Sozialgericht Berlin - S 103 AS 368/06 - Urteil vom 05.04.2006
Die Verletztenrente nach § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehört nicht zu den ausdrücklich genannten Ausnahmen der nicht als Einkommen anzusehenden Leistungen. Eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschriften auf die Verletztenrente kommt nicht in Betracht. Eine solche wäre nur möglich, wenn es sich bei der Nichtaufführung der Verletztenrente in der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II um eine planwidrige Regelungslücke handelte. Dies ist nicht der Fall, da eine entsprechende Vorschrift für das Recht der Arbeitslosenhilfe in § 11 Nr. 2 Arbeitslosenhilfeverordnung enthalten war und der Gesetzgeber von einer – nahe liegenden – Übernahme in das neue Recht abgesehen hat.
Tatbestand
Im Streit steht die Anrechnung der Verletztenrente des Klägers als Einkommen im Rahmen der Berechnung der Höhe des ihm gewährten Arbeitslosengeldes II.
Der Kläger bezieht eine Verletztenrente von der Norddeutschen Metallberufsgenossenschaft aufgrund eines Arbeitsunfalls in Höhe von 516,67 Euro monatlich. Bis zum 29. Januar 2004 stand er im Bezug von Arbeitslosengeld, hiernach von Arbeitslosenhilfe.
Seit dem 1. Januar 2005 erhält er Arbeitslosengeld II von dem Beklagten, das zunächst mit Bescheiden vom 12. November 2004 und 4. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2005 bis zum 30. November 2005 gewährt wurde. Gegen diesen Widerspruchsbescheid wurde Klage nicht erhoben. Wegen der ursprünglichen Antragsangaben, insbesondere zur Höhe der Wohnkosten, wird auf die Leistungsakte Bezug genommen.
Am 1. November 2005 stellte der Kläger einen Folgeantrag, in dem er angab, dass Änderungen nicht eingetreten seien. Mit Bescheid vom 3. November 2005 bewilligte der Beklagte Leistungen vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 und zwar für Dezember 2005 in Höhe von 358,17 Euro, für Januar 2006 in Höhe von 355,50 Euro und für den Zeitraum 1. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 in Höhe von monatlich 278,17 Euro. Hierbei berücksichtigte der Beklagte die Verletztenrente als Einkommen in Höhe von 486,67 Euro.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem am 17. November 2005 eingegangenen Widerspruch, mit dem er sinngemäß die Höhe der bewilligten Leistung u.a. aufgrund der Anrechnung der Unfallrente angriff.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass der befristete Zuschlag wegen vorangegangenen Bezugs von Arbeitslosengeld nach § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mit Beginn des 30. Januar 2006 wegfalle.
Mit seiner am 11. Januar 2006 bei Gericht eingegangener Klage wandte sich der Kläger gegen die Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen und den Wegfall des Zuschlags auf das Arbeitslosengeld II. Er trägt vor, dass in einer Broschüre des Bundeswirtschaftsministeriums von Juli 2005 ausgeführt sei, dass die Verletztenrente nicht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen sei. Nach dem Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung wendet sich der Kläger noch gegen die Anrechnung der Unfallrente.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 3. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2005 zu verurteilen, für den Zeitraum 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 höheres Arbeitslosengeld II ohne Berücksichtigung der vom Kläger bezogenen Verletztenrente als Einkommen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Neue rechtserhebliche Gesichtspunkte seien nicht vorgetragen worden.
Die Leistungsakte des Beklagten, die Gerichtsakte S 68 U 527/03 nebst Verwaltungsakten der Berufsgenossenschaft sowie die Gerichtsakte des hiesigen Verfahrens, auf die ergänzend Bezug genommen wird, haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch nach §§ 7, 19 SGB II auf höheres Arbeitslosengeld II.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II ist hilfebedürftig, wer u.a. seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern kann. Der Beklagte hat zutreffend die Verletztenrente des Klägers als Einkommen im Sinne des § 11 Abs.1 Satz 1 SGB II im Rahmen der Ermittlung des ungedeckten Bedarfs berücksichtigt. Sämtliche Einnahmen in Geld sind grundsätzlich Einkommen in diesem Sinne. Die Verletztenrente ist weder eine nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausnahmsweise nicht als Einkommen anzusehende Leistung (sogleich 1.), noch ist sie einer solchen im Wege einer analogen Anwendung der Ausnahmevorschriften gleichzustellen (sogleich 2.). Es handelt sich bei der Verletztenrente auch nicht um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II (sogleich 3.), schließlich bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die volle Berücksichtigung der Verletztenrente als Einkommen (sogleich 4.).
1. Die Verletztenrente nach § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehört nicht zu den ausdrücklich genannten Ausnahmen der nicht als Einkommen anzusehenden Leistungen. Ausgenommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II
Leistungen nach diesem Buch (gemeint: SGB II), der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfe, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie Körper oder Gesundheit erbracht werden.
Die Verletztenrente wird allein nach den Vorschriften des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch gewährt, das in der vorgenannten negativen Definition des Einkommensbegriffes nicht genannt ist. Es handelt sich dabei auch nicht um ein Gesetz, das eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsieht. Soweit § 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII anordnet, dass Unfälle oder Entschädigungsfälle nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) den Versicherungsfällen nach dem SGB VII für den Bereich der Verletztenrente gleichstehen, soll hiermit nur eine Harmonisierung des Leistungsrechts erreicht werden. Für den Fall, dass zugleich Versicherungsschutz in der Unfallversicherung besteht, soll das Vorliegen eines Leistungsfalles nach dem BVG und eines Versicherungsfalles im Sinne des SGB VII nicht auseinander fallen. Hierdurch wird das (Leistungs-) Recht des BVG auch nicht entsprechend anwendbar.
Auch die Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe der Grundrente nach dem BVG bei der Anrechnung der Unfallrente auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) führt nicht zu einer auch nur teilweisen Einordnung der Verletztenrente als Leistung nach den Vorschriften des BVG. Das SGB VI zieht allein die Höhe der Grundrente als Maßstab für den Anteil der Verletztenrente heran, der nicht allein der Kompensation der Einkommenseinbuße dient (immaterielle Ausgleichsfunktion).
2. Eine analoge Anwendung der vorgenannten Ausnahmevorschriften auf die Verletztenrente kommt nicht in Betracht. Eine solche wäre nur möglich, wenn es sich bei der Nichtaufführung der Verletztenrente in der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II um eine planwidrige Regelungslücke handelte, d.h. der Gesetzgeber nicht bewusst auf eine solche weitergehende Ausnahmevorschrift verzichtet hat. Dies ist nicht der Fall, da eine entsprechende Vorschrift für das Recht der Arbeitslosenhilfe in § 11 Nr. 2 Arbeitslosenhilfeverordnung enthalten war und der Gesetzgeber von einer – nahe liegenden – Übernahme in das neue Recht abgesehen hat. Dass es sich um eine bewusste Entscheidung handelt, legt auch eine entsprechende Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz am 22. Februar 2005 (Bundestagsdrucksache 15/4975 Seite 15) nahe. Schließlich handelt es sich bei den in das Gesetz aufgenommenen Leistungen ausschließlich um Ersatzleistungen für Schadensfälle aufgrund von Tätigkeiten in öffentlichem Interesse oder Einwirkung im staatlichen Verantwortungsbereich, d.h. um so genannte Sonderopfer. Bei Leistungen aufgrund eines Arbeitsunfalls in der (echten) Unfallversicherung fehlt es daher an der Vergleichbarkeit der Sachlage und somit an einer weiteren Voraussetzung für eine Analogie.
3. Die Verletztenrente ist auch kein zweckbestimmtes Einkommen, das nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II unberücksichtigt zu bleiben hätte. Hierunter fallen solche Einnahmen in Geld, die nicht der Deckung des laufenden Lebensunterhalts dienen, d.h. also einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung zur Vorgängervorschrift in § 77 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) an, wonach zweckbestimmte Leistungen nur solche sind, deren anderweitiger Zweck sich aus dem jeweiligen Leistungsgesetz ergibt. Eine Zweckbestimmung in diesem engen Sinne kann sich daher nicht allein unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Motive ergeben, sie muss vielmehr ausdrücklich – wenn auch nicht notwendig unter Verwendung des Begriffs "Zweck" – dem Gesetz zu entnehmen sein (ausdrücklich zum Verhältnis Verletztenrente und Sozialhilfe: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2002 – Az.: B 2 Z 12/02 R = BSGE 90, 172). Eine solche ausdrückliche Zweckbestimmung enthalten die §§ 56ff. SGB VII nicht. Sie regeln vielmehr nur Beginn, Dauer und Höhe der Verletztenrente (BSG aaO.).
Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass selbst wenn man entgegen dieser Rechtsprechung den Begriff der Zweckbestimmung weiter verstehen wollte, die Verletztenrente nicht als für einen anderen Zweck bestimmt anzusehen wäre. Die Verletztenrente dient zwar auch dem Ausgleich eines ggf. eingetretenen immateriellen Schadens. Unter anderem aus diesem Grund ist der Ausschluss von zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen für bestimmte vom Unfallversicherungsschutz erfasste Personen nach §§ 104, 105 und 106 SGB VII gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1972 – Az.: 1 BvL 4/71 u.a. = BVerfGE 34, 118). Jedoch ist dieser Zweck für die Leistung insgesamt von untergeordneter Bedeutung, weil er allein bei der (kleinen) Gruppe von Betroffenen zum Tragen kommt, die aufgrund einer schuldhaften, nicht vorsätzlichen Handlung einen Schaden erlitten haben, der nicht auf einem Wegeunfall beruht. Für den Wegeunfall (sowie für vorsätzliche Schädigungen) greift der Ausschluss des zivilrechtlichen Schmerzensgeldanspruchs nämlich nicht ein (§§ 104 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Selbst für diese kleine Betroffenengruppe dient die Leistung primär der Kompensation des materiellen Schadens. Die Höhe der Verletztenrente ergibt sich allein aufgrund der Höhe einer abstrakt ermittelten Minderung der Erwerbsfähigkeit (so genannte MdE, vgl. § 56 Abs. 2, 3 SGB VII). Für die Feststellung der MdE stellt das Gesetz in § 56 Abs. 2 SGB VII auf den Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens ab, wobei nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII Nachteile aufgrund der Unfähigkeit zur Nutzung besonderer beruflicher Kenntnisse und Erfahrungen des einzelnen Versicherten berücksichtigt werden. Für die MdE und damit für die Höhe der Rente und die Frage, ob eine Rente überhaupt gezahlt wird, kommt es auf immaterielle Beeinträchtigungen (Schmerzen) des Versicherten demnach nicht an. Die Verletztenrente bezweckt primär den Ausgleich eines (möglichen) Schadens in Form entgangenen Arbeitseinkommens des Versicherten. Die Leistung dient somit im Wesentlichen der Sicherstellung des Lebensunterhalts des Versicherten trotz der Folgen des Versicherungsfalles. Nach Auffassung der Kammer vermag die zusätzliche und untergeordnete Funktion der Kompensation eines (im Einzelfall möglichen) immateriellen Schadens daher nicht den Zweck der Leistung insgesamt zu bestimmen (vgl. für die Sozialhilfe etwa Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. September 1992 – Az.: 9 UE 2489/89).
4. Die Bestimmungen des § 11 Abs. 1, 3 SGB II sind auch mit höherrangigem Recht vereinbar, es liegt insbesondere keine Verletzung von Grundrechten des Klägers vor. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Einbeziehung der Verletztenrente als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II eine Ungleichbehandlung von verschiedenen Gruppen von Unfallopfern darstellt, die sich am Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz (GG) messen lassen muss.
Insoweit werden verschiedene Gruppen von Unfallopfern unterschiedlich behandelt:
a) Solchen Personen, die einen privaten Unfall erleiden und aufgrund dessen einen Schmerzensgeldanspruch erwerben, werden die entsprechenden Zahlungen nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II nicht als Einkommen angerechnet.
b) Bezieher einer Unfallrente, deren Ansprüche auf einem Wegeunfall beruhen, erhalten die Verletztenrente als Einkommen angerechnet, haben jedoch die Möglichkeit daneben einen zivilrechtlichen Schmerzensgeldanspruch geltend zu machen wie Personen der Gruppe a.
c) Bezieher einer Verletztenrente, deren Ansprüche auf einem Arbeitsunfall (ohne Wegeunfälle) beruhen, sind nach § 104f. SGB VII mit ihrem Schmerzensgeldanspruch ausgeschlossen und erhalten die Verletztenrente in vollem Umfang als Einkommen angerechnet.
Während den Personen der Gruppen a und b der zivilrechtliche Schmerzensgeldanspruch unberücksichtigt verbleibt, wird der letzten Gruppe die Verletztenrente in vollem Umfang angerechnet, so dass für den Fall, dass die Verletztenrente geringer ist als der Bedarf nach dem SGB II kein Anteil der Rente zum Ausgleich eines eventuellen immateriellen Schadens verbleibt.
Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch sachliche Differenzierungskriterien gerechtfertigt. Die Voraussetzungen eines zivilrechtlichen Schmerzensgeldanspruchs und die bereits aufgezeigten Anspruchsvoraussetzungen der Verletztenrente unterscheiden sich grundlegend. Für die Unfallopfer in den Gruppen a und b ist ein konkreter immaterieller Schaden in einem zivilgerichtlichen Verfahren festgestellt oder außergerichtlich anerkannt worden. Die in die Gruppe c fallenden Unfallopfer erhalten mit der Verletztenrente eine Leistung, die nur typisierend auch einen möglichen, aber nicht im Einzelnen festgestellten, immateriellen Schaden abdeckt (zu den strukturellen Unterschieden der Anspruchssysteme vgl. schon BVerfG aaO.). Hierin liegt ein sachlicher Unterschied zwischen beiden Gruppen. Dem Gesetzgeber kommt zudem in der Ausgestaltung des Leistungsrechts der Grundsicherung (wie zuvor der Sozialhilfe, vgl. BSG aaO.) ein weiter Spielraum zu. Diesen Gestaltungsfreiraum überschreitet er nicht, wenn er von den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als Ausprägung des Grundsatzes der Eigenverantwortung und der Nachrangigkeit der staatlichen Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums den Einsatz der im Wesentlichen dem Lebensunterhalt dienenden Verletztenrente insgesamt verlangt (ebenso im Ergebnis Landessozialgericht Niedersachsen, Beschluss vom 30. März 2006 – Az.: L 6 AS 116/06 ER).
Hinzu tritt, dass das Arbeitslosengeld II nach der gesetzgeberischen Konzeption nur der vorübergehenden Sicherung des Lebensunterhalts dient bis eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erfolgt. Diese gesetzgeberische Zielsetzung hat das Gericht aufgrund der verfassungsrechtlichen Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und angesichts des erst kurzen Zeitraums seit Inkrafttreten des SGB II zu akzeptieren. Damit wird von den Beziehern einer Unfallrente nur der zeitweise Einsatz dieses Einkommens zur Finanzierung ihres allgemeinen Bedarfs verlangt. Zur Kompensation eines immateriellen Schadens verbleibt ihnen der Anteil der Verletztenrente, den sie in Zeiten ihres Lebens beziehen, in denen keine Bedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II vorliegt. Jedenfalls für das SGB II ist daher auch keine Gleichstellung mit den Beziehern einer Rente geboten, weil die Rente regelmäßig eine auf Dauer angelegte Leistung darstellt.
Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt auch nicht in der abweichenden Behandlung der Bezieher einer der in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich genannten Leistungen. Insoweit ist die Ungleichbehandlung aus denselben Gründen sachlich begründet, aus denen auch eine analoge Anwendung ausscheidet (s.o.)
Eine fehlerhafte Rechtsdarstellung in einer Broschüre der Bundesregierung, wie der Kläger behauptet, ist nicht geeignet, das gefundene Ergebnis zu ändern. Eine solche Äußerung des zuständigen Ministeriums hat keine Rechtswirkung.
Nach alledem hat der Beklagte der Berechnung des Arbeitslosengeldes II im streitigen Zeitraum den zutreffenden ungedeckten Bedarf zu Grunde gelegt. Er hat den Bedarf unter Berücksichtigung des Regelsatzes von 345 Euro und eines Zuschlags nach § 24 SGB II wegen des früheren Arbeitslosengeldbezugs bis zum 29. Januar 2006 ermittelt. Den rechtmäßigen Wegfall des Zuschlags hat der Kläger nach dem Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr angegriffen. Der Beklagte hat ferner Kosten der Unterkunft von 419,84 Euro berücksichtigt. Zu Recht hat der Beklagte diese Kosten wie folgt ermittelt:
Miete 286,11 Euro Heizkosten einschließlich Warmwasser + 39,48 Euro Nebenkosten + 76,16 Euro Kaltwasser + 27,09 Euro Summe = 428,84 Euro Abzüglich Warmwasserpauschale - 9,00 Euro Kosten der Unterkunft 419,84 Euro
Von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) war jedenfalls die Warmwasserpauschale gemäß den Verwaltungsvorschriften zu den Regelsätzen nach dem BSHG (Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz vom 14. Juli 2003) abzuziehen. Die Kosten für die Warmwasserversorgung sind nämlich bereits im Regelsatz enthalten und daher von den Mietkosten abzuziehen, soweit sie in diesen enthalten sind (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2005, Az. L 12 AS 2023/05 abrufbar unter http://www.tacheles-sozialhilfe.de). Nach den Angaben auf Blatt 3 Rückseite der Leistungsakte (Ursprünglicher Antrag des Klägers vom 5. Oktober 2004) wird die Wohnung zentral mit Warmwasser versorgt.
Von dem sich so ergebenden Gesamtbedarf hat der Beklagte zutreffend ein bereinigtes Einkommen aus der Verletztenrente von 486,67 Euro abgezogen. Dieses ergibt sich aus dem Betrag der Verletztenrente von 516,67 Euro abzüglich der Pauschale für sonstige Versicherungsbeiträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld-II-Verordnung in Höhe von 30,00 Euro.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang der Hauptsache.