Tatbestand


Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 bereits ab 15.11.2000.

Der 1947 geborene Kläger beantragte erstmals am 18.09.2001 die Feststellung eines GdB. Die Versorgungsverwaltung holte einen Befundbericht des Chirurgen Dr. U. ein, der am 05.10.2001 über Behandlungen des Klägers zwischen dem 28.05. und 06.06.1997 wegen Beschwerden im Ellenbogengelenk rechts berichtete, und einen Befundbericht der praktischen Ärzte Dres. O., die am 29.11.2001 über die Diagnose einer teilweise dekompensierten Herzinsuffizienz bei Hypertonie, KHK, Zustand nach Stentimplantation, Perikardzyste, Schlafapnoesyndrom und Hyperlipidämie berichteten. Die körperliche Belastbarkeit des Klägers sei deutlich reduziert. Es liege insgesamt ein progredientes Krankheitsbild vor. Beigefügt war ein Bericht des St. Elisabeth-Krankenhauses, P., an Dres. O. vom 08.08.2001 über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 12. bis 19.07. und 21.07. bis 01.08.2001. Dort werden folgende Diagnosen mitgeteilt: Dekompensierte Herzinsuffizienz bei arteriellem Hypertonus mit hypertensiver Herzer-krankung und coronarer Eingefäßerkrankung mit hochgradiger CX-Stenose, eingeschränkter Ejektionsfraktion (40 %), erfolgreicher CX-Doppel-Stent-Implantation am 19.07.01; Pericardcyste; obstruktives mittelgradiges Schlafapnoesyndrom, Einleitung einer nächtlichen CPAP-Therapie; Hyperlipoproteinämie.

In einer gutachterlichen Stellungnahme für die Versorgungsverwaltung vom 20.12.2001 kam der Medizinaloberrat Dr. T. zu der Einschätzung, dass bei dem Kläger vorlägen:

1. Herzminderleistung bei Kranzgefäßmangeldurchblutung mit erfolgter Gefäßaufdehnung und Schienung sowie bei Bluthochdruckleiden mit Herzmuskelschädigung (GdB 20
2. schlafbezogene Atemstörung mit notwendiger nächtlicher Überdruckbeatmung (GdB 20)
3. verschleißbedingte Funktionsstörung der Halswirbelsäule (GdB 10).

Der Gesamt-GdB betrage 30 ab Antrag.

Gestützt darauf stellte das beklagte Land mit Bescheid vom 04.01.2001 einen GdB von 30 ab 18.09.2001 fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 16.02.2004 beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X Überprüfung des Bescheides vom 04.01.2002 und vertrat dabei die Auffassung, für die Erkrankung des Herzens sei sicherlich ein GdB von 30, wenn nicht gar 40 gerechtfertigt. Auch bei den Funktionsstörungen der Halswirbelsäule und den Beschwerden des rechten Ellenbogengelenks sei sicherlich ein GdB von 20, wenn nicht 30 gerechtfertigt, so dass insgesamt von seiner Schwerbehinderteneigenschaft auszugehen sei. Diese hätten mit Sicherheit auch schon bereits 1999, spätestens jedoch Mitte 2000 vorgelegen.

In einer gutachterlichen Stellungnahme vom 22.03.2004 kam die Vertragsärztin X. zu der Auffassung, dass bei dem Kläger vorlägen:

1. Herzminderleistung bei Kranzgefäßmangeldurchblutung mit erfolgter Gefäßaufdehnung und Schienung sowie bei Bluthochdruckleiden mit Herzmuskelschädigung (GdB 40)
2. schlafbezogene Atemstörung mit notwendiger nächtlicher Überdruckbeatmung (GdB 20)
3. verschleißbedingte Funktionsstörung der Halswirbelsäule (GdB 10).

Der Gesamt-GdB betrage 50 ab Juli 2001. Die Versorgungsverwaltung zog sodann noch einen ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik X., Bad I., vom 17.12.2001 über einen Aufenthalt vom 06.11. bis 04.12.2001 bei, in dem folgende Diagnosen gestellt werden:

1. Dekompensierte Herzinsuffizienz 7/01 bei arterieller Hypertonie und coronarer 1-Gefäßerkrankung
2. PTCA und Stentimplantation einer hochgradigen CX-Stenose 7/01
3. Hyperuricämie
4.Schlafapnoe-Syndrom mit NC-PAP-Therapie

Ausweislich eines mit dem Namen "C." gezeichneten Vermerk vom 02.06.2004 vertrat sie die Auffassung, die nachträglich eingegangenen Befunde änderten an dem Ergebnis der Stellungnahme vom 22.03.2004 nichts.

Mit Bescheid vom 08.07.2004 stellte das beklagte Land unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 04.01.2002 ab 18.09.2001 einen GdB von 50 fest. In der Begründung des Bescheides heißt es u.a., abweichend von den gültigen Eintragungen unter "Ausweisinhalt" könne der Kläger mit dem Ausweis folgende Feststellungen nachweisen: Gültig ab 01.07.2001, GdB 50. Eine Feststellung ab 1999 oder Mitte 2000 sei nicht möglich gewesen, da das Ausmaß der Herzminderleistung erst ab Juli 2001 dokumentiert sei. Zur Begründung seines am 28.07.2004 eingelegten Widerspruchs verwies der Kläger auf einen Bericht des Allgemeinmediziners B. vom 06.09.1995 an die Techniker Krankenkasse C., in dem über ein rezidivierendes HWS-LWS-Syndrom, arterielle Hypertonie, Adipositas und berufliche Überforderungssymptomatik berichtet wird.

In einer gutachterlichen Stellungnahme für die Versorgungsverwaltung kam der Sozialmediziner Dr. B1 am 29.11.2004 zu dem Ergebnis, dass aufgrund des Ergebnisses der im Juli 2001 durchgeführten echokardiografischen Untersuchung schon zum damaligen Zeitpunkt der in den Anhaltspunkten vorgesehene Ermessensspielraum für eine zweitgradige Herzleistungsschwäche habe ausgeschöpft werden und die Funktionsstörung des Herzkreislaufssystems mit einem GdB von 40 bewertet werden können. Somit könne der Gesamt-GdB ab September 2001 mit 50 angesetzt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2005 wies das beklagte Land den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Eine rückwirkende Feststellung des GdB von 50 ab 1999 sei nicht möglich, die echokardiografische Untersuchung sei im Juli 2001 erfolgt, zuvor seien keine pathologischen Befunde aufgefallen, die eine Vordatierung rechtfertigten. Das bedeute auch, dass eine entsprechende Eintragung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Schwerbehindertenausverordnung (SchwbG-AwVO) nicht möglich sei.

Zur Begründung seiner am 11.01.2005 erhobenen Klage meint der Kläger nach wie vor, die ärztlichen Befunde belegten einwandfrei, dass die Schwerbehinderteneigenschaft bei ihm bereits ab 1999, spätestens jedoch ab Mitte 2000 in Betracht komme. Außerdem habe ihn die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 05.10.2004 eine Rente wegen Erwerbsminderung zugebilligt.

Er begehre die frühere Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Hinblick auf die Auswirkungen von § 236 a SGB VI, damit er ab Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen könne.

Das Gericht hat nach entsprechendem Hinweis des Klägers aus dem von ihm beim Sozialgericht Duisburg geführten Klageverfahren S 21 R 98/05, die dortige Beweisanordnung vom 06.07.2005 beigezogen. Daraus ist ersichtlich, dass in diesem Rentenklageverfahren der Gesundheitszustand und die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers ab Mai 2004 ermittelt werden.

Das Gericht hat die den Kläger betreffenden Akten der BfA beigezogen. Darin enthalten ist ein ärztliches Gutachten der Ärztin für innere Medizin Dr. H. vom 30.04.2004, in dem folgende Diagnosen genannt werden:

1. Bluthochdruck mit Hochdruckherzerkrankung
2. Herzkranzgefäßerkrankung, Protheseneinpflanzung 2001
3. Herzrhythmusstörungen
4. Wirbelsäulenverschleißerkrankung
5. schlafbezogene Atmungsstörung
6. Geschwürsleiden des Magens und Zwölffingerdarms
7. Übergewicht
8. Fettstoffwechselstörung
9. wiederkehrende Senenansatzreizung beider Ellenbogen

In diesen Akten befindet sich eine von der T. Krankenkasse E. ausgestellte Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 20.04.2004 betreffend die Zeit zwischen dem 15.07.1987 und 12.04.2004

Zeitraum 21.01.2004 - 12.04.2004 Diagnosen M518 Sonstige näher bezeichnete Bandscheibenschäden, R101 Schmerzen im Bereich des Oberbauches
Zeitraum 12.03.2002 - 13.03.2002 Diagnosen G473 Schlafapnoe
Zeitraum 26.02.2002 - 02.03.2002 Diagnosen I259 Chronische ischämische Herzkrankheit, nicht näher bezeichnet
Zeitraum 06.11.2001 - 04.12.2001 Diagnosen 1-Gefäßerkrankung
Zeitraum 12.07.2001 - 20.08.2001 Diagnosen I509 Dekompensierte Herzinsuffizienz
Zeitraum 24.08.1998 - 26.08.1998 Diagnosen HWS-Syndrom
Zeitraum 27.11.1997 Diagnosen chron. Epicondylitis
Zeitraum 18.09.1997 - 26.09.1997 Diagnosen Chron. Epicondylitis
Zeitraum 18.11.1996 - 20.11.1996 Diagnosen HWS-LWS-Syndrom
Zeitraum 02.05.1996 - 06.05.1996 Diagnosen Epicondylitis re. Ellenbogen
Zeitraum 09.11.1995 Diagnosen Pharyngo-Bronchitis
Zeitraum 04.09.1995 Diagnosen Schlaflosigkeit infolge starker Pulpitis am Zahn
Zeitraum 10.10.1994 Diagnosen deg. Schulter-Arm-Syndrom re. 22.06.1994 pharyngo-Bronchitis
Zeitraum 22.03.1993 - 26.03.1993 Diagnosen HWS-Syndrom
Zeitraum 03.04.1988 - 11.04.1988 Diagnosen Unf: 02.04.1988, EA: kein Anspruch, Fest: 06.04.1988, verd a ruptur d bandapparates li sprunggelenk 15.07.1987 Unf: 14.07.1987, EA: UV-Träger, prellung re daumen.

Sodann hat das Gericht einen Befundbericht eingeholt von den praktischen Ärzten Dres. O., die unter dem 10.05.2005 u.a. darüber berichteten, die Erstbehandlung wegen der Herzbeschwerden sei am 02.07.2001 (erste Hinweise auf dekompensierte Herzinssufizienz) erfolgt, danach regelmäßig.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land unter Änderung des Bescheides vom 08.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2005 zu verurteilen, den Bescheid vom 04.01.2002 zu ändern und bei dem Kläger einen GdB von 50 bereits ab 15.11.2000 festzustellen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen der Auffassung, dass die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht früher festgestellt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakten und der den Kläger betreffenden Akten des Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.


Entscheidungsgründe


Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Zurecht hat das beklagte Land die Vorverlegung der Feststellungen eines GdB von 50 auf einen Zeitpunkt vor Juli 2001 abgelehnt.

Das beklagte Land hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 04.01.2002 bei dem Kläger einen GdB von 30 ab 18.09.2001 festgestellt. Dabei hat es sich zurecht an dem Zeitpunkt der Antragstellung orientiert, denn bei der Feststellung des GdB handelt es sich um eine Statusfeststellung (BSG, Urteil vom 29.05.1991, 9 a/9 RVs 11/89 = SozR 3-1300, § 44 Nr. 3). Eine solche Statusfeststellung kann sich grundsätzlich nur in der Zukunft auf die Gestaltung verschiedener Rechtsverhältnisse auswirken. Die Nebenfolgen (z.B. steuer-rechtliche Vorteile) sind nur eine der möglichen Folgen des feststellenden Verwaltungsaktes. Sie prägen das sozialrechtliche Statusverfahren nicht. Die Statusfeststellung und die Statusänderungen wirken prinzipiell in die Zukunft. Eine beschränkte Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbG-AwVO trägt dem Interesse der schwerbehinderten Menschen daran Rechnung, dass sie nicht durch die Dauer eines Verwaltungsverfahrens unzumutbar benachteiligt werden. Die weitere Rückwirkung des Antrages, wie sie in § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbG-AwVO vorgesehen ist, muss auf offenkundige Fälle beschränkt werden (für alles BSG a.a.O.).

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zurecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, gemäß § 44 Abs. 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im übrigen ist gemäß § 44 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt auch, nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) findet § 44 Abs. 1 SGB X auf bestandskräftige Bescheide über die Feststellung eines GdB keine Anwendung, denn bei der Feststellung des GdB handelt es sich nicht um die Feststellung einer sozialrechtlichen Leistung. Bestandskräftige, rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte über die Feststellung eines GdB sind daher grundsätzlich nur gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Die Rücknahme auch für die Vergangenheit steht gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X im Ermessen der zuständigen Behörde (BSG a.a.O.). Die weitere Rückwirkung des Antrags, wie sie in § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbG-AwVO vorgesehen ist, muss nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG a.a.O.) auf offenkundige Fälle beschränkt werden, in denen auch bei Anwendung des § 44 Abs. 2 SGB X das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung gebieten könnte. Die Rücknahme kann nicht zwingend angeordnet werden, sondern ist auf die Fälle zu beschränken, in denen die Rücknahme Dritte nicht oder nicht unzumutbar belastet (BSG a.a.O.).

In den angefochtenen Bescheiden hat das beklagte Land den Ursprungsbescheid vom 04.01.2002 dahingehend geändert, dass es statt eines GdB von 30 einen solchen von 50 ab Antragstellung am 18.09.2001 festgestellt hat. In Anwendung von § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbG-AwVO hat es im Ausweis eingetragen, dass Gültigkeit auf Feststellung eines GdB von 50 bereits ab 01.07.2001 bestehe. Diese Entscheidung nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist nicht zu beanstanden. Die Feststellung des GdB von 50 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung entspricht der gesetzlichen Regelung in § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wonach auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen des GdB festzustellen ist. Eine gesetzliche Grundlage für die Feststellung des GdB bereits für die Zeit vor Antragstellung gibt es nicht. Lediglich in § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbG-AwVO ist vorgesehen, dass unter den dort genannten Voraussetzungen im Ausweis zusätzlich das Datum einzutragen ist, von dem ab die jeweiligen Voraussetzungen mit dem Ausweis nachgewiesen werden können. Eine Eintragung eines früheren Zeitpunktes im Ausweis, von dem ab die jeweiligen Voraussetzungen mit dem Ausweis nachgewiesen werden könnten, ist nicht möglich. Sie ist - wie ausgeführt - auf offenkundige Fälle zu beschränken. Schon daran fehlt es hier.

Ausweislich der Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeitszeiten der T. Krankenkasse E. vom 20.04.2004 ist der Kläger erstmals am 12.07.2001 wegen seiner Herzerkrankung arbeitsunfähig geworden. Die letzte Arbeitsunfähigkeit vor dem 12.07.2001 lag in der Zeit vom 24. bis 26.08.1998 und betraf ein Halswirbelsäulensyndrom. Alle weiteren davor seit der Zeit vom 15.07.1987 bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeiten betreffen ebenfalls keine Herzerkrankung. Tatsächlich hat sich der Kläger auch erstmals im Juli 2001 wegen seiner Herzerkrankung in ärztliche Behandlung begeben. Auch die Bluthochdruckerkrankung hat nicht langjährig bestanden. Nach der im Reha-Entlassungsbericht der Klinik X. mitgeteilten Eigenanamnese hat der Kläger dort angegeben, die arterielle Hypertonie sei seit ca. einem Jahr bekannt, also seit ca. November 2000. Aus dem Vorliegen einer arteriellen Hypertonie kann jedoch nicht zwingend auf das Vorliegen einer Herzerkrankung geschlossen werden. Die Dres. O., bei denen der Kläger ausweislich der von ihm gemachten Angaben im Fragebogen über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen seit ca. 1983 in Behandlung ist, haben in ihrem Befundbericht an das Gericht vom 10.05.2005 mitgeteilt, dass die Erstbehandlung wegen der Herzbeschwerden am 02.07.2001 mit ersten Hinweisen auf dekompensierte Herzinsuffizienz erfolgt sei. Zwar wird in dem Bericht des Allgemeinmediziners Dr. Br. vom 06.09.1995 eine arterielle Hypertonie bereits erwähnt. Dieser Bericht ist auch den Dres. O. übersandt worden, die den Kläger in der Folgezeit behandelt haben, ohne dass die Behandlung der Hypertonie Hinweise auf eine Herzerkrankung gegeben haben. Das Erfordernis der Offenkundigkeit schließt nach Ansicht des Gerichtes der Versuch einer Sachaufklärung durch Einholung eines medizinischen Gutachtens aus. Dabei lässt sich das Gericht von der Überlegung leiten, dass auch bei einer Krebserkrankung der für diese Erkrankung in den AHP vorgesehene GdB erst ab dem Zeitpunkt festzustellen ist, in dem das Vorliegen dieser Erkrankung gesichert ist (Bayrisches LSG, L 15 SB 86/04, Urteil vom 30.06.2005). Nichts anderes kann nach Ansicht des Gerichts für alle anderen Behinderungen gelten, mithin auch für Herzerkrankungen, obwohl sich diese regelmäßig, ebenso wie Krebserkrankungen, über einen mehr oder weniger langen Zeitraum vor der Feststellung entwickeln.

Unabhängig davon setzt die zusätzliche Eintragung des Datums, von dem ab ein GdB abweichend vom Datum der Antragstellung festgestellt werden kann, die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses des schwerbehinderten Menschen daran voraus, dass ein anderer Grad der Behinderung zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Es genügt mithin nicht jedes Feststellungsinteresse, sondern es muss ein solches sein, das die Interessen des Betroffenen über das allgemeine Feststellungsinteresse vergleichbarer Betroffener hinaushebt. Der Kläger begründet sein Begehren mit einem Hinweis auf § 236 a SGB VI, nach dessen Satz 6 die Altersgrenze von 60 Jahren nicht angehoben wird für Versicherte, die bis zum 16.11.1950 geboren sind und am 16.11.2000 schwerbehindert waren. Durch die Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft ab 15.11.2000 wäre der 1947 geborene Kläger im Sinne dieser Vorschrift begünstigt. Allerdings ist das Gericht der Auffassung, dass sich das Interesse des Klägers insoweit nicht vom Interesse aller bis zum 16.11.1950 geborenen unterscheidet. Durch eine frühere Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft werden in Zusammenhang mit § 236 a SGB VI auch Wirkungen im Verhältnis zu am Verfahren nicht beteiligten Dritten ausgelöst. Ohne die begehrte Feststellung kann der Kläger nicht abschlagsfrei mit Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen, mit der begehrten Feststellung wäre dies möglich. Betroffen durch die begehrte Feststellung ist mithin der für den Kläger zuständige Rentenversicherungsträger unmittelbar und mittelbar die gesamte Versichertengemeinschaft. Die Änderungen in den Möglichkeiten zum Bezug von Altersrente für schwerbehinderte Menschen sind eine Maßnahme zur Niedrighaltung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Diese werden konterkariert, wenn im Rahmen von Überprüfungsanträgen nach § 44 Abs. 2 SGB X Feststellungen getroffen werden, um einem schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, in den Genuss der Übergangsregelung von § 236 a Abs. 6 SGB VI zu kommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.