Gründe:

I

Umstritten ist die Aufhebung einer Leistungsbewilligung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wegen der Nachzahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Zuletzt mit Bescheid vom 18.6.2009 bewilligte das beklagte Jobcenter den in Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägern zu 1 und 2, einem Ehepaar, und ihren Kindern Sh, geboren am 22.9.1992 und Kläger zu 3, B, geboren am 13.11.1993 und Kläger zu 4, sowie E, geboren am 14.2.1997 und Kläger zu 5, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 681,22 Euro für September und Oktober 2009 unter Berücksichtigung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers zu 1. Nachdem die Wohnortgemeinde K der Kläger den Beklagten darüber informiert hatte, dass die Kläger zusammen mit einem weiteren Kind der Kläger zu 1 und 2, das keine Leistungen nach dem SGB II bezog und die zunächst ebenfalls erhobene Klage zwischenzeitlich zurückgenommen hat, eine Nachzahlung von sog Analog-Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in Höhe von insgesamt 7329,46 Euro erhielten, die im September 2009 ausgezahlt wurde, hob der Beklagte die zuvor genannte Bewilligung ab 1.9.2009 auf, weil die Hilfebedürftigkeit der Kläger durch die als Einkommen zu berücksichtigende Nachzahlung entfallen sei (Aufhebungsbescheid vom 3.9.2009, Widerspruchsbescheid vom 28.10.2009).

Das angerufene Sozialgericht (SG) hat die hiergegen gerichteten Klagen abgewiesen (Urteil vom 31.10.2012). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 29.5.2013) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Durch die Nachzahlung der Analog-Leistungen sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten, die dem Bewilligungsbescheid zugrunde gelegen hätten. Denn die Analog-Leistungen seien als Einkommen nach § 11 SGB II a.F. zu berücksichtigen und damit sei die Hilfebedürftigkeit der Kläger entfallen. Die Berücksichtigung einer solchen Nachzahlung als Einkommen sei insbesondere nicht durch § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. ausgeschlossen, weil es sich nicht um "Leistungen nach diesem Buch" handele. Etwas anderes folge nicht aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes, zumal das Bundessozialgericht (BSG) die Berücksichtigung einer Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) gebilligt habe (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R). Das Urteil des BSG hinsichtlich der Bewilligung von Sozialhilfe in gemischten Bedarfsgemeinschaften, wenn der Partner Arbeitslosengeld II (Alg II) erhalte (BSG vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 8), stehe dem nicht entgegen, weil dieses Urteil nicht eine Nachzahlung, sondern parallel bezogene Sozialleistungen betreffe. Die Nachzahlung habe den Klägern auch als bereite Mittel zur Verfügung gestanden.

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger die Verletzung von § 11 SGB II a.F.. Rechtswidrig zunächst vorenthaltene Sozialleistungen dürften bei ihrer durch Rechtsmittel erstrittenen Nachzahlung nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Zudem verfolgten SGB II, Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) und AsylbLG identische Zwecke, sodass eine wechselseitige Anrechnung ausscheide.

Die Kläger beantragen,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 und des Sozialgerichts Dortmund vom 31. Oktober 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Revisionen zurückzuweisen.

 

II

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind begründet. Die angefochtenen Urteile des LSG und des SG sowie der Aufhebungsbescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sind aufzuheben, weil keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen seit dem letzten Bewilligungsbescheid eingetreten ist. Die Nachzahlung der Leistungen nach dem AsylbLG im September 2009 an die Kläger ist nicht als Einkommen im Rahmen des SGB II zu berücksichtigen, sodass kein Grund für eine Aufhebung der ihnen gegenüber erfolgten Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorliegt und es für September und Oktober 2009 bei den bewilligten Leistungen bleibt.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Aufhebungsbescheid vom 3.9.2009 wegen der Aufhebung der zuvor erfolgten Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sind materiell-rechtlich zur Beurteilung des von den Vorinstanzen angenommenen Zuflusses von zu berücksichtigendem Einkommen § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung des Vierten Buches für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954 (ArbMDienstLG 4), im Folgenden SGB II a.F.), weil bei Rechtsstreitigkeiten über Leistungen in schon abgeschlossenen Bewilligungsabschnitten auf das für die strittige Zeit geltende Recht abzustellen ist, sowie verfahrensrechtlich insbesondere § 40 Abs. 1 SGB II a.F., § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X).

Die Voraussetzungen für eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen sind nicht erfüllt, weil die den Klägern zugeflossene Nachzahlung von Leistungen nach dem AsylbLG nicht als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. zu berücksichtigen ist. Dies kann zwar nicht dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. entnommen werden, dessen Auslegung insofern unergiebig ist (dazu 1.). Gegen eine Berücksichtigung der strittigen Nachzahlung sprechen jedoch der Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. (dazu 2.) sowie systematische und historische Zusammenhänge (dazu 3.). Denn die Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG bilden drei nebeneinanderstehende Existenzsicherungssysteme.

1. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. sind als Einkommen zu berücksichtigen "Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ". Mit dieser Formulierung wurde nahezu wörtlich die Regelung des § 76 Abs. 1 Satz 1 des bis zum 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) übernommen. In der Begründung zum Entwurf des SGB II (BT-Drucks 15/1516, S 53) ist nur ausgeführt: "Die Vorschrift regelt die Einkommensberücksichtigung im Wesentlichen wie das Sozialhilferecht. Abs. 1 entspricht inhaltlich dem Sozialhilferecht." Im SGB II in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850, im Folgenden SGB II n.F.) ist diese Regelung ohne inhaltliche Änderung in § 11a Abs. 1 Nr. 1 SGB II n.F. verschoben worden.

Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. ist eine Nachzahlung von Leistungen nach dem AsylbLG nicht von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, weil nur Leistungen "nach diesem Buch", womit das SGB II gemeint ist, und Leistungen des sozialen Entschädigungsrechts genannt werden. Hieraus kann jedoch nicht unmittelbar etwas hergeleitet werden, weil es zahlreiche nicht zu berücksichtigende Einnahmen gibt, die auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen (vgl. nur die Auflistung bei Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: März 2015, K § 11a RdNr. 308 ff). Von diesen ist vorliegend zwar keine einschlägig, sie belegen aber, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. keine abschließende Regelung hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens enthält.

2. Gegen eine Berücksichtigung der Nachzahlung nach dem AsylbLG sprechen Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F., existenzsichernde Leistungen nicht als Einkommen einsetzen zu müssen.

Durch die Nichtberücksichtigung von "Leistungen nach diesem Buch" will die Vorschrift Zirkelschlüsse vermeiden, weil die Berücksichtigung von Leistungen nach dem SGB II bei der Ermittlung von Ansprüchen nach dem SGB II vor allem bei einer Bedarfsgemeinschaft mit mehreren Personen und der wechselseitigen Berücksichtigung von Einkommen (vgl. § 7 Abs. 3, § 9 Abs. 2 SGB II) keinen Sinn ergeben würde (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11a RdNr. 34; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: März 2015, § 11a SGB II RdNr. 6).

Demgemäß sind Nachzahlungen von Leistungen nach dem SGB II, die Anspruchsteller zB im Rahmen eines Gerichtsverfahrens für frühere Bewilligungsabschnitte erstritten haben und nun ausgezahlt werden, ebenfalls nicht als Einkommen im laufenden Bewilligungsabschnitt zu berücksichtigen (Mues in Estelmann, SGB II, Stand: Mai 2015, § 11a RdNr. 12; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2014, § 11a RdNr. 5). Eine andere Auslegung würde gegen den gesetzlichen Rechtsanspruch auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende verstoßen und die Verpflichtung des Leistungsträgers nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I), darauf hinzuwirken, dass die Berechtigten die ihnen zustehenden Sozialleistungen umfassend und zügig erhalten, in ihr Gegenteil verkehren, weil die zunächst erfolgte rechtswidrige Leistungsverweigerung "belohnt" werden würde; außerdem wäre dies mit dem Gebot einer effektiven Rechtsschutzgewährung nicht vereinbar (Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG); vgl. zur entsprechenden Rechtslage schon unter dem BSHG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vom 30.4.1992 - 5 C 12/87 - BVerwGE 90, 154, Juris RdNr. 14; BVerwG vom 5.5.1994 - 5 C 43/91 - BVerwGE 96, 18, Juris RdNr. 11; ebenso zur Berücksichtigung von Vermögen, das auf erstrittenen Nachzahlungen beruht: Radüge in JurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 12 RdNr. 177; Wahrendorf in Grube/ders, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90 RdNr. 78 f).

Bestätigt wird diese Auslegung durch die Rechtsprechung zur sog gemischten Bedarfsgemeinschaft, in der die Lückenhaftigkeit der einschlägigen Regelungen des SGB II deutlich wird (vgl. BSG vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 2/06 R - BSGE 99, 131 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 1; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 5).

Für solche gemischten Bedarfsgemeinschaften hat der 8. Senat des BSG zu der § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. entsprechenden Vorschrift des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ausgeführt, dass das Alg II des Partners nach dem SGB II bei dem anderen Partner, der Leistungen nach dem SGB XII begehrt, nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Die beiden korrespondierenden Vorschriften § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. und § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bezweckten, existenzsichernde Leistungen nicht als Einkommen einsetzen zu müssen. Dies habe der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII übersehen, sodass die Regelung auf Alg II entsprechend anzuwenden sei. Hierfür spreche außerdem die zwischenzeitliche Regelung des (früheren) Zuschlags zum Alg II nach § 24 SGB II a.F. als nicht zu berücksichtigendes Einkommen in § 82 Abs. 1 SGB XII, die mittlerweile nur gestrichen worden sei, weil dieser Zuschlag abgeschafft worden sei (BSG vom 9.6.2011 - B 8 SO 20/09 R - BSGE 108, 241 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 8, RdNr. 16 ff m.w.N.). Dem hat sich die sozialhilferechtliche Literatur angeschlossen (Adolph in Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, Stand: Mai 2015, § 82 SGB XII RdNr. 38; Schmidt in JurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 82 SGB XII RdNr. 35, der die Entscheidung auf Leistungen nach dem AsylbLG überträgt).

In der aktuellen Literatur zum SGB II sind diese Ausführungen zu Recht auf die Nachfolgevorschrift in § 11a SGB II n.F. übertragen worden, weil jede andere Entscheidung zu nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen führen würde (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11a RdNr. 59; Sauer in Sozialgesetzbuch für die Praxis, SGB II, Stand: Januar 2015, § 11a RdNr. 15a; Söhngen in JurisPK-SGB II, § 11a RdNr. 18). Aus den zuvor aufgezeigten Gründen gilt dies - entgegen der Ansicht des LSG - nicht nur für parallel bezogene Sozialleistungen, sondern ebenso für Nachzahlungen.

3. Für die Nichtberücksichtigung einer Nachzahlung nach dem AsylbLG als Einkommen nach dem SGB II sprechen zudem die systematischen Zusammenhänge zwischen den Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG. Denn diese haben sich historisch vor allem aus der umfassenden Regelung des Fürsorgerechts im früheren BSHG entwickelt (dazu a) und haben einen gemeinsamen verfassungsrechtlichen Kern im Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (dazu b), dem stehen Differenzierungen hinsichtlich der Leistungshöhe nicht entgegen (dazu c). Durch andere Entscheidungen wird dieses Ergebnis bestätigt (dazu d) und durch Entscheidungen zu anderen Einnahmen, insbesondere der des Senats zur Alhi, nicht in Frage gestellt (dazu e).

a) Ursprünglich waren die Leistungen zur Existenzsicherung, die heute nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG beansprucht werden können, im BSHG als umfassendem Fürsorgesystem geregelt - mit Ausnahme der ebenfalls zum 1.1.2005 durch das SGB II abgelösten Alhi. Das BSHG differenzierte nicht zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (vgl. §§ 18 ff BSHG: Hilfe zur Arbeit) und enthielt auch Regelungen für nicht deutsche Staatsangehörige - ebenfalls ohne weitere Differenzierung (§ 120 BSHG a.F.).

Erst durch das Gesetz zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber vom 30.6.1993 (BGBl I 1074) wurde in Umsetzung des sog Asylkompromisses eine Sonderregelung außerhalb des damaligen BSHG hinsichtlich der Leistungen für den notwendigen Lebensunterhalt von Asylbewerbern und ihnen gleichgestellten ausländischen Staatsangehörigen durch Einführung des AsylbLG geschaffen und § 120 BSHG dahingehend geändert, dass Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG keine Leistungen der Sozialhilfe erhielten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drucks 12/4451, S 5 f).

Die Ausdifferenzierung zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern bei gleichzeitiger Zusammenfassung der Erwerbsfähigen mit den bisherigen Alhi-Empfängern erfolgte durch die Schaffung des SGB II mittels des ArbMDienstLG 4 und die Schaffung des SGB XII durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) zum 1.1.2005 bei gleichzeitiger Aufhebung des BSHG (vgl. zur Begründung des Gesetzentwurfs zum SGB II: BT-Drucks 15/1516 S 1, 41 ff, zum SGB XII BT-Drucks 15/1514 S 1, 50 f).

Die zuletzt in §§ 190 ff Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (SGB III a.F.) geregelte Alhi war demgegenüber ein Sondersystem mit strukturell höheren Ansprüchen, das an die Zurücklegung bestimmter Versicherungszeiten oder ihnen gleichgestellter Zeiten anknüpfte und auf eine Lebensstandardsicherung abzielte (vgl. zur historischen Entwicklung nur Spellbrink, in dsl/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts 2003, § 13 RdNr. 3 ff, 15 ff; zum Lebensstandardprinzip in der Alhi: Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87- BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3, Juris RdNr. 74). Die Alhi war eine Entgeltersatzleistung, die nach einem bestimmten Arbeitseinkommen bemessen wurde und von der Größe der Familie abhängig war (§ 195 SGB III a.F.). Zudem war sie im Vergleich mit der Sozialhilfe für die Leistungsberechtigten hinsichtlich der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen großzügiger (vgl. §§ 193 f SGB III a.F. sowie die AlhiVO vom 13.12.2001, BGBl I 3734 und §§ 76 ff, 88 BSHG mit Durchführungsverordnung; vgl. zu den Unterschieden zum Alg II das noch zu erörternde Urteil des Senats vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - RdNr. 10 sowie grundlegend zur Abschaffung der Alhi durch "andersartige Ansprüche" nach dem SGB II: BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, RdNr. 41 ff).

b) Der gemeinsame verfassungsrechtliche Kern aller drei heutigen Existenzsicherungssysteme ist das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 1 GG. Aufgrund dessen ist, "(w)enn Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, (ist) der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen ( ). Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht Deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik aufhalten, gleichermaßen zu" (so zuletzt BVerfG vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr. 2 unter Hinweis auf BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12).

c) Dass Differenzierungen hinsichtlich der Leistungshöhe in Abhängigkeit von den Besonderheiten bestimmter Personengruppen zulässig sind (BVerfG vom 18.7.2012, a.a.O., RdNr. 73) und es sie in erheblichem Maße auch tatsächlich gibt (vgl. nur den Vorrang des Sachleistungsprinzips nach § 3 Abs. 1 AsylbLG im Unterschied zu den Geldleistungen nach § 20 SGB II, § 27a SGB XII), schließt die strukturelle Gleichwertigkeit der drei Leistungssysteme nicht aus (vgl. BSG vom 21.12.2009 - B 14 AS 66/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 14 RdNr. 19 zum Nebeneinander von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG; BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 171/10 R - BSGE 109, 176 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 16 zu einer gemischten Bedarfsgemeinschaft von Partnern i.S. des SGB II und des AsylbLG). Dieser strukturellen Gleichwertigkeit der drei Existenzsicherungssysteme steht nicht entgegen, dass das AsylbLG kein besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs ist (vgl. § 68 SGB I), weil dies nichts an den gemeinsamen verfassungsrechtlichen Grundlagen zu ändern vermag und das AsylbLG zumindest materielles Sozialrecht ist, für das Teile des SGB I und des SGB X anwendbar (vgl. § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 3 AsylbLG) und zudem die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 6a Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

d) Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die vom BVerfG schon früher ausgesprochene Nichtberücksichtigung von Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch als Einkommen nach dem AsylbLG. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung im AsylbLG im Unterschied zu anderen einkommens- und vermögensabhängigen staatlichen Existenzsicherungssystemen wie dem SGB II - dort heute § 11a Abs. 2 SGB II - ist mangels hinreichender Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG (BVerfG vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05 - BVerfGE 116, 229, juris RdNr. 43 ff).

In dieselbe Richtung weist das Urteil des 9. Senats des BSG vom 24.5.2012, nach dem die Beschädigtengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz kein Einkommen i.S. des § 7 AsylbLG ist, weil insoweit der sozialhilferechtliche Einkommensbegriff heranzuziehen ist, da das Asylbewerberleistungsrecht zwar als besonderes System außerhalb des seinerzeit geltenden BSHG, jedoch unter Wahrung fürsorgerischer Gesichtspunkte eingeführt worden ist (BSG vom 24.5.2012 - B 9 V 2/11 R - BSGE 111, 79 = SozR 4-3520 § 7 Nr. 1, RdNr. 21 ff m.w.N.).

e) Aus der Entscheidung des Senats zur Berücksichtigung einer Nachzahlung von Alhi für November und Dezember 2004 im Januar 2005 als Einkommen i.S. des § 11 SGB II a.F. folgt nichts anderes, weil diese gerade mit den schon oben dargestellten erheblichen Systemunterschieden zwischen dem Alg II und der Alhi begründet wurde (BSG vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - RdNr. 10).

Die weiteren zahlreichen Einnahmen, insbesondere Nachzahlungen, die nach der Rechtsprechung des BSG im Unterschied zu der vorliegenden Nachzahlung nach dem AsylbLG als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II a.F. oder jetzt nach § 11a Abs. 1 Satz 1 SGB II n.F. zu berücksichtigen sind, stammen nicht aus einem mit den drei Existenzsicherungssystemen SGB II, SGB XII und AsylbLG vergleichbaren Rechtsgrund, sodass aus ihnen nichts für die Beurteilung von Leistungen nach dem AsylbLG hergeleitet werden kann (vgl. nur BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 19: Krankengeld; BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R - BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 24: Abfindung aufgrund arbeitsgerichtlichen Vergleichs; BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, RdNr. 18: Einkommensteuererstattung; bestätigt in BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 57; BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 39: Auflösung einer Ansparrücklage).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.