Bundessozialgericht - B 14 AS 38/12 R - Urteil vom 17.10.2013
Wenn eine einmalige Einnahme tatsächlich im neuen Bewilligungszeitraum nicht mehr zur Verfügung steht, kommt ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Betracht. Es kommt nämlich bei Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen in einem abschließenden Prüfungsschritt darauf an, ob zugeflossenes Einkommen als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dies gilt auch bei Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme über einen Verteilzeitraum hinweg ohne Einschränkungen. Hiernach muss zwar der Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldentilgung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Artikel 1 i.V.m. Artikel 20 Grundgesetz nicht vereinbar. Diesem Gedanken folgt das gesetzgeberische Grundprinzip, dass Einkommen nicht "fiktiv" berücksichtigt werden darf, sondern tatsächlich geeignet sein muss, Hilfebedürftigkeit zu beseitigen.
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von August 2009 bis Januar 2010 unter Berücksichtigung einer im vorangegangenen Bewilligungszeitraum zugeflossenen einmaligen Einnahme als Einkommen.
Den miteinander verheirateten, 1960 und 1967 geborenen Klägern zu 1 und 3 und ihren 1989, 1991 und 1993 geborenen Kindern - den Klägern zu 2, 4 und 5 - waren für Februar bis Juli 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt worden. Für den Zeitraum ab März 2009 rechnete das beklagte Jobcenter auf diese Leistungen aus einer erwarteten und am 3.3.2009 tatsächlich zugeflossenen Abfindung aus einem arbeitsrechtlichen Vergleich in Höhe von 13 049,42 Euro für den Kläger zu 1 monatliche Beträge von 1000 Euro als dessen Einkommen an, bereinigte dieses um Absetzbeträge und kündigte an, die Anrechnung über einen Zeitraum von elf Monaten zu verteilen (Bescheide vom 11.2.2009, 24.6.2009 und 27.10.2009). Entsprechend nahm der Beklagte auf den Fortzahlungsantrag der Kläger für den im Streit stehenden Zeitraum von August 2009 bis Januar 2010 eine Anrechnung in Höhe von monatlich jeweils 1000 Euro bis Dezember 2009 und von zunächst 418,99 Euro und schließlich 646,31 Euro für Januar 2010 vor und bereinigte dieses Einkommen um Absetzbeträge (als "Änderung" ausgewiesener Bescheid vom 28.7.2009; Änderungsbescheid vom 29.10.2009; Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009, zugestellt am 3.11.2009; Änderungsbescheid vom 4.11.2009 für die Zeit vom 1.8.2009 bis 31.1.2010).
Die am 26.11.2009, 27.11.2009 und 3.12.2009 erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) Dortmund, gerichtet gegen den Bescheid vom 28.7.2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2009 und des Änderungsbescheids vom 4.11.2009, und die Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen blieben ohne Erfolg (Urteil des SG vom 23.6.2010; Urteil des LSG vom 1.2.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dem monatlichen Gesamtbedarf der Kläger aus den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und den zwischen den Beteiligten unstreitigen Kosten für Unterkunft und Heizung hätten neben dem (bereinigten) Einkommen der Klägerinnen zu 3 und 4 und dem Kindergeld für die Kläger zu 2, 4 und 5 auch monatliche Beträge von 1000 Euro (August 2009 bis Dezember 2009) bzw. 646,31 Euro (Januar 2010) aus der im März 2009 zugeflossenen Abfindungszahlung gegenübergestanden. Diese sei auch im folgenden Bewilligungsabschnitt als Einkommen i.S. von § 11 Abs. 1 SGB II und nicht als Vermögen i.S. von § 12 SGB II zu berücksichtigen (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R - RdNr. 14 ff). Die Dauer des Verteilzeitraums von elf Monaten sei angemessen. Daraus, dass die Kläger den Erstattungsbetrag nach ihren Angaben bis Juli 2009 für diverse Ausgaben (Fahrschule, Möbel, Zuwendungen an Verwandte, Urlaub) verwendet hätten, folge nichts anderes. Der Leistungsberechtigte, der seine Selbsthilfeobliegenheit und die hieraus resultierende Verpflichtung missachte, jegliches Einkommen zuvörderst zur Sicherung des Lebensunterhalts der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen, könne nicht unter Berufung hierauf besser gestellt werden als ein Leistungsberechtigter, der seinen Obliegenheiten nach dem SGB II nachkomme.
Mit ihren Revisionen hiergegen rügen die Kläger die Verletzung von § 9 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 11 Abs. 1 SGB II. Zwar sei die Abfindung zu berücksichtigendes Einkommen. Seit August 2009 seien die Mittel aber tatsächlich nicht mehr vorhanden gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG bestehe Hilfebedarf immer dann, wenn ein Bedarf faktisch nicht gedeckt werden könne (Verweis auf Urteil vom 31.10.2007 - B 14/7b AS 42/06 R). Stelle sich bei erneuter Antragstellung heraus, dass das Einkommen verbraucht sei, habe eine nur fiktive Anrechnung zu unterbleiben. Ein existenzsichernder Anspruch auf Leistungen bestehe im Grundsatz auch, wenn die Notlage etwa bei Verweigerung zumutbarer Arbeit, bei unwirtschaftlichem Verhalten oder mutwilliger Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit selbst herbeigeführt worden sei. Eine fiktive Einkommensberücksichtigung verletze das Sozialstaatsprinzip.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. Februar 2012 und des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Juni 2010 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 28. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2009 sowie des Änderungsbescheids vom 4. November 2009 zu ändern und ihnen vom 1. August 2009 bis zum 31. Januar 2010 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
II
Die Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob die Kläger im streitigen Zeitraum vom 1.8.2009 bis zum 31.1.2010 Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben. Zutreffend rügen sie, dass weitergehende Hilfebedürftigkeit i.S. des § 9 Abs. 1 SGB II nicht schon deshalb verneint werden darf, weil ihnen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum eine einmalige Einnahme zugeflossen ist.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 28.7.2009 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 29.10.2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2009 und des Änderungsbescheids vom 4.11.2009, gegen die sich die Kläger mit ihren kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) wenden. Im Streit stehen damit höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Zeitraum von August 2009 bis Januar 2010. Die Kläger machen mit ihrem Vorbringen, es sei die im März 2009 zugeflossene Abfindung nicht als Einkommen zu berücksichtigen, sowohl höhere Regelleistungen als auch höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend.
2. Die Kläger zu 1 und 3 als erwerbsfähige, verheiratete Hilfebedürftige (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) und die Kläger zu 2, 4 und 5, die als deren gemeinsame Kinder mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (vgl. § 7 Abs. 2, 3 SGB II), haben dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. §§ 19, 28 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: SGB II a.F.)). Wegen der Höhe ihrer Ansprüche ist zunächst der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft aus dem Bedarf jeder einzelnen Person zu ermitteln und sodann das zu berücksichtigende Einkommen (vgl. § 9 Abs. 1 i.V.m. § 11 SGB II) im Verhältnis der Einzelbedarfe zum Gesamtbedarf zu verteilen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Entgegen der Auffassung des LSG ist der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft vorliegend allerdings nicht zusammengesetzt aus einem Bedarf der Eltern in Höhe von jeweils 323 Euro, und der Kläger zu 2, 4 und 5 in Höhe von 287 Euro sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung. Das zugeflossene Kindergeld ist nämlich nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. ausschließlich zur Bedarfsdeckung der Kinder heranzuziehen und also vorab von ihren Bedarfen abzusetzen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 4 RdNr. 24). Dies wird das LSG bei der erneuten Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach Zurückverweisung des Rechtsstreits zu beachten und dabei ebenso den Bedarf für Unterkunft und Heizung festzustellen haben.
Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 SGB II hat das LSG dem nach § 11 SGB II zu berücksichtigenden Gesamteinkommen Anteile in Höhe von 1000 Euro (August 2009 bis Dezember 2009) bzw. 646,31 Euro (Januar 2010) aus der dem Kläger zu 1 im März 2009 zugeflossenen Abfindung hinzugerechnet. Dabei hat es letztlich offen gelassen, ob der Vortrag der Kläger zutreffend ist, die gezahlte Abfindung sei bereits vor Beginn des Bewilligungsabschnitts verbraucht gewesen. Vielmehr hat es die Auffassung vertreten, die Anteile aus der Abfindung seien aus rechtlichen Gründen monatlich als Einkommen zu berücksichtigen. Diese Auffassung hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
3. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 RdNr. 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, RdNr. 18). Zutreffend hat das LSG ausgeführt, dass sich die einmalige Einnahme damit im Zeitpunkt des Zuflusses als Einkommen darstellte. Diesen Charakter als Einkommen verliert eine einmalige Einnahme auch nach erneuter Antragstellung im nachfolgenden Bewilligungszeitraum nicht. Die rechtliche Wirkung des "Zuflussprinzips" endet nicht mit dem Monat des Zuflusses, sondern erstreckt sich über den gesamten Zeitraum, auf den das Einkommen (vorliegend nach § 2 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) i.d.F. vom 17.12.2007; vgl. jetzt § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II i.d.F. des Artikel 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfsermittlungsgesetz) vom 24.3.2011, BGBl I 453 - neue Fassung (n.F.)) aufgeteilt wird, den sog "Verteilzeitraum" (vgl. nur BSG Urteile vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, RdNr. 21 und - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 16 RdNr. 28 sowie Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R - juris RdNr. 25). Auch insoweit entsprechen die Ausführungen des LSG dieser Rechtsprechung uneingeschränkt.
Eine Festlegung, ob die Verteilung der einmaligen Einnahme nach § 2 Abs. 4 Alg II-V vorliegend über elf Monate zu erfolgen hatte oder ein kürzerer Zeitraum angezeigt war (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F., der eine Verteilung über sechs Monate vorsieht; zur alten Rechtslage etwa BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 40 RdNr. 32; Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 47 RdNr. 30), braucht im derzeitigen Stand des Verfahrens nicht zu erfolgen. Die Feststellungen des LSG im Übrigen lassen schon nicht den Schluss zu, der Bedarf der Kläger sei im Zeitraum von August 2009 bis Januar 2010 jeweils monatlich in der von dem Beklagten angenommenen Höhe gedeckt. Wenn die einmalige Einnahme, was die Kläger vortragen, tatsächlich im neuen Bewilligungszeitraum nicht mehr zur Verfügung stand, kommt - entgegen der Auffassung des LSG - schon von daher ein höherer Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Betracht. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt es nämlich bei Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen in einem abschließenden Prüfungsschritt darauf an, ob zugeflossenes Einkommen als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dies gilt auch bei Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme über einen Verteilzeitraum hinweg ohne Einschränkungen (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 57, RdNr. 13 ff m.w.N.).
Hiernach muss zwar der Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 18 RdNr. 25). Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldentilgung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Artikel 1 i.V.m. Artikel 20 Grundgesetz nicht vereinbar (vgl. nur Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breith 2005, 803 = juris RdNr. 28). Diesem Gedanken folgt das gesetzgeberische Grundprinzip, dass Einkommen nicht "fiktiv" berücksichtigt werden darf, sondern tatsächlich geeignet sein muss, Hilfebedürftigkeit zu beseitigen (BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 57, RdNr. 14 m.w.N.).
Hieran ist festzuhalten. Schon vor der Entscheidung des erkennenden Senats vom 29.11.2012 hatte der 4. Senat am Beispiel der Berücksichtigung schwankender Einnahmen ebenso darauf hingewiesen, dass es auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" ankommt (vgl. Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 39, RdNr. 29 m.w.N.). Nunmehr hat er sich dem Ausspruch vom 29.11.2012 für die vorliegende Fallgestaltung ausdrücklich angeschlossen (Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 62 RdNr. 31, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der vorzeitige Verbrauch laufender Einnahmen einen nachträglich höheren Leistungsanspruch im Zuflussmonat ebenfalls nicht zu begründen vermöge und in diesem Fall neben der Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen (§ 23 Abs. 2 SGB II a.F., § 24 Abs. 2 SGB II n.F.) nur eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht komme. Dabei kann offen bleiben, ob das überhaupt zutrifft. Vorliegend ist nämlich nicht zu entscheiden, ob der Verbrauch laufender Einnahmen vor Ablauf des Monats, in dem sie zugeflossen sind, als wesentliche Änderung i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch anzusehen ist und mithin nachträglich Leistungsansprüche entstehen würden. Denn hier stand die Abfindung nach dem Vortrag der Kläger schon zu Beginn des neuen Bewilligungszeitraums nicht mehr zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung. In solcher Lage ist für eine darlehensweise Leistungsgewährung schon im Ansatz kein Raum, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 29.11.2012 (a.a.O.) im Einzelnen dargelegt hat: Weder ist ein nur einmaliger Bedarf i.S. von § 23 Abs. 1 SGB II a.F. zu decken (nunmehr § 24 Abs. 1 SGB II n.F.) noch kommt die darlehensweise Gewährung von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei zu erwartendem Zufluss von Einkommen in Betracht (§ 23 Abs. 4 SGB II a.F.; nunmehr § 24 Abs. 4 SGB II n.F.; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R, a.a.O., RdNr. 19-20 m.w.N.).
Damit ist auch bei der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen über einen Verteilzeitraum hinweg auf entsprechenden Vortrag des Leistungsberechtigten hin zu überprüfen, ob die auf diesen Zeitraum bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächliche Einnahmesituation im Bedarfszeitraum zutreffend widerspiegelt. Diese Prüfung wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits nachzuholen haben. Im Hinblick auf die Erhöhung des Anrechnungsbetrags für Januar 2010 von zunächst 418,99 Euro auf zuletzt 646,31 Euro durch den Änderungsbescheid vom 4.11.2009 wird dabei auch zu berücksichtigen sein, dass eine dem vorangehende Anhörung der Kläger nicht festgestellt worden ist und die höhere Anrechnung auf zuvor bewilligte Leistungen insoweit daher schon verfahrensrechtlich mangelbehaftet sein dürfte.
4. Kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass entsprechend dem Vortrag der Kläger die im März 2009 zugeflossene Abfindung zur Sicherung des Lebensunterhalts im hier im Streit stehenden Verteilzeitraum nicht mehr zur Verfügung stand und mithin Hilfebedürftigkeit herbeigeführt worden ist, kann das einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen; das hat der Senat bereits mit der Entscheidung vom 29.11.2012 ausgesprochen und mit Urteil vom 16.4.2013 nochmals bekräftigt (B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr. 2 RdNr. 22). Insbesondere wenn dem Leistungsberechtigten aus vorangegangenen Bezugszeiträumen oder nach entsprechender Aufklärung durch den Träger der Grundsicherung, die insbesondere bei sog Aufstockern mit laufendem und einmaligen Erwerbseinkommen angezeigt erscheint, bekannt ist oder bekannt sein musste, in welcher Weise der Einsatz einer einmaligen Einnahme von ihm erwartet wird, kann bei entgegenstehendem Verhalten ein solcher Anspruch entstehen (zu den Voraussetzungen des § 34 SGB II im Einzelnen BSG Urteil vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr. 1, RdNr. 16 ff). Von Bedeutung kann deshalb hier sein, dass die Kläger schon mit Bescheid vom 11.2.2009 über die Absicht des Beklagten informiert worden sind, die schließlich im März 2009 tatsächlich zugeflossene Abfindung über einen Zeitraum von elf Monaten und damit auch noch in dem hier im Streit stehenden Bewilligungszeitraum auf die Grundsicherungsleistungen anzurechnen.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.