Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - Az.: L 9 B 99/05 AS ER – Beschluss vom 28.02.2006
1. Die Angemessenheit im Sinne des § 22 SGB II ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Die Wohnungsgröße ist in der Regel angemessen, wenn sie es ermöglicht, dass auf jedes Familienmitglied ein Wohnraum ausreichender Größe entfällt. Darüber hinaus sind auch besondere persönliche und berufliche Bedürfnisse des Wohnungsberechtigten und seiner Angehörigen sowie der nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartenden zusätzlichen Raumbedarf zu berücksichtigen
2. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten errechnet sich aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro qm (Produkttheorie).
3. Den tatsächlichen Feststellungen für Wohnmarktverhältnisse und Angemessenheitsniveau sind insofern Mietspiegel, Wohnungsmarktanzeigen und als ergänzendes Korrektiv auch die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz zu Grunde zu legen.
4. Zur Angemessenheit einer im Eigentum stehenden Immobilie.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der den Antragstellern zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Sozialgesetzbuch 2. Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der im Jahre 1944 geborene Antragsteller zu 2) bezog seit Januar 2003
Arbeitslosenhilfe, zuletzt in Höhe von 271,04 Euro wöchentlich. Seine im Jahre
1966 geborene Ehefrau, die Antragstellerin zu 1), bezog zuletzt
Arbeitslosenhilfe in Höhe von 106,40 Euro.
Vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 erhielt der Antragsteller zu 2) antragsgemäß Leistungen nach dem SGB II für die Antragstellerin zu 1) sowie die beiden in den Jahren 1994 und 1997 geborenen Kinder. Die Antragsgegnerin zahlte ferner Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1354,- Euro. Grundlage dieser Kosten ist ein von den Antragstellern bewohntes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 105 qm. Haus und Grundstück haben sie im Jahre 1997 laut den von ihnen vorgelegten Verträgen zu einem Preis von 371.070,- DM (189.725,08 EUR) erworben. Zur Finanzierung haben sie mehrere Darlehen aufgenommen. Das erste Darlehen über 112.484,21 Euro belief sich am 01.01.2003 noch auf einen Schuldenstand von 106.996,10 Euro, das zweite Darlehen über 42.948,52 Euro am 01.01.2003 auf einen von 40.450,25 Euro sowie ein drittes Darlehen über 15.850,05 Euro am 01.01.2003 auf 12.397,17 Euro. Aus diesen Darlehen, die die Antragsteller jedenfalls seit Januar 2003 nicht mehr getilgt haben, errechnen sich Schuldzinsen in Höhe von 1100,21 Euro, die zusammen mit Nebenkosten in Höhe von 193,64 Euro sowie Kosten für Strom in Höhe von 92,- Euro monatlich den Betrag von 1354,- Euro ausmachen. Bereits mit Schreiben vom 23.11.2004 wurde der Antragsteller von der Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass die gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung unangemessen seien. Es wurde anheim gestellt, sich um eine angemessene Wohnung zu bemühen. Weiterhin wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass nach Ablauf einer Frist die Kosten für Unterkunft und Heizung gekürzt werden könnten. Die Antragsgegnerin erläuterte, dass für einen 4-Personen-Haushalt eine Gesamtfläche von bis zu 90 qm als angemessen anzusehen sei. Das bei den angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigende örtliche Mietpreisniveau in L belaufe sich auf höchstens 590,- Euro monatlich (entspricht 6,55 Euro pro qm) zuzüglich Heizkosten von 72,- Euro monatlich. Die Antragsteller reagierten darauf nicht.
Mit Bescheid vom 22.06.2005 gewährte die Antragsgegnerin ihnen für die Zeit von Juli 2005 bis Dezember 2005 weiterhin Arbeitslosengeld II, allerdings Kosten für Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von nur 662,- Euro monatlich. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09.08.2005). Hiergegen haben die Antragsteller Klage erhoben.
Darüber hinaus stellten sie am 09.09.2005 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sie beantragten,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Sie halten das bewohnte Haus hinsichtlich der Größe für angemessen. Nach einer Internetrecherche betrage in L der durchschnittliche Mietpreis 6,- Euro pro qm. Da es sich um einen Durchschnittswert handele, sei von einem höheren Vergleichswert von 9,- Euro pro qm auszugehen. Eine Vergleichswohnung in L sei im Übrigen nicht verfügbar.
Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 30.09.2005 abgelehnt und zur Begründung dargelegt: Mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu § 3 Abs. 1 Satz 2 der Regelsatzverordnung in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BSHG seien bei der Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgebend, als auf den unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln sei. Danach sei die angemessene Höhe der Unterkunftskosten als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro qm zu ermitteln. Anhand dieser Maßstäbe sei die von der Antragsgegnerin errechnete Summe von 662,- Euro nicht zu beanstanden. Diese Zahl entspreche dem Produkt aus der für vier Personen als angemessen anzusehenden Wohnfläche von 90 qm und dem nach den örtlichen Verhältnissen am Wohnort der Antragsteller als angemessen anzusehenden Kaltmietzins von 6,55 Euro je qm. Die Antragsteller selbst hätten einen durchschnittlichen Mietpreis von 6,- Euro pro qm angegeben. Wieso ein qm-Preis von 9,- Euro angemessen sein soll, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragsteller hätten auch einen den angemessenen Bedarf übersteigenden besonderen Bedarf nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Ein den angemessenen Bedarf übersteigender Bedarf ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Verfügbarkeit preiswerteren Wohnraums. Vielmehr seien die Chancen der Antragsteller, eine adäquate angemessene Wohnung in dem Zeitraum seit der erstmaligen Aufforderung durch die Antragsgegnerin im November 2004 zu finden, durchaus als realistisch anzusehen. Die Antragsteller hätten vor allem nicht belegt, dass es ihnen bezogen auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin seit November 2004 unmöglich gewesen wäre, eine angemessene Wohnung zu finden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 28.10.2005 eingelegte Beschwerde, mit der die Antragsteller ihr Begehren weiterverfolgen. Zur Begründung verweisen sie darauf, das Sozialgericht habe völlig außer acht gelassen, dass es sich bei der Unterkunft um Hauseigentum handele, was Auswirkungen auf die Angemessenheit der Wohnung habe. Ein selbstgenutztes Haus in einer Größe bis zu 130 qm mit einer Grundstücksgröße bis zu 800 qm werde im ländlichen Bereich regelmäßig als angemessen bei der Frage der Verwertbarkeit als Vermögen angesehen. Einen anderen Angemessenheitsbegriff könne es nicht geben. Bei fremdfinanziertem Eigentum sei eine weitere Angemessenheitsprüfung vorzunehmen. Es seien alle Kosten des Eigenheimes wie Darlehenszinsen, Grundbesitzabgaben, Versicherungsbeiträge, Erhaltungsaufwand u.ä. zu übernehmen mit Ausnahme der Tilgungsleistungen. Eine Vergleichswohnung stehe im örtlichen Bereich tatsächlich nicht zur Verfügung. Der Hauptgeschäftsführer des Mietervereins Bonn, Bernhard von Grünberg, könne gutachterlich belegen, dass es derzeit so gut wie gar keine freien Wohnungen gebe.
Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, dass es nach ihrer Meinung durchaus ausreichenden Wohnraum in angemessener Größe für die Antragsteller und ihre Kinder gebe. Die Antragsteller hätten bislang keinerlei Bemühungen um einen ihrer Bedarfsgemeinschaft angemessenen Wohnraum nachgewiesen. Hierzu hat die Antragsgegnerin ihrer Auffassung nach angemessene Angebote für eine verfügbare Wohnung in L aus dem Anzeigenteil verschiedener Zeitungen sowie auf Grundlage einer Internetrecherche vorgelegt. Die Antragsgegnerin weist ferner darauf hin, dass die seitens der Antragsteller gegenüber dem Sozialgericht genannten Beträge für die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht dem derzeitigen Stand entsprechen würden. Laut der von ihnen vorgelegten Bescheinigungen der Volksbank vom 06.05.2005 zahlten die Beschwerdeführer insgesamt lediglich Schuldzinsen in Höhe von 796,97 Euro pro Monat. An monatlichen Nebenkosten fielen Trinkwasser in Höhe von 27,- Euro, Abwasser in Höhe von 86,- Euro sowie Grundsteuer in Höhe von 32,08 Euro, Müllgebühren in Höhe von 33,92 Euro, Schornsteinfegerkosten in Höhe von 5,99 Euro sowie Kosten für die Gebäudeversicherung in Höhe von 52,35 Euro an. Die Heizkosten beliefen sich auf 128,- Euro monatlich. Damit ergäben sich insgesamt Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 796,97 Euro für Zinsen, 237,34 Euro für Nebenkosten sowie 128,- Euro für Heizkosten, insgesamt damit 1162,31 Euro.
II.
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 01.12.2005), ist nicht begründet. Nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes in dem von der Eilbedürftigkeit geprägten vorläufigen Rechtsschutzverfahren (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.07.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95 f.). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen sind (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -).
Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob überhaupt (noch) ein Anordnungsgrund von den Antragstellers glaubhaft gemacht worden ist. Daran könnten nämlich deswegen Zweifel bestehen, weil die Antragsteller entgegen ihren ursprünglich gemachten Angaben, die so für den Senat heute nicht mehr nachvollziehbar sind, für das von ihnen bewohnte Einfamilienhaus nicht monatliche Belastungen durch Schuldzinsen in Höhe von 1.100,21 Euro, sondern unter Berücksichtigung der von ihnen selbst vorgelegten Aufstellung der Volksbank C vom 06. Mai 2005 lediglich Schuldzinsen in Höhe von 796,97 Euro pro Monat haben. Trotz Aufforderung des Senats haben die Antragsteller hierzu keine klarstellende Äußerung abgegeben. Die Differenz eines Betrages von 796,97 Euro zu den von der Antragstellerin als angemessen angesehenen Kosten in Höhe des Kaltmietzinses von ca. 590,- Euro beträgt damit lediglich 206,97 Euro monatlich. Dieser Betrag ist in Anbetracht der Gesamtverbindlichkeiten der Antragsteller aus den von ihnen dargelegten drei Darlehen in Höhe von insgesamt 159.843,52 Euro nicht derart hoch und unzumutbar beeinträchtigend, dass nicht die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden könnte. Dies gilt umso mehr, als die Antragsteller auch unter Zugrundelegung ihres vor der Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II erzielten Einkommens aus Arbeitslosenhilfe in Höhe von 377,44 Euro wöchentlich zuzüglich des Kindergeldes sowie Wohngeld bei objektiver vernünftiger Betrachtungsweise nicht in der Lage gewesen sind, neben den normalerweise anfallenden Lebenshaltungskosten derart hohe Verbindlichkeiten zu bedienen.
Darüber hinaus kann im Hauptsacheverfahren die durch die geringere Gewährung von Leistungen nach dem SGB II entstehende Beeinträchtigung durchaus bei Erfolg wieder rückgängig gemacht werden, weil Geldleistungen nachholbar sind und den Antragstellern insbesondere der sofortige Verlust des Hauses nicht droht. Insbesondere haben die Antragsteller weder die Kündigung und sofortige Fälligkeit ihrer Darlehen noch angedrohte oder bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen behauptet.
Selbst wenn man jedoch einen Anordnungsgrund als glaubhaft gemacht ansehen sollte, hat das Sozialgericht zu Recht einen Anordnungsanspruch verneint. Zutreffend hat das Sozialgericht nämlich die Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II mit dem von der Antragsgegnerin angenommenen Betrag von 590,- Euro bejaht.
Die Angemessenheit in diesem Sinne ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Obergrenze sind die tatsächlich entstehenden, berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten. Die Wohnungsgröße ist in der Regel angemessen, wenn sie es ermöglicht, dass auf jedes Familienmitglied ein Wohnraum ausreichender Größe entfällt. Darüber hinaus sind auch besondere persönliche und berufliche Bedürfnisse des Wohnungsberechtigten und seiner Angehörigen sowie der nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartenden zusätzlichen Raumbedarf zu berücksichtigen. Für vier Personen ist damit in Anlehnung an die Förderungswürdigkeit der Wohnflächen im Sozialen Wohnungsbau eine Größe von 90 qm bei vier Personen durchaus zutreffend. Der Wohnstandard der Wohnung soll ein einfaches und bescheidenes Leben ermöglichen, wobei der untere Bereich für vergleichbare Wohnungen maßgeblich ist (BVerwGE, 101, 194). Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten errechnet sich aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro qm (Produkttheorie, vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2005, 5 C 15/04; ebenso das Landessozialgericht, Beschluss vom 01.08.2005, L 19 B 21/05).
Den tatsächlichen Feststellungen für Wohnmarktverhältnisse und Angemessenheitsniveau sind insofern Mietspiegel (vgl. hierzu LSG NRW, a.a.O.,) Wohnungsmarktanzeigen (vgl. hierzu LSG Hamburg, L 5 B 201/05 AS ER) und als ergänzendes Korrektiv auch die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz zu Grunde zu legen (vgl. insgesamt zu dieser Problematik eingehend Berlit, NDV 2006, 5 ff., m.w.N. insbesondere aus der Rechtsprechung).
Nach diesen Maßstäben sind die von der Antragsgegnerin ihrer Bewilligung zu Grunde gelegten Leistungen für Unterkunft und Heizung jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung nicht zu beanstanden. Die Antragsteller gehen zunächst davon aus, dass sich die Angemessenheit der von ihnen geltend gemachten Unterkunftskosten von vornherein schon nach der derzeit bewohnten Fläche ihres Hauses richten müsse, weil das Haus unter dem Verwertungsschutz des § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II stehe. Dies ist unzutreffend. Erst der Verwertungsschutz aus § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II ermöglicht es überhaupt, dem Grunde nach die Kosten für das Haus im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Andernfalls hätten die Antragsteller das Haus zu verwerten, um ihren Vermögensbestand oberhalb der Freigrenze zur Vermeidung von Bedürftigkeit zu realisieren mit der Folge, Leistungen nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit gar nicht zu erhalten (vgl. auch Rothkegel, Sozialhilfe, 1. Auflage 2005, Teil III, Kapitel 10, Rdnr. 20).
Da ein Haus zudem wie eine Wohnung anmietbar ist, ist es ebenfalls nicht gerechtfertigt, auf die nicht angemessene Fläche des bewohnten Hauses im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II als Vergleichsmaßstab abzustellen, sofern - wie hier - angemessener anderer Wohnraum (in einem Mietverhältnis) zur Verfügung steht und damit die Verweisung auf eine andere angemessene Wohnung rechtmäßig ist. Ein anderes Ergebnis würde eine Privilegierung von Eigentümern einer selbst bewohnten Immobilie gegenüber Mietern eines im fremden Eigentum stehenden Hauses oder einer Mietwohnung darstellen, für die der Senat auch unter Berücksichtigung von Art. 3 GG einen tragfähigen rechtfertigenden Grund nicht zu erkennen vermag.
Unabhängig davon kann das Argument eines uneingeschränkten Bestandsschutzes schon dann nicht greifen, wenn wie hier dem ursprünglich gezahlten Kaufpreis für Grundstück und Haus von 371.070,- DM (entspricht 189.725,07 Euro) noch eine Darlehensschuld in Höhe von 159.843,52 Euro entgegensteht und sich die Tilgung dieser Schuld unter Berücksichtigung von Alter, Berufsweg, Dauer der Arbeitslosigkeit und Höhe der Lohnersatzleistungen als absolut unrealistisch erweist. Hiervon ist auszugehen. Nach den eigenen Darstellungen der Antragsteller haben sie zur Finanzierung der Immobilie mit einem Gesamtpreis von 189.725,07 Euro Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 165.794,67 Euro und damit immerhin in einer Größenordnung von 87,4 % der Kosten begründet. Angesichts dessen sind von vornherein Zweifel an einer tragfähigen Finanzierungsgrundlage angebracht gewesen. Während der Erzielung von Einkünften aus beruflicher Tätigkeit und Lohnersatzleistungen haben die Antragsteller bis zum 31.12.2002 (ab 01.01.2003 Bezug von Arbeitslosenhilfe) lediglich 5.951,15 Euro tilgen können. Dieser Betrag ist so gering, dass bei normaler durchschnittlicher Lebenserwartung und normalem beruflichen Einkommen eine Tilgung der Gesamtschuld gleichfalls unrealistisch war.
Ob im Übrigen eine zum (größeren) Teil schuldenfreie Immobilie als Prüfungskriterium bei der Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft überhaupt eine Rolle spielt, kann aus eben diesen Gründen hier offen bleiben. Vielmehr ist die Angemessenheit einer Wohnfläche für die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller nach den Kriterien maßgebend, die die Antragsgegnerin zutreffend nach dem im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu Grunde zu legenden Maßstab (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 25, 26) angewandt hat. Die dieser Folgerung entgegenstehenden Darlegungen und Versuche einer Glaubhaftmachung seitens der Antragsteller sind nicht erheblich. Die Antragsteller haben nämlich hinsichtlich der Möglichkeit, eine derartige angemessene Wohnungsgröße zu finden, Beweisangebote in Form von Zeugen und Zeitungsartikeln nur ausgehend von ihrer unzutreffend angenommenen größeren Wohnungsfläche und zudem unter Berücksichtigung eines Einfamilienhauses und ebenfalls nicht des hier relevanten Wohnungsmarktes in L und Umgebung angeboten. Das ist hier jedoch nicht der relevante Vergleichsmaßstab.
Auch die Antwort der Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsgesellschaft mbH der Stadt L spricht nicht für die Antragsteller. Zum Einen haben sie trotz gerichtlicher Aufforderung den Text der Anfrage nicht vorgelegt, so dass nicht nachvollziehbar ist, welche adäquate Wohnung die Gesellschaft, die auch von "Haus und Grund" in L als Ansprechpartner benannt worden ist, laut Schreiben vom 17.11.2005 nicht anbieten kann. Zum Anderen führt die Gesellschaft in ihrer Antwort vom 29.12.2005 jetzt auf Anfrage des Senats das fehlende Angebot im Wesentlichen nur auf die allgemein steigenden Nebenkosten zurück, die zur Überschreitung des bisher angenommenen Angemessenheitswerts führe. Hierbei handelt es sich aber um eine Erscheinung der Kostensteigerung, die generell den Wohnungsmarkt betrifft, mithin nichts darüber aussagekräftig belegt, ob nicht gleichwohl Wohnungen der angemessenen Wohn- und Preisgrenzen zur Verfügung stehen bzw. die Preisgrenze unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Entwicklung bei dem Umzugsverlangen berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren weitere Berechnungen gerade zu den Kosten für Heizung vorgelegt, die den Kostensteigerungen auf dem Energiemarkt, die die gesamte Bevölkerung betreffen, Rechnung trägt.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 30.11.2005 Inserate zu Wohnungsangeboten im örtlichen Umfeld der Antragsteller bezogen auf die anerkannte angemessene Größe der Wohnfläche vorgelegt, die als überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft machen, dass die Antragsteller eine angemessene Wohnung im Wohnsitzbereich und Umgebung im Sinne des § 22 SGB II auch unter Berücksichtigung individueller Maßstäbe der aus zwei Erwachsenen und zwei schulpflichtigen Kindern bestehenden Bedarfsgemeinschaft finden können. Die zusätzlich vom Senat eingeholte Auskunft der Sozialverwaltung der Stadt L vom 29.12.2005 nebst ausgewerteter Anlagen aus Zeitungen und aus einem Immobiliensuchergebnis im Internet bestärkt das Ergebnis, dass in diesem Sinne angemessene Wohnobjekte in L und Umgebung vorhanden sind. Dem gegenüber haben die Antragsteller hiergegen lediglich in allgemeiner Form die Behauptung aufgestellt, dass kein Wohnraum zur Verfügung stehe. Damit spricht aber nach dem derzeitigen Kenntnisstand mehr für das Vorhandensein von angemessenem Wohnraum als dagegen, so dass eine Umzugsmöglichkeit überwiegend realistisch ist.
Soweit die Antragsteller dem gegenüber auf die öffentliche Förderung ihres Eigenheimes verweisen, die einen Umzug unzumutbar erscheinen lassen soll, ist auch dieses Argument nicht durchschlagend. Die Antragsteller haben nämlich das öffentliche Darlehen bereits am 26.02.2002 zurückgezahlt, so dass die Eigenschaft "öffentlich gefördert" laut Bestätigung der Stadt L bereits zu diesem Zeitpunkt geendet hatte und auch heute keine Bedeutung mehr hat.
Die Antragsteller haben ferner trotz der Einzelnachweise der Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar dargelegt, dass nach dem Ergebnis eigener Bemühungen nicht von der Existenz angemessener Wohnungen ausgegangen werden könne. Abgesehen davon, dass sie ihre Erwartungen in eine Raumvorstellung auch jetzt noch zu hoch ansetzen, sind sie trotz Anmahnens der Antragsgegnerin bereits Anfang 2005 erst seit November 2005 insofern aktiv geworden, als sie einen Wohnberechtigungsschein beantragt haben. Dieses - zumindestens vorsorgliche - Vorgehen hätte sich ihnen aber bereits früher aufdrängen müssen, da die Antragsgegnerin die nicht angemessenen Unterhaltskosten des bisherigen Eigenheims für sechs Monate bis 31.07.2005 (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II) erst auf Widerspruch der Antragsteller im Nachhinein übernommen hatte, die Antragsteller also darüber unterrichtet waren, was die Antragsgegnerin von ihnen hinsichtlich einer angemessenen Wohnung und der auf sie entfallenden Kosten mit Recht erwartet und verlangt.
Letztlich steht nichts entscheidend der Folgerung der Antragsgegnerin entgegen, dass die Antragsteller offensichtlich zumindest weitgehend ohne ausreichendes Eigenkapital die Immobilie erworben haben. Wie bereits dargelegt bewohnen sie Grundeigentum, das wegen der hohen Zins- und Tilgungsbelastung nicht den Wechselfällen des Lebens entsprechend ausreichend finanziell abgesichert und damit ihren Lebensverhältnissen entsprechend nicht angemessen gewesen ist. Insbesondere aus diesem Grund ist es auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes schon nicht gerechtfertigt, die Antragsgegnerin entsprechend dem Begehren der Antragsteller zu der aus den dargelegten Gründen unverhältnismäßigen hohen Tragung der Schuldzinsen zu verpflichten. Vielmehr erweist sich auch unter Berücksichtigung einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung die von der Antragsgegnerin errechnete Höhe der Leistung für Unterkunft und Heizung als angemessen. Unabhängig davon hat die Antragsgegnerin schriftsätzlich ihre Bereitschaft erklärt hat, in einer Größenordnung von ca. 10 % höhere Kosten der Unterkunft durchaus noch zu akzeptieren.
Angesichts der dargelegten Gesamtumstände, die den individuellen Gegebenheiten dieses Einzelfalls Rechnung tragen, ist es somit in Abwägung der Interessen der Beteiligten gerechtfertigt, eine vorläufige Entscheidung in der Sache nicht vorweg zu nehmen und den Antragstellern zuzumuten, den Ausgang des ebenfalls beim Sozialgericht anhängig Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).