Bundessozialgericht - B 11b AS 15/06 R - Urteil vom 05.09.2007
Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine Einnahme in Geld, die von § 11 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II als Einkommen erfasst wird. Sie erfüllt auch nicht den von seinem Wortlaut her eindeutigen Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II, denn sie ist weder eine Grundrente nach dem BVG, noch sieht das SGB VII eine entsprechende Anwendung des BVG vor, noch ist sie eine Leistung nach dem BEG. Die Regelung des § 11 Abs. 1 SGB II entspricht nahezu wortgleich § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, dem bisherigen § 76 BSHG. Zu der Vorgängerregelung hat bereits der 2. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2002 ausgeführt, dass der Gesetzgeber des Sozialhilferechts bewusst und gezielt nur bestimmte Leistungen, nämlich die Grundrenten nach dem BVG sowie Renten und Beihilfen, die nach dem BEG wegen Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit gewährt werden, in Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG von der Einkommensberechnung ausgenommen hat. Dieser Entscheidung hat sich zwischenzeitlich der 7b. Senat des BSG in einem Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R - angeschlossen und - ohne diese Frage abschließend zu entscheiden - die Auffassung vertreten, dass sich der Gesetzgeber des SGB II bewusst gegen eine Übernahme der im Alhi-Recht (§ 2 Nr. 2 AlhiV 2002) geltenden Privilegierung der Verletztenrente entschieden und die im früheren Sozialhilferecht des BSHG getroffene Regelung für beide Rechtsgebiete übernommen habe. Angesichts der Gesetzesgeschichte und des klaren Wortlauts von § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II ist auch für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Verletztenrente kein Raum.
Gründe:
I
Die Kläger wenden sich gegen die ungekürzte Berücksichtigung der vom Kläger zu 1) bezogenen Teilverletztenrente als Einkommen bei der Berechnung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2005.
Der 1948 geborene Kläger zu 1) ist verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), in einem gemeinsamen Haushalt. Sie bewohnen eine 61 qm große Wohnung, für die sie monatlich Einzelmiete in Höhe von 158,49 Euro, einen Zuschlag für Modernisierung in Höhe von 103,60 Euro, eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 73,00 Euro und eine Vorauszahlung für die Wärmeversorgung in Höhe von 28,00 Euro zahlen. In der Vorauszahlung für die Wärmeversorgung sind Kosten für die Warmwasserversorgung enthalten.
Der Kläger zu 1) bezog bis 26. November 2001 Arbeitslosengeld (Alg), danach Arbeitslosenhilfe (Alhi) von (nach seinen Angaben) wöchentlich 115,78 Euro. Seit einem 1992 erlittenen Arbeitsunfall erhält er von der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft eine Teilverletztenrente nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII). Ab 1. November 2003 wurde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 30 v.H. neu festgestellt und beträgt die Rente 324,93 Euro monatlich.
Die Klägerin zu 2) erhielt ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate Januar bis April 2005 ein Bruttoeinkommen in wechselnder Höhe zwischen 430,44 Euro und 659,13 Euro.
Auf den Antrag vom 23. August 2004 bewilligte die Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 348,14 Euro monatlich. Auf den Widerspruch, der sich gegen die ungeminderte Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen richtete, führte die Beklagte eine Neuberechnung ihrer Leistungen, wiederum unter voller Anrechnung der Verletztenrente, durch und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 15. Februar 2005 für den vorgenannten Zeitraum Leistungen in Höhe von 350,75 Euro monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Das Sozialgericht hat die vom Kläger zu 1) erhobene Klage mit Urteil vom 5. Juli 2005 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 22. März 2006 die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger zu 1) habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen für den zu überprüfenden Zeitraum bis zum 30. April 2005. Der Kläger zu 1) könne nicht verlangen, dass seine Verletztenrente bei der Berechnung der Leistungen nicht bzw. nur gemindert angerechnet werde. Er beziehe eine (Teil-)Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie sei eine Einnahme in Geld, die von § 11 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II als Einkommen erfasst werde. Es handele sich nicht um eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II aus dem Kreis des zu berücksichtigenden Einkommens ausgeklammert sei. Die für die Verletztenrente zur Anwendung kommenden Regelungen des SGB VII sähen auch keine entsprechende Anwendung des BVG vor. Die Verletztenrente werde daher vom unmittelbaren Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II nicht erfasst. Eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschrift in § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II auch auf eine Verletztenrente komme nicht in Betracht. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits zu der in Wortlaut und Zielrichtung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II identischen Regelung des bisherigen § 76 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ausgeführt, eine analoge Anwendung dieser gesetzlichen Spezial- und Ausnahmevorschrift auf eine Verletztenrente nach dem Unfallversicherungsrecht sei nicht geboten (BSGE 90, 175, 177 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4). Dies gelte auch für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Berücksichtigung der Verletztenrente als Einkommen sei auch nicht nach § 11 Abs. 3 SGB II ausgeschlossen. Die Verletztenrente sei auch keine Entschädigung i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden sei, nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geleistet werde. Zwar diene die Verletztenrente u.a. dem Ausgleich eines erlittenen immateriellen Schadens. Vorrangig diene sie jedoch dem Ausgleich der aus dem Arbeitsunfall resultierenden Erwerbsminderung und damit primär dem Ausgleich erlittener Vermögensschäden. Die volle Anrechnung der Verletztenrente nach dem SGB VII unterliege auch im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) i.V.m. § 2 Nr. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 für die Gewährung von Alhi einen Freibetrag für die Anrechnung der Verletztenrente vorgesehen habe, während die Bestimmungen des SGB II und die der Alg II-Verordnung (Alg II-V) für die Gewährung einer ganz überwiegend bedarfsorientierten Sozialleistung nach dem SGB II einen solchen Freibetrag nicht mehr vorsähen. Die Beklagte habe danach zu Recht die Verletztenrente des Klägers zu 1) ungekürzt als Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II zu Grunde gelegt. Da der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) in einer Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II lebten, sei auch ihr Einkommen zu berücksichtigen. Aus den für die Monate Januar bis April 2005 vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen ergebe sich, dass für Februar 2005 in Höhe von 27,25 Euro zu geringe Leistungen gewährt worden seien. Dem stünden jedoch Überzahlungen für Januar 2005 in Höhe von 16,75 Euro, für März 2005 in Höhe von 44,75 Euro und für April 2005 in Höhe von 36,75 Euro gegenüber, sodass der Kläger zu 1) durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision machen die Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht die Verletztenrente in voller Höhe auf die Alg II-Ansprüche mindernd angerechnet. Die Verletztenrente sei als eine zweckbestimmte Einnahme i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II geschützt. Während nach § 83 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zweckidentische Leistungen zur Vermeidung von Doppelleistungen auf das leistungsrechtlich bedeutsame Einkommen angerechnet würden, finde sich in § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II keine "ausdrückliche" Zielsetzung. Hier unterbleibe deshalb die Berücksichtigung des Einkommens als Einnahme, wenn eine klare Zweckbestimmung diese Einnahme und Zuwendung bestehe, die nicht dem Zweck der Leistung des SGB II entspreche. Durch das Wort "soweit" in § 11 Abs. 3 SGB II werde deutlich, dass Einkommen nicht nur als Ganzes betrachtet werden müsse, sondern teilbar sei. Das Wort "soweit" mache weiterhin deutlich, dass die verschiedenen zweckbestimmten Leistungen auch unterschiedlich zu betrachten seien. Dies gelte auch für die Verletztenrente, denn hierbei handele es sich zum Teil um eine zweckbestimmte Leistung. Sie habe mehrere Funktionen, auf keinen Fall könne man von einer reinen Lohnersatzfunktion ausgehen. Letzteres sei bereits durch die Rechtsprechung des 7. und 11. Senats (Entscheidungen vom 10. Februar 2004 - B 7 AL 94/02 R und vom 20. Februar 1991 - 11 RAr 109/89) ausgeführt worden. Die dortigen Ausführungen seien allgemein zu verstehen und nicht nur auf die damals gültige AlhiV beschränkt. Deshalb sei bei der Verletztenrente zumindest der Teil, der der Funktion des Ausgleiches der körperlichen Unversehrtheit und der schädigungsbedingten Mehraufwendungen diene, unberücksichtigt zu lassen. Es müsse also die Verletztenrente in Höhe des jeweiligen Zahlbetrages der Grundrente nach § 31 BVG unberücksichtigt bleiben. Diese bei der Anrechnung der Verletztenrente auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in § 93 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) normierte Gepflogenheit sei auch im Bereich des SGB II anzuwenden. Unter Berücksichtigung der bei ihm anerkannten MdE von 30 v.H. betrage die Grundrente nach § 31 BVG monatlich 118,00 Euro. Dieser Betrag müsse anrechnungsfrei bleiben. Vermieden werde dadurch auch eine Ungleichbehandlung i.S. des Art 3 Abs. 1 GG im Verhältnis zu Empfängern zivilrechtlichen Schmerzensgeldes nach § 253 Abs. 2 BGB. Unklar sei im Übrigen, warum das Berufungsgericht ihnen den für den Monat Februar 2005 errechneten Betrag in Höhe von 27,25 Euro nicht zugesprochen habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 22. März 2006 sowie das Urteil des Sozialgerichts vom 5. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 7. Dezember 2004 und des Bescheides vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2005 zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne (volle) Anrechnung der Verletztenrente nach dem SGB VII zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG (§ 170 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) begründet.
Auf Grund der vom LSG getroffenen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob den Klägern über den im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 sowie im Änderungsbescheid vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2005 zuerkannten Betrag von 350,75 Euro hinaus höhere Leistungen zustehen. Zwar können die Kläger nicht verlangen, dass die vom Kläger zu 1) bezogene Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung der Leistungen nicht bzw. nur gemindert angerechnet wird. Jedoch kann auf Grund der Feststellungen nicht beurteilt werden, in welchem Umfang von der Klägerin zu 2) erzieltes Einkommen zu berücksichtigen ist.
1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
a) Wie die Kläger durch entsprechende Erklärungen im Revisionsverfahren klargestellt haben, ist Gegenstand des Verfahrens nicht nur eine Klage des Klägers zu 1), sondern auch der Klägerin zu 2). Beide Kläger machen trotz Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014) ihre individuellen Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II geltend (hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R).
b) Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche auf höhere Leistungen beschränken sich - wie bereits vom LSG zutreffend ausgeführt worden ist - auf die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 2005. Denn die Bewilligung ist im Rahmen der Vorschrift des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II, nach der Leistungen jeweils für sechs Monate bewilligt werden "sollen", auf den eingangs genannten Zeitraum beschränkt worden, unabhängig davon, dass Folgebescheide für anschließende Leistungszeiträume - anders als im Arbeitsförderungsrecht - nicht analog § 96 SGG Gegenstand laufender Klageverfahren werden (hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R).
c) Die Leistungsansprüche für den genannten Zeitraum sind im Rahmen der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Dem steht nicht entgegen, dass die Revisionsbegründung und der im Revisionsverfahren gestellte Antrag nur die Frage der Rechtmäßigkeit der vollen Berücksichtigung der Verletztenrente thematisiert hat. Denn bei einem Streit um höhere Leistungen nach dem SGB II sind alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (näher BSG, Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R - und vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R).
2. Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen ist nicht zweifelhaft, dass die Kläger zum Kreis der Berechtigten i.S. des § 7 SGB II gehören. Danach erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln, hierin einbezogen das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Kläger kommt es somit darauf an, ob die Verletztenrente des Klägers zu 1) ganz oder teilweise als privilegiertes Einkommen anzusehen ist. Dies ist auf Grund des § 11 SGB II zu verneinen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.
a) Der Kläger zu 1) bezieht eine (Teil-)Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie ist eine Einnahme in Geld, die von § 11 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II als Einkommen erfasst wird. Sie erfüllt auch nicht den von seinem Wortlaut her eindeutigen Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II, denn sie ist weder eine Grundrente nach dem BVG, noch sieht das SGB VII eine entsprechende Anwendung des BVG vor, noch ist sie eine Leistung nach dem BEG.
Wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, entspricht die Regelung des § 11 Abs. 1 SGB II, der nahezu wortgleich mit § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII übereinstimmt, dem bisherigen § 76 BSHG. Diese Anknüpfung an das BSHG war vom Gesetzgeber auch beabsichtigt (vgl. BT-Drucks 15/1514, S 65 - zu § 77 (= § 82 SGB XII) BT-Drucks 15/1516, S 53 zu § 11 SGB II). Zu der Vorgängerregelung hat bereits der 2. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE 90, 172 ff = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4) ausgeführt, dass der Gesetzgeber des Sozialhilferechts bewusst und gezielt nur bestimmte Leistungen, nämlich die Grundrenten nach dem BVG sowie Renten und Beihilfen, die nach dem BEG wegen Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit gewährt werden, in Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG von der Einkommensberechnung ausgenommen hat. Dieser Entscheidung hat sich zwischenzeitlich der 7b. Senat des BSG in einem Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R - angeschlossen und - ohne diese Frage abschließend zu entscheiden - die Auffassung vertreten, dass sich der Gesetzgeber des SGB II bewusst gegen eine Übernahme der im Alhi-Recht (§ 2 Nr. 2 AlhiV 2002) geltenden Privilegierung der Verletztenrente entschieden und die im früheren Sozialhilferecht des BSHG getroffene Regelung für beide Rechtsgebiete übernommen habe.
Angesichts der Gesetzesgeschichte und des klaren Wortlauts von § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II - sowie unter Berücksichtigung der vom LSG bereits erwähnten zeitgleichen Änderung der Sätze 1 und 2 in § 58 SGB VII - ist auch für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Verletztenrente kein Raum. Eine solche käme nur in Betracht, wenn eine erweiternde Auslegung einerseits von Verfassungs wegen geboten wäre und andererseits noch mit dem Wortlaut und dem Regelungszweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II als äußerster Grenze in Einklang zu bringen wäre. Beide genannten Voraussetzungen hat der 2. Senat des BSG in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S 16) zu der bisherigen Regelung des § 76 Abs. 1 BSHG verneint. Das gleiche gilt für die jetzige Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II und gilt insbesondere auch - wie im Folgenden noch unter d) ausgeführt wird - unter verfassungsrechtlichen Aspekten.
b) Eine Ausnahme von der Berücksichtigung als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II folgt hinsichtlich der Verletztenrente auch nicht aus § 11 Abs. 3 SGB II. Danach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen
1. Einnahmen, soweit sie als a) zweckbestimmte Einnahmen, b) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, 2. Entschädigungen, die wegen eines Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden.
§ 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst a und b SGB II fassen die bisherigen Regelungen des § 77 Abs. 1 Satz 1 BSHG und des § 78 BSHG zusammen. Diesen entsprechen die §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 SGB XII. § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II entspricht dem bisherigen § 77 Abs. 2 BSHG und § 83 Abs. 2 SGB XII.
aa) Wie der 2. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE 90, 172, 175 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S 12; ebenso VGH Hessen FEVS 43, 195 ff) zu der Vorschrift des § 77 Abs. 1 und Abs. 2 BSHG ausgeführt hat, ist die Verletztenrente nach dem SGB VII keine Einnahme, die wegen ihres Charakters und ihrer Zweckbestimmung aus der Einkommensberechnung auszunehmen wäre. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch für § 11 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB II.
Aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1516, S 53) geht hervor, dass sich diese Regelung ebenfalls am Sozialhilferecht orientiert und bestimmte Einnahmen wegen ihres Charakters oder der Zweckbestimmung von der Einkommensberücksichtigung ausnimmt. Darüber hinaus werden in § 1 Abs. 1 Alg II-VO vom 20. Oktober 2004 (BGBl I 2622) weitere Einnahmen aufgezählt, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Wie bereits mit § 77 Abs. 1 BSHG, wonach Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen sind, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient, soll mit § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II einerseits vermieden werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird. Andererseits soll die Vorschrift aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (vgl. BVerwGE 45, 157, 160; BSGE 90, 172, 175 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S 12 m.w.N.). Eine den Anforderungen des § 77 Abs. 1 BSHG genügende Zweckbestimmung der betreffenden Leistung ist dann gegeben, wenn sich dieser Zweck aus der jeweiligen gesetzlichen Vorschrift eindeutig ergibt. Letzteres ist bei der Verletztenrente, die durchaus verschiedene Funktionen hat (Einkommensersatz, Kompensation immaterieller Schäden, Mehrbedarfsausgleich), gerade nicht der Fall - wie bereits der 2. Senat des BSG in der genannten Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE a.a.O., S 176; ebenso zum Wohngeldrecht BVerwGE 101, 86, 89 f) zu § 77 Abs. 1 BSHG ausgeführt hat. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in seinem Wortlaut insofern von § 77 Abs. 1 BSHG abweicht, als es sich dort um auf Grund "öffentlich-rechtlicher Vorschriften" zu einem "ausdrücklich" genannten Zweck gewährte Leistungen handeln musste, während diese Erfordernisse in § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II nicht genannt werden (so aber Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 11 RdNr. 62; Koch, NZS 2006, 480, 481). Denn diese weitere Gesetzesfassung erklärt sich - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - aus dem Bestreben, zweckidentische Leistungen unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu erfassen. Es kommt also darauf an, ob die in Frage stehende Leistung ebenso wie die Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung des Begünstigten dienen. Genau dies ist bei der Verletztenrente trotz ihrer verschiedenen Funktionen der Fall, denn auch sie dient als Lohnersatz der Sicherstellung des Lebensunterhalts (vgl. bereits BSGE 90, 172, 176 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S 14; vgl. zur Lohnersatzfunktion auch BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R; BGHZ 153, 113 ff m.w.N.). Dass der Gesetzgeber im Rahmen der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II grundsätzlich sämtliche Zahlungen mit Entgeltfunktion erfassen will, auch soweit sie im Zusammenhang mit erlittenen Körperschäden gewährt werden, zeigt insbesondere die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II. Auch im Hinblick auf die dort aufgeführten Renten und Beihilfen werden nur die Grundrenten von einer Einkommensanrechnung ausgenommen, nicht aber die nach den genannten Gesetzen zu zahlenden Ausgleichsrenten, die - abstellend auf die betreffende Einkommensminderung - ihrerseits erkennbar Entgeltersatzfunktion haben. Nicht gefolgt werden kann auch der Argumentation der Revisionsbegründung, wonach der Gesetzgeber durch die Verwendung des Wortes "soweit" in § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II selbst zum Ausdruck gebracht habe, dass zweckbestimmte Einnahmen zu dem Teil von der Berücksichtigung als Einkommen auszunehmen seien, zu dem sie anderen Zwecken als die Leistungen nach dem SGB II dienten. Denn genau diese Formulierung "soweit" war bereits in § 77 Abs. 1 BSHG enthalten.
Gerade vor dem Hintergrund der Ausnahmevorschriften des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist es auch nicht gerechtfertigt, die Verletztenrente entsprechend der früheren Regelung in § 2 Nr. 2 AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734) so zu interpretieren, dass die Verletztenrente bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht als Einkommen angerechnet wird (so SG Hamburg, Beschluss vom 24. Januar 2006 - S 55 AS 1404/05 ER; Grimmke, juris PraxisReport (jurisPR), SozR 23/2004, Anm 3; Koch, NZS 2006, 408, 410; zustimmend Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 11 RdNr. 62; Söhngen in jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 RdNr. 62; aA Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr. 252). Denn der Gesetzgeber hat - wie die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zeigt - die Verletztenrente keineswegs übersehen oder sich für ihre Berücksichtigung im Rahmen des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II entschieden, sondern diese bewusst ausgeklammert.
bb) Die Verletztenrente ist ferner auch keine Entschädigung i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 BGB geleistet wird. Während § 77 Abs. 3 BSHG noch auf § 847 BGB Bezug genommen hatte, trägt die Fassung des § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II der zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung des § 847 BGB aF durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (SchErsRÄndG 2, BGBl I 2674) Rechnung. Nach § 253 Abs. 2 BGB ist der Anwendungsbereich des Schmerzensgeldanspruchs erheblich ausgeweitet. Steht dem Verletzten aus Delikt, Gefährdungshaftung oder Vertrag ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer der in Abs. 2 genannten Lebensgüter zu, schuldet der Schädiger zusätzlich zum Ersatz des Vermögensschadens für den immateriellen Schaden eine billige Entschädigung in Geld (vgl. Heinrichs in Palandt, Komm zum BGB, 66. Aufl. 2007, § 253 RdNr. 1, 4 ff). Dass eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung keine Entschädigung i.S. des § 253 Abs. 2 BGB darstellt, ist bereits aus dem klaren Wortlaut der Norm zu sehen, wonach vom Schädiger für Schäden, die nicht Vermögensschäden sind, eine Entschädigung zu zahlen ist. Demgegenüber wird die Verletztenrente vom zuständigen öffentlichen Leistungsträger nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften geleistet und schließt, wie sich aus den §§ 104 ff SGB VII ergibt, Ansprüche gegen den Schädiger grundsätzlich aus. Obwohl die Verletztenrente auch dem Ausgleich eines immateriellen Schadens zu dienen bestimmt ist (vgl. BSGE 82, 83, 93 = SozR 2600 § 93 Nr. 7; BSGE 90, 172, 175 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S 12 f), kann sie deshalb einem Anspruch nach § 253 BGB nicht gleichgestellt werden. Insoweit handelt es sich bei der Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II - wie dies schon zu der Regelung in § 77 Abs. 2 BSHG entschieden worden ist (vgl. BVerwGE 98, 256, 259; BSGE 90, 172, 175 m.w.N.) - um eine nicht analogiefähige Sondervorschrift.
c) Schließlich ist eine (teilweise) Nichtberücksichtigung der Verletztenrente als Einkommen auch nicht deshalb geboten, weil es im Sozialrecht einen allgemeinen gewohnheitsrechtlichen Grundsatz des Inhalts gäbe, dass diese Leistung regelmäßig nicht zu den Einnahmen zu rechnen sei. Ein derartiger ungeschriebener Grundsatz ist im Sozialrecht - wie der 2. und der 12. Senat des BSG bereits dargelegt haben (BSGE 90, 172, 177 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S 15; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 41 S 210; Trenk-Hinterberger SGb 2004, 192, 194) - nicht anzuerkennen. Auch ein verallgemeinerungsfähiger Grundsatz des Inhalts, dass jedenfalls ein Betrag in Höhe der Grundrente nach dem BVG ausgeschlossen sein müsse, kann auf der Grundlage des Gesetzesrechts nicht hergeleitet werden.
d) Aus der Nichtaufnahme der Verletztenrente in den Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II bzw. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II ergibt sich auch keine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes. Art 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Dieses Grundrecht ist daher vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG SozR 3-5755 Art 2 § 27 Nr. 1 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat aber gerade bei der Gewährung von Sozialleistungen, die - wie hier bei den Leistungen zur Grundsicherung - an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Spielraum, wenn er Regelungen darüber trifft, ob und in welchem Umfang das Vermögen des Empfängers auf den individuellen Bedarf angerechnet wird (BVerfGE 100, 165, 205; BSGE 90, 172, 178). Insofern besteht hier eine andere Situation als beim Alg und der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die einerseits nicht zum Ruhen des Alg führt und andererseits bei Bezug von Alg nicht ruht (vgl. BSG SozR 2200 § 580 Nr. 6). Ebenso kann nicht mit den besonderen Regelungen des Rentenrechts (§ 93 SGB VI) argumentiert werden. Denn es handelt sich jeweils beim Alg und bei den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung um durch eigene Beiträge erworbene Sozialleistungen, die nicht an die Bedürftigkeit des Betroffenen anknüpfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass hier die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als solche unberührt bleibt, sie vielmehr nur zu einer Reduzierung der bedarfsorientierten Sozialleistung nach dem SGB II führt.
Soweit § 11 SGB II im Rahmen der Gewährung von Leistungen demgegenüber nach wie vor die Empfänger von Leistungen für ein erlittenes so genanntes "Sonderopfer" bevorzugt, knüpft die Ungleichbehandlung an ein sachgerechtes Unterscheidungskriterium an und rechtfertigt damit die unterschiedliche Behandlung (BSGE 90, 172, 179 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4; zum Wohngeldrecht BVerwGE 101, 86, 97 f). Das gleiche gilt für Leistungen nach § 11 Abs. 3 SGB II, die einen mit den Zielen des § 11 SGB II nicht identischen Zweck verfolgen, d.h. über die reine Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehen. Dem kann auch nicht - wie die Revisionsbegründung meint - entgegengehalten werden, es sei keine Rechtfertigung dafür erkennbar, dass der Bezieher einer Verletztenrente deutlich schlechter behandelt werde als derjenige, dem ein Anspruch nach § 253 BGB zustehe, obwohl die Verletztenrente gerade auch dem Ausgleich des Verlustes von Schmerzensgeldansprüchen diene. Denn diese Argumentation übersieht, dass eine Berücksichtigung von Ansprüchen nach § 253 Abs. 2 BGB in § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II nur deshalb nicht erfolgt, weil das SGB II für immaterielle Schäden keine Leistungen vorsieht. Hat indes der Betroffene einen Anspruch auf Verletztenrente, der auch dem Ausgleich eines immateriellen Schadens zu dienen bestimmt ist (vgl. BSGE 82, 83, 93 = SozR 3-2600 § 93 Nr. 7), so ist für einen zusätzlichen Schutz kein Raum.
Dies gilt auch unter Beachtung eines sich wandelnden Verständnisses der Funktion der Verletztenrente (vgl. dazu näher Anfrage-Beschluss des 13. Senats vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 38/04 R - in juris, S 6; BSGE 95, 286, 291 RdNr. 26 = BSG SozR 4-2600 § 266 Nr. 1 RdNr. 26). Auch wenn sich immer mehr die Ansicht durchgesetzt haben mag, dass Unfallrenten in Höhe der Grundrente des BVG auf andere Leistungen nicht anzurechnen seien, heißt dies nicht, dass der Gesetzgeber wegen einer der Verletztenrente innewohnenden Funktion eines Ausgleichs auch immaterieller Schäden gehalten war, zur Vermeidung einer Verletzung von Art 3 Abs. 1 GG die Verletztenrente in Höhe der nach dem BVG zu zahlenden Grundrente als privilegiertes Einkommen entsprechend dem Rechtsgedanken in § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zu berücksichtigen (so aber insbesondere Koch, NZS 2006, 408, 409 f). Dem entspricht, dass das BVerfG schon in seinem Beschluss vom 7. November 1972 (BVerfGE 34, 118 = SozR Nr. 95 zu Art 3 GG) festgestellt hatte, dass der Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs durch § 636 Abs. 1 Satz 1 und § 637 Abs. 1 RVO nicht gegen das GG verstößt. Zur Begründung hatte es hauptsächlich darauf abgestellt, dass zwar dem durch einen Arbeitsunfall geschädigten Arbeitnehmer ein Ersatz immateriellen Schadens nicht zustehe (BVerfGE 34, 118, 128); das rechtliche Ordnungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung weiche jedoch bereits in seinen tragenden Prinzipien von dem des BGB ab (a.a.O. 130), sodass die Ungleichbehandlung von Verletzten im Vergleich beider Systeme Art 3 Abs. 1 GG nicht verletze. Diese Rechtsprechung des BVerfG ist in späteren Entscheidungen vom 8. Januar 1992 (BVerfGE 85, 176, 186 f - zum Schmerzensgeldausschluss nach § 46 Abs. 2 Beamtenversorgungsgesetz) und 8. Februar 1995 (SozR 3-2200 § 636 Nr. 1 - zum Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs bei Schwerstverletzten) fortgeführt worden (kritisch hierzu etwa Fuhlrott, Der geschädigte Arbeitnehmer, 2006, S 80 ff m.w.N. aus der Literatur). Soweit das BVerfG in letzterer Entscheidung u.a. ausgeführt hat, dass " ... zumindest ein Teil des immateriellen Schadens und nicht nur der Verdienstausfall durch die Gesamtrente ausgeglichen (werde)", kann hieraus auch nicht geschlossen werden, dass die Nichtberücksichtigung einer immateriellen Funktion der Verletztenrente bei der Anrechnung als berücksichtigungsfähiges Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfassungswidrig ist (vgl. BSGE 95, 286, 291 = SozR 4-2600 § 266 Nr. 1 RdNr. 25 - unter Hinweis auf die fehlende Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG bei nichtstattgebenden Kammerbeschlüssen, vgl. Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz 2. Aufl., § 31 RdNr. 55 m.w.N.).
In diesem Zusammenhang ist - wie vom 13. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2005 (BSGE 95, 286, 291, RdNr. 27 = SozR 4-2600 § 266 Nr. 1 RdNr. 27) ausgeführt worden ist - darauf hinzuweisen, dass die Argumentation, der Verletztenrente müsse aus Gleichheitsgrundsätzen die Funktion des Ausgleichs auch eines immateriellen Schadens zukommen, in jenen Fällen unzutreffend ist, in denen das Opfer eines Arbeitsunfalls den (nicht privilegierten) Schädiger nach den Regeln des BGB in Anspruch nehmen kann. Das ist typischerweise bei Wegeunfällen der Fall, da die §§ 104 ff SGB VII insoweit keinen Haftungsausschluss begründen.
Schließlich ist zu beachten, dass, selbst wenn man den Leistungsschwerpunkt in der Entschädigungsfunktion sehen würde, dem Gesetz selbst jedenfalls keine prozentuale Zuweisung der Verletztenrente zu der Entgelt- bzw. Entschädigungsfunktion zu entnehmen wäre. Auf die Problematik einer Gleichsetzung der Funktion des Teils der Verletztenrente, der den Nichterwerbsschaden abdecken soll, mit der Funktion der Grundrente nach dem BVG hat der 13. Senat des BSG bereits in seinem Anfrage-Beschluss vom 12. Dezember 2006 (- B 13 RJ 25/05 R -) im Einzelnen hingewiesen. Auch dies mag - abgesehen von den strukturellen Unterschieden - den Gesetzgeber berechtigterweise veranlasst haben, von einer Privilegierung der Verletztenrente in Höhe der nach dem BVG zu zahlenden Grundrente abzusehen.
e) Der Senat hat bereits grundsätzlich entschieden, dass die Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen gemäß § 11 SGB II keinen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick darauf unterliegen, dass sie für die betroffenen Arbeitsuchenden ungünstiger als die bis Ende 2004 für die Bezieher von Alhi geltenden Bestimmungen sind (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R, RdNr. 55 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Wegen der Andersartigkeit des SGB II als existenzsichernde Leistung im Vergleich zur bisherigen Alhi ist es auch nicht zu beanstanden, dass das SGB III i.V.m. § 2 Nr. 1 AlhiV 2002 - wie schon § 11 Nr. 4 AlhiV vom 7. August 1974 (AlhiV 1974) (BGBl I 1929) - für die Gewährung der ebenfalls bedürftigkeitsabhängigen Alhi, die sich aber am zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt orientierte (zu dem für die Alhi geltenden "Entgeltersatzprinzip" vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, E 010 Rz 43 ff), eine Freistellung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe der Grundrente nach dem BVG vorsah, während die Bestimmungen des SGB II und der Alg II-VO für die Gewährung dieser nicht mehr am früheren Arbeitsentgelt orientierten, bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistung nach dem SGB II eine solche Nichtanrechnung nicht mehr vorsehen.
f) Nach den Plänen der Bundesregierung (vgl. Tiemann, SozSich 2007, 205, 209 f; Pickshaus/Fritsche, SozSich 2007, 213, 217) soll die Verletztenrente zukünftig in zwei Komponenten aufgeteilt werden: in einen einkommensunabhängigen Gesundheitsschadensausgleich und in eine einkommensabhängige Erwerbsschadensrente. Dies könnte bei entsprechend klarer Grenzziehung (vgl. Pickhaus/Fritsche a.a.O.) dazu führen, dass dann auch bezüglich der Berücksichtigung dieser Rente zu differenzieren wäre. Nach der derzeitigen Rechtslage ist dies indes nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte hat danach zu Recht die Verletztenrente des Klägers zu 1) ungekürzt in Höhe von 324,93 Euro als Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II zu Grunde gelegt. Von diesem Einkommen sind - wie geschehen - 30,00 Euro als Pauschbetrag in Abzug zu bringen (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 3 Nr. 1 Alg II-VO). Das bereinigte Einkommen des Klägers zu 1) beläuft sich damit auf 294,93 Euro (= 324,93 Euro - 30,00 Euro).
3. Auf Grund der getroffenen Feststellungen kann der Senat gleichwohl nicht abschließend entscheiden, ob den Klägern für die Monate Januar bis April 2005 höhere Leistungen zustehen.
Neben der Verletztenrente des Klägers zu 1) ist auch das Einkommen der Klägerin zu 2) nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II zu berücksichtigen. Die Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens für die Monate Januar bis April 2005 durch das LSG entspricht jedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Denn das LSG hat das berücksichtigungsfähige Einkommen der Klägerin zu 2) anhand der im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate Januar bis April 2005 vorgenommen. Demgegenüber gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V, dass laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen. Zu welchem Zeitpunkt der Klägerin zu 2) die fraglichen Einkünfte zugeflossen sind, hat das LSG nicht festgestellt. Da der Arbeitgeber die Bescheinigungen jedoch jeweils erst im Folgemonat ausgestellt hat und die Kläger ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten angegeben haben, die Gehaltsansprüche seien jeweils am 25. des Folgemonats fällig gewesen, ist auszuschließen, dass der von § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V vorausgesetzte Zufluss der Lohnzahlung bereits im abzurechnenden Monat erfolgt ist.
Ob den Klägern auf Grund des schwankenden Einkommens für einzelne Monate höhere Leistungen zuzubilligen sind, lässt sich auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und zum Zeitpunkt des Zuflusses nicht beurteilen. Es wird jedoch vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Annahme des LSG nicht zutrifft, es könnten i.S. einer Gesamtbetrachtung innerhalb eines Bewilligungszeitraums Überzahlungen für einzelne Monate mit zu geringen Leistungen für andere Monate saldiert werden. Auszugehen ist insoweit vom Verfügungssatz des Bescheides vom 15. Februar 2005, mit dem den Klägern monatliche Leistungen in Höhe von 350,75 Euro zuerkannt worden sind. Dieser Verfügungssatz bildet den Rechtsgrund für die Leistungsgewährung, solange von der Beklagten nicht durch einen anderen Bescheid eine abweichende Regelung getroffen worden ist (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 27/06 R). Eine Teilaufhebung der bewilligenden Verfügung durch den Leistungsträger kommt im Geltungsbereich des SGB II nur bei Vorliegen der in § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - genannten Voraussetzungen in Betracht.
4. Beim derzeitigen Stand des Verfahrens erscheint es untunlich, auf von den Beteiligten nicht problematisierte Fragen zur Bemessung des Bedarfs der Leistungen für Unterkunft und Heizung einzugehen. Deshalb lässt der Senat offen, ob der von der Beklagten vorgenommene Abzug für die Warmwasseraufbereitungskosten, vorliegend 18 % der Heizkostenvorauszahlung, gerechtfertigt war. Ebenfalls nicht entschieden werden braucht nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens, ob von der Beklagten zu Recht Zuschläge für Modernisierung, hier ein Betrag in Höhe von 103,60 Euro, als Kosten der Unterkunft i.S. des § 22 SGB II bedarfserhöhend berücksichtigt worden sind.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.