Gründe

1. 

Die Beteiligten streiten über die Höhe der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten, die vom Beklagten an die Kläger zu erstatten sind.

Dem Kostenfestsetzungsverfahren liegt ein Klageverfahren (S 2 AS 4324/08) aus dem Bereich des SGB II zu Grunde:
Die drei Kläger wandten sich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 09.06.2008, mit welchem von ihnen ein zu Unrecht ausgezahlter Gesamtbetrag in Höhe von € 1.349,63 zurückgefordert wurde. Die Aufhebung wurde auf § 48 SGB X gestützt, da die Kläger Ziffer 2 und Ziffer 3 - die beiden minderjährigen Kinder der Klägerin Ziff. 1 - bislang unberücksichtigtes Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung erzielt hatten. Gegen diesen Bescheid war am 07.07.2008 Widerspruch erhoben worden, woraufhin unter dem 15.07.2008 ein Teilabhilfebescheid erging, mit welchem die sich ergebende Überzahlung auf die einzelnen Kläger als den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft konkret aufgeteilt bzw. zugeordnet wurde. Es ergab sich so bezogen auf die Kläger Ziffer 2 und Ziffer 3 jeweils eine Überzahlung in Höhe von € 674,82. Der Teilabhilfebescheid traf diese Konkretisierung hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligung, ließ jedoch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid insoweit unverändert, als die gesamte Ruckforderungssumme von € 1349,64 gegenüber der Klägerin Ziffer 1 als der Vertreterin der Bedarfsgemeinschaft und der gesetzlichen Vertreterin der beiden Kinder weiterhin gefordert blieb.

Auf die am 26.08.2008 erhobene Klage und die Klageerwiderung vom 24.09.2008 hin unterbreitete das Gericht den Beteiligten den Vergleichsvorschlag vom 25.09.2008. Der Beklagte stimmte diesem mit Schreiben vom 15.10.2008 zu. Der Klägerbevollmächtigte teilte mit Schriftsatz vom 29.10.2008 mit, dass eine Ergänzung des Vergleichsvorschlages vom 25.092008, der mit der Sachbearbeiterin besprochen worden sei, unterbreitet werden solle. Der Vorschlag solle dahingehend erweitert werden, dass eine Aufrechnung mit laufenden Leistungsansprüchen nur in Höhe von monatlich € 20,00 stattfinde. Mit Schreiben vom 04.11.2008 legte der Beklagte eine Stellungnahme der zuständigen Sachbearbeiterin vom 28.10.2008 vor, aus welchem hervorgeht, dass weiterhin monatlich ein Betrag von € 70,00 aufgerechnet werde solange das Klageverfahren laufe; theoretisch sei sogar eine höhere Aufrechnung möglich gewesen. Darüber, dass besprochen worden sei, eine Aufrechnung von € 20,00 enthielt diese Stellungnahme nicht - weder wurde dieses Gespräch bzw. diese Besprechung bestätigt, noch abgestritten - das Gespräch soll allerdings auch erst einen Tag nach der Stellungnahme stattgefunden haben. Dies wurde vom Gericht als Ablehnung des Vergleichsvorschlages aufgefasst und den Beteiligten mit Schreiben vom 10.11.2008 mitgeteilt, dass die Sache nunmehr zur Durchführung eines Erörterungstermins vorgemerkt sei. Mit Schreiben vom 10.11.2008 teilte der Beklagte sodann mit, dass er mit dem modifizierten Vergleichsvorschlag einverstanden sei. Das Gericht unterbreitete den Beteiligten sodann den Vergleichsvorschlag, der die monatliche Aufrechnung von € 20,00 vorsah. Beide Seiten erklärten sich hiermit einverstanden, wodurch die Hauptsache noch im November 2008 ihre Erledigung fand. Im Vergleich ist vereinbart, dass der Beklagte die Hälfte der außergerichtichen Kosten der Kläger übernimmt.

Mit Schreiben vom 23.01.2008 - bei Gericht eingegangen am 26.01.2009 - wandte sich der Beklagte an das Gericht und beantragte die Förmliche Kostenfestsetzung (Kostenfestsetzungsantrag KFA). Die Rechnung des Klägerbevollmächtigten enthalte Gebühren (Geschäfts- Verfahrens- und Einigungsgebühr, Nr. 2400 VV RVG, Nr. 3103 VV RVG, Nr. 1006 VV RVG), die allesamt überhöht seien. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG stehe nicht zu. Im Übrigen werde auf den Vergleich vom 19.11.2008 verwiesen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss (KFB) des Urkundsbeamten vom 26.01.2009 wurden statt des begehrten Betrages von € 547,40 (= 1/2 des Bruttohonorarbetrages von € 1.094,80) lediglich € 441,49 festgesetzt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss des Urkundsbeamten vom 26.01.2009 verwiesen.

Hiergegen wurde am 06.02.2009 durch den Klägerbevollmächtigten Erinnerung eingelegt. Soweit sich die Erinnerung gegen einen Beschluss vom 02.02.2009 wendet, geht das Gericht von einem offensichtlichen Versehen des Klägerbevollmächtigten aus. Am 02.02.2009 erfolgte die Zustellung des KF B vom 26.01.2009.

Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild:

 RA-Rechn. KFB v. 26.01.09
2400 VV RVG Geschäftsgebühr € 330,00 € 240,00
7002 VV RVG Post/Tele.-Pauschale  € 20,00  € 20,00
3102, 3103 VV RVG Verfahrensgebühr € 199,00 € 170,00
1000,1005 VV RVG Einigungs-/Erledigungsgeb. € 213,00 € 190,00
Erhöhungsgebühr (3. Personen) € 102,00
3106 VV RVG Termingebühr € 155,00 € 0,00
7002 VV RVG Post/Tele.-Pauschale          € 20,00
Zwischensumme (netto) € 920,00 € 742,00
VV 7008 RVG Umsatzsteuer 19% € 174,80 € 140,98
Gesamtsumme (brutto): € 1.094,80 € 882,98
nach 1/2 Quote € 547,40 € 441,49

2. 

Die Kläger wenden gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten ein, dass

a) eine Terminsgebühr zu Unrecht nicht in Ansatz gebracht worden sei, denn es habe ein Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter über mögliche ,,Einübungsmöglichkeiten" - gemeint sind wohl Einigungsmöglichkeiten - stattgefunden, was im Schriftsatz vom 29.10.2008 seinen Niederschlag gefunden habe und angesichts des damit verbundenen zeitlichen Aufwandes mit einer unterdurchschnittlichen Terminsgebühr abzugelten sei.

b) bei der vom Klägerbevollmächtigten angesetzten Geschäftsgebühr zu Unrecht die Kappung bei € 240,00 vorgenommen und die nach Nr. 1008 VV RVG vorgesehene Vergütung für Mehrvertretung unberücksichtigt geblieben sei.

c) bei der Verfahrensgebühr zu Unrecht der anwaltliche Ermessensspielraum bei der Angemessenheit - dieser betrage 25% - unbeachtet geblieben sei und die Gebühr nach Nr. 1008 VV RVG richtigerweise innerhalb der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen gewesen, also nicht gesondert zu ermitteln gewesen wäre.

3. 

Die Höhe der Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Diese Bestimmung ist nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG auch für den zur Erstattung verpflichteten Dritten verbindlich, soweit sie nicht unbillig ist. Innerhalb dieser Grenze ist dem Rechtsanwalt danach ein eingeschränkter Ermessensspielraum zugewiesen, der von den erstattungsverpflichteten Dritten und den Gerichten gleichermaßen zu achten ist. Dafür ist maßgeblich, dass über die Bestimmung dessen, was (noch) als billig oder (schon) als unbillig zu gelten hat, leicht Streit entstehen kann. Zur Vermeidung dessen ist dem Rechtsanwalt wie schon nach § 12 Abs. l S. 1 BRAGO in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG grundsätzlich ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt. Das Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht ist allerdings nur eröffnet, wenn sich der zu beurteilende Fall vom Durchschnitt abhebt. lm Übrigen ist die Mittelgebühr maßgebend. Sie gilt die Tätigkeit des Rechtsanwalts in allen Fällen angemessen ab, die sich unter den in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Gesichtspunkten nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abheben. Sie stellt deshalb in durchschnittlichen Fällen einen festen, vom Rechtsanwalt nicht zu überschreitenden Wert dar. Unterscheidet sich seine Tätigkeit unter der maßgeblichen Gesichtspunkten nicht vom Normalfall, ist die Bestimmung einer höheren Gebühr unbillig und darum für den erstattungsverpflichteten Dritten gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG nicht verbindlich (vgl. BVerwG, 17.08.2005, 6 C 13/04, juris), Spielräume zur Bestimmung einer höheren Gebühr bestehen deshalb erst, wenn besondere Umstände (insbesondere der Umfang, die Schwierigkeit, die Bedeutung des Verfahrens und die Vermögensverhältnisse) vorliegen und auch bezeichnet werden, die eine höhere Gebührenbestimmung rechtfertigen können. Die dafür maßgebenden Kriterien sind vom Rechtsanwalt zu benennen. Umgekehrt ist von der Mittelgebühr und einem entsprechenden Ansatz des Rechtsanwalts als unbillig nach unten abzuweichen, wenn der Einzelfall im Hinblick auf die o.g. Umstände des § 14 RVG, insbesondere die Bedeutung der Sache, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Bearbeitung, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten, den Durchschnitt nicht nur unerheblich unterschreitet, sich vom Durchschnitt also nach unten abhebt.

4.
a) Die Terminsgebühr ist dem Grunde nach angefallen. Denn der Klägerbevollmächtigte hat ein Gespräch mit der Sachbearbeiterin vorgetragen, in dem es um die zusätzliche Aufnahme einer Klausel zur Aufrechnung ging. Der Klägervertreter hat dieses Gespräch schon im Schriftsatz vom 29.10.2008 erwähnt, also dem Tag, an dem das Gespräch stattgefunden haben soll. Aus der Stellungnahme der Sachbearbeiterin vom 28.10.2008, also vom Tag zuvor, konnte sich folglich weder eine Bestätigung noch Verneinung dieses Gesprächs ergeben. Der Beklagte war mit Schriftsatz des Gerichts vom 26.11.2010 daher aufgefordert worden, zu dem behaupteten Telefonat Stellung zu nehmen. Eine substantiierte Äußerung hierzu erfolgte mit Schriftsatz vom 16.12.2010 nicht, insbesondere wurde die Existenz des Telefonats - für das die Kläger beweisbelastet waren - nicht einmal in Frage gestellt oder gar bestritten.
Die Terminsgebühr entsteht auch bei der Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Mitwirkung des Gerichts (Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, VV Vorb. 3 Rn. 29, 32, 83 ff.). Das somit unstreitige Telefonat bezog sich auf die Tilgungsweise des streitgegenständlichen Rückzahlungsanspruchs. Mit dem Ergebnis dieser Besprechung, das im modifizierten Vergleichsvorschlag seinen Niederschlag fand, hat sich der Beklagte dann auch einverstanden erklärt. Diese Besprechung war somit nicht nur auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichtet, sondern hat diese letztlich sogar tatsächlich herbeigeführt, indem der letzte noch offene Punkt, an dem die ganze Einigung u.U. hätte scheitern können, geklärt wurde. Der Höhe nach bewegt sich die Terminsgebühr in einem Rahmen von € 20,00 bis € 380,00, so dass die Mittelgebühr € 200,00 beträgt. Die mit € 155,00 angesetzte Terminsgebühr erscheint daher der Höhe nach nicht ermessensfehlerhaft.

b) Zur Problematik der Geschäftsgebühr, ihrer Kappungsgrenze (,,Schwellenwert") und deren Verhältnis zur Gebühr nach Nr. 1008 VV RVG hat inzwischen das BSG mit Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - über die Revision gegen das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 22.10.2008 - L 3 AS 2648/08 - entschieden. Hiernach steht die Kappungsgrenze nicht als lex specialis einer Gebühr aus Nr. 1008 VV RVG entgegen. Bei Bemessung der angemessene Geschäftsgebühr konnte somit wegen des Anfalls der Erhöhungsgebühr für 2 weitere Personen der Rahmen um 60% erhöht werden, reichte mithin von € 64,00 bis € 832,00. In gleicher Weise erhöht sich nach dem o.g. BSG-Urteil die Schwellengebühr. Sie beträgt bei drei Auftraggebern mithin € 384,00. Die vom Klägerbevollmächtigten angesetzte Geschäftsgebühr ist somit der Höhe nach nicht zu beanstanden.

c) Die Verfahrensgebühr hat der Klägerbevollmächtigte gegenüber seinen Mandanten mit € 199,00 angesetzt. Die Kläger können vom Beklagten als ihrem Kostenerstattungsschuldner nicht mehr verlangen, als sie ihrerseits ihrem Rechtsanwalt zahlen müssen. Der Urkundsbeamte hat neben der Verfahrensgebühr mit € 170,00 für die Erhöhungsgebühr im Gerichtsverfahren sogar € 102,00 angesetzt, insgesamt also sogar € 272,00. Die Kläger sind insoweit also gar nicht beschwert, vielmehr ist die Verfahrensgebühr auch nach Sicht des Urkundsbeamten mindestens in der vom Klägerbevollmächtigten geltend gemachten Höhe zuerkannt. Es sind im KFB sogar € 73,00 mehr angesetzt, die der Klägerbevollmächtigte mit seiner Rechnung gar nicht gegenüber seinen Mandanten geltend gemacht hat.

c) Die Einigungs- und Erledigungsgebühr ist zwar mit € 213,00 über der Mittelgebühr von € 190 angesetzt. Selbst wenn dieses Abweichen um € 23,00 als unangemessen zu qualifizieren wäre, würde dies spätestens dadurch ausgeglichen, dass die Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von € 20,00 insgesamt nur einmal in Rechnung gestellt worden ist.

Im Ergebnis sind somit alle in der Rechnung des Klägerbevollmächtigten gegenüber seinen drei Mandanten geltend gemachten Gebührenposten dem Grunde und der Höhe nach berechtigt, so dass der Beklagte gemäß seiner hälftigen Quote einen Betrag von € 547,40 zu tragen verpflichtet ist.

5. Diese Entscheidung ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG nicht anfechtbar.