Gründe:

I

Streitig ist nach Teilerledigung des Rechtsstreits im Revisionsverfahren noch die Entschädigung von entgangenem Gewinn infolge einer überlangen Dauer des Gerichtsverfahrens S 4 KR 1114/99 und L 1 KR 62/04 vor dem SG Wiesbaden und Hessischen LSG.

Die Klägerin ist eine GmbH in Liquidation, nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse rechtskräftig abgelehnt (Amtsgericht Friedberg Beschluss vom 23.1.2002; Landgericht Gießen Beschluss vom 11.11.2002; BGH Beschluss vom 10.4.2003) und ihre Auflösung am 16.6.2003 in das Handelsregister eingetragen worden ist. Die Klägerin betrieb vom 23.11.1998 bis zum 21.7.2002 eine Fachklinik für onkologische Akutbehandlungen mit einer Gewerbeerlaubnis zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt, behandelte aber seit 1999 in erheblichem Umfang auch Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ihr Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes H. wurde bestandskräftig abgelehnt (Bescheid vom 28.6.2002). Ebenso lehnten die Verbände der Krankenkassen in H. den Antrag der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrags nach § 109 SGB V mangels Gewähr für eine leistungsfähige Krankenhausbehandlung ab (Bescheid vom 1.6.1999; Widerspruchsbescheid vom 11.10.1999). Das SG wies die dagegen im Dezember 1999 erhobene Klage nach einem erfolglosen Mediations- und Eilverfahren ab (SG Urteil vom 13.11.2003). Das LSG wies die Berufung der Klägerin im Dezember 2007 (Urteil vom 17.12.2007, der Klägerin zugestellt am 6.3.2008), das BSG die Revision der Klägerin im Juli 2008 zurück (BSG Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - der Klägerin zugestellt am 1.9.2008). Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Kammerbeschluss vom 22.1.2009 - 1 BvR 2581/08). Die Klägerin erhob daraufhin Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ((EGMR); EGMR-Schriftsatz vom 24.2.2009), die dort unter der Beschwerdenummer 12550/09 geführt wurde.

Am 1.6.2012 hat die Klägerin nach Hinweis des EGMR auf eine mögliche Zurückweisung der Beschwerde wegen des am 3.12.2011 in Kraft getretenen Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) Entschädigungsklage zum Hessischen LSG erhoben und Ersatz immaterieller und materieller Nachteile zuletzt in Gestalt der Verfahrenskosten und eines Ausgleichs für den nicht mit Rückwirkung abschließbaren Versorgungsvertrag geltend gemacht. Das LSG (Entschädigungsgericht) hat das beklagte Land verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Kosten im Verfahren 12550/09 vor dem EGMR in gesetzlicher Höhe zu einem Achtel freizustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Verfahren sei unangemessen lang gewesen. In der Sache seien jedoch weder entgangener Gewinn zu entschädigen noch die Verfahrenskosten im Ausgangsverfahren zu erstatten. Allein die außergerichtlichen Kosten im Verfahren vor dem EGMR seien erstattungsfähig, soweit dieses die Rüge der Verfahrensdauer betroffen habe. Eine Wiedergutmachung durch Entschädigung des Nichtvermögensschadens sei dagegen bei einer aufgelösten GmbH ausgeschlossen, eine Feststellung der Unangemessenheit neben der Wiedergutmachung durch Entschädigung nicht geboten (Urteil vom 22.1.2014).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 198 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Im Lichte von Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK) und EGMR umfasse die Entschädigung wegen materieller Nachteile auch den entgangenen Gewinn.

In der mündlichen Verhandlung vor dem BSG haben die Beteiligten sich über eine unangemessene Verfahrensdauer von 33 Monaten verständigt und einen Teilvergleich über eine Entschädigung wegen immaterieller Nachteile in Höhe von 3300 Euro sowie wegen Verfahrenskosten des Verfahrens vor dem EGMR (Nr. 12550/09) geschlossen.

Die Klägerin beantragt im Anschluss an den Teilvergleich,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Januar 2014 abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, ihr wegen der unangemessenen Dauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht Wiesbaden (S 4 KR 1114/99) und dem Hessischen Landessozialgericht (L 1 KR 62/04) eine vom Gericht festzusetzende angemessene Entschädigung wegen entgangenen Gewinns nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt, d

ie Revision zurückzuweisen.

Das beklagte Land hält das angefochtene Urteil im noch angegriffenen Teil für zutreffend.

 

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Entschädigungsklage ist zulässig (dazu 2.). Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin besteht jedoch nicht (dazu 3.). Zwar hat die Klägerin den richtigen Beklagten verklagt (dazu a). Eine Verzögerungsrüge war ausnahmsweise entbehrlich (dazu b). Auch war das Ausgangsverfahren vor dem SG und LSG unangemessen lang (dazu c). Der Entschädigungsanspruch scheitert aber daran, dass Entschädigung wegen materieller Nachteile auf kausal hervorgerufene Nachteile beschränkt ist. Dies gilt unabhängig von der Frage seiner Entschädigungsfähigkeit auch für den allein noch geltend gemachten entgangenen Gewinn (dazu d).

1. Der Senat entscheidet in seiner geschäftsverteilungsplanmäßig vorgesehenen Besetzung. Der Senatsvorsitzende, der bereits an der Revisionsentscheidung des Ausgangsverfahrens (BSG Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R) mitgewirkt hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht ausgeschlossen. Ein Ausschlussgrund nach § 60 SGG i.V.m. § 41 Nr. 7 ZPO besteht nicht.

In Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes nur ausgeschlossen, wenn er in dem - als unangemessen lang - beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird (BT-Drucks 17/3802 S 37). Gegenstand der Revision der Klägerin ist die vorinstanzliche Entscheidung, soweit mit ihr jetzt noch die auf Entschädigung entgangenen Gewinns wegen unangemessen langer Dauer der Verfahren vor dem SG Wiesbaden (S 4 KR 1114/99) und dem Hessischen LSG (L 1 KR 62/04) gerichtete Klage abgewiesen wurde. Nicht streitgegenständlich ist dagegen das an den Ausgangsrechtsstreit anschließende Revisionsverfahren B 1 KR 5/08 R (BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 6).

2. Die auf § 198 GVG gestützte Entschädigungsklage ist zulässig.

a) Die Klage ist zulässig, obwohl sich die Klägerin in Liquidation befindet. Auch eine GmbH in Liquidation, die - wie die Klägerin - noch nicht vollständig beendet ist, ist als juristische Person beteiligtenfähig und überdies prozessführungsbefugt, solange ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden ist (§ 70 Nr. 1 SGG; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 6, RdNr. 11, 12 m.w.N.).

b) Der Senat hat das Begehren der Klägerin sowohl in prozessualer als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an § 198 ff GVG zu messen, obwohl diese Vorschriften erst nach Abschluss des hier von der Klägerin als überlang gerügten Verfahrens in Kraft getreten sind (zeitlicher Anwendungsbereich des § 198 GVG). Die Vorschriften des ÜGG vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) und damit auch die §§ 198 ff GVG finden aufgrund der Übergangsregelung des Artikel 23 Satz 1 ÜGG auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 (vgl. Artikel 24 Satz 1 ÜGG) bereits abgeschlossen waren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist oder noch werden kann (sog Altfälle). Ein solcher Fall liegt hier vor, denn das im März 2008 abgeschlossene Ausgangsverfahren war bei Inkrafttreten des ÜGG wegen seiner Dauer noch Gegenstand einer Individualbeschwerde vor dem EGMR i.S. des Artikel 23 Satz 1 ÜGG. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber mit dieser Übergangsregelung nicht die innerstaatlichen Gerichte veranlassen wollte, eine dem EGMR zustehende Zulässigkeitsprüfung vollständig vorwegzunehmen, sondern vor allem die Regelung des Artikel 35 EMRK im Auge hatte und sicherstellen wollte, dass missbräuchlich erhobene bzw. offensichtlich unzulässige Individualbeschwerden zum EGMR nicht die Anwendung des ÜGG für Altfälle eröffnen (BSG SozR 4-1710 Artikel 23 Nr. 1 RdNr. 25). Nach dem Hinweis des EGMR vom 27.1.2012 ist davon auszugehen, dass die Individualbeschwerde erst mit dem Inkrafttreten des ÜGG hätte unzulässig werden können. Anhaltspunkte für eine gezielte Verschiebung des zeitlichen Geltungsbereichs von Artikel 23 ÜGG durch eine missbräuchliche oder offensichtlich unzulässige Konstellation bestehen nicht.

c) Das LSG war für die Entscheidung funktional und örtlich zuständig. In den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten (vgl. § 51 SGG) ist gemäß § 201 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen ein Land das für dieses Land örtlich zuständige LSG zuständig.

d) Das beklagte Land ist im Verfahren wirksam durch den Generalstaatsanwalt vertreten worden (vgl. Zuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Anordnung über die Vertretung des Landes Hessen im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa vom 20.3.2012, StAnz S 411, 412).

e) Die Entschädigungsklage vom 1.6.2012 ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; hierzu BSG Urteile vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 5 RdNr. 17 und B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 4 RdNr. 20 m.w.N.).

f) Die Klägerin hat ihre Klage am 1.6.2012 und damit rechtzeitig innerhalb der für "Altfälle" geltenden Klagefrist des Artikel 23 Satz 6 ÜGG erhoben. Klagen zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG mussten bei abgeschlossenen Fällen spätestens am 3.6.2012 erhoben werden.

g) Der Entschädigungsklage kann auch nicht entgegengehalten werden, sie sei nach Erhebung der Verzögerungsrüge verfrüht erhoben worden. Zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG kann eine Klage grundsätzlich frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden (§ 198 Abs. 5 Satz 1 GVG). Für Verfahren, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 bereits abgeschlossen waren, gilt § 198 Abs. 3 und 5 GVG nicht (Artikel 23 Satz 5 ÜGG); mithin bedurfte es weder einer Verzögerungsrüge (dazu II.3.b) noch der Einhaltung der Wartefrist (zur grundsätzlichen Unheilbarkeit der Nichteinhaltung der Wartefrist und ausnahmsweisen Einräumung einer Übergangsfrist vgl. BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 5 RdNr. 19 ff, kritisch hierzu Loytved jurisPR - SozR 11/2015 Anm. 3).

3. Der allein noch streitige Entschädigungsanspruch wegen entgangenen Gewinns besteht nicht. Zwar hat die Klägerin den richtigen Beklagten verklagt (dazu a). Die sonst nötige Verzögerungsrüge war auch ausnahmsweise entbehrlich (dazu b). Auch waren die Ausgangsverfahren unangemessen lang (dazu c). Der Entschädigungsanspruch scheitert aber daran, dass Entschädigung wegen materieller Nachteile auf adäquat kausal hervorgerufene Nachteile beschränkt ist. Dies gilt unabhängig von der Frage seiner Entschädigungsfähigkeit auch für den allein noch geltend gemachten entgangenen Gewinn (dazu d).

a) Das beklagte Land ist für die Entschädigungsklagen nach § 200 Satz 1 GVG passiv legitimiert, weil es danach für Nachteile haftet, die aufgrund von Verzögerungen bei seinen Gerichten entstehen; solche Nachteile macht die Klägerin aufgrund ihres bei dem SG und LSG geführten Ausgangsverfahrens geltend.

b) Eine Verzögerungsrüge brauchte die Klägerin - ausnahmsweise - nicht zu erheben. Nach Artikel 23 Satz 5 ÜGG bedarf es einer solchen Rüge i.S. des § 198 Abs. 3 und 5 GVG nicht, wenn das für die Entschädigung relevante Ausgangsverfahren - wie das der Klägerin - durch Urteil vom 17.12.2007 bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 bereits abgeschlossen war, da die Beteiligten eines Verfahrens vor Inkrafttreten des ÜGG ihre Rügeobliegenheit nicht kennen konnten (vgl. BT-Drucks 17/3802 S 31 zu Artikel 22).

c) Die Ausgangsverfahren waren auch unangemessen lang. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. ausführlich BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 3 RdNr. 23 ff m.w.N.). Hiervon ausgehend haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf eine Überlänge von 33 Monaten verglichen (vgl. zum Unstreitigstellen von Teilelementen eines Anspruchs durch Vergleich BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 1 RdNr. 14 m.w.N.).

d) Der Entschädigungsanspruch scheitert bereits daran, dass der von der Klägerin als entgangen geltend gemachte Gewinn nicht "infolge" unangemessen langer Dauer eines Gerichtsverfahrens entgangen ist.

aa) Es fehlt insoweit an der von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ("infolge") vorausgesetzten haftungsausfüllenden Kausalität zwischen materiellem Nachteil und Überlänge (hierzu BGH Urteil vom 23.1.2014 - III ZR 37/13 - BGHZ 200, 20 RdNr. 26, 45 f). Die haftungsausfüllende Kausalität bemisst sich auch im sozialgerichtlichen Entschädigungsverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer nach den Regeln der Adäquanz. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BGH und des BVerwG an (Urteil vom 23.1.2014 - III ZR 37/13 - BGHZ 200, 20 RdNr. 48; BVerwG Urteil vom 27.2.2014 - 5 C 1/13 D - RdNr. 40). Nachteil und Ursächlichkeit sind im Entschädigungsprozess vom Geschädigten nachzuweisen (BT-Drucks 17/3802 S 19). Die gesetzliche Vermutung des Eintritts von Nachteilen ist auf immaterielle Nachteile beschränkt (§ 198 Abs. 2 Satz 1 GVG).

Soweit Aufwendungen im Raum stehen, die vor Eintritt der Überlänge des gerichtlichen Verfahrens entstanden sind, kann die Überlänge des Verfahrens die getätigten Aufwendungen/Investitionen schon von der zeitlichen Abfolge her nicht verursacht haben. Soweit es um Aufwendungen geht, die im Zeitraum des überlangen Verfahrens entstanden sind, mag es sein, dass Aufwendungen ab rechtzeitiger gerichtlicher Entscheidung über den Versorgungsvertrag unterblieben wären und die Klägerin bei rascherem Verfahren insgesamt weniger Aufwendungen getätigt hätte. Hierauf kommt es bei wertender Betrachtung vorliegend jedoch nicht an. Denn die Klägerin war niemals berechtigt, gesetzlich Krankenversicherte stationär zu behandeln. Ein Vergütungsanspruch oder ein Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen stand ihr gegen die Verbände der Krankenkassen oder die Krankenkassen zu keinem Zeitpunkt zu.

Aufgrund der im Ausgangsverfahren ergangenen Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 28.7.2008 (B 1 KR 5/08 R) steht rechtskräftig fest, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages hatte. Zwar hat der 1. Senat einen Anspruch der Klägerin auf Abschluss des Versorgungsvertrags auch deshalb verneint, weil die Klägerin wegen der - von ihr auch auf die Überlänge zurückgeführten - Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nicht mehr die nötige Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhaushandlung als Voraussetzung für den Abschluss eines Versorgungsvertrags bot (RdNr. 34 ff). Der 1. Senat hat aber zudem entschieden, dass die Voraussetzungen für den Abschluss eines Versorgungsvertrags aus einem zweiten davon unabhängigen Grund nicht gegeben waren, nämlich weil das von ihr verfolgte Behandlungskonzept nach den Feststellungen des LSG nicht dem jeweiligen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (RdNr. 48 ff).

Hieran hätte sich auch nichts geändert, wenn das gesamte Gerichtsverfahren innerhalb angemessener Zeit abgeschlossen gewesen wäre. Die Aufwendungen können - unbeschadet des auf entgangenen Gewinn gerichteten Antrags der Klägerin - nicht dem verzögerten Gerichtsverfahren zugerechnet werden, sondern beruhen auf vorgelagerten Investitionsentscheidungen der Klägerin. Das Risiko, GKV-Versicherte ohne vorherigen Abschluss eines Versorgungsvertrages zu Lasten der Krankenkassen zu behandeln und deshalb keinen Erstattungsanspruch gegen die Krankenkassen zu erwerben, wenn der Versorgungsvertrag endgültig nicht zustande kommt, wird der Klägerin bei wertender Betrachtung durch die Länge des auf Abschluss eines solchen Versorgungsvertrages gerichteten Gerichtsverfahrens hier nicht abgenommen.

bb) Dies gilt unabhängig davon, dass die Entschädigung für materielle Nachteile in Anlehnung an § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Schadensausgleich nach enteignungs- und aufopferungsrechtlichen Grundsätzen darstellt und deshalb grundsätzlich nur ein Ausgleich der erlittenen Vermögenseinbuße, aber keine Naturalrestitution unter Einschluss entgangenen Gewinns stattfindet.

Als entgangen gilt nach Maßgabe des § 252 Satz 2 BGB der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Die Entschädigung nach dem ÜGG ist hingegen auf erlittene Vermögenseinbußen zugeschnitten. Die Entschädigung ist kein Schadensersatz. Sie stellt vielmehr in Anlehnung an § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Schadensausgleich nach enteignungs- und aufopferungsrechtlichen Grundsätzen dar. Beabsichtigt ist ein Ausgleich der erlittenen Vermögenseinbuße, aber grundsätzlich keine Naturalrestitution (vgl. BVerwG Urteil vom 27.2.2014 - 5 C 1/13 D - RdNr. 41; auch BVerwG Urteil vom 11.7.2013 - 5 C 27/12 D - RdNr. 54 f; ferner BFH Urteil vom 17.4.2013 - X K 3/12 - BFHE 240, 516 RdNr. 21). Dies ergibt sich bereits aus der Terminologie des Gesetzes und der Gesamtsystematik im Verhältnis zu den Vorschriften über Schadensersatz i.S. der §§ 249 ff BGB und dort insbesondere auch über den entgangenen Gewinn nach Maßgabe des § 252 BGB. Mit hinlänglicher Deutlichkeit wird dies durch den Gang des Gesetzgebungsverfahrens bestätigt. Ursprünglich sah nämlich der Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Regelung des vollen Ausgleichs materieller und immaterieller Nachteile nach den Regeln der §§ 249 ff BGB unter Einbeziehung des entgangenen Gewinns vor ohne Beschränkung auf deren Angemessenheit (vgl. BT-Drucks 17/3802 S 19 zu § 198 GVG, hieran anschließend Zuck NVwZ 2012, 265, 269). In seiner Stellungnahme schlug der Bundesrat dagegen zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit der verschuldensabhängigen Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Artikel 34 GG) vor, lediglich einen Anspruch auf "angemessene" Entschädigung zu gewähren (BT-Drucks 17/3802 S 34). Der Bundestag ist diesem Vorschlag des Bundesrats im weiteren Verlauf gefolgt mit der Zielsetzung, den Ersatz für materielle Nachteile auf eine angemessene Entschädigung zu beschränken und einen Ersatz entgangenen Gewinns auszuschließen (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks 17/7217 S 27 f; hieran anknüpfend Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, GVG, § 198 RdNr. 59 ff; Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, GVG, 2013, § 198 RdNr. 221 ff; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl. 2013, § 198 RdNr. 26; Schenke NVwZ 2012, 257, 262; Althammer/Schäuble NJW 2012, 1, 3). Zwar bliebe die aufgezeigte nationale Regelung insoweit dann hinter der Rechtsprechung des EGMR zurück, die entgangenen Gewinn wegen Verletzung des Artikel 6 Abs. 1 EMRK für möglich hält und im Einzelfall auch zugesprochen hat (EGMR NJW 1997, 2809, 2811). Ob und inwieweit deshalb eine konventionskonforme Korrektur der grundsätzlich verselbständigten eigenständigen nationalen Rechtsschutzregelung (vgl. BSG Urteil vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 2 RdNr. 20 f) in Erwägung gezogen werden muss (vgl. Guckelberger DÖV 2012, 289, 296), bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, weil es, wie aufgezeigt, jedenfalls am aufgezeigten Kausalverlauf fehlt.

4. Der Senat hat aufgrund des Teilvergleichs nicht mehr zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Klägerin immaterielle Nachteile erlitten hat. Der Senat geht allerdings davon aus, dass auch juristische Personen im Liquidationsstadium nicht allein deshalb von einer Entschädigung wegen immaterieller Nachteile ausgeschlossen sind. Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Zu ermitteln ist insoweit also nur, ob Anhaltspunkte bestehen, die geeignet sind, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen (vgl. Senatsurteil vom 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr. 1, SozR 4-1500 § 202 Nr. 1; vgl. zu Massenverfahren BGH Urteil vom 12.2.2015 - III ZR 141/14 - RdNr. 39, 41; bei ausschließlich positivem Ausgang wegen der Überlänge BFH Urteil vom 20.11.2013 - X K 2/12 - BFHE 243, 151 RdNr. 25 ff). Die Eigenschaft einer GmbH in Liquidation ist nicht geeignet, die Vermutungswirkung zu entkräften. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, das juristische Personen des Privatrechts wegen überlanger Verfahrensdauer in gleicher Weise wie natürliche Personen immaterielle Nachteile erleiden können und zur Begründung insbesondere auch darauf verwiesen, dass der weite Anwendungsbereich des § 198 Abs. 2 GVG vom Gesetzgeber (BT-Drucks 17/3802 S 40 f) gewählt wurde, um dem Interesse nach einem effektiven nationalen Rechtbehelf in Fällen überlanger Verfahrensdauer Rechnung zu tragen (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 1/13 R - RdNr. 34 f). Das Liquidationsstadium einer juristischen Person ändert an diesem Bedürfnis entgegen der Auffassung der Vorinstanz nichts. Dementsprechend billigt das ÜGG eine angemessene Entschädigung infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens jedem "Verfahrensbeteiligten" (§ 198 Abs. 2 Satz 1 GVG) zu und definiert im Sinne dieser Vorschrift als Verfahrensbeteiligten jede Partei und jeden Beteiligten eines Gerichtsverfahrens (§ 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG). Das Gesetz konzipiert den Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit mit der Folge der Entschädigung folglich als Jedermann-Recht für jede Person, die an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist (hierzu BVerwG Urteil vom 27.2.2014 - 5 C 113 D - RdNr. 37; zu Artikel 6 EMRK vgl. auch EGMR Urteil vom 2.10.2003 Nr. 41444/98). Da eine GmbH trotz ihres Liquidationsstadiums Beteiligte sowohl des Ausgangs- wie auch des Entschädigungsverfahrens sein kann und auch nicht durch einen Insolvenzverwalter daran gehindert ist, einen masserelevanten Prozess zu führen (vgl. dazu II.2. a; auch BFH Beschluss vom 10.3.2014 - X S 50/13 PKH - RdNr. 7), ist sie von der Entschädigung immaterieller Nachteile nicht ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankäme, ob und inwieweit gerade der in Liquidation befindlichen GmbH noch Rufschädigungen zum Nachteil gereichen können. Denn jedenfalls lässt sich bei dieser vereinfachenden Betrachtungsweise eine derartige Beeinträchtigung nicht in Bezug auf die hinter ihr stehenden natürlichen Personen gänzlich ausschließen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

6. Die vorzunehmende Streitwertfestsetzung bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.