Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe einer dem Erinnerungsführer zu zahlenden fiktiven Terminsgebühr.

Im dem vorliegenden Erinnerungsverfahren zu Grunde liegenden rentenrechtlichen Klagverfahren S 1 R 211/13 (im Folgenden: Ausgangsverfahren) wurde der dortige Kläger zunächst durch Rechtsanwalt B. vertreten, der dem Kläger durch Beschluss der Kammervorsitzenden vom 27. Januar 2014 der gleichzeitiger Gewährung von Prozesskostenhilfe als Bevollmächtigter beigeordnet worden war. Aufgrund einer Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Kläger und Rechtsanwalt B. wurde dessen Beiordnung mit Beschluss der Kammervorsitzenden vom 10. März 2014 aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom selben Tage der Erinnerungsführer als neuer Bevollmächtigter mit Wirkung ab dem 4. März 2014 beigeordnet.

Nachdem das Verfahren durch Urteil vom 24. Februar 2015 unter Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung beendet worden war, machte der Erinnerungsführer seine Vergütung wie folgt geltend:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 280,00 EUR Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 600,00 EUR 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 114,00 EUR 714,00 EUR.

Demgegenüber setzte der Kostenbeamte die Vergütung lediglich wie folgt fest: Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 200,00 EUR Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 180,00 EUR Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 400,00 EUR 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 76,00 EUR 476,00 EUR.

Zur Begründung führte er aus, dass angesichts des beschränkten Beiordnungszeitraums eine mittlere Verfahrensgebühr als unbillig anzusehen sei. Vielmehr sei eine unterhalb der Mittelgebühr anzusiedelnde Verfahrensgebühr von 200,00 EUR ausreichend und angemessen. Daraus ergebe sich sodann die fiktive Terminsgebühr in Höhe von 90 % dieser festzusetzenden Gebühr.

Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer mit seiner Erinnerung vom 24. März 2015, bei Gericht eingegangen am 26. März 2015, die er wie folgt begründet:

Mit der Verfahrensgebührt von 200,00 EUR bestehe zwar Einverständnis. Allerdings sei bei der Bestimmung der Bezugsgröße zur Errechnung der fiktiven Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG auf die im "Normalfall" anzusetzende Verfahrensgebühr abzustellen, hier also der Mittelgebühr von 300,00 EUR. Käme man nämlich zu dem Ergebnis, dass im Falle der Beiordnung eines zweiten Anwalts da keine Verfahrensgebühr mehr entstehen, entfiele auch die Terminsgebühr in vollem Umfang. Dies könne bei Einführung von Nr. 3106 S. 2 VV RVG nicht gewollt gewesen sein. Vielmehr sei dann ein Anwalt gezwungen, eine mündliche Verhandlung anzustreben, um eine reguläre Terminsgebühr zu verdienen.

Der Erinnerungsführer beantragt,

die Terminsgebühr unter Beachtung des Satzes 2 der Bestimmungen zu VV 3106 RVG auf 270,00 EUR festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die Erinnerung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass der Erinnerungsführer mit der festgesetzten Verfahrensgebühr von 200,00 EUR einverstanden gewesen sei. Die pauschale Gebührenbestimmung der Terminsgebühr in Bezug auf die Verfahrensgebühr sei zwingend, so dass hiervon nicht abgewichen werden könne.

 

II.

Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Die Festsetzung der hier allein streitigen fiktiven Terminsgebühr ist zutreffend erfolgt.

1. Streitentscheidend ist hier, in Bezug auf welchen Betrag die nach Satz 2 der Anmerkung zu Nr. 3106 VV RVG zu bestimmende fiktive Terminsgebühr berechnet werden muss. Dieser lautet (auch) für den Fall einer fiktiven Terminsgebühr wegen des Verzichts auf mündliche Verhandlung:

"In den Fällen des Satzes 1 beträgt die Gebühr 90% der in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach Nummer 1008."

a) Die Auffassung des Erinnerungsführers geht dahin, dass in einem Fall wie hier, in dem ein Rechtsanwalt nach Entbindung eines anderen als zweiter beigeordnet wird, sich zwangsläufig eine niedrigere Gebühr ergebe, die pauschale Berechnung gemäß des vorzitierten Normtextes jedoch auf der Erwägung beruhe, die Terminsgebühr gerade in Bezug auf die herkömmlich und regelmäßig anfallende Verfahrensgebühr zu bestimmen. Dies greift trotz der beachtenswerten Argumentation im Ergebnis nicht durch.

b) Dem steht bereits der Wortlaut der Vorschrift entgegen. Denn die Berechnung des 90%igen Betrages bezieht sich auf die "in derselben Angelegenheit dem Rechtsanwalt zustehenden Verfahrensgebühr", nicht eine solche durchschnittlicher oder abstrakter Größe oder die generell in dem Verfahren (insgesamt) anfallende Verfahrensgebühr. Vielmehr kommt es auf die "dem Rechtsanwalt" in "derselben Angelegenheit" konkrete zustehende Gebühr an; "dem Rechtsanwalt" kann dabei nur denjenigen meinen, der die Terminsgebühr in Abhängigkeit von "seiner" Verfahrensgebühr geltend macht.

c) Die Motive des Gesetzgebers lassen insoweit keine von dem Wortlaut abweichende Auslegung zu. Im Entwurf zum 2. KostRModG (BT-Drs. 17/11471, S. 276) wird hierzu ausgeführt:

"Bei den in sozialrechtlichen Angelegenheiten anfallenden Betragsrahmengebühren ist die Bestimmung einer konkreten Gebühr innerhalb des Rahmens immer dann problematisch, wenn die Höhe der Gebühr nicht von den Kriterien des § 14 RVG abhängen kann, weil es insbesondere nicht auf Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ankommen kann (vgl. Nummer 4).

Bei der fiktiven Terminsgebühr kommt es darauf an, dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins zu nehmen. Die Höhe der zu erwartenden Terminsgebühr wird häufig von Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit abhängen. Daher scheint eine Anknüpfung an die Höhe der Verfahrensgebühr sachgerecht. Da die Höhe der Terminsgebühr grundsätzlich zur Höhe der Verfahrensgebühr in einem Verhältnis von 1,2 zu 1,3 steht, wird ein Betrag von 90 Prozent der Verfahrensgebühr vorgeschlagen."

Hier fehlt es zwar an Ausführungen zu der hier vorliegenden, nicht den Regelfall bildenden Konstellation mehrerer nacheinander beigeordneter Rechtsanwälten. Es ergeben sich aus dem Willen des Gesetzgebers aber auch keine Anhaltspunkte, die eine andere Interpretation des insoweit klaren Wortlauts zuließen.

d) Soweit der Erinnerungsführer meint, dies könne zu einem Wegfall der fiktiven Terminsgebühr führen, verkennt er, dass dies vorab den Wegfall der Verfahrensgebühr voraussetzen würde, was wiederum nur der Fall wäre, wenn der Rechtsanwalt das Verfahren gar nicht geführt hat. Dann aber ist auch nicht ersichtlich, warum und "für was" ihm eine fiktive Terminsgebühr zustehen sollte.

e) Gründe, die Vorschrift aus verfassungsrechtlichen Erwägungen verfassungskonform im Sinne des Erinnerungsführers auszulegen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Nach alledem errechnet sich die dem Erinnerungsführer zu gewährende fiktive Terminsgebühr auf der Basis der angemessen und ausreichend durch den Kostenbeamten bestimmten Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 200,00 EUR; dementsprechend ist sie mit 180,00 EUR zutreffend festgesetzt worden.

2. Gerichtskosten werden gem. § 56 Abs. 2 S. 2 RVG im Verfahren über die Erinnerung nicht erhoben, Kosten gem. § 56 Abs. 2 S. 3 RVG nicht erstattet.

3. Da eine obergerichtliche Entscheidung zur Frage der Bezugsgröße der fiktiven Terminsgebühr bei mehreren nacheinander beigeordneten Rechtsanwälten noch nicht vorliegt, ist die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Rechtsfrage zuzulassen (§§ 33 Abs. 3 S. 2, 56 Abs. 2 RVG).