Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) vorliegen.

Mit Bescheid des Beklagten vom 10.7.1997 wurde festgestellt, daß bei der Klägerin ein GdB von 100 vorliegt. Ihr wurden die Merkzeichen "B", "G", "aG" und "H" zuerkannt. Als Behinderungen wurden festgestellt: 1. Halbseitenlähmung re., Hirnschädigung mit Sprachstörung, Hirnschädigung mit Teilleistungsstörung (Einzel-GdB von 100) 2. Funktionsbehinderung des Schultergelenks re. (Einzel-GdB von 20) 3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit muskulären Verspannungen (Einzel-GdB von 10) 4. Reizdarm (Einzel-GdB von 10).

Nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte vom Hausarzt der Klägerin, Dr. F., sowie von Professor K., dem Chefarzt der Neurologischen Klinik der Nervenklinik B., hörte der Beklagte mit Schreiben vom 22.11.2000 die Klägerin zu einer beabsichtigten Aberkennung des Merkzeichens "aG" infolge des Wegfalls der Gesundheitsstörung "Halbseitenlähmung rechts" an. Im Rahmen der Anhörung wurde von Seiten des Ehemannes der Klägerin vorgetragen, die Klägerin könne sich nur mit fremder Hilfe fortbewegen, sie sei auf ein Auto zwingend angewiesen. Beim Einsteigen ins Auto müsse das rechte Bein hineingehoben werden, beim Aussteigen müsse die Klägerin herausgezogen und auf die Beine gestellt werden. Vor dem Gehen, das nur auf ebenem Untergrund möglich sei, müßten spastiklösende Vorübungen mit Stützhilfe veranstaltet werden, auf den ersten Metern sei Schulterführung mit Gegenrotation notwendig. Es müsse während des Gehens immer wieder die Kippspastik aus dem rechten Fuß herausmassiert werden. Zu diesem Zweck werde ein Klappstuhl mitgeführt. Bei Anstrengung, Kälte und Tiefdruck strahle die Spastik früher und stärker ein. Das Knie könne dann nicht durchgestreckt werden und der Fuß kippe nach innen, so daß die Klägerin nur noch auf dem äußeren Fußwurzelknochen laufe und vor Schmerzen nicht mehr weiter könne. Bei Unebenheiten, Absätzen, Treppen und abschüssigen Wegen bestünde Sturzgefahr. Sie bleibe oft mit dem rechten Fuß an Stufen hängen und drohe dann, nach vorne zu fallen. Sie sei infolge der Lähmung nicht fähig, den rechten Arm bzw. die rechte Hand zum Abstützen einzusetzen. Es sei daher eine Sicherung erforderlich. Für ihren langsamen Gang, die bewußt zu vollziehenden Schritte, seien Ampelphasen oft zu kurz. Bei Fahrten zu Therapiemaßnahmen sei sie auf aG-Parkplätze angewiesen.

Am 15.1.2001 erließ der Beklagte einen Änderungs-Bescheid. Danach wurden der Klägerin für die vorliegenden Behinderungen weiterhin ein Gesamt-GdB von 100 sowie die Merkzeichen "H", "B" und "G" zuerkannt. Ein Anspruch auf das Merkzeichen "aG" bestand laut Bescheid jedoch nicht mehr. Es wurde ausgeführt, daß die Funktionsbeeinträchtigung "Halbseitenlähmung rechts" infolge Besserung weggefallen sei. Die Klägerin gehöre nicht mehr zum Kreise der außergewöhnlich Gehbehinderten. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden nunmehr festgestellt: 1. Hirnschädigung mit Teilleistungsstörung, Hirnschädigung mit Sprachstörung, Halbseitenteillähmung re. (Einzel-GdB von 100) 2. Funktionsbehinderung des Schultergelenks re. (Einzel-GdB von 20) 3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit muskulären Verspannungen (Einzel-GdB von 10) 4. Funktionelle Störung des Dickdarms (Colon irritabile) (Einzel-GdB von 10).

Am 23.1.2001 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein. Ergänzend wurde vorgetragen, daß die Klägerin ohne die "aG"-Plakette Behörden, Geschäfte, Kirche, Kultureinrichtungen, Ärzte und Therapien nicht mehr erreichen könne. Auf normalen Parkplätzen könne sie das Auto nicht verlassen, weil dort die Beifahrertür nicht weit genug geöffnet werden könne. Zudem würden weitere Wege zu den Therapiestellen den spastischen Tonus so erhöhen, daß ein Großteil der Therapiezeit verbraucht werden müßte, um den Tonus wieder zu senken. Die eigentlichen Therapieziele würden damit verfehlt, Folgeschäden seien nicht ausgeschlossen. Das Merkzeichen "aG" sei für die Klägerin der wichtigste Nachteilsausgleich; es erspare ihr Schmerzen beim Gehen und gebe ihr wenigstens eine eingeschränkte Mobilität zurück. Die Klägerin legte ein Attest von Prof. K. vom 5.2.2001 vor, wonach sich eine wesentliche Änderung der spastischen Hemiparese in den letzten Jahren nicht ergeben habe und die Klägerin nur sehr kurze Gehstrecken mit Hilfe eines Stockes und unter großer Anstrengung bewältigen könne.

Mit Bescheid vom 7.6.2001 hat der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Es wurde ausgeführt, daß nach versorgungsärztlicher Beurteilung im Gesundheitszustand der Klägerin insoweit eine Änderung eingetreten ist, als sich die Halbseitenlähmung rechts gebessert habe und nunmehr rechts eine Halbseitenteillähmung vorläge. Auch das Gehvermögen habe sich verbessert. Nach dem Bericht der Nervenklinik B. sei die Klägerin u.a. auch wieder in der Lage gewesen, kurze Wanderungen zu unternehmen. Der Internist der Klägerin, Dr. F., gebe in seinem Befundbericht vom 21.9.2000 an, daß ein Gehen mit Begleitung und Stock auf festen, ebenen Wegen möglich sei. I. ü. könnten die speziellen örtlichen Verhältnisse bei der Beurteilung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" nicht berücksichtigt werden. Ebenso könne nicht berücksichtigt werden, daß ein vollständiges Öffnen der Autotür bei normalen Parkplätzen oft nicht möglich ist. Die Feststellung des Merkzeichens "aG", das voraussetze, daß sich die Klägerin wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen kann, sei somit nicht mehr möglich. Dem Ausmaß der Gehbehinderung sei mit den zuerkannten Merkzeichen "G" und "B" bereits angemessen Rechnung getragen.

Am 6.7.2001 hat die Klägerin gegen die Bescheide Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Ergänzend zum Vorbringen im Verwaltungsverfahren wird ausgeführt, daß der Beklagte das Vorliegen einer Besserung im Gesundheitszustand der Klägerin nicht auf die Ausführungen im Befundbericht von Dr. F. stützen könne. Dort würde vielmehr ausdrücklich festgestellt, daß sich die Behinderung der Klägerin trotz eines intensiven Trainings in letzter Zeit nicht mehr entscheidend verbessert habe und die Klägerin auf eine Begleitung beim Gehen ständig angewiesen sei. Auch habe sich der Beklagte mit dem Attest von Prof. K. nicht auseinandergesetzt. Aus diesem wie auch aus dem Befundbericht von Dr. F. würde hervorgehen, daß die Klägerin ohne fremde Hilfe nicht gehen könne. Sofern der Beklagte auf Wanderungen der Klägerin von 9 km Länge, die im Arztbrief von Prof. K. vom 8.10.1999 beschrieben werde, hinweise, würde damit ein Gesundheitszustand der Klägerin suggeriert, der nicht zuträfe. Die so bezeichnete Wanderung hätte 1999 stattgefunden. Sie sei in zwei Teilstrecken à 4,5 km zerfallen, zwischen denen eine Pause von einer Stunde gelegen habe. Für die einfache Gehstrecke seien 3,5 Stunden benötigt worden; es hätten 10 Pausen eingelegt werden müssen, um die notwendigen Massagen und spastiklösenden Übungen durchzuführen. Es habe sich um einen additiven Trainingsversuch von Behandlungspause zu Behandlungspause gehandelt. Die letzten Meter wären eine Gefällstrecke gewesen, bei der der Ehemann der Klägerin diese von hinten mit beiden Händen habe führen und stützen müssen. Insgesamt sei die Klägerin überfordert gewesen, weshalb vergleichbare Trainingsversuche nicht mehr durchgeführt worden seien. Keineswegs sei die Klägerin in der Lage, Wanderungen von 9 km durchzuführen. Trotzdem sei Herrn Prof. Dr. K. von dieser einmaligen, mühseligen Gemeinschaftsleistung des Ehepaares berichtet worden. Soweit im Arztbrief von Prof. K. vom 8.10.1999 Laufen auf ebenem Grund von ca. einer ½ Stunde erwähnt werde, handele es sich dabei um die Trainingsstrecke der Klägerin von 500m. Die Klägerin würde nur sehr langsam, mit bewusst zu vollziehenden Schritten und höchster Konzentration gehen. Bei einsetzender Spastik oder bei beginnenden Schmerzen könnten Vermessungssteine, die alle 100 Meter an der Strecke stünden, zum Sitzen und Behandeln genutzt werden. Ansonsten stelle sich die Durchführung des Gehtrainings wie vom Ehemann der Klägerin im Verwaltungsverfahren beschrieben dar. Hinzu komme, daß die Gelenkkapsel im gelähmten Fuß vorgeschädigt sei und die Überlastung des gesunden Beines ebenfalls zu großen Schmerzen im Hüftgelenk führe. Die Klägerin habe Pflegestufe II. Trotz behindertengerechten Umbau des Hauses käme es zu 3 bis 4 Stürzen im Jahr. Bei der Klägerin lägen unzweifelhaft die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" weiterhin vor.

In seiner Klageerwiderung weist der Beklagte darauf hin, daß im Arztbrief von Prof. K. vom 8.10.1999 Laufen auf ebenem Grund für ca. eine ½ Stunde ohne Pause und Wanderungen von 9 km mit Pause angegeben worden seien.

Nach Einholung eines Befundberichtes mit weiteren Fremdbefunden bei Dr. F. hat das Gericht mit Beweisanordnung vom 6.11.2001 Herrn Ltd. Med. Dir. a.D. Dr. T. zur Beantwortung folgender Beweisfrage nach Durchführung eines Hausbesuches zum Gutachter bestellt:

Ist die Klägerin außergewöhnlich gehbehindert, d.h. kann sie sich wegen der Schwere des Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen? Gegebenenfalls seit wann?

In seinem Gutachten vom 10.12.2001 führt Dr. T. u.a. aus, daß bei der Klägerin 1996 eine intracerebrale Blutung aufgetreten sei. Anders als die motorische Sprachstörung hätten sich die Lähmungserscheinungen im Bereich der Extremitäten und im Bereich des Nervus facialis weniger gut zurückgebildet. Im Bereich des Armes habe sich eine typische Beugekontraktur entwickelt, bei der die aktive Öffnung der Hand nicht gelänge; ebenso könnten die Armgelenke nicht bis zur Neutral-Null-Stellung gestreckt werden. Im Bereich des rechten Schultergelenkes sei eine Teilversteifung eingetreten. das rechte Bein sei weiterhin paretisch, es bestehe noch eine Beeinträchtigung von etwa PG 2/3. Dies werde durch eine Spitzfußfehlstellung kompliziert, wobei sowohl das obere als auch das untere Sprunggelenk bewegungseingeschränkt sei. Das Gangbild der Klägerin entspreche dem Gangtyp des sog. Wernicke-Mannes mit deutlicher Circumduction des Beines, wobei beim Gehen außer Hauses eine Gehstütze benutzt werde. Durch Übung, Anpassung und Gewöhnung sei die Gehfähigkeit der Klägerin wohl gebessert worden. Das Gangbild sei soweit stabilisiert, daß mit Stockhilfe kürzere Wegstrecken durchaus zurückgelegt werden könnten. Im Ergebnis sei festzustellen, daß die Klägerin nicht zu dem enumerativ aufgeführten Personenkreis gehöre, bei dem das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" angenommen wird. Das Gehvermögen der Klägerin sei aber zweifelsohne wesentlich besser als das eines Doppeloberschenkelamputierten, das in diesem Fall bei der Frage nach dem Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" nach Nr. 31 (4) der Anhaltspunkte für die gutachterliche Tätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996 zum Vergleich heranzuziehen sei. Daher lägen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" nicht vor.

In ihrer Stellungnahme zum Gutachten führt die Klägerin aus, der Gutachter habe das Gehvermögen der Klägerin lediglich mit dem eines Doppeloberschenkelamputierten verglichen, zur tatsächlichen Gehfähigkeit der Klägerin im Hinblick auf die Beweisfrage aber keine eigenen Feststellungen getroffen. Dabei bestünde unzweifelhaft das Erfordernis einer ständigen Begleitung der Klägerin, was auch die Stürze, zu denen es zwischenzeitlich erneut gekommen sei, belegten. Überdies sei das Gehen der Klägerin mit großer Anstrengung verbunden, d.h. mit Schmerzen bis zur völligen Gehunfähigkeit nach Einsetzen der Spastik.

Mit Beweisanordnung vom 12.3.2002 hat das Gericht Frau Dr. O. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens zu oben genannter Beweisfrage nach ambulanter Untersuchung der Klägerin beauftragt.

In ihrem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 15.7.2002 kommt Frau Dr. O. zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin eine spastische Hemiparese mit deutlicher Armbetonung vorliege. Auch am rechten Bein fänden sich vor allem distal submaximale Lähmungserscheinungen. Im Bereich der Hüft- und Kniestrecker sei keine Parese mehr feststellbar. Im Bereich des linken Beines seien keinerlei neurologische Ausfallerscheinungen erkennbar, es handele sich somit um eine einseitige Behinderung im Bereich des rechten Beines. Unter Zuhilfenahme eines Stockes sei die Klägerin in der Untersuchungssituation in der Lage gewesen, ohne Abzusetzen selbständig 20 Meter am Stück unter Circumduktion des rechten Beines zu gehen. Vergleiche man den jetzigen Befund mit dem Entlassungsbericht der Klinik S. vom 10.7.1997 so habe sich die Gehfähigkeit der Klägerin deutlich gebessert. So habe die Klägerin anfänglich einen Rollstuhl benutzt, danach habe sie etwa 10 Meter außerhalb des Rollstuhls bewältigen können, mittlerweile sei eine Gehstrecke von 200 - 300 Metern mit Pausen möglich. Die Klägerin gehöre mit ihrem Beschwerdebild nicht zum enumerativ aufgeführten Kreis der außergewöhnlich Gehbehinderten. Der neurologische Befund und insbesondere das Ausmaß der von der Klägerin bei der Untersuchung gezeigten Gangstörung sei aber auch nicht so gravierend, daß sie der Gangstörung eines Doppeloberschenkelamputierten gleichzusetzen sei. Es handele sich nicht um eine auf das Schwerste eingeschränkte Gangstörung. Neurologische Krankheitsbilder könnten nur dann zum Vorliegen des Merkzeichens "aG" führen, wenn beide Beine durch Lähmungen oder eine Paraspastik betroffen seien. Die Klägerin sei daher nicht als außergewöhnlich gehbehindert zu betrachten.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12.8.2002 zu dem Gutachten Stellung genommen. Im wesentlichen führt sie aus, nach ihrer Auffassung lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" schon deshalb vor, weil die Klägerin ständiger Begleitung bedürfe. Daher könne sie sich dauernd nur mit fremder Hilfe bewegen. Dazu habe sich die Gutachterin nicht geäußert. Zudem sei die Klägerin von der Gutachterin nicht unter realen Bedingungen beim Gehen begutachtet worden, sondern unter "klinischen" Bedingungen, d.h. kurze Strecke von 20 Meter auf geradem Untergrund ohne Hindernisse. Daher sei die Gutachterin auch nicht darauf eingegangen, daß bei der Klägerin u. U. schon nach 50 m aufgrund starker Schmerzen und einsetzender Spastik im rechten Bein Gehunfähigkeit eintreten könne. Die Gutachterin habe daher die Beweisfrage, ob sich die Klägerin wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb des Kraftfahrzeugs bewegen kann, im Kern nicht beantwortet. Es werde deshalb beantragt, ein Gutachten durch Prof. Dr. Kr. einholen zu lassen.

Das Gericht hat deshalb mit Beweisanordnung vom 20.8.2002 Herrn Prof. Dr. Kr. mit der Erstellung eines Gutachtens gem. § 109 SGG zu oben genannter Beweisfrage nach ambulanter Untersuchung der Klägerin beauftragt.

Prof. Dr. Kr. stellt in seinem neurochirurgischen wissenschaftlichen Fachgutachten vom 15.8.2003 fest, daß bei der Klägerin eine hochgradige, armbetonte spastische Hemiparese rechts nach Stammganglienblutung sowie eine überwiegend motorische Aphasie vorliege. Er führt aus, daß bzgl. des Gesundheitszustands der Klägerin keinerlei Dissens mit den bisherigen Gutachtern und dem amtsärztlichen Dienst des Beklagten bestehe. Allerdings finde eine eingehendere Auseinandersetzung mit der Anamnese der Klägerin nicht statt, die von der Klägerin und ihrem Ehemann geschilderten Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Gehstrecken im Alltag würden nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der Schilderungen der Klägerin und ihres Ehemannes, die in jeder Hinsicht glaubwürdig und plausibel seien, käme er zu der Überzeugung, daß sich die Klägerin wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen könne. Die Klägerin könne sich infolge ihrer spastischen Halbseitenlähmung maximal 200 Meter und nur auf ebenem und bekanntem Untergrund ohne fremde Hilfe, dann aber nur mit großer Anstrengung und Sturzrisiko sowie Gehhilfe selbständig fortbewegen. Längere Strecken könne sie nur langsam, mit großer Anstrengung und nur mit Hilfe einer Begleitperson zurücklegen. Sie sei außerstande, Wege mit unebenem, abschüssigem oder glattem Untergrund zu bewältigen. Diese Feststellungen stünden in Einklang mit denen der Vorgutachter, daß die Klägerin kürzere Strecken zurücklegen könne bzw. daß eine Begleitperson notwendig sei. Die Klägerin sei auch mit dem unter Punkt 31.3 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit beschriebenen Personenkreis vergleichbar, wobei allerdings ein Vergleich zwischen peripher Geschädigten (wie einem Doppeloberschenkelamputierten) und zentral Geschädigten (wie der Klägerin) nur eingeschränkt möglich sei. Die Koordinationsfähigkeit für die rechte Körperseite sei bei der Klägerin vollständig entfallen. Das bedeute in Verbindung mit der vorhandenen Spastik einen zusätzlichen erheblichen Behinderungsfaktor zu der bestehenden motorischen Störung, der insbesondere eine außergewöhnliche Sturzgefährdung der Klägerin und ihre Unfähigkeit, sich auf unebenem Gelände fortzubewegen bedinge. Das Sturzrisiko sei u.a. durch zwei Schulterbrüche dokumentiert. Im Vergleich zu dem in den Anhaltspunkten genannten Doppeloberschenkelamputierten habe die Klägerin zwar ein gesundes linkes Bein, dieses könne jedoch den durch die zentrale Koordinationsstörung verursachten Nachteil nicht wettmachen, da dieser weder durch körperliches Training noch durch orthopädische Versorgung beseitigt werden könne. Unter funktionellen Gesichtspunkten entspräche die Schädigung der Klägerin noch am ehesten der eines zugleich Unterschenkel- oder Armamputierten.

In seiner Stellungnahme vom 15.9.2003 führt der Beklagte zum Gutachten von Prof. Dr. Kr. aus, daß die Lähmungen des rechten Beines zwar mit einem Unterschenkelverlust vergleichbar seien, aber nicht mit einem Oberschenkelverlust. Ein Rollstuhl werde ebenfalls nicht benutzt. In der Beurteilung des Beklagten ergäbe sich daher keine Veränderung.

Die Klägerin stimmt in ihrer Stellungnahme vom 26.9.2003 unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. Kr. zu.

Mit Beweisanordnung vom 30.9.2003 hat das Gericht Herrn Ltd. Med. Dir. a.D. Dr. T. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens zu oben genannter Beweisfrage nach Aktenlage beauftragt.

In seinem Gutachten vom 15.10.2003 bestätigt Dr. T. die Übereinstimmung zwischen den Gutachtern in den diagnostischen Feststellungen. Er stimme mit Prof. Dr. Kr. allerdings nicht darin ein, daß ein Doppeloberschenkelamputierter nicht als Vergleichsmaßstab für die Klägerin herangezogen werden könne. Dies sei vielmehr durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sanktioniert. Der Sachverständigen-Beirat des Bundessozialministers habe i.ü. im April 1991 bei arteriellen Verschlußkrankheiten eine Gleichstellung bei Gehstrecken von unter 50 m bejaht. Soweit Herr Prof. Dr. Kr. als Vergleichsmaßstab einen "zugleich Unterschenkel- oder Armamputierten" heranziehe, sei dies nach dem Text der Anhaltspunkte nicht richtig. Vergleichsmaßstab sei ein "einseitig Oberschenkelamputierter, der dauernd außerstande ist, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen kann oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert ist" Die Beurteilung von Prof. Kr. bassiere daher auf falschen Voraussetzungen. Befundmäßig würden die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" durch alle drei Gutachten nicht gedeckt.

Zu dem Gutachten hat die Klägerin mit Schriftsätzen vom 26.11.2003, 27.1.2004 und 14.4.2004 ablehnend Stellung genommen. Zuvorderst wird darauf hingewiesen, daß die Klägerin aufgrund ihrer Gesundheitsleiden im Hinblick auf die Gehfähigkeit schlechter gestellt sei als Teile des enumerativ aufgeführten Personenkreises, dem das Merkzeichen "aG" ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zuerkannt wird.

Der Beklagte ist in seiner Stellungnahme vom 15.12.2003 sowie mit Schriftsatz vom 19.2.2004 den Ausführungen des Gutachters gefolgt.

Nach Einholung neuer Befundberichte bei Dr. F. und Prof. Dr. K. hat das Gericht mit Beweisanordnung vom 10.6.2005 Herrn Chefarzt Dr. Michael A. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens zu oben genannter Beweisfrage nach ambulanter Untersuchung beauftragt.

Dr. A. bestätigt in seinem Gutachten vom 5.7.2005 die bisherigen diagnostischen Feststellungen. Er beschreibt, daß ein typisches, spastisches, ataktisches, hemiparetisches Gangbild nach Wernicke-Mann mit Circumduktion des rechten Beines besteht. Links würde von der Klägerin ein Gehstock geführt. Der Einbeinstand links sei mäßig sicher, rechts in keiner Weise demonstrierbar, ebenso wenig gelinge das Demonstrieren der differenzierten Gangarten. Beim Ent- und Ankleiden werde die Hilfe des Ehemannes benötigt. Dr. A. kommt zu dem Ergebnis, daß die Klägerin trotz des Gehstockes ein maximal unsicheres Gehen zeige. Aufgrund der armbetonten Spastik rechts sei es ihr auch nicht sicher und über einen längeren Zeitraum möglich gewesen, auf dem linken Bein zu stehen. Das Gehvermögen der Klägerin sei durch die vorhandenen Behinderungen auf das Schwerste eingeschränkt. Die Klägerin sei nicht besser gestellt als z.B. Doppelunterschenkelamputierte oder einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen. Die Klägerin sei daher außergewöhnlich gehbehindert.

Am 5.7.2005 fand ein Erörterungstermin statt, in dem mit den Beteiligten der Sachstand sowie das Gutachten von Dr. A. besprochen wurde. In dem Termin hat der Gutachter auf Nachfrage zu Protokoll erklärt, die Klägerin könne sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe und nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen. Ursache dafür sei die Schwäche des rechten Beines und die damit verbundene Stand- und Gangunsicherheit. Die Klägerin habe bei der Begutachtung ein kleinschrittiges, ataktisches Gangbild gezeigt. Sie sei mit ihren Behinderungen z.B. einem einseitig Oberschenkelamputierten, der dauernd außerstande sei, ein Kunstbein zu tragen, zumindest gleichgestellt. Der Gutachter hat weiter erklärt, diese Einschätzung beruhe darauf, daß die Klägerin aufgrund der Lähmung ihres rechten Armes nicht im Stande sei, auf dieser Seite zur Abstützung bzw. Sicherung einen Gehstock zu führen.

In der mündlichen Verhandlung am 13.10.2005 beantragt die Klägerin,

den Bescheid des Beklagten vom 15.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.6.2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Klageakten, der in diesen befindlichen ärztlichen Sachverständigengutachten und Stellungnahmen und der beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten Bezug genommen.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und im Ergebnis begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 15.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.6.2001 hat sich als rechtswidrig erwiesen, da die Voraussetzungen für eine Abänderung des Bescheides vom 10.7.1997 und damit für eine Entziehung des Merkzeichens "aG" nicht vorgelegen haben. Er ist daher aufzuheben.

Nach § 48 (1) S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

Entscheidend für die Frage, ob die Entziehung des Merkzeichens "aG" durch den Beklagten gerechtfertigt war, sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens über die Entziehung (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 10.9.1997 - 9 RVs 15/96). Nach Auffassung des Gerichts lagen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" bei der Klägerin am 7.6.2001 weiterhin vor. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 10.7.1997 zugrunde gelegen haben, war somit nicht eingetreten. Das Gericht legt seiner Entscheidung die Diagnosen zugrunde, die von den Gutachtern übereinstimmend gestellt wurden. An deren Richtigkeit bestehen aus Sicht des Gerichts keine Zweifel. Strittig ist lediglich, ob auf Grundlage dieser Diagnosen angenommen werden kann, daß die gesetzlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" am 7.6.2001 noch vorlagen.

Nach § 6 (1) Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ermächtigt, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen über die Schaffung von Parkmöglichkeiten für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung und Blinde, insbesondere in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung oder ihrer Arbeitsstätte.

In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Straßenverkehrsordnung ist dazu folgendes festgelegt:

"Als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können.

Hierzu zählen: Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind.

Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, die keine Fahrerlaubnis besitzen, und Blinden, die auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind und die sich nur mit fremder Hilfe bewegen können, kann ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden."

Die Klägerin gehört nicht zu den in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Straßenverkehrsordnung explizit genannten Schwerbehinderten.

In einem solchen Fall setzt die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift voraus, daß die Gehfähigkeit des Betroffenen in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die explizit aufgeführten Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG, Urt. v. 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R m.w.N.). Erforderlich ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.) aber nicht, daß ein Schwerbehinderter nahezu unfähig ist, sich fortzubewegen. Es reicht vielmehr aus, wenn er selbst unter Einsatz orthopädischer Hilfsmittel praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kfz an nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung gehen kann. Es muß dem Betroffenen unzumutbar sein, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (siehe dazu BT-Drucks. 8/3150, S. 10), auch wenn ihm dies (gezwungenermaßen) möglich ist.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" waren unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung bei der Klägerin jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch erfüllt.

Nach Auffassung des Gerichts war (und ist) die Gehfähigkeit der Klägerin in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt. Die Klägerin weist - wie von den Gutachtern einhellig festgestellt - ausgeprägte Lähmungen im Bereich des rechten Beines auf, die auch nach Auffassung des Beklagten mit einem Unterschenkelverlust vergleichbar sind (Bl. 172 der Gerichtsakten). Kompliziert werden diese Lähmungen durch eine Spitzfußstellung (Bl. 79, 120, 162 u. 264 der Gerichtsakten). Hinzu tritt eine Lähmung des rechten Armes, insbesondere der rechten Hand. Dadurch ist es der Klägerin - so auch die Ausführungen von Dr. A. im Termin vom 5.7.2005 - unmöglich, durch Einsatz einer rechtseitigen Gehhilfe den Funktionsverlust des rechten Beines zumindest teilweise zu kompensieren. Schließlich hat die Schädigung des zentralen Nervensystems auch Koordinationsstörungen zur Folge. Diese verschiedenen Beeinträchtigungen führen bei der Klägerin zu einem typischen, spastischen, ataktischen, hemiparetischen Gangbild nach Wernicke-Mann mit Circumduktion des rechten Beines (vgl. Bl. 77, 124, 162 und 265 der Gerichtsakten). Die Klägerin läuft kleinschrittig; Wege mit unebenem oder abschüssigem Untergrund, Schwellen, Treppen u.ä., kann sie nach glaubhaften eigenen und Angaben ihres Ehemannes nur mit fremder Hilfe bewältigen. Der Klägerin ist es trotz des vorhandenen Restgehvermögens daher unzumutbar, längere Wege zu Fuß zurückzulegen.

Des weiteren kann sich die Klägerin praktisch von den ersten Schritten außerhalb des Kfz an nur mit fremder Hilfe bewegen. Diese Voraussetzung ist nach Ansicht des Gerichts nicht erst dann erfüllt, wenn der Betroffene auch unter günstigen äußerlichen und körperlichen Voraussetzungen nicht alleine mehrere Meter laufen kann. Vielmehr muß es genügen, wenn der Betroffene außerhalb des KfZ ständiger Hilfe bedarf, um seine Gehfähigkeit herzustellen bzw. aufrecht zu erhalten. Dies ist im Falle der Klägerin anzunehmen. Bereits der Ausstieg aus dem Auto ist der Klägerin ohne fremde Hilfe nicht möglich. Sie kann nach detaillierten eigenen und Schilderungen ihres Ehemannes unebenen oder abschüssigen Untergrund ebenso wie Treppen und Absätze nicht alleine überwinden. Die Angaben werden von Prof. Dr. Kr. in seinem Gutachten als plausibel und glaubhaft befunden (Bl. 164 der Gerichtsakten). Sie sind auch aufgrund der diagnostizierten Gesundheitsleiden, die praktisch zu einer Funktionsunfähigkeit der rechten Körperhälfte führen, nachvollziehbar. Folge dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind die in den Akten dokumentierten Stürze der Klägerin (siehe u.a. Bl. 80, 165 der Gerichtsakten). Damit ist aber der Klägerin eine Bewegung im üblichen Straßenverkehr (Bordsteinkanten, abfallende und unebene Gehwege etc.) ohne fremde Hilfe nicht möglich.

I. ü. kann sich die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Straßenverkehrsordnung explizit aufgeführten Schwerbehinderten fortbewegen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.) in der Regel davon auszugehen ist, daß schwerbehinderte Menschen, die - wie die Klägerin (s.o.) - in ihrer Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt sind, sich beim Gehen regelmäßig körperlich anstrengen müssen. Bei der Klägerin ist gerade unter Berücksichtigung, daß die vorhandenen Schädigungsfolgen am ehesten mit denen eines einseitig Oberschenkelamputierten, der dauernd außerstande ist, ein Kunstbein zu tragen, oder gleichzeitig armamputiert ist, vergleichbar sind (so die Sachverständigen Dr. A., Bl. 265 der Gerichtsakten, und auch Dr. T., Bl. 196 der Gerichtsakten), daran nicht zu zweifeln. Daß eine Vergleichbarkeit des Gehvermögens des Betroffenen mit dem eines Doppeloberschenkelamputierten gegeben sein müßte, ist entgegen der Auffassung der Sachverständigen Dr. T. und Dr. O. und somit - wenn in diesem Sinne zu verstehen - entgegen Nr. 31 (4) der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit nicht Voraussetzung für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG". Dafür gibt der Wortlaut der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Straßenverkehrsordnung keinen Anhaltspunkt. Vielmehr ist nach dieser Vorschrift - und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.) - nur erforderlich, daß der Betroffene infolge seiner Erkrankungen (irgendjemandem aus) dem explizit genannten Personenkreis gleichzustellen ist.

Das Gericht geht daher davon aus, daß die Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" zum Zeitpunkt des Erlaß des Widerspruchsbescheides vom 7.6.2001 noch vorlagen und somit die Abänderung des Bescheids vom 10.7.1997 nach § 48 (1) SGB X rechtlich nicht zulässig war. Darauf, daß den Beklagten bzgl. des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 SGB X im Zweifelsfalle die Beweislast treffen würde (vgl. Bayerisches LSG, Urt. v. 7.7.1993 - L 10 Vs 75/91), kommt es daher nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.