Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Impfschadens nach einer postexpositionellen Tollwut-Impfung

Die am 1962 geborene Klägerin studierte von 1982 bis 1986 Sozialpädagogik in D. und erlernte später die Gebärdensprache für Gehörlose. Ab 1992 war sie bei einem Trägerverein für Gehörlose als Sozialpädagogin beschäftigt. Während eines Urlaubsaufenthaltes in Indonesien im Mai 1997 wurde sie an einem Tag von zwei Hunden gebissen, und zwar in den linken Unterarm und in den rechten Unterschenkel. Die Bisswunden, die desinfiziert und mit Pflaster versorgt wurden, sind komplikationslos verheilt. Das Gebiet, in dem sich die Klägerin damals aufgehalten hat, ist ihren Angaben zufolge als "extremes Tollwutgebiet" bekannt gewesen. Die beiden Hunde sind weder in Quarantäne genommen noch untersucht worden. Am 30.05.1997 kehrte die Klägerin aus Indonesien zurück. Bereits in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub erkrankte sie an Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und Fieber bis 40°C. Sie war deshalb ab 02.06.1997 arbeitsunfähig krank.

Auf Überweisung ihres behandelnden Arztes stellte sich die Klägerin am 09.07.1997 in der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität L. vor. Dort wurde dann noch am selben Tag mit einer postexpositionellen Tollwutimmunisierung mit dem Arzneimittel Rabipur begonnen. Diese und alle weiteren Impfungen erfolgten mit dem Impfstoff Rabipur der Firma B. Die zweite und dritte Impfung wurden ebenfalls in der Abteilung für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin vorgenommen, und zwar am 11.07.1997 am 16.07.1997. Bei der dritten Impfung erlitt die Klägerin einen Kollaps. Sie wurde deshalb von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin in das Städtische Krankenhaus R. eingewiesen.

Dort befand sie sich vom 17.07. bis 01.08.1997 in stationärer Behandlung. Da die Klägerin auch über Koordinationsstörungen, Doppelbilder sowie Schluckstörungen berichtete, erfolgte eine weitergehende neurologische Abklärung. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 13.08.1997 (Bl. 71 der LSG-Akte) wurde ein Elektro-Enzephalogramm (EEG; Hirnstrombild) erstellt, das eine grenzwertig leichte Allgemeinveränderung sowie Schwankungen der Vigilität (elektroenzephalographisch registrierbarer Zustand der Wachheit des Organismus) zeigte, im Übrigen aber unauffällig war. Die craniale Computertomographie (CCT) ergab ebenso wenig einen pathologischen Befund wie die klinische neurologische Untersuchung. Das von der Klinik veranlasste neurologische Konsil war unauffällig. Der klinische Befund ergab keine Hinweise auf eine neurogene Störung. Auch ein augenärztliches Konsil ergab keinen krankhaften Befund. Bei den durchgeführten Laboruntersuchungen waren einige Werte außerhalb des Normbereichs: CRP (Eiweiß, das in der Leber gebildet wird und als Entzündungsparameter gilt) 2 mg/nl, Leukozyten (weiße Blutkörperchen) 4,7/nl, Thrombozyten (Blutplättchen) 182/nl. Das Differentialblutbild ergab 7% Eosinophile (Teil der weißen Blutkörperchen), 42% Lymphozyten (die kleinsten weißen Blutkörperchen), 11% Monoyten (die größten weißen Blutkörperchen). Bei der Liquordiagnostik (Verfahren zur Untersuchung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) wurde kein auffälliger Befund festgestellt. Im Stuhl fanden sich vereinzelt Wurmeier, aber keine pathogenen Keime. Das Krankenhaus empfahl eine Vervollständigung des Tollwutimpfschutzes und nahm selbst eine vierte Impfung am 23.07.1997 vor.

Die fünfte Impfung erfolgte am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis. Dieser Impftermin wurde von der Klägerin genannt; er ist im Impfpass nicht eingetragen.

Die sechste und letzte Impfung wurde am 10.10.1997 in der Klinik Dr. R., Fachkrankenhaus für Psychotherapeutische Medizin, vorgenommen. In dieser Klinik befand sich die Klägerin vom 09.10.1997 bis 30.04.1998 in stationärer Behandlung. Im Entlassungsbericht der Klinik vom 29.06.1998 (Bl. 28/30 der Verwaltungsakte und Bl. 118/125 der SG-Akte), wird in der abschließenden Zusammenfassung u.a. ausgeführt, bei Blutabnahmen und auch bei den Pentoxifyllin-Infusionen (Arzneimittel, das bei arteriellen Durchblutungsstörungen eingesetzt wird), sei es immer wieder dazu gekommen, dass die Klägerin kollabierte und nach kurzer Zeit wieder zu sich kam. Wegen eines chronischen Tinnitus sei die Klägerin HNO-ärztlich untersucht worden, wobei eine Hörminderung rechts diagnostiziert worden sei. Um daraufhin einen Kleinhirnbrückenwinkelprozess auszuschließen, sei am 09.04.1998 ein Magnet-Resonanz-Tomogramm (MRT) des Schädels angefertigt worden. Bei dieser Untersuchung sei im unteren Hirnstamm die 4 mm große, unscharf begrenzte, signalreiche Läsion entdeckt worden. Aus diesem Grund sei die Klägerin am 12.05.1998 in die Neurologische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität (TU) L. aufgenommen worden.

Die Behandlung in dieser Klinik dauerte bis zum 27.05.1998. Im Arztbrief vom 05.06.1998 (Bl. 21/22 der Verwaltungsakte) werden folgende Diagnosen gestellt: Verdacht auf Teleangiektasie (Erweiterungen der kleinsten Gefäße bzw. Gefäßfehlbildung) rechts paramedian (neben der Mittellinie verlaufend) im Ponsbereich (Teil des Hirnstamms) und Verdacht auf somatoforme Störung. Ein normales EEG, ein Schlafentzugs-EEG und ein Langzeit-EEG ergaben keinen pathologischen Befund. Unter "Beurteilung und Verlauf" heißt es, die Klägerin sei aufgrund der seit einem Jahr bestehenden, fluktuierenden Symptomatik mit Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerz, Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen, Zittern am ganzen Körper, Tinnitus, Herzklopfen und intermittierender körperlicher Schwäche stationär aufgenommen worden. Diese Symptomatik habe sich seit Anfang des Jahres verschlechtert. Die im craniellen Kernspin aufgefallene Teleangiektasie im Bereich des rechten Pons sei als Ursache für die diffuse Symptomatik sicherlich auszuschließen und bestehe mit Sicherheit schon seit langer Zeit. In der sonstigen bildgebenden und neurophysiologischen Zustandsdiagnostik hätten keine organischen Korrelate für die diffusen Beschwerden gefunden werden können. Wegen der rezidivierend auftretenden Zitteranfälle mit fraglichen Bewusstseinsstörungen seien mehrfach EEG auch unter Provokationsbedingungen durchgeführt worden. Jedoch zeigten sich auch hier, auch während solcher Attacken, keine EEG-Veränderungen. Aufgrund der diffusen Beschwerdesymptomatik erscheine eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Dies sei mit der Klägerin besprochen worden, jedoch seien keine weiteren Schritte eingeleitet worden, weil sich die Klägerin bereits in ambulanter Psychotherapie befinde. Außerdem möchte sich die Klägerin noch einmal im Tropeninstitut in G. vorstellen, da sie noch immer von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgehe.

In der Zeit vom 08.06.1998 bis 13.07.1998 wurde die Klägerin u.a. von Dr. D., Ärztin für Nervenheilkunde und Psychotherapie, in L. betreut. Diese führte in einem Arztbrief vom 30.07.1998, der an eine andere in L. niedergelassene Ärztin adressiert war, aus, die von der Klägerin geäußerten Beschwerden stünden am ehesten in Zusammenhang mit der Tollwutimpfung. Die im Klinikum rechts der H. diagnostizierte Optikusneuritis lasse natürlich noch andere Differentialdiagnosen wie z.B. Enzephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) zu. Alle neurologischen Befunde seien jedoch nach Aussage der Klägerin negativ gewesen. Bei Persistieren der Symptomatik würde sie trotzdem eine Wiederholung der Kernspintomographie empfehlen. Das Nebenwirkungsprofil des Tollwutimpfstoffes weise neurologische Störungen auf.

Der Augenarzt Dr. R., L., teilte in einem Schreiben an Dr. B. vom 24.11.1998 mit, die Klägerin sei im Juni 1998 bei ihm gewesen. Auffällig seien Xanthelasmen (hellgelbe, leicht erhabene, plattenförmige Ablagerungen von Cholesterin im Bereich der Augenlider) im Lidbereich gewesen. Bei der Extremblickrichtung habe sich ein zarter Nystagmus (unkontrollierbare, rhythmische Bewegungen bzw. sog Augenzittern) dargestellt. Die Gesichtsfelduntersuchung habe beidseits eine vergrößerten blinden Fleck ergeben. Er habe die Klägerin deshalb zu einer weiteren Abklärung zu Prof. K. in L. geschickt. Auch dieser habe einen vergrößerten blinden Fleck und geringe relative Defekte im Zentrum ohne genauere Zuordnung finden können.

Mit Schreiben vom 06.12.1998 (Bl. 23/27 der Verwaltungsakte) wandte sich Dr. B. aus E. an die Neurologische Klinik und Poliklinik der TU L. und gab an, er kenne die Klägerin seit vielen Jahren. Leider habe es seit ihrer im Mai 1997 begonnenen Erkrankung bis zu diesem Sommer keinen Kontakt mehr gegeben, so dass er sich erst jetzt in das Geschehen "einmischen" könne. Anlass seines Schreibens sei seine Bitte, sich nochmals mit der Krankengeschichte und der diagnostischen Bewertung zu befassen. Er habe nämlich den Eindruck gewonnen, dass hierbei nicht mit der wünschenswerten und notwendigen Sorgfalt Anamnese, Beschwerden sowie neurologische und neurologisch-technische Befunde bewertet worden seien. Diagnostische Bewertungen der Klinik hätten verständlicherweise "auch nach außen hin" ein besonders großes Gewicht. Im Anschluss daran schilderte Dr. B. den bisherigen Verlauf der Krankengeschichte der Klägerin und seine Auffassung über mögliche Diagnosen; hierauf wird verwiesen.

Am 02.02.1999 stellte sich die Klägerin in der ambulanten Sprechstunde der Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation der K.-L.-Universität in L. vor. Im Arztbrief vom 03.02.1999 (Bl. 10 der Verwaltungsakte) führte die Leitende Oberärztin der Klinik Dr. A. aus, die erhobenen Befunde - die im Einzelnen dargelegt werden - deuteten nicht auf eine zentrale Störung, sondern wiesen auf ein peripher gestörtes neuropathisches Krankheitsbild hin, das auch in der Literatur bereits nach Rabiesimpfungen (Tollwutimpfungen) beschreiben worden sei.

Am 22.02.1999 stellte die Klägerin beim Amt für Versorgung und Familienförderung München I (Versorgungsamt) einen Antrag auf Versorgung nach dem (damals geltenden) Bundesseuchengesetz (BSeuchG). Mit ihrem Antrag legte sie verschiedene Arztbriefe und Atteste vor. In einem nervenärztlichen Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Versorgungsamts vom 08.07.1999, das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruht, führte der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. R. aus, ein Kausalzusammenhang zwischen der Tollwutimpfung und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen neurologischer Natur sei zwar nicht ganz auszuschließen, aber doch nicht wahrscheinlich. Ohne spezifische Kenntnisse und Erfahrungen bei der sehr selten durchgeführten Tollwutimpfung könne allerdings nicht entschieden werden, hier sei die Erfahrung des speziellen Prüfarztes entscheidend.

Daraufhin zog das Versorgungsamt zunächst das für die (damalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstellte Gutachten des Arztes für Neurologie Dr. G. bei und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik der K.-L.-Universität L. Prof. Dr. A. Dieser ließ zunächst die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 in einem neuroradiologischen Zusatzgutachten vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum F. befunden und bewerten. In diesem Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte) führte dieser in der zusammenfassenden Beurteilung aus, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.

Im neurologischen Gutachten vom 02.04.2000, das auch auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruht und ausführlich die von der Klägerin gemachten Angaben über ihre Beschwerden wiedergibt, führte Prof. Dr. A. aus, die auf neurologischen Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen könnten zwar wie bisher beschrieben, aber nicht einer sicheren Krankheitsbezeichnung zugeordnet werden. Neurologische, bleibende Schäden infolge der Tollwutimpfung seien nicht mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit erkennbar. Weder die Ergebnisse der stationären Untersuchung vom Juli 1997 noch die Ergebnisse der späteren Untersuchungen in den Neurologischen Universitätskliniken rechts der H. in L. und in E. hätten im Bereich des Gehirns, des Rückenmarks und der Nerven Befunde einer impfbedingten Gewebeschädigung fassen lassen. Der einzig auffällige Befund des Kernspintomogramms, der bildgebenden Untersuchung mit dem besten Auflösungsvermögen, entspreche nach dem übereinstimmenden Urteil aller neuroradiologischer Untersucher einer kleinen Gefäßfehlbildung im Bereich der Brücke, aber nicht einem Herd einer impfbedingten umschriebenen Entzündung oder Schädigung der Hüllen von Nervenfortsätzen. Aber auch eine Auswirkung der Impfung auf die Nerven in Armen und Beinen (Polyneuropathie) sei nie fassbar gewesen. Zudem sei festzustellen, dass die von der Klägerin angegebene über längere Zeit fortschreitende Verschlechterung für eine Impfschädigung des Gehirns so ungewöhnlich sei, dass - von allem anderen abgesehen - deutlich mehr dagegen als dafür spreche.

Vor einer Entscheidung über den Antrag gab das Versorgungsamt der Klägerin Gelegenheit, sich zum bisherigen Beweisergebnis zu äußern. Die Klägerin bat Dr. B., zu den eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen. Dieser Bitte kam er mit Schreiben vom 27.05.2000 nach. Er begründete darin seine Kritik ausführlich und trug als seine Hypothese die Ansicht vor, dass die Impfung, die bei dem langen Abstand zu den Hundebissen ohnehin nur sehr fraglich indiziert gewesen sei, wegen des gleichzeitig bestehenden hochfieberhaften Infektes einen pathologischen Prozess in Gang gebracht habe, der zu der jetzt bestehenden Symptomatik geführt habe. Die Herstellerfirma habe in ihrem der Verwaltung vorliegenden Schreiben vom 25.02.1999 (Bl. 43/46 der Verwaltungsakte) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Einfluss der Tollwutimpfung auf eine vorbestehende Symptomatik nicht mit Sicherheit auszuschließen sei. Er habe in den vergangenen Tagen ein Telefonat mit Prof. Dr. C. aus A. geführt, der ihm vom Q.-J.-Institut als hochkarätiger Experte für Impfstoffe benannt worden sei. Dieser habe seine Verwunderung über die wenig sachverständigen Äußerungen der Gutachter zum möglichen Impfschaden durch Rabipur zum Ausdruck gebracht. Prof. Dr. C. habe ihm aus einer Computer-Recherche (die beigefügten) Berichte überlassen, dies sich mit gemeldeten neurologischen Schäden nach Tollwutimpfung mit nicht-neutralen Zellgewebsimpfstoffen der so genannten 3. Generation wie Rabipur befassen. Trotz der Seltenheit von gemeldeten Impfschäden werde über folgende neurologische Erkrankungen berichtet: Guillan-Barré-Syndrom, Polyneuropathie, Menigoradiculitis, disseminierte Enzephalomyelitis (Multiple Sklerose), vorübergehende epileptische Anfälle und Augenmuskellähmungen. Er schlage deshalb ein impfmedizinisches Fachgutachten z.B. durch Prof. Dr. C. vor.

Zu diesem Schreiben holte die Versorgungsverwaltung eine Stellungnahme von Dr. R, Medizinaldirektorin und Ärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 29.08.2000 ein, die ausführte, dass ihrer Meinung nach keinesfalls Schädigungsfolgen iS des Bundesseuchengesetzes vorliegen.

Mit Bescheid vom 22.09.2000 lehnte das Versorgungsamt den Antrag ab.

Dagegen legte die Klägerin am 20.10.2000 Widerspruch ein, den Dr. B. mit Schreiben vom 18.11.2000 und 02.02.2001 begründete. Er legte einen an ihn gerichteten Arztbrief der Praxis für Nuklearmedizin PD Dr. Q. -Dr. V. vor, in dem über das Ergebnis einer bei der Klägerin am 29.01.2001 durchgeführten Teilkörperpositronen-Emissionen-Tomographie des Gehirns berichtet wird. Danach habe sich in bestimmten Arealen des Gehirns eine deutliche Stoffwechselminderung gezeigt, die eindeutig als pathologisch einzustufen sei. Nähere diagnostische Aussagen seien jedoch nicht möglich, da in der Literatur vielfältige Ursachen für dieses Befundmuster beschrieben seien. Nach Einholung einer Stellungnahme bei Medizinaldirektorin Dr. R. wies das Bayerische Landesamt für Versorgung und Familienförderung den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2001 als unbegründet zurück.

Am 20.08.2001 hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben. Dieses Gericht hat sich mit Beschluss vom 13.09.2001 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen. Die Klägerin hat u.a. vorgetragen, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Impfserie sei bei ihr eine progrediente neurologische Symptomatik aufgetreten, wobei im Vordergrund der Beschwerden Teillähmungen im motorischen und sensiblen Bereich, Beeinträchtigungen der Feinmotorik (einschließlich Sprache), des Sehens und der Koordination, ständige Gliederschmerzen und als Hauptsyndrom eine massive Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und Vitalität aufgetreten seien. Die Beschwerden hätten sich in der Folgezeit teilweise noch verschlechtert und im September 1998 dazu geführt, dass sie wegen ihrer seit Krankheitsbeginn bestehenden Arbeitsunfähigkeit ihren Arbeitsplatz verloren habe. Am 28.05.2001 sei durch die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik in E. ein neues Gutachten erstellt worden. Dieses gehe aufgrund der Anamnese, des klinischen Befundes und der Vorbefunde, insbesondere der PET-Untersuchung diagnostisch von einer hirnorganischen Ursache der Beschwerden aus und vermute am ehesten ein postenzephalitisches Syndrom nach Tollwutimpfung. Die Diagnose eines postenzephalitischen Syndroms werde auch durch eine weitere Untersuchung der Sektion prächirurgische Epilepsiediagnostik am Neurozentrum der Universität E. und der am 16.07.2001 durchgeführten VEP (Visuell evozierte Potentiale) - Untersuchung bestätigt. Da für die Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genüge, sei der von ihr geltend gemachte Anspruch begründet.

Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin verschiedene Arztbriefe sowie einen Auszug aus dem "Handbuch der unerwünschten Arzneimittelwirkungen" und die Fachinformation des Herstellers B. über den Impfstoff Rabipur vorgelegt. Bei dem in der Klagebegründung erwähnten Gutachten vom 28.05.2001 handelt es sich um einen Brief des Klinikums an Dr. B., in dem über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik in der Zeit vom 28.03. bis 30.03.2001 zur Diagnostik im Schlaflabor berichtet wird. Die vom O.-D.-Institut an Dr. B. übersandten Unterlagen enthalten Literatur zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen des Tollwutimpfstoffs Rabipur mit Daten aus den Jahren 1995 bis 2001 (Bl 48/54 der SG-Akte).

Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hat der Beklagte zum Anlass genommen, eine Anfrage an das O.-D.-Institut zu richten. Im Antwortschreiben vom 22.03.2002 (Bl. 59/63 der SG-Akten) werden auf der Grundlage der von der Klägerin und Dr. B. an das Institut gemeldeten Angaben über einen Verdachtsfall unerwünschter Arzneimittelwirkungen des Tollwutimpfstoffs Rabipur Ausführungen zu möglichen Impfreaktionen gemacht und es wird zusammenfassend festgehalten, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung wahrscheinlich erscheine.

Hierzu hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.05.2002 geäußert. Darin wird darauf aufmerksam gemacht, es sei niemals behauptet worden, dass die Klägerin an einer ADME (akute disseminierte Encephalomyelitis) oder an einem Guillan-Barré-Syndrom leide. Sie gehe von einem durch die Impfung ausgelösten Zustand nach immunologisch bedingter Enzephalitis aus. Für gleichwertig halte die Klägerin die nunmehr vom Q.-D.-Institut gestellte Verdachtsdiagnose einer unklassifizierbaren, vermutlich entzündlichen Reaktion des zentralen oder peripheren Nervensystems. Zusammen mit diesem Schriftsatz reichte die Klägerin den Arztbrief des Prof. Dr. D. von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik E. vom 28.02.2002 zu den Akten (Bl. 73 der SG-Akte). Darin vertritt Prof. Dr. D. die Auffassung, diagnostisch sei bei der komplexen Symptomatik der Klägerin von einer organischen psychischen Störung auszugehen. Ein postenzephalitisches Syndrom sei am wahrscheinlichsten. Im ebenfalls von der Klägerin vorgelegten und an Dr. B. gerichteten Arztbrief der Augenärztin Dr. Q. wird ein "nach wie vor unklares Röhrengesichtsfeld rechts" und eine "unklare Pupillenstörung" diagnostiziert. Dagegen habe sich das Sehvermögen rechts wieder normalisiert.

Das SG hat eine Auskunft der Gutachtenstelle der Neurologischen Universitätsklinik E. über eine ambulante Vorstellung der Klägerin am 15.11.1999 und einen stationären Aufenthalt in der Zeit vom 06.12. bis 14.12.1999 eingeholt (Bl. 77/81 der SG-Akte). Anschließend hat das SG zunächst versucht, den Leiter der Neurologischen Universitätsklinik E., Prof. Dr. K., mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Da dieser aufgrund anderer Verpflichtungen sich nicht in der Lage gesehen hat, den Gutachtensauftrag zu erledigen, hat er darum gebeten, den Auftrag an einen seiner Oberärzte zu richten. Hierzu ist es dann aber nicht gekommen, nachdem die Klägerin aufgrund des früheren Aufenthaltes in dieser Klinik Vorbehalte ("durchaus auch konflikthafte Verläufe der Behandlung") gegenüber einer Begutachtung durch diese Klinik geäußert hat. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.07.2002 hat sie vielmehr darum gebeten, die Erforderlichkeit des Gutachtens zu prüfen, nachdem auf den vorliegenden Fall bezogen eine klare Aussage des Q.-L.-Institutes vorliege. Auch könne die Frage nach einem Impfschaden nicht von einem Neurologen beantwortet werden, stattdessen wäre ein immunologisches Gutachten einzuholen. Außerdem sei sie schwanger. In dieser Situation erscheine eine ambulante Untersuchung mit dem Ziel, die Folgen der Tollwutimpfung zu prüfen, kaum möglich.

Das SG hat ferner nach Einholung einer Auskunft der Klinik Dr. R. versucht, zunächst bei Prof. Dr. Y., I.-F. Universität L., und anschließend bei Prof. Dr. I., Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Q., ein Gutachten einzuholen. Diese Sachverständigen haben sich aber außerstande gesehen, den Gutachtensauftrag zu erfüllen. Schließlich hat das SG bei Prof. Dr. D. in E. ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 20.11.2003 (Bl. 142/158) die Ansicht vertreten, die bei der Klägerin festzustellenden Symptome seien aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung vereinbar, z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung bzw. Wesensänderung. Bedingung für eine solche Diagnose sei allerdings, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne, z. B. der zur Diskussion stehende Impfschaden. Falls eine Hirnschädigung angenommen werden könne, seien die von ihm erhobenen Befunde nicht mit Wahrscheinlichkeit auf andere Ursachen zurückzuführen, sondern am wahrscheinlichsten Folge dieser Hirnschädigung. Zu diesem Gutachten haben sich sowohl die Klägerin als auch der Beklagte geäußert

Mit Urteil vom 28.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die verwiesen wird, hat es dargelegt, dass und weshalb es einen Zusammenhang zwischen den bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen und der Impfung mit Rabipur im Jahr 1997 nicht für wahrscheinlich hält. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 13.05.2004 zugestellt worden.

Am 11.06.2004 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, das SG habe aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung den Ursachenzusammenhang zwischen der Tollwutimpfung und der bei ihr bestehenden Erkrankung verkannt. Nachdem sie im Juli 1997 sechs Impfungen gegen Tollwut erhalten habe, sei in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beginn der Impfserie die streitgegenständliche Symptomatik aufgetreten, wobei im Vordergrund der Beschwerden Teillähmungen im motorischen und sensitiven Bereich, Beeinträchtigungen der Feinmotorik einschließlich Sprache, des Sehens und der Koordination, ständige Gliederschmerzen und als Hauptsymptom eine massive Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und Vitalität aufgetreten seien. Bei ihr bestehe ohnehin eine stark erhöhte Neigung zu Arzneimittelnebenwirkungen. Es bestünden Allergien gegen bestimmte Antibiotika und eine massive Unverträglichkeit bei verschiedenen Antidepressiva. Besonders zu berücksichtigen sei, dass bei ihr eine Tollwutimpfung durchgeführt worden sei, als sie bereits wegen Tollwutsymptomen behandelt worden sei. Die Klägerin legt ausführlich dar, welche Gesichtspunkte aus ihrer Sicht für einen Zusammenhang ihrer Gesundheitsstörungen mit der durchgeführten Impfung sprechen und welche ärztlichen Stellungnahmen und Berichte ihren Standpunkt stützen. Ferner legt die Klägerin dar, dass auch die Voraussetzungen für eine so genannte Kannversorgung erfüllt seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Gesundheitsstörungen der Klägerin als Impfschaden anzuerkennen und ab 1. Februar 1999 zu entschädigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Eine Anerkennung als Impfschaden scheide im vorliegenden Fall in jeglicher Hinsicht aus. Weder sei ein Zusammenhang der bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit der im Jahr 1997 erfolgten Impfung wahrscheinlich zu machen noch lägen die Voraussetzungen einer Kannversorgung iSd § 61 Satz 2 IfSG bzw. § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG vor.

Der Senat hat die noch vorhandenen Unterlagen der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität L. und des Krankenhauses L. R. beigezogen und nach einer Bitte um Benennung geeigneter Sachverständiger bei der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Q.-L.-Institutes mit Gutachtensauftrag vom 29.06.2005 Prof. Dr. C., Facharzt für Innere Medizin sowie Mikrobiologie/Epidemiologie, mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Prof. Dr. C. war u.a. bis 1999 Leiter der Programme für Infektionskrankheiten und Impfungen, Regionalbüro Europa der Weltgesundheitsorganisation, und von 1992 bis 2004 Mitglied der STIKO.

Die Klägerin hat noch drei an Dr. B. gerichtete Arztbriefe vorgelegt. Im Schreiben vom 26.07.2005 teilt der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. V., E., mit, neurologischerseits stünden bei der Klägerin eine ataktische Gangstörung, Koordinationsstörungen der Extremitäten sowie ein Hemihypästhesie und -hypalgesie im Vordergrund. Der Augenarzt Dr. S. nennt im Schreiben vom 03.08.2005 als Diagnosen: hyperoper. Astigmatismus, zeitweise dekompens. Exophorie mit Problemen beim Lesen und Enzephalitis nach Tollwutimpfung. Prof. Dr. Q., Arzt für Nuklearmedizin, beschreibt das Ergebnis eines Hirnperfusions-Spect-Szintigramms. Er führt in seinem Schreiben hierzu aus, es habe sich kein Nachweis umschriebener grober Perfusionsstörungen ergeben. Die leicht inhomogene Perfusion sämtlicher Hirnregionen sei vereinbar mit einem Zustand nach Enzephalitis. Eine typisch dementielle Perfusionsveränderung sei nicht nachweisbar. Insbesondere lasse sich auch die frontale Perfusionsminderung aus dem Jahre 2001 nicht mehr belegen.

In seinem Gutachten vom 24.08.2005 (Bl. 110/150 der LSG-Akte) beschreibt Prof. Dr. C. die Tollwutimpfstoffe und ihre Komplikationen und legt dann dar, dass das Vorliegen einer ADEM und eines Guillain-Barré-Syndroms eindeutig zu verneinen sei. Die zum Vorhandensein einer Neuritis (Entzündliche Erkrankung des peripheren Nervensystems) von den Ärzten bisher gemachten Angaben seien zum Teil widersprüchlich. Eine diagnostische Sicherung habe allerdings in keinem Fall erfolgen können. Er kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass bei der Klägerin keine Gesundheitsstörungen vorliegen, die mit Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht worden seien.

Zu diesem Gutachten hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.01.2006 und unter Hinweis auf eine umfangreiche Stellungnahme des Dr. B. ausführlich geäußert (Bl. 165/169 der LSG-Akte).

Ein auf den 17.02.2006 anberaumter Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den 28.04.2006 verlegt worden. Auch dieser Termin ist wieder aufgehoben worden, nachdem die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen (Schreiben Dr. S. vom 27.10.2005 und Stellungnahme des O.-D.-Instituts vom 10.01.2006) vorgelegt hat. Der Senat hat die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. C. vom 06.03.2006 eingeholt. Hierzu hat sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 27.04.2006 geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens, weil die im Jahre 1997 durchgeführte postexpositionelle Impfung gegen Tollwut mit dem Impfstoff Rabipur keinen Impfschaden verursacht hat.

Streitgegenstand des Rechtsstreits ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach § 51 Abs. 1 Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. § 60 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Da das IfSG am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, bei zeitgleichem Außerkrafttreten des BSeuchG ohne Übergangsvorschrift (s Art 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000, BGBl I, 1045), ist im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch bis zum Inkrafttreten des IfSG das BSeuchG weiterhin anzuwenden; hier also von der Antragstellung im Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Für die Zeit danach sind der Entscheidung die allerdings insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des IfSG zu Grunde zu legen (BSG 20.07.2005 - B 9a/9 VJ 2/04 - Breith 2006, 140).

Wer durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, einen Impfschaden erlitten hat, erhält nach § 51 Abs. 1 BSeuchG und § 60 Abs. 1 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG/§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Impfung anerkannt werden (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG/§ 61 Satz 2 IfSG; sog Kannversorgung).

Allerdings müssen die Impfung, die Schädigung durch die Impfung in Form eines über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (vgl. § 2 Nr. 11 IfSG) und der verbliebene Schaden (anhaltende Gesundheitsstörung) voll bewiesen sein (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Nur für den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und der Schädigung sowie der Schädigung und dem verbleibenden Gesundheitsschaden genügt der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist eine Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht bzw. wenn die für den Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Es genügt nicht, dass ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann oder nur möglich ist; auch die "gute Möglichkeit" genügt nicht (BSG aaO). Der Vollbeweis setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt, erwiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9).

Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, gelten im Impfschadensrecht für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (BSG SozR 3850 § 52 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet: Lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten der Antragstellerin (Klägerin) aus. Das BSG hat ferner entschieden, dass im Impfschadensrecht bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden keine Beweislastumkehr in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich dass die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ). Bei dieser Sachlage besteht in Fällen eines bereits gesetzlich normierten erleichterten Maßstabs für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen jedenfalls in der Regel kein Anlass, aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung von dem normierten Maßstab abzugehen (BSG 27.08.1998 - B 9 VJ 2 97 R -).

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Es steht zwar fest, dass sie in der Zeit vom 09.07.1997 bis 10.10.1997 insgesamt 6-mal mit dem Impfstoff Rabipur gegen Tollwut geimpft worden ist. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Impfung einen Gesundheitsschaden verursacht hat. Nach dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und sonstigen ärztlichen Stellungnahmen, die sich in den Gerichts- und Verwaltungsakten befinden, ist schon fraglich, ob die im Jahre 1997 erfolgte Impfung überhaupt zu einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Klägerin geführt hat. Dies kann nur angenommen werden, wenn hierfür das Auftreten von Beschwerden bzw. das Vorhandensein von Symptomen genügt. Denn organisch fassbare Veränderungen, also gesundheitliche Beeinträchtigungen iS regelwidriger Veränderungen des Körpers, die die von der Klägerin geschilderten Beschwerden erklären könnten, sind im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachgewiesen. Darüber hinaus steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass weder die von der Klägerin geschilderten Beschwerden noch die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung mit Rabipur zurückgeführt werden können.

In seinem für den Senat erstellten Gutachten vom 24.08.2005 hat Prof. Dr. C. die in der Literatur beschriebenen Komplikationen einer Impfung mit einem Tollwut-Zellkultur-Impfstoff aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM; auch als postinfektiöse Enzephalitis bezeichnet), das Guillain-Barré-Syndrom sowie Neuritiden (entzündliche Nervenerkrankungen). Er hat dann ferner dargelegt, dass das Vorliegen einer ADEM und des Guillain-Barré-Syndroms bei der Klägerin eindeutig zu verneinen ist (Seite 32 seines Gutachtens). Insoweit stimmt seine Auffassung mit der Ansicht der Klägerin überein. Auch sie hat darauf hingewiesen, dass sie niemals behauptet habe, an einer ADEM oder einem Guillain-Barré-Syndrom zu leiden (Schriftsatz vom 06.05.2002, Bl. 71 der SG-Akte). Der Senat schließt sich der Auffassung des Sachverständigen an, zumal diese Krankheiten von keinem der im Verlauf des Verfahrens gehörten Ärzte festgestellt worden sind.

Prof. Dr. C. hat darüber hinaus ausgeführt, dass auch Neuritiden, die als mögliche Komplikation bei einer Tollwutimpfung auftreten können, bei der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Auch in diesem Punkt folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Die von der Klägerin am Gutachten des Sachverständigen vorgebrachte Kritik ist unbegründet. Der Hinweis der Klägerin, der Sachverständige hätte auf die Frage eingehen müssen, wie das Auftreten der Erstsymptome im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit der Entwicklung gravierender und erstmaliger neurologischer Ausfälle erklärt wird (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht nur unbewiesen, sondern nach Ansicht des Senats sogar widerlegt ist. Die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vorgenommenen Untersuchungen haben ergeben, dass neurologisch begründbare Ausfälle gerade nicht vorliegen. So ist die Klägerin noch während des Impfzeitraumes im Juli 1997 im Städtischen Krankenhaus R. aufgrund der von ihr geschilderten Beschwerden - Koordinationsstörungen, Doppelbilder, Schluckstörungen - einer eingehenden neurologischen Untersuchung unterzogen worden. Dabei ergaben sowohl die klinischen als auch die apparativ-technischen Untersuchungen wie EEG und CCT ebenso wenig einen krankhaften Befund wie das augenärztliche Konsil. Damit steht für den Senat fest, dass die im Juli 1997 geäußerten Beschwerden nicht auf einer neurologischen Störung beruhen. Der Sachverständige brauchte neurologische Ausfälle im Zusammenhang mit der erfolgten Impfung nicht zu erklären, weil solche neurologischen Ausfälle gar nicht vorlagen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2006 hat der Sachverständige deshalb nach ausführlicher Darlegung der erhobenen Befunde zu Recht zusammenfassend festgestellt, dass im Zeitraum vom 09.07.1997 bis 01.08.1997 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 192 der LSG-Akte).

Auch die Frage, wie die direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen erklärt werden (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht dem bekannten Sachverhalt entspricht. Zwar hat die Klägerin bei der dritten Impfung am 16.07.1997 einen Kollaps erlitten. Deshalb ist sie auch in das Krankenhaus R. eingewiesen worden. Abgesehen davon, dass dort wie erwähnt keine neurologischen Störungen festgestellt werden konnten, ist die Klägerin während eines Aufenthalts in der Klinik Dr. R. sowohl bei Blutabnahmen als auch bei Infusionen immer wieder kollabiert (Arztbrief der Klinik vom 29.06.1998, Bl. 118/125 der SG-Akte). Dies lässt den Schluss zu, dass diese Zusammenbrüche in keinem Zusammenhang mit dem verabreichten Impfstoff stehen. Außerdem sind im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus R., am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. R. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden. Im Arztbrief der Neurologischen Klinik der TU L. vom 05.06.1998 wird sogar ausgeführt, die von der Klägerin beschriebene Symptomatik habe sich "seit Anfang des Jahres" verschlechtert. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der am 10.10.1997 beendeten Impfserie wäre damit nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen sind gar nicht belegt.

Überdies hat die in der Neurologischen Klinik der TU durchgeführte umfangreiche neurologische Diagnostik wiederum keinen neurologisch fassbaren Befund erbracht. Alle EEG-Untersuchungen (einfaches EEG, Schlafentzugs-EEG, Langzeit-EEG) ergaben keine Hinweise auf krankhafte Veränderungen, sondern regelrechte Befunde. Das am 09.05.1998 angefertigte cranielle Kernspintomogramm deutete lediglich auf eine kleine Gefäßfehlbildung in den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren), die aber nach Ansicht der Klinik als Ursache für die von der Klägerin geschilderte Symptomatik ausscheiden. Aufgrund des unauffälligen Untersuchungsbefundes erschien der Neurologischen Klinik vielmehr eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 05.06.1998 ist die Klägerin damals selbst immer noch von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgegangen. Prof. Dr. C. führt daher in der erwähnten ergänzenden Stellungnahme auch insoweit zu Recht aus, dass auch im Zeitraum vom 09.10.1997 bis 27.05.1998 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 194 der LSG-Akte).

Auf die Frage, wie der Umstand bewertet werde, dass die Impfung im Zustand einer schlechten Abwehrlage bei hoch fieberhaftem Infekt erfolgte, wodurch das Auftreten einer unspezifischen Impfreaktion deutlich wahrscheinlicher geworden sei (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), ist Prof. Dr. C. in seinem Gutachten vom 24.08.2005 nicht näher eingegangen, weil hierzu kein Anlass bestanden hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er dies überzeugend damit erklärt, dass es keinesfalls abzulehnen sei, dass bestimmte Vorschädigungen einen negativen Einfluss ausüben können, obwohl es keine Berichte zu Tollwutimplikationen bei bestimmten Vorschädigungen gebe. Dies könnte aber nur dann Berücksichtigung finden, wenn eine Tollwutimplikation mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Im Übrigen hat er bestätigt, dass die Impfung im Falle der Klägerin angesichts der Vorgeschichte (Hundebisse in Indonesien), den u. U. sehr langen Inkubationszeiten der Tollwut und der lebensbedrohenden Gefährdung bei einer Tollwutinfizierung indiziert gewesen sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte schlechte Abwehrlage zu Beginn der Impfserie ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor der ersten Impfung am 09.07.1997 einen Monat lang (seit 02.06.1997) krank gewesen ist und über Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und hohem Fieber (bis zu 40°C) geklagt hat. All diese Symptome, die bereits vor der Impfung vorhanden waren, können nicht erst durch die Impfung ausgelöst worden sein.

Die Kritik der Klägerin, Prof. Dr. C. habe teilweise fachfremd geurteilt und sei insoweit nicht ausreichend kompetent, geht fehl. Der Sachverständige wurde vom Senat - auf Vorschlag der STIKO - mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt, weil er ein national und international anerkannter Impfexperte ist. Er verfügt - was er in seinem Gutachten belegt hat - über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet von Impfungen und deren Folgen und ist daher für die hier zu beurteilenden Fragen besonders kompetent. Er hat sich auch nicht deshalb fachfremd betätigt, weil er in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme zu den in den Akten vorhandenen Ergebnissen neurologischer Untersuchungen Stellung genommen hat. Er hat dies - wozu er geradezu verpflichtet war - ausschließlich unter dem Gesichtpunkt möglicher Impfkomplikationen getan.

Mit dem vom SG eingeholten psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. D. lässt sich ein Impfschaden ebenfalls nicht begründen. Die Ausführungen von Prof. Dr. D. sprechen sogar eher gegen als für eine Impfschädigung. Denn Prof. Dr. D. führt lediglich aus, dass die vorhandenen Symptome aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung (z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung) vereinbar seien. Bedingung für eine solche Diagnose sei aber, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne. Nach diesem Gutachten setzt die Annahme eines Impfschadens voraus, dass überhaupt eine organische Hirnstörung vorhanden ist und, falls dies der Fall ist, dass diese mit Wahrscheinlichkeit kausal auf die Impfung zurückgeführt werden kann.

Unabhängig von der Frage, ob bei der Klägerin überhaupt eine organische Hirnstörung vorliegt oder vorgelegen hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu keiner solchen Hirnstörung gekommen ist. Bei der Untersuchung der Klägerin im Krankenhaus R. im Juli 1997 wurde bei der Liquordiagnostik kein auffälliger Befund festgestellt. Auch in der Neurologischen Universitätsklinik E. wurde am 06.12.1999 liquordiagnostisch ein Normalbefund erhoben (Auskunft Prof. Dr. F. Bl. 80 der SG-Akte).

Die zahlreichen kernspintomographischen Untersuchungen des Gehirns ergaben keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer organischen Hirnstörung. In einem vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum F. erstellten neuroradiologischen Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte), in dem dieser die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 ausgewertet hat, wird ausgeführt, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie (Gefäßfehlbildung) handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.

Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin bis Ende 1999 keine organische Hirnstörung vorgelegen hat bzw. nachgewiesen ist. Da Prof. Dr. D. in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Zusammenfassung der Symptome im Rahmen einer organischen psychischen Störung eine organische Hirnstörung voraussetzt, das Auftreten einer solchen Störung im Zusammenhang mit der Impfung aber nicht festzustellen ist und überdies die Annahme einer organischen psychischen Störung auch nach Ansicht von Prof. Dr. D. nicht die einzige mögliche Interpretation ist, sondern sogar ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen könnten (Bl. 156 der SG-Akte), spricht das Ergebnis seines Gutachtens nicht für einen Zusammenhang zwischen den von ihm beschriebenen Symptomen und der Impfung.

Die Ausführungen des O.-D.-Institutes über gemeldete Nebenwirkungen zu Rabipur in Bezug auf das neurologische Organsystem (Schreiben des Instituts an Dr. B. vom 10.01.2006) tragen zur Klärung der vorliegenden Problematik nicht entscheidend bei. Prof. Dr. C. hat in seinem für den Senat erstellten Gutachten nicht in Abrede gestellt, dass eine Impfung mit Rabiur zu Komplikationen und bleibenden Schädigungen führen kann. Für die Anerkennung eines Impfschadens genügt aber, wie bereits dargelegt, die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schädigung und Impfung nicht. Entscheidend ist, ob im konkreten Fall ein solcher Zusammenhang wahrscheinlich ist.

Der Auffassung von Dr. G. vom Referat Arzneimittelsicherheit des O.-D.-Instituts, der in seinem Schreiben vom 22.03.2002 an den Beklagten (Bl. 59/63) ausgeführt hat, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung bei dem die Klägerin betreffenden Verdachtsfall (3138-98) wahrscheinlich sei, schließt sich der Senat nicht an. Die Ausführungen von Dr. G. beruhen ersichtlich auf unzutreffenden Annahmen. So schreibt er, im Verlauf des Juli 1997 sei es nach Angaben der Patientin und des behandelnden Neurologen zu einer neurologischen Symptomatik gekommen, die sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem zu betreffen schien und diagnostisch nicht klar habe eingegrenzt werden können. Bemerkenswert sei die Verstärkung der Symptomatik kurz nach den Impfdosen 3, 4 und 5. Hierzu hat der Senat bereits dargelegt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus R. (vierte Impfung), am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis (fünfte Impfung) und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. R. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden sind. Ferner hat der Senat eingehend ausgeführt, dass eine neurologisch erklärbare Störung im Zusammenhang mit der Impfung nicht hat festgestellt werden können. Außerdem litt die Klägerin bereits vor der Impfung zumindest an einem Teil der dem O.-D.-Institut als unerwünschte Nebenwirkungen benannten Beschwerden wie z.B. Schwindel, Schwäche, Durchfall und Erbrechen. Sollte es sich bei dem "behandelnden Neurologen" um Herrn Dr. B. handeln, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass dieser die Klägerin nach eigenen Angaben nach deren Rückkehr aus Indonesien erstmals wieder im Sommer 1998 gesehen hat und daher aus eigener Anschauung über irgendwelche Impfreaktionen gar nichts berichten kann.

Die Voraussetzung für eine Kannleistung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG und § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG bzw. § 61 Satz 2 IfSG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil neurologisch begründbare Störungen bzw. eine organische Erkrankung des Gehirns im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d.h. innerhalb der Inkubationszeit, nicht nachgewiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Mit der Gewährung einer Kannleistung soll außerdem nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass über die Ursache bestimmter Krankheiten in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, nicht aber Schwierigkeiten bei der diagnostischen Einordnung organisch nicht erklärbarer Beschwerden.

Weitere Ermittlungen sind nach Ansicht des Senats nicht mehr erforderlich. Insbesondere bedarf es keines weiteren Gutachtens, um zu klären, ob psychische Ursachen für die Beschwerden der Klägerin auszuschließen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre deshalb ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung noch nicht wahrscheinlich. Im Übrigen hat die Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. D. bereits ergeben, dass sogar eine Vortäuschung der Symptomatik oder eine dissoziative Störung, wonach ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen, möglich sei. Auch ein neurologisches Gutachten ist entbehrlich, weil es entscheidend auf die Ergebnisse der in den Jahren 1997 und 1998 durchgeführten Untersuchungen ankommt und im Übrigen der Beklagte bereits ein ausführliches neurologisches Gutachten eingeholt hat, das vom Senat bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.