Sozialgericht Düsseldorf
Urteil vom 25.06.2002 Az.: S 31 V 226/01

Leitsätze:

1. Ein Kriegsbeschädigter mit Verlust einer Hand hat nach dem Bundesversorgungsgesetz Anspruch auf eine MDE von 60.

2. Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit" sind zur Feststellung der Höhe der MdE nur bedingt tauglich. Sie  bewerten den Verlust einer Hand (dort 50) nicht ausreichend.

3. Die Verwaltungsvorschrift Nr. 5 zu § 30 BVG gibt nur Mindestvomhundertsätze an, von denen zu Gunsten des Beschädigten abgewichen werden kann.

 

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach dem Bundesversorgungsgesetz - BVG - um die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE -.

Der 1926 geborene Kläger ist kriegsbeschädigt.

Mit Bescheid vom 03.08.1948 wurde beim Kläger eine MdE von 50 wegen

            Gebrauchsbehinderung des linken Armes

festgestellt.

Im Oktober 2000 stellte der Kläger einen Änderungsantrag.

Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte von den Ärzten des Klägers ein und lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18.01.2000 mit der Begründung ab, in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers sei, seit Erteilung des maßgeblichen Vorbescheides, eine wesentliche Änderung nicht eingetreten.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er ausführte, seine Behinderungen hätten sich verschlechtert. Er habe einen Gehirnschlag erlitten und sei seitdem linksseitig gelähmt.

Mit Bescheid vom 02.05.2001 wies der Beklagte den Widerspruch als sachlich unbegründet zurück. In der Begründung wird ausgeführt, die weiteren beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seien nicht ursächlich auf schädigende Einwirkung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes zurückzuführen.

Hiergegen richtet sich die am 01.06.2001 bei Gericht eingegangene Klage, mit der der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.

Der Kläger beantragt,

            den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom

            18.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2001 eine

            MdE von 60 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

            die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat zur Sachverhaltsermittlung Gutachten von dem Neurologen Dr. X. und dem Chirurgen Dr. Y. eingeholt.

Die Sachverständigen haben festgestellt, dass eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers - bezüglich der Schädigungsfolgen - nicht eingetreten ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtgsgesetzes - SGG -, denn die Bescheide erweisen sich als rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung einer MdE von 60.

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -. Diese Vorschrift fordert für die Anhebung des GdB eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben. In den tatsächlichen, das heißt in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers ist eine solche Änderung nicht eingetreten. Die Kammer folgert dies aus den schlüssigen und nachvollziehbar begründeten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Y. und Dr. X. Beide Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Gesundheitsstörungen im Wesentlichen noch im gleichen Umfange bestehen wie zum Zeitpunkt des maßgeblichen Vorbescheides. Der Kläger leidet weiterhin an einer Absetzung der linken Hand im Handwurzelbereich, was funktionell dem Verlust einer kompletten Hand entspricht. Die beim Kläger bestehenden gelegentlichen Phantomschmerzen sind nicht so gravierend, dass dies eine Erhöhung der MDE bedingen würde. Die weiter beim Klägerfestgestellten Behinderungen stehen nicht in Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen und sind daher nach dem BVG nicht zu berücksichtigen.  

Die Vorschrift des § 48 SGB X findet vorliegend allerdings Anwendung, weil in den rechtlichen Verhältnissen seit Erlass des maßgeblichen Vorbescheides eine Änderung eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann eine solche Änderung nämlich auch in einer Änderung der Bewertungsgrundlagen liegen.(BSG Urteil vom 11.10.1994, Az.: 9 RVs 1/93). Bewertungsgrundlage für die Behinderung des Klägers waren bislang die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" - Anhaltspunkte -. Zwar haben sich vorliegend diese "Anhaltspunkte" nicht geändert, denn die zur Zeit geltenden "Anhaltspunkte 1996" schreiben für den Verlust einer Hand weiterhin eine MdE von 50 vor. Das Gericht legt jedoch vorliegend die "Anhaltspunkte" seiner rechtlichen Bewertung nicht mehr zugrunde und folgt der im Internet veröffentlichten "Behindertentabelle" (http://Behindertentabelle.bei.t-online.de), die für den Verlust einer Hand einen GdB von 60 vorsieht. Dazu hat die Kammer bereits in dem Verfahren S 31 SB 282/01 (Urteil vom 13.02.2002) umfassend dargelegt, dass die "Anhaltspunkte" erheblichen rechtlichen Bedenken unterliegen, weil Änderungen der "Anhaltspunkte" nicht bekannt gegeben werden und die Bekanntgabe sogar an Gerichte nun vom Bundesministerium für Arbeit untersagt wurde (Schreiben der Bezirksregierung Münster vom 17.05.2002 an alle nachgeordneten Behörden). Die Anwendung einer Begutachtungsrichtlinie, die als zusammenhängendes Buch käuflich nicht mehr erwerbbar ist, die nirgendwo auf aktuellem Stand veröffentlicht ist und deren Fortschreibungen im vollen Wortlaut an Gerichte nicht weitergegeben werden dürfen, erscheint der Kammer nicht tunlich. Die Behauptung des LSG NRW (Urteil vom 6.6.02 Az.: L 7 SB 193/00) der BMA habe seine begutachtungsrelevanten Beschlüsse inzwischen im Internet veröffentlicht und damit für jedermann zugänglich gemacht, ist objektiv unzutreffend.

Tatsächlich hat der BMA nur einzelne Beschlüsse, dazu in Kurzform, aus einer einzigen Beiratssitzung ins Internet gestellt (www.bma.de).

Vielmehr hat der BMA intern festgestellt, dass eine Veröffentlichung der Beschlüsse zur Folge habe, dass Sozialrichter und Klägerbevollmächtigte vermehrt die Möglichkeit erhalten medizinische Feststellungen von Versorgungsärzten in Zweifel zu ziehen. Mit Schreiben vom 17.05.02 hat der Beklagte - auf Weisung des BMA - dann folgerichtig die Weitergabe der Beschlüsse an Sozialrichter u.A. verboten.

Auch der  Bundesfinanzhof hat die "Anhaltspunkte" für in jeder Hinsicht unverbindlich erklärt, weil diese "keine ausreichenden Feststellungen zu Beginn, Grad und Folgen" von Behinderungen erlauben (BFH, 8 Senat, Urteil vom 16.04.2002 Az.: VII R 62/99). Das LSG Thüringen (Urteil vom 7.3.02; Az.: L 5 SB 768/00) hat festgestellt, dass die "Anhaltspunkte" nicht immer dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen.  

Die Änderung der Bewertungsgrundlage ist rechtlich wie eine Änderung der "Anhaltspunkte" zu bewerten und erfüllt daher die Voraussetzungen des § 48 SGB X.

Gegen die Anwendung der "Behindertentabelle", die die "Anhaltspunkte" unter Anderem den Bewertungskriterien der Berufsgenossenschaften (insoweit folgt die Verwaltung dort der MdE -Bewertung von Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Aufl. Berlin 1999) anpasst, bestehen keine Bedenken. Das Bundessozialgericht und die Instanzgerichte haben in zahlreichen Fällen entschieden, dass es den Gerichten freisteht, andere Beurteilungskriterien als die "Anhaltspunkte" zugrunde zu legen (vgl. z.B. in neurerer Zeit Landessozialgericht Thüringen, Urteil vom 07.03.2002, Az.: L 5 SB 768/00 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 06.03.1995, Az.: 1 B VR 60/95 in SozR 3-3870 § 3 Nr. 6; BFH a.a.O.). In gleicher Weise könnte das Gericht die Kriterien der Berufsgenossenschaften zugrunde legen, nach denen hier ebenfalls für den Verlust einer Hand eine MdE von 60 (Mehrhoff/Muhr a.a.O.; ebenso Mollowitz, Der Unfallmann, 12 Aufl. Berlin 1998; Rompe/Erlenkämper, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane 2. Aufl. Stuttgart 1992) festzustellen wäre. Zwar ist zu beachten, dass die "Anhaltspunkte" als antizipiertes Sachverständigen- gutachten eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleisten, diese Gleichbehandlung durch Anwendung einer einheitlichen Bewertungsgrundlage kann jedoch nur soweit erfolgen, wie die "Anhaltspunkte" nicht gegen Rechtsvorschriftenverstoßen, denn die "Anhaltspunkte" sind selber kein Gesetz und müssen daher in Einklang mit höherrangigen Vorschriften stehen (BVerfG Beschluss vom 6.3.1995 Az.: 1 B VR 60/95/ LSG Thüringen Urteil vom 07.03.2002 Az.: L 5 SB 768/00).

Bei der Bewertung eines Handverlustes verstoßen die "Anhaltspunkte" sowohl gegen Art 3 GG als auch gegen § 30 Abs 1 BVG.

Art. 3 GG gebietet gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass vergleichbare Gesundheitsstörungen vergleichbar entschädigt werden müssen. Dieses Gleichheitsgebot wird durch
§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG konkretisiert.

Nach dieser Vorschrift ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen; dabei sind seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen. Für die Beurteilung ist maßgebend, um wieviel die Befähigung zur üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und der Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folgen einer Schädigung anerkannten Gesundheitsstörung beeinträchtigt sind.

 

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger Anspruch auf eine MdE von 60. Der Verlust einer Hand ist eine Beeinträchtigung, die im Vergleich mit anderen Gesundheitsstörungen eine solche MdE bedingt.

Tatsächlich entsprechen die Bewertungen der Berufsgenossenschaft (bezüglich Bewertung des Handverlustes besteht hier ein allgemeiner, wissenschaftlicher untermauerter Erfahrungssatz) oder der "Behindertentabelle" den Vorgaben des § 30 Abs. 1 BVG, während die "Anhaltspunkte" diesen Vorgaben hier widersprechen, denn der Verlust einer Hand isteine Gesundheitsstörung, die gravierender ist, als andere Gesundheitsstörungen, die nach den auf der VV-Nummer 5 zu § 30 aufbauenden "Anhaltspunkten" einen GdB bzw. eine MdE von 50 bedingen.

So ist der Verlust einer Hand bei besonders zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens eine besonders schwerwiegende Behinderung. Der Verlust einer Hand ist verbunden miterheblichen und häufigen Schwierigkeiten beim Erfassen und Transportieren von Gegenständen, mit Schwierigkeiten bei der Feinmotorik, wie z.B. beim An- und Ausziehen von Kleidungsstücken, beim Zubinden der Schuhe, beim Waschen und bei der Nahrungsaufnahme (Zerkleinerung der Nahrung), beim Bedienen von Maschinen, Fahrzeugen und Fahrrädern. Der Verlust einer Hand ist zudem eine gravierende Behinderung bei körperlichen Arbeiten jedweder Art. Bei vielenVerrichtungen des täglichen Lebens ist ein Behinderter mit Handverlust auf fremde Hilfe angewiesen. In Verbindung bereits mit vergleichsweise leichten Behinderungen anderer Art droht bei Handverlust sogar "Hilflosigkeit" im Sinne des § 35 BVG. Im täglichen Leben macht sich der Verlust einer Hand beinahe minütlich nachteilig bemerkbar. Zahlreiche Berufe können mit Handverlust nicht mehr ausgeübt werden. Zudem stellt diese Behinderung eine erhebliche kosmetische Beeinträchtigung dar. 

Dagegen sind andere Gesundheitsstörungen, die nach den "Anhaltspunkten" einen GdB von 50 bedingen zum Teil bei Weitem nicht mit vergleichbaren Beeinträchtigungen verbunden. So gewähren die "Anhaltspunkte" z.B. für den Verlust eines Beines im Unterschenkel ebenfalls eine MdE von 50 (BG MDE 40). Der Verlust eines Unterschenkels ist allerdings - zumindest wenn eine Prothese getragen wird - lediglich mit einer Einschränkung der Wegefähigkeit verbunden, wobei einseitig Unterschenkelamputierte und prothetisch Versorgte auch in der Lage sind längere Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen. Sonstige gravierende Beeinträchtigungen sind mit dieser Behinderung nicht verbunden.  Auch ein Vergleich zwischen dem Verlust einer Hand und einer Karzinomerkrankung im Zustand der Heilungsbewährung zeigt, dass die Beeinträchtigung durch den Verlust einer Hand zu weit höheren Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben führt. Die Karzinomerkrankung im Zustand der Heilungsbewährung ist nämlich
"lediglich" mit einer Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Krankheit verbunden. Funktionsbeeinträchtigungen größeren Ausmaßes gehen von ihr überhaupt nicht aus. Der Verlust einer Niere mit leichter Funktionsbeeinträchtigung der anderen Niere, der von den Anhaltspunkten mit einem GdB von 50 bewerten werden kann, ist (bei Weitem) nicht mit dem Verlust einer Hand vergleichbar. Eine solche Behinderung führt allenfalls zu mäßigen körperlichen Beeinträchtigungen, die sich nur bei gelegentlichen Verrichtungen bemerkbar machen. Ein schwer einstellbarer Diabetis mellitus ist im allgemeinen "nur" mit der Gefahr von Hypoglykämien und der Beachtung bestimmter Diätrichtlinien und der Einnahme von Insulin verbunden. Eine solche Behinderung kann über Wochen und Monate ohne Auftreten entsprechender Symptome und ohne weitere Beeinträchtigung für den Behinderten verlaufen. Der Verlust einer Hand ist aber mit dauernden täglichen immer wiederkehrenden gravierenden Beeinträchtigungen verbunden. Eine Psoriasis mit andauerndem ausgedehnten Befall, die nach den "Anhaltspunkten" ebenfalls mit einer MdE von 50 bewertet werden kann, ist "lediglich" mit einem durch Medikamente beherrschbaren Juckreiz und einer kosmetischen Beeinträchtigung verbunden. Eine Versteifung des Schultergelenks in ungünstiger Stellung oder eine Versteifung des Ellenbogengelenks in ungünstiger Stellung (GdB ebenfalls bis 50) weist gegenüber dem Verlust einer Hand ebenfalls eine deutliche Besserstellung aus, denn die Greif- und Nutzfähigkeit des Gliedes wird in diesen Fällen nicht in so hohem Maße aufgehoben wie beim Verlust einer Hand. Bei Verlust von vier Fingern einschließlich des Daumens bleibt - im Gegensatz zum Handverlust - eine gewisse Greiffunktion erhalten. Eine beidseitig mittelgradige Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke bedingt "nur" eine Einschränkung der Fortbewegungsmöglichkeiten und ist, etwa durch Benutzung eines PKW, vergleichsweise gut zu kompensieren.

Das Gericht hat keine Bedenken, diese Vergleiche aus eigener Sachkunde - ohne Einholung von Gutachten - anzustellen, denn die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen sind hier offenkundig und bedürfen keiner wissenschaftlichen Begründung. Soweit der Bewertungsmaßstab der Berufsgenossenschaften hier herangezogen wird, ist sogar wissenschaftlich belegt, dass der Verlust einer Hand (MDE 60) zu weitaus größeren Beeinträchtigungen führt, als z.B. der Verlust eines Beines im Unterschenkel(MDE 40), denn die Bewertungsmaßstäbe und allgemeinen Erfahrungssätze der Berufsgenossenschaften stützen sich ausdrücklich auf entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse. 
Der Anwendung der "Behindertentabelle" steht die VV-Nummer 5 zu § 30 Bundesversorgungsgesetz nicht entgegen. Diese Verwaltungsvorschrift bestimmt, dass bei Verlust einer Hand mindestens eine MdE von 50 zu gewähren ist. Ob es sich bei dieser Verwaltungsvorschrift nur um eine übliche Verwaltungsvorschrift handelt, die für die Gerichte unverbindlich ist, oder ob die Verwaltungsvorschrift allgemeinverbindlichen Charakter (so BSG Urteil vom 11.06.1970, Az.: 9 RV 340/69) hat, kann vorliegend dahinstehen, denn mit dieser Verwaltungsvorschrift werden jedenfalls nur Mindestvomhundert-Sätze festgelegt. Die Beschränkung auf Mindestvomhundert-Sätze hat den Zweck, den Behinderten einen Anspruch auf mindestens eine MdE in dieser Höhe zu gewähren (BSG a.a.O.). Mit der Verwaltungsvorschrift ist ausdrücklich nicht ausgeschlossen, beim Beschädigten eine höhere MdE festzustellen. Davon gehen auch die "Anhaltspunkte" selbst aus, die teilweise höhere MdE Sätze als die VV Nr. 5 zu § 30 BVG vorsehen. So wird völlige Taubheit nach der VV mit einer MDE von 70 bedacht, während die "Anhaltspunkte" hier eine MDE von 80 vorsehen. Auch bei Hirnbeschädigungen, Rückenmarksverletzungen, Verlust des Gaumens, Verlust des Kehlkopfes und weitere Behinderungen weichen die "Anhaltspunkte"
zugunsten der Behinderten von den Vorgaben der VV ab (anderer Meinung offenbar LSG NRW Urteil vom 6.6.02, Az.: L 7 SB 193/00 unter Berufung auf BSG, Urteil vom 9.10.1987, 9a RVs 5/86). 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.