Sächsisches Landessozialgericht - L 8 AS 644/14 B KO - Beschluss vom 14.07.2016
Eine Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1005 VV RVG entsteht bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Wenn die mandantenbezogenen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG, also Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, oder das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts keine besonders hohe oder niedrige Einstufung zu begründen vermögen, ist bei der Bestimmung der angemessenen Einigungsgebühr nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Rechtslage maßgeblich auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit abzustellen. Da die bei einem verfahrensbeendenden Vergleich zu berücksichtigende Sach- und Rechtslage denknotwendig den gesamten Sach- und Streitstoff und alle im Prozess auftauchenden Rechtsfragen zu rekapitulieren hat, spricht vieles dafür, die Höhe der Erledigungsgebühr in aller Regel an die im Verfahren verdiente Verfahrensgebühr anzulehnen; dies hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der Nrn. 1005f. pauschalisierend aufgegriffen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) in einem sozialgerichtlichen Verfahren beigeordneten Rechtsanwalts.
Die Klägerin, die bereits im Widerspruchsverfahren durch den Beschwerdeführer (Bf.) anwaltlich vertreten wurde, führte vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) mehrere Klagverfahren, mit denen sie die Überprüfung einer Vielzahl von Bescheiden des Beklagten begehrte; mit dem hiesigen Verfahren (Az. S 40 AS 4292/10) bezweckte sie die Rücknahme eines Aufhebungsbescheides, mit dem die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im März 2009 teilweise aufgehoben und die Erstattung von 62,48 EUR festgesetzt wurde. Die Klage wurde - wie in anderen Verfahren - lediglich mit dem Hinweis begründet, der ursprüngliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei mangels Berechnungsbogens intransparent gewesen; deswegen sei auch die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid falsch.
Mit Beschluss vom 23.01.2012 bewilligte das SG der Klägerin ab Antragstellung PKH ohne Auferlegung von Raten oder Zahlungen aus dem Vermögen und unter Beiordnung des Bf. Bereits in der anderthalb Stunden dauernden mündlichen Verhandlung am 19.01.2012 beendeten die Beteiligten das Verfahren mit neun weiteren Verfahren durch einen, auch andere Leitungszeiträume betreffenden Vergleich, wonach die Klage im vorliegenden Verfahren zurückgenommen wurde.
Am 02.02.2012 hat der Bf. beantragt, die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und dessen Vergütungsverzeichnisses (VV RVG) für das Klagverfahren wie folgt festzusetzen:
Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG) 170,00 EUR Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) 200,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR Abwesenheitsgeld, Fahrtkosten (Nrn. 7003, 7005 VV RVG) 8,06 EUR Zwischensumme 398,06 EUR Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 75,63 EUR Gesamtsumme 473,69 EUR abzgl. Anteil der von der Beklagten zu erstattenden Kosten (½) 236,84 EUR zu zahlender Betrag 236,85 EUR
Mit Anweisung vom 28.02.2012 erstattete der Beklagte dem Bf. 320,15 EUR, wovon 236,85 EUR auf das Klageverfahren, der Rest auf das Vorverfahren entfielen.
Mit Verfügung vom 04.07.2012 hat der Urkundsbeamte des SG die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für das Klageverfahren wie folgt festgesetzt: Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG) 113,33 EUR Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) 38,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR Abwesenheitsgeld, Fahrtkosten (Nrn. 7003, 7005 VV RVG 8,06 EUR Zwischensumme 179,39 EUR Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 34,08 EUR aus der Staatskasse geschuldete Vergütung und Auslagen 213,47 EUR abzgl. Zahlung der Bekl. 236,84 EUR zu zahlender Betrag 0 EUR
Der Bf. hat hiergegen am 06.08.2012 Erinnerung eingelegt, die das SG mit Beschluss vom 07.04.2014 zurückgewiesen hat. Gegen den ihm am 17.04.2014 zugestellten Beschluss hat der Bf. am 28.04.2014 Beschwerde eingelegt. Er begehrt - neben einer höheren Vergütung und der Nichtanrechnung der Kostenerstattung durch den Beklagten - im Wege der Nachtragsfestsetzung die Vergütung einer Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1005, 1006 VV RVG) in Höhe der Mittelgebühr von 190 EUR. Dem Senat haben die Akten des Vergütungsfestsetzungsverfahrens einschließlich des Erinnerungsverfahrens und des PKH-Beiheftes, die Akten des Kostenfestsetzungsverfahrens sowie die Akten des SG-Verfahrens vorgelegen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Beschwerde in voller Besetzung ohne seine ehrenamtlichen Richter (vgl. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG), weil der an sich nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung auf den Senat übertragen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Der Senat ist hieran auch nicht durch den im Verfahren zum Az. L 8 AS 519/15 B KO pauschal gegen alle Mitglieder des Senats gestellten Ablehnungsantrag gehindert, weil dieser ohne jede konkreten Bezug auf Verfahrenshandlungen des Einzelrichters in jenem Verfahren gestellt und damit als rechtsmissbräuchlich zu verwerfen ist (vgl. Jung in Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz [SGG], § 60 RdNr. 50; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung [ZPO], 74. Auflage 2016, § 42 RdNr. 7).
2. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Denn gegen den Beschluss über die Erinnerung können die Antragsberechtigten nur Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt, § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt hier 462,95 EUR. Denn der Wert bestimmt sich nach dem, was das Ausgangsgericht dem Beschwerdeführer versagt hat (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 144 RdNr. 14). Der Bf. hat zunächst vom Bg. eine Vergütung in Höhe von 236,85 EUR und später eine Einigungsgebühr nebst Umsatzsteuer in Höhe von 226,10 EUR gefordert; allerdings wurde die Festsetzung einer Vergütung aus der Staatskasse abgelehnt.
3. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das SG hat zu Recht keine dem Bf. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen festgesetzt. Zwar erhält der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Staatskasse, § 45 Abs. 1 RVG; dabei bestimmt sich der Vergütungsanspruch nach den Beschlüssen, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde, § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG. Die Höhe der Vergütung richtet sich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG nach den Bestimmungen des VV RVG, wobei in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 183 SGG), Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG).
a) Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG ist lediglich in Höhe der vom Urkundsbeamten festgesetzten Höhe von 113,33 EUR, also von zwei Drittel der Mittelgebühr angefallen. Die höhere Festsetzung durch den Bf. auf die volle Mittelgebühr ist nicht maßgeblich. Zwar bestimmt der Rechtsanwalt im Einzelfall die Gebühr innerhalb des einschlägigen Gebührenrahmens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und ggfs. eines besonderen Haftungsrisiko des Rechtsanwalts (§ 14 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 RVG). Ihm steht dabei ein mit der Pflicht zur Berücksichtigung der o.g. Kriterien korrespondierendes Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht zu, zu dem sich noch ein Spielraum von 20 v. H. (Toleranzgrenze) hinzugesellt (Senatsbeschluss vom 22.04.2013 - L 8 AS 527/12 B KO - juris, RdNrn. 20f.). Dabei ist zwar grundsätzlich für den Durchschnitts- oder Normalfall die Mittelgebühr die "billige" Gebühr im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG, die sich nicht ohne weiteres mit der Erhöhung um die o. g. Toleranzgrenze verbinden lässt; ein vom Gericht zu beachtender Spielraum des Rechtsanwalts zur Bestimmung einer höheren Gebühr besteht folglich nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die geeignet sind, eine solche Gebührenbestimmung zu rechtfertigen, also kein Durchschnitts- oder Normalfall vorliegt (Senatsbeschluss vom 19.09.2014 - L 8 AS 1441/13 B KO - juris, RdNr. 16).
Hier wäre allerdings nur dann eine Mittelgebühr gerechtfertigt gewesen, wenn man das Verfahren isoliert betrachtet. Denn der Umfang und Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit des Bf. bewegten sich mit einer Klagbegründung, die - neben der kurzen Schilderung des Sachverhalts und Verfahrensverlaufs - lediglich in der weder sachlich noch rechtlich unterfütterten Behauptung bestand, der ursprüngliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid verstoße mangels Berechnungsbogens gegen das Transparenz- und Bestimmtheitsgebot und leide damit an einem Begründungsmangel, auf deutlich unterdurchschnittlichem Niveau, weil der Bf. - auch im weiteren Verfahren - keinen bestrittenen Sachverhalt aus der Sicht der Klägerin richtigstellen oder Argumente der Gegenseite entkräften musste. Eine besondere rechtliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit kann angesichts dessen auch nicht angenommen werden. Zudem ist von der ohnehin unter der Mittelgebühr festzusetzenden Verfahrensgebühr ein Abschlag vorzunehmen, da der Bf. in zumindest zwei gleichgelagerten Verfahren nahezu wortgleich vortrug und sich der Aufwand damit deutlich minderte. Solche Synergieeffekte mit den rechtlich gleichgelagerten Parallelverfahren sind mit einem deutlichen Abschlag zu berücksichtigen sind (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 11.09.2013 - L 8 AS 858/12 B KO - juris, RdNrn. 22ff). Denn dem Kriterium des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit des § 14 Abs. 1 RVG ist es immanent, nach dem im Einzelfall erforderlichen Einsatz des Rechtsanwalts zur Bewältigung der Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren zu fragen und hierbei objektive Erleichterungen zu berücksichtigen (Senatsbeschluss vom 22.04.2013 - L 8 AS 527/12 B KO - juris, RdNr. 30 unter Hinweis auf die Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte und des BSG). Auch die anderen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG, also die Bedeutung der Angelegenheit, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts, vermögen nicht, eine höhere Festsetzung der Verfahrensgebühr zu rechtfertigen.
b) Auch die Festsetzung der Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) in Höhe von 38 EUR hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Für den Umfang der Sache ist dabei vorrangig auf die Dauer des Termins abzustellen, soweit nicht - hier nicht vorliegende - Besonderheiten eine andere Gewichtung gebieten (Senatsbeschluss vom 19.06.2013 - L 8 AS 45/12 B KO - juris, RdNr. 21). Zwar dauerte der Termin anderthalb Stunden und damit überdurchschnittlich lang, was Auswirkungen auf die Höhe der Terminsgebühr hat; in dieser Zeit wurden aber insgesamt zehn Verfahren der Klägerin verhandelt, ohne förmlich verbunden zu werden. Zwar entstehen für jedes einzelne Verfahren eigenständige Terminsgebühren, wenn mehrere Sachen ohne vorherigen förmlichen Verbindungsbeschluss zur gemeinsamen Verhandlung aufgerufen werden; lässt sich der konkret auf die einzelnen Verfahren entfallende Umfang aber nicht mehr feststellen, ist die Dauer auf alle Verfahren gleichmäßig zu verteilen (Senatsbeschluss vom 19.06.2013 - L 8 AS 45/12 B KO -, a.a.O., RdNrn. 20f). Das Verfahren wurde mit neun weiteren Verfahren in 90 Minuten verhandelt, so dass auf jedes Verfahren 9 Minuten entfielen. Dann ist der Aufwand im Termin, der in aller Regel mit mindestens 30 bis 45 Minuten zu bestimmen ist (vgl. auch hierzu den Senatsbeschluss vom 19.06.2013 - L 8 AS 45/12 B KO -, a.a.O., RdNr. 21 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung), deutlich unterdurchschnittlich, so dass keine Mittelgebühr, sondern eine Gebühr am untersten Ende des Gebührenrahmens angemessen ist. Damit ist der Bf. durch die Festsetzung des SG in Höhe von knapp der doppelten Mindestgebühr nicht beschwert. Auch hier gebieten die anderen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG keine höhere Festsetzung.
c) Die nachträglich beantragte Einigungs-/Erledigungsgebühr ist lediglich in Höhe von 126,66 EUR angefallen. Denn eine Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1005 VV RVG entsteht bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs (Gerold/Schmidt, RVG, 20. Auflage, VV 1000 RdNrn.57f.). Da die mandantenbezogenen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG, also Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, oder das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts keine besonders hohe oder niedrige Einstufung zu begründen vermögen, ist bei der Bestimmung der angemessenen Einigungsgebühr nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Rechtslage maßgeblich auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit abzustellen. Da die bei einem verfahrensbeendenden Vergleich zu berücksichtigende Sach- und Rechtslage denknotwendig den gesamten Sach- und Streitstoff und alle im Prozess auftauchenden Rechtsfragen zu rekapitulieren hat, spricht vieles dafür, die Höhe der Erledigungsgebühr in aller Regel an die im Verfahren verdiente Verfahrensgebühr anzulehnen; dies hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der Nrn. 1005f. pauschalisierend aufgegriffen (so schon Senatsbeschluss vom 05.07.2013 - L 8 AS 627/12 B KO - unveröffentlicht; Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 28.04.2014 - L 2 AS 708/13 B - juris RdNr. 51). Dann ist die Einigungsgebühr - eben wie die Verfahrensgebühr - in Höhe von zwei Drittel der Mittelgebühr (190 EUR) und damit in Höhe von 126,66 EUR festzusetzen.
d) Die übrigen Positionen der Festsetzung sind unstreitig und auch in der Sache nicht zu beanstanden.
e) Damit hat der Bf. einen Gesamtanspruch gegenüber der Staatskasse in Höhe von 306,05 EUR netto bzw. 364,20 EUR brutto, auf den allerdings 236,85 EUR anzurechnen sind, so dass dem Bf. nur eine Nachzahlung in Höhe von 127,35 EUR zusteht. Denn nach § 58 Abs. 2 RVG sind Zahlungen von Dritten, soweit sie nicht auf andere, nicht durch die PKH abgedeckte Vergütungsansprüche - wie hier die Vergütung für die Tätigkeit im Vorverfahren - geleistet wurden, auf die Ansprüche gegen die Staatskasse anzurechnen. Der Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Gegner im Hauptsacheverfahren ist aber in der Höhe der tatsächlichen Zahlung durch diesen an den beigeordneten Rechtsanwalt auf dessen PKH-Vergütungsanspruch anzurechnen, weil es bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG aus Gründen der Gleichbehandlung mit dem "Wahlanwalt" nicht darauf ankommt, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet wurden - also Ansprüche bestehen -, sondern nur darauf, in welcher Höhe Zahlungen tatsächlich geleistet wurden (Hessisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 - L 2 AS 568/13 B - juris, RdNrn. 47f.). Denn anders als § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG spricht § 58 Abs. 2 RVG nicht von "Ansprüchen", sondern von "Vorschüssen und Zahlungen".
Dies entspricht auch dem Grundgedanken der Gewährung von PKH als besondere Form der Sozialhilfe (Leopold in Roos/Wahrendorf, a.a.O., § 73a RdNr. 9; Geimer in Zöller, ZPO, 31. Auflage, vor § 114 RdNr. 1; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albus/ Hartmann, a.a.O., Übers. § 144 RdNr. 1), auf die - nach Maßgabe der spezialgesetzlichen Vorschriften, hier des § 115 ZPO und der von ihm in Bezug genommenen Vorschriften anderer Gesetzbücher - zunächst bereite, also tatsächlich verfügbare Mittel anzurechnen sind (sog. Nachranggrundsatz, vgl. § 2 Abs. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch). Hierdurch wird die Festsetzung der rechtsanwaltlichen Vergütung letztlich in das - durch eine Beschwerdemöglichkeit (§ 56 Abs. 2 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 RVG) "bereicherte" - Vergütungsfestsetzungsverfahren für die PKH verschoben, was sich bei einer zu niedrigen Festsetzung gegenüber dem erstattungspflichtigen Gegner, die nach der Entscheidung über die Erinnerung nicht weiter anfechtbar ist (vgl. § 197 Abs. 2 SGG) auch zu Gunsten des beigeordneten Rechtsanwalts auswirkt. 4. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG). Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG). Sie ist nicht weiter anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).