und warum Sch. ohne Provokation ohne ersichtlichen Grund geschossen haben soll. Es bestehen zumindest ernsthafte Zweifel, dass der Sachverhalt sich so abgespielt hat, wie K. und der Kläger ihn schildern. Die Rechtswidrigkeit des tätlichen Angriffs ist somit nicht bewiesen.

Das für den Kläger positive Urteil des Landgerichtes D. rechtfertigt keine andere Beurteilung des Anspruchs nach dem OEG. Zwar muss im Zivilverfahren grundsätzlich derjenige, der sich auf Notwehr beruft und mithin einen rechtshindernden Einwand erhebt, die Voraussetzungen der Notwehr beweisen. Diese Grundsätze lassen sich aber nicht auf das soziale Entschädigungsrecht übertragen. Dem Beklagten kann nicht wie dem Schädiger, der den Tatbestand einer unerlaubten Handlung verwirklicht hat, die Beweislast für einen Rechtfertigungsgrund auferlegt werden. Rechtfertigungsgründe stellen im sozialen Entschädigungsrecht nach dem OEG keinen rechtshindernden Einwand dar. Vielmehr schließt der Rechtfertigungsgrund bereits die für einen Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs. 1 OEG notwendige anspruchsbegründende Voraussetzung der Rechtswidrigkeit aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193, 183 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.