Sozialgericht Trier - S 4 U 13/13 - Urteil vom 24.10.2014
Zu den Anforderungen an die Einstellung der Verletztengeldzahlung bei Versagung weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen der Prognoseentscheidung nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII - hier: mutwillige Absage einer Ausbildung
Der mutwillige Nichtantritt einer Leistung zur Teilhabe kann einen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten nach § 64 SGB I darstellen. Dieser Verstoß kann nur dann zur Verneinung eines weiteren Anspruchs auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben führen, wenn der Kläger nach Maßgabe des § 66 Abs. 3 SGB I über die Folgen fehlender Mitwirkung belehrt wurde und den Antritt der Maßnahme gleichwohl abgelehnt hat.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Einstellung der Zahlung von Verletztengeld am 7.9.2012 und die Ablehnung der Übernahme weiterer Kosten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form qualifizierender Maßnahmen mit Anspruch auf Übergangsgeld.
Der Kläger ist am … 1960 geboren. Er hat nach seinem Hauptschulabschluss in den Jahren von 1975 bis 1979 eine Lehre als Elektroinstallateur absolviert und nach der Berufstätigkeit bis 1985 eine zweijährige Ausbildung zum Elektrotechniker abgeschlossen. Im Jahr 1987 legte der Kläger die Prüfung zum Elektrikermeister ab. Der Kläger war ab dem Jahr 1988 als selbständiger Elektromeister tätig. Seit dem Jahr 2008 war er parallel bei der Firma D. und G. als Service-Techniker für Öl- und Gasfeuerungsanlagen angestellt. Eigene Angestellte beschäftigte der Kläger zuletzt nicht.
Der Kläger erlitt in der Vergangenheit mehrere Arbeitsunfälle, unter anderem am 4.8.1995 (rechtes Knies) und 7.1.2000 (linkes Bein). Er bezieht aufgrund dieser Unfallereignisse Renten nach einer MdE von 20 vom Hundert (4.8.1995)
Aufgrund eines Unfallereignisses vom 24.12.2002 gewährte die Beklagte dem Kläger durch den Bescheid vom 25.3.2004 eine Rente in Höhe von 340,86 Euro nach einer MdE von 10 vom Hundert. Der Arzt Prof. H. diagnostizierte eine Deformation des Radiusköpfchens des Ellenbogens mit knöcherner Ausziehung und knöchernen Anbauten an der Oberarmgelenkfläche. Die Rente wird aufgrund des Bescheides vom 10.11.2005 auf unbestimmte Zeit geleistet.
Der Kläger ist seit dem 29.1.2010 aufgrund einer aktivierten Ellenbogengelenksarthrose arbeitsunfähig erkrankt. Der Chirurg Dr. H.-G. empfahl am 27.8.2010, eine Umschulung oder Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz in Betracht zu ziehen.
Dem Kläger wurde aufgrund der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Verletztengeld durch die Beklagte ab Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gewährt.
Am 21.12.2010 erfolgte das Erstgespräch des Berufsberaters mit dem Kläger. Dieser führte aus, der Kläger gebe an, er leide unter Belastungsbeschwerden im rechten Ellenbogen, die von dem zu bewegenden Gewicht und der Dauer der Bewegung abhingen. Beide Knie wiesen Meniskusschäden auf, es bestehe eine Gangunsicherheit. Kniende Tätigkeit bereiteten dem Kläger Schmerzen. Daneben gebe der Kläger ein LWS-Syndrom an und Bronchialasthma. Er leide auch unter einem Hörverlust und Tinnitus. Er könne nicht lange am PC arbeiten. Der Berufsberater schlug vor, zunächst ein Reha-Management mit den Modulen I, II und III durchzuführen, i.S. einer Bewertung der Situation, Berufswegeplanung und Auseinandersetzung mit den beruflichen Zielen. Ziel sei ein Beginn der Qualifizierung im Sommer 2011. Am 12.1.2011 erfolgte das konkrete Angebot des Reha-Managements durch die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW). Der Kläger zog hier zunächst eine Fortbildung zum Medizintechniker in Betracht. Dies wurde durch die Beklagte aufgrund der damit verbundenen körperlichen Belastungen abgelehnt.
In weiteren Gesprächen mit der Beklagten im April und Juni 2011 wurden Umschulungsmaßnahmen im Bereich der Informatik und zum Berufsschullehrer erörtert. Die Beklagte befürwortete die Umschulung im Bereich Informatik aufgrund der dreijährigen Dauer und unter Berücksichtigung des Alters des Klägers nicht. Aufgrund der Einstellung der Kurse durch die Handwerkskammer kam eine Umschulung zum Berufsschullehrer nicht in Betracht. In dem Abschlussbericht der FAW vom 3.8.2011 heißt es, der Kläger habe danach mit Blick auf die mögliche Anerkennung einer Asthmaerkrankung als Berufskrankheit keine weiteren Bewerbungen mehr versandt.
Mit Schreiben vom 14.6.2011 informierte die Beklagte den Kläger erstmals, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien derzeit nicht zu erbringen. Durch den Bescheid vom 18.7.2011 stellte die Beklagte die Zahlung des Verletztengeldes ein. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Er habe die Standortschließung in T. nicht zu verantworten. Durch den Widerspruchsbescheid vom 29.9.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe sich trotz der Betreuung durch die FAW T. nicht auf ein konkretes Berufsziel oder eine Teilqualifizierung festgelegt. Daher sei kein Verletztengeld mehr zu gewähren. Es fehle nach dem gesetzlichen Maßstab des § 46 Abs. 3 SGB VII eine in naher Zukunft zu erbringende Rehabilitationsmaßnahme. Der Kläger erhob hiergegen Klage, die unter dem Aktenzeichen S 4 U 173/11 bei dem Sozialgericht Trier geführt wurde. Die Klage wurde am 4.7.2012 durch den Bevollmächtigten des Klägers für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die Bescheide aufhob.
Im Oktober 2011 prüfte die Beklagte weitere Maßnahmen. In dem Bericht des Berufsberaters heißt es, der Kläger habe erwogen, als Energieberater tätig zu werden, dies aber aufgrund der großen Anzahl der Betriebe in der Region verworfen. Bewerbungen um aufsichtsführende Tätigkeiten seien bislang erfolglos geblieben. Der Kläger sei dem Vorschlag, auf den vorhandenen Qualifikationen aufzubauen, mit Unverständnis begegnet. Er habe auch angegeben, er könne sich nicht vorstellen, in einem rein kaufmännischen Bereich tätig zu werden. Ihm sei alternativ eine Qualifikation zum EU-Materialprüfer vorgeschlagen worden, die 9 Monate dauere. Der Kläger wünsche derzeit am ehesten eine Tätigkeit als Elektrotechniker. Nach dem Gespräch habe der Kläger mitgeteilt, er könne sich eine Tätigkeit als EU-Materialprüfer nicht vorstellen.
Die Beklagte veranlasste nachfolgend, aufgrund eines geäußerten Umschulungswunsches des Klägers, eine Eignungsdiagnostik für die Ausbildung zum Elektrotechniker, Fachrichtung Informationstechnik. Nach Durchführung des Tests kam in dem Jahr 2012 eine Klasse nicht zustande. In dem Aktenvermerk vom 4.5.2012 wird festgehalten, weitere Schulen für den Bereich Energietechnik gebe es in R.- P. nicht mehr. Der Kläger stehe aber auch auf der Warteliste für die Bereiche Automatisierungstechnik. Daneben gebe es freie Plätze im Bereich Energieelektronik.
Am 4.5.2012 wurde dem Kläger nach seiner Bewerbung durch das B.-N.-Technikum eine Zusage für den Schulplatz im Bereich Elektrotechnik/Energieelektronik in Vollzeitform erteilt. Unterrichtsbeginn sollte der 13.8.2012 sein. Der Kläger nahm das Angebot am 5.5.2012 an. Der Kläger absolvierte nachfolgend ein Praktikum zur Vorbereitung.
Mit Schreiben vom 6.8.2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei nach reiflicher Überlegung nach dem Praktikum zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ausbildung zum Elektrotechniker mit dem Schwerpunkt Energietechnik für ihn nicht die geeignete Maßnahme sei. Er ziehe daher die Anmeldung zurück. In dem Telefonvermerk der Bearbeiterin vom 13.8.2012 wird angegeben, der Kläger habe dargelegt, er finde den Fachbereich nicht so interessant und habe daher die Maßnahme nicht angetreten.
Der Kläger wurde von der Beklagten mündlich darauf hingewiesen, dass er nicht Ausbildung nach Belieben absagen könne, ohne eine konkrete Perspektive zu bieten.
Mit Schreiben vom 10.8.2012 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Beendigung der Verletztengeldzahlung zum 7.9.2012 an. Der Kläger habe nach vielfachen Diskussionen über Qualifikationsmöglichkeiten zuletzt das Angebot für die Umschulung zum Elektrotechniker/Fachbereich Energietechnik angenommen. Nach der Eignungsprüfung habe der Kläger sich dort auch angemeldet, dann aber eine Woche vor Beginn der Maßnahme mitgeteilt, er trete die Maßnahme nicht an. Auch das Angebot, eine Ausbildung als Techniker an der Fachschule für Technik anzutreten, sei nicht i.S. einer Rehabilitation zustande gekommen, da keine Klasse zu Stande gekommen sei. Die Beklagte beabsichtige nicht, eine übergangsgeldpflichtige Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben noch durchzuführen. Aus der Sicht der Beklagten seien nur noch Maßnahmen zur Unterstützung der Suche nach leidensgerechten Arbeitsplätzen möglich.
Durch den Bescheid vom 31.8.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld über den 7.9.2012 ab. Weitere Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Übergangsgeldanspruch seien zu Lasten der Berufsgenossenschaft nicht vorgesehen. Der Kläger habe eine mögliche Umschulung im Bereich des Technikers/Informationstechnik mangels Ausbildungsplatz nicht angetreten. Die Umschulung zum Elektrotechniker/Fachbereich Energietechnik habe der Kläger - obwohl ihm ein Ausbildungsplatz zur Verfügung gestanden habe - zuletzt abgelehnt. Die Unterstützung einer möglichen Maßnahme werde künftig nur noch in Form von Eingliederungshilfen erfolgen. Leistungen, die Übergangsgeldansprüche auslösten, kämen nicht mehr in Betracht.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Diesen begründete sein Bevollmächtigter damit, die Begründung der Einstellung der Zahlung sei unzutreffend. Dem Grunde nach habe er (§§ 26, 35 SGB VII) einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe. Es komme hierfür nicht darauf an, ob er zuvor eine Maßnahme nicht angetreten oder abgebrochen habe. Maßgeblich sei vielmehr, ob solche Maßnahmen zur Wiedereingliederung erfolgreich seien. Es sei unzutreffend, dass es keine Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben mehr gebe. Dies räume die Beklagte selbst ein. Der Anspruch auf Verletztengeld bestehe weiter.
Durch den Widerspruchsbescheid vom 20.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es werde nicht bestritten, dass dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zustehe. Allerdings existierten auch solche Maßnahmen, die nicht mit einem Anspruch auf Übergangsgeld verbunden seien, etwa dann, wenn die Maßnahme eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht unmöglich mache. Solche Maßnahmen seien z.B. Eingliederungshilfen oder Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz. Die Auswahl geeigneter Maßnahmen erfolge durch den Unfallversicherungsträger im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens. Dieses Ermessen sei durch den Bescheid vom 31.8.2012 ausgeübt worden. Aufgrund des Alters des Klägers und nach Maßgabe seiner gesundheitlichen Einschränkungen seien nur noch Maßnahmen zu ergreifen, die keinen Anspruch auf Übergangsgeld begründeten. Ein Anspruch auf Verletztengeld bestehe nicht. Ein solcher Anspruch liege nur vor, wenn eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben geplant sei, die Anspruch auf Übergangsgeld begründe (§ 46 SGB VII).
Am 22.1.2013 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben.
Der Kläger bewarb sich nachfolgend um einen Schulplatz in der Fachschule für Technik im Schuljahr 2013/2014 in Vollzeit (Bereich: Automat/Prozessautomatisierung). Dieser wurde ihm mit Schreiben des B.-N.-Technikums, Berufsbildende Schule und Fachschule für Technik vom 11.3.2013 zugesagt, wenn die Zusage bis zum 25.3.2013 von dem Kläger bestätigt werde. Die Beklagte verweigerte unter Bezugnahme auf die ergangenen Entscheidungen die Zusage. Der Kläger trat die Maßnahme nicht an.
Der Kläger beantragt durch seinen Bevollmächtigten,
den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe keinen Anspruch mehr auf Gewährung von Maßnahmen, die die Zahlung eines Übergangsgeldes begründeten. Aus Sicht der Beklagten könne diese die geeignete Form einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen. Dieses Ermessen sei dahingehend ausgeübt worden, dass nur noch Maßnahmen ohne Anspruch auf Übergangsgeld in Betracht kämen. Ein Anspruch auf Weiterzahlung des Verletztengeldes bestehe nur, wenn eine konkrete Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben geplant sei. Eine dauerhafte Zahlung von Verletztengeld an Versicherte sei nicht vorgesehen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt) zulässig.
a) Soweit die Beklagte die Gewährung weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form solcher Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld begründen, für die Zukunft gegenüber dem Kläger abgelehnt hat, ist hiergegen Rechtsschutz im Wege der Anfechtungsklage eröffnet. Denn durch die Regelung in dem Bescheid der Beklagten droht es dem Kläger im Falle von dessen Bestandskraft, dass künftige Anträge auf Gewährung solcher Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Berufung auf diese Entscheidung abgelehnt werden. Deshalb besteht auch ohne das Begehren einer konkreten Leistung ein Rechtschutzbedürfnis für die auf Aufhebung der Entscheidung gerichtete Klage. Bei dem in dem Bescheid vom 31.8.2012 ausgesprochenen Satz, es seien künftig keine Leistungen zur Teilhabe mit Anspruch auf Übergangsgeld zu erbringen, handelt es sich auch um eine eigenständige Regelung, die in die Rechtssphäre des Klägers eingreift, und nicht um eine bloße Prognoseentscheidung, die die Frage des weiteren Verletztengeldbezuges nur als Annex ergänzt. Dies ergibt ich auch aus der Formulierung des Bescheides vom 31.8.2012, denn dort heißt es ausdrücklich in der Überschrift: "Bescheid über die Einstellung des Verletztengeldes und Ablehnung der Kostenübernahme für qualifizierende Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Übergangsgeldanspruch". Die Formulierung unter Verwendung der Worte "und" sowie "Ablehnung" lässt auch unter Berücksichtigung der Begründung aus der Sicht eines verständigen Betrachters in der Situation des Empfängers nur die Auslegung zu (§§ 133, 157 BGB), dass die Beklagte hiermit zwei Entscheidungen treffen wollte - nämlich die Beendigung der Zahlung des Verletztengeldes und die Ablehnung der Gruppe der Leistungen zur Teilhabe, die mit einem Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld verbunden sind.
b) Auch soweit die Beklagte in dem Bescheid die Weitergewährung von Verletztengeld über den 7.9.2012 hinaus abgelehnt hat, ist die statthafte Klageart die Anfechtungsklage. Eines Leistungsantrags bzw. Leistungsausspruchs bedarf es nicht, weil mit der Aufhebung der Beendigung des Verletztengeldes der Anspruch für die Folgezeit automatisch wieder auflebt (vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. April 2013 - L 3 U 269/11 -, juris, Rn. 13).
2. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger weiterhin Verletztengeld zu zahlen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch in der Form solcher Leistungen zu erbringen, die mit einem Anspruch auf Übergangsgeld verbunden sind.
a) Die Ablehnung der Gewährung weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Form solcher Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld begründen, ist rechtswidrig. Die hierfür erforderliche Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor.
Ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen sind, richtet sich nach dem Maßstab der §§ 26, 35 ff. SGB VII in Verbindung mit den Regelungen des SGB IX. Grundsätzlich obliegt es der Beklagten, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Die Erbringung dieser Leistungen erfolgt nach der Regelung des § 19 Satz 2 SGB IV von Amts wegen und setzt - soweit sich aus dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nichts Anderes ergibt - keinen ausdrücklichen Antrag auf Leistungsgewährung voraus. Nach § 26 Abs. 2 SGB VII hat der Unfallversicherungsträger mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig dem Versicherten einen seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern (§ 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII) und Folgen des Versicherungsfalls zu mildern (Nr. 1).
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind im Einzelnen insbesondere die Leistungen nach den §§ 33 bis 38a des Neunten Buches (§ 35 Abs. 1 SGB VII). Dies sind z.B. Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, der Berufsvorbereitung, der individuell betrieblichen Qualifizierung, der beruflichen Weiterbildung und der beruflichen Ausbildung sowie sonstige Hilfen (§ 33 Abs. 3 Nr. 1-6 SGB IX). Leistungen, die mit einem Anspruch auf Übergangsgeld verbunden sind, sind hierbei insbesondere solche Leistungen, die mit einer ganztätigen Unterbringung verbunden sind oder in Teilzeitform durchgeführt werden. Dies können Trainingsmaßnahmen, Maßnahmen der beruflichen Bildung oder Integrationsmaßnahmen sein. Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 26 Abs. 5 SGB VII), d.h. sie entscheiden grundsätzlich ob und wie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen sind.
Will der Unfallversicherungsträger wie hier aber ganze Gruppen von Leistungen - nämlich alle Leistungen, die mit einem Anspruch auf Übergangsgeld verbunden sind - dauerhaft versagen, kann dies nur erfolgen, wenn es feststeht, dass eine andere Entscheidung bei pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens durch den Unfallversicherungsträger künftig nicht möglich ist, dass also eine andere Ermessenausübung nicht in Betracht kommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall, was sich schon aus den angefochtenen Bescheiden selbst ergibt. Die Beklagte hat darin, und auch bereits in dem Anhörungsschreiben vom 10.8.2012, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger jedenfalls die Ausbildung als Techniker an der Fachschule für Technik in Betracht kommt, dass diese dem Grunde nach auch bewilligungsfähig wäre und die Bewilligung nur daran scheitert, dass in der Region T. derzeit kein Ausbildungsplatz zur Verfügung steht. Darüber hinaus zeigt das Schreiben der Beklagten vom 13.6.2012 ebenfalls, dass auch Teilzeitausbildungen zur Verfügung stehen, die der Kläger absolvieren kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund des Alters des Klägers insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist. Hiervon geht die Beklagte letztlich selbst nicht aus, was das Schreiben vom 13.6.2012 ebenfalls zeigt, in dem sich die Beklagte bereit erklärt hat, eine zweijährige Voll- oder vierjährige Teilzeitausbildung zu fördern.
Das Ermessen der Beklagten war auch nicht deswegen auf Null reduziert, weil der Kläger sich zumutbaren, zu erbringenden Maßnahmen verweigert hätte und daher weitere Leistungen zu versagen gewesen wären. Zwar wird in der Literatur (vgl. Ricke in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 82. EL 2014, § 46 SGB VII, Rn. 11, 12) darauf hingewiesen, dass eine ungerechtfertigte Ablehnung zumutbarer Leistungen zur Teilhabe durch den Versicherten dem Fall gleich stehe, dass Leistungen nicht zu erbringen seien, ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn die Bejahung setzt voraus, dass der Versicherte gegen seine Mitwirkungspflichten nach Maßgabe der §§ 60 ff. SGB I verstoßen hat. Dies bedeutet auch, dass der Pflichtenverstoß nach der Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften - insbesondere unter Beachtung der Regelung des § 66 Abs. 3 SGB I - festgestellt worden sein muss. Im Falle des Klägers kommt wegen des Nichtantritts des Schulplatzes im Bereich Elektrotechnik/Energieelektronik zum 13.8.2012 eine ungerechtfertigte Ablehnung eines zumutbaren Angebots einer schulischen Ausbildung in Betracht. Es erscheint dem Gericht auch möglich, dass der Kläger durch dieses Verhalten gegen seine in § 64 SGB I normierte Pflicht zur Mitwirkung verstoßen hat. Allerdings setzt die Berücksichtigung eines solchen Pflichtenverstoßes voraus, dass die Beklagte den Kläger zuvor nach Maßgabe des § 66 Abs. 3 SGB I auf seine Verpflichtung hingewiesen hat und ihm eine Frist zur Nachholung der Mitwirkung gesetzt wurde. Dies war nicht der Fall. Die Beklagte hat insbesondere in dem Telefonat am 13.8.2012 zwar darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht Ausbildungen nach Belieben absagen könne und er nicht erwarten könne, in diesem Fall dauerhaft Verletztengeld zu beziehen. Dieser Hinweis enthielt aber weder die Aufforderung, die Maßnahme doch noch anzutreten, noch eine Fristsetzung für eine Erklärung hierzu. Ein solcher Hinweis war auch nicht entbehrlich, weil der Kläger erklärt hat, er werde die Maßnahme nicht antreten. Denn es ist offen, und kann ohne ausreichend bestimmten Hinweis auf die Folgen des Nichtantritts nicht geklärt werden, wie der Kläger hierauf reagiert hätte und ob er die Ausbildung dann doch angetreten hätte.
b) Auch die Einstellung der Verletztengeldzahlung ist rechtswidrig erfolgt. Ein Beendigungstatbestand gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 SDGB VII lag nicht vor. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 wird das Verletztengeld von dem Tag an gezahlt, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Das Verletztengeld endet nach § 46 Abs. 3 SGB VII - mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztätigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme oder mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht. Beide Fallgruppen des Satzes 1 sind im Falle des Klägers nicht anwendbar. Ist mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen, und sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen, endet das Verletztengeld nach Maßgabe der Tatbestände des § 46 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1-3 SGB VII.
Das Ende des Verletztengeldbezuges nach § 46 Abs. 2 Satz 2 setzt damit neben der Prognoseentscheidung, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist, auch voraus, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind. Dies bedeutet, die Behörde muss prüfen, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben noch in Betracht kommen (umstritten ist der Prüfungsumfang: Fischer, juris-PK SGB VII, 2. Auflage 2014, § 46 SGB VII vertritt die Auffassung, alle in § 33 SGB IX angeführten Tatbestände seien nach dem Wortlaut zu berücksichtigen; das Bundessozialgericht orientiert sich demgegenüber daran, ob ein Anspruch auf berufsfördernde Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben besteht, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen (BSG, Urteil v. 13.9.2005, B 2 U 4/04 R)). Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Entscheidung. Die Frage, ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich dabei nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und weiteren Umständen, die der Unfallversicherungsträger bei seiner Prüfung berücksichtigen muss. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers an. In jedem Fall ist es erforderlich, dass vor der Beendigung der Verletztengeldzahlung durch Bescheid festgestellt ist, dass Leistungen zur Teilhabe in der Form solcher Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld begründen, nicht zu gewähren sind. Vor Erlass eines solchen Bescheids darf die Beklagte daher im vorliegenden Fall die Tatbestandsvoraussetzung des § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII "und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind" nicht verneinen (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.7.2009, L 31 U 375/08, Rn. 38 nach juris). Genau daran fehlt es aber hier, denn wie dargelegt war die getroffene Feststellung der Beklagten hierzu rechtswidrig und daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Da die Klage Erfolg hatte, entspricht es der Billigkeit, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen hat.