Gründe:

I

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der Künstlersozialversicherung (KSV) über den 30.6.2010 hinaus, soweit es um die Kranken- und Pflegeversicherung geht.

Die 1957 geborene Klägerin wurde von der beklagten Künstlersozialkasse wegen ihrer Tätigkeit als freiberufliche Journalistin und Lektorin mit Wirkung ab 1.6.1988 in alle Zweige der KSV aufgenommen (Feststellungsbescheid vom 5.12.1988). Die Klägerin ist ehrenamtliches Mitglied des Rates der Stadt D. und seit Oktober 2007 Fraktionsvorsitzende ihrer Partei. In diesen Funktionen erhielt sie Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder und Ersatz für Verdienstausfall nach den Vorschriften der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfahlen (GemO NW). Der Verdienstausfall wegen der Teilnahme an den Rats- und Ausschusssitzungen wurde jeweils anhand des Einkommens des Vorjahres berechnet, wobei sie in der Regel den Höchstsatz von 30 Euro pro Stunde erhielt. Die Verdienstausfallentschädigung verwandte sie für eigene Zwecke. Von den Sitzungsgeldern und Aufwandsentschädigungen behielt sie monatlich insgesamt nur 350 Euro für sich. Die darüber hinausgehenden Beträge spendete sie entsprechend der Beitrags- und Kassenordnung ihres Kreisverbandes an die Partei.

Die Klägerin erhielt ab 2004 als Ersatz für Verdienstausfall jährliche Beträge zwischen 7230 und 15 553,20 Euro, jährliche Aufwandsentschädigungen zwischen 4824 und 11 278 Euro sowie Sitzungsgelder zwischen 1881 und 3774 Euro. Bei allen Zahlungen unterlag jeweils der steuerpflichtige Betrag als "Einnahme aus sonstiger selbständiger Tätigkeit" der Einkommensteuerpflicht. Das zu versteuernde Jahreseinkommen der Klägerin betrug aus selbstständiger publizistischer Tätigkeit zwischen 25 256 und 37 676 Euro und aus selbstständiger nicht publizistischer Tätigkeit zwischen 680 und 11 050 Euro.

Die Beklagte stellte nach vorheriger Anhörung der Klägerin das Ende ihrer Versicherungspflicht und Zuschussberechtigung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Kranken- und Pflegeversicherung zum 30.6.2010 fest. Da die Klägerin als Ratsmitglied mehr als nur geringfügige Einkünfte i.S. des § 8 SGB IV aus einer nicht publizistischen selbstständigen Tätigkeit erziele, sei sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG in der gesetzlichen Krankenversicherung und nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 KSVG in der sozialen Pflegeversicherung versicherungsfrei. Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bleibe bestehen, da das aus der kommunalpolitischen Tätigkeit erzielte Arbeitseinkommen nicht die Hälfte der geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung erreiche (Bescheid vom 25.6.2010, Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010).

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.12.2012). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 13.11.2014): Die ehrenamtliche Tätigkeit der Klägerin als Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzende stelle eine selbstständige Tätigkeit nicht publizistischer Art i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG dar. Bei einem Ehrenamt sei die Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts in der kommunalen Verfassung des jeweiligen Bundeslands vorzunehmen. Die Klägerin nehme im Rahmen ihrer kommunalpolitischen Tätigkeit keine Verwaltungsaufgaben der Exekutive wahr und sei bei der Mandatswahrnehmung nicht weisungsgebunden (vgl. § 40 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1 GemO NW). Auch als Fraktionsvorsitzende handele sie rechtlich weisungsfrei. Die Klägerin nehme ihre ehrenamtliche selbstständige Tätigkeit nicht unentgeltlich wahr, sondern erhalte hierfür nach der GemO NW Ersatz für Verdienstausfall, Aufwandsentschädigung und Sitzungsgeld. Die Tätigkeit übe sie auch zum Zweck des "Broterwerbs" und damit erwerbsmäßig aus. Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte seien die Einkünfte von Ratsmitgliedern nach der GemO NW gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) Einkünfte aus einer "sonstigen selbständigen Tätigkeit", auch wenn die Gewinnerzielung nur ein Nebenzweck sei und gegenüber dem politischen Auftrag in den Hintergrund trete. Dieser Maßstab sei auch bei der Beurteilung der Erwerbsmäßigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG zugrunde zu legen. Die zunächst den Schwerpunkt ihres Einkommens ausmachenden Einkünfte aus publizistischer Tätigkeit seien seit 2004 um ca. ein Drittel gesunken. Die Einkünfte aus der Ratstätigkeit seien im Gegenzug proportional angestiegen, machten seit 2007 etwa ein Drittel des Gesamteinkommens aus und überschritten die Schwelle der Geringfügigkeit von seinerzeit 400 Euro monatlich (§ 8 SGB IV). Da der Klägerin als Gläubigerin sämtliche Zahlungen auf ihrem Konto zuflössen, seien sie unabhängig von ihrer späteren Verwendung, z.B. als Partei- oder Fraktionsspenden, in voller Höhe als regelmäßiges Arbeitseinkommen zu werten. Der Verlust der kostengünstigen sozialen Absicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG wegen der Einkünfte aus der kommunalpolitischen Tätigkeit verstoße weder gegen Verfassungsrecht (Artikel 3 Abs. 1 GG) noch gegen mandatsschützende Vorschriften des Landesrechts (§ 44 Abs. 1 GemO NW).

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG. Aus dem Umstand, dass sie in ihrer ehrenamtlichen Ratstätigkeit nicht weisungsgebunden sei und damit keine unselbstständige Tätigkeit ausübe, könne nicht geschlossen werden, dass es sich um eine im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständige Tätigkeit handele. Eine Betätigung in kommunalrechtlichen Vertretungskörperschaften sei vielmehr "sozialrechtlich irrelevant". Daraus zufließende Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen begründeten unabhängig von der steuerrechtlichen Bewertung deshalb nicht den Status einer erwerbsmäßig ausgeübten selbstständigen Tätigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 1 KSVG. Zudem stelle der Ersatz für den Verdienstausfall keine eigenständige Einnahmequelle aus der ehrenamtlichen Arbeit dar. Deshalb müsse diese Ersatzleistung auch sozialversicherungsrechtlich so behandelt werden wie das Arbeitseinkommen aus freiberuflicher publizistischer Tätigkeit, das ohne Ratsarbeit in dieser Zeit voraussichtlich erzielt worden wäre. Die vom LSG vorgenommene Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG sei weder mit den Bestimmungen der GemO NW noch mit dem GG vereinbar. Die Regelungen der §§ 43 bis 45 GemO NW seien Ausdruck des Schutzes des ehrenamtlichen Mandats. Es sei mit der gesellschaftlich gewünschten ehrenamtlichen Mandatswahrnehmung in kommunalen Parlamenten und ihrer verfassungsrechtlichen Legitimation (Artikel 28 und 38 GG) nicht zu vereinbaren, dass durch Ausübung dieses Ehrenamtes sozialversicherungsrechtlich ein Nachteil gegenüber der Nichtwahrnehmung eines solchen Mandats entstehe. Es liege auch ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG vor. Als freiberufliche Publizistin werde sie im Vergleich zu anderen Personen benachteiligt, bei denen sich durch die ehrenamtliche Ratstätigkeit der sozialversicherungsrechtliche Status nicht ändere.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 2014 und des Sozialgerichts Dortmund vom 4. Dezember 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2010 aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Senat hat die klagabweisenden vorinstanzlichen Urteile sowie den die Versicherungsfreiheit der Klägerin in der Kranken- und Pflegeversicherung feststellenden Bescheid der Beklagten vom 25.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.12.2010 aufgehoben. Der Bezug von Verdienstausfallentschädigung, Aufwandsentschädigung und Sitzungsgeld durch die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzende im Stadtparlament von D. führt nicht zur Beendigung ihrer Kranken- und Pflegeversicherung in der KSV.

1. Zutreffend hat die Klägerin ihr Anliegen der Sicherung einer ununterbrochenen Versicherungspflicht in der KSV durch eine reine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG geltend gemacht (BSG SozR 4-5425 § 3 Nr. 3 RdNr. 10). Durch die Aufhebung des das Ende der Versicherungspflicht feststellenden Bescheids der Beklagten behält der die Versicherungspflicht nach dem KSVG umfassend feststellende Bescheid der Beklagten vom 5.12.1988 über den 30.6.2010 hinaus seine Wirksamkeit.

2. Der Bescheid der Beklagten vom 25.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Rechtsgrundlage des Anfechtungsbegehrens ist § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG in der hier maßgeblichen Fassung von Artikel 12 des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) vom 26.5.1994 (BGBl I 1014).

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG ist in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung versicherungsfrei, wer eine nicht unter § 2 KSVG fallende, also eine nicht künstlerische oder nicht publizistische selbstständige Tätigkeit erwerbsmäßig ausübt, es sei denn, diese ist geringfügig i.S. des § 8 SGB IV. Dem Versicherungsfreiheitstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG liegt die Erwägung zugrunde, dass Künstler oder Publizisten, die zusätzlich eine anderweitige selbstständige Erwerbstätigkeit in nicht nur geringfügigem Umfang ausüben, wegen der Einkünfte aus dieser Tätigkeit typischerweise für den Krankheits- und Pflegefall gesichert sind und deshalb des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes der KSV nicht mehr bedürfen (vgl. dazu Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl. 2009, § 5 RdNr. 19).

3. Bei der Tätigkeit der Klägerin als Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzende handelt es sich um eine nicht unter § 2 KSVG fallende selbstständige Tätigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG.

a) Eine die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG ausschließende abhängige Beschäftigung lag hier weder unter sozialversicherungsrechtlichen noch unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten vor. Nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 SGB IV stehen ehrenamtlich Tätige in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, wenn sie dabei (auch) dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten (vgl. zum ehrenamtlich Beigeordneten einer Gemeinde mit eigenem Geschäftsbereich: BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr. 5 S 26, zum kommunalen Ehrenbeamten (Ortsvorsteher) BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 11 S 60, zum ehrenamtlichen Ortsbürgermeister: BSG SozR 2200 § 1248 Nr. 41 S 103 f, zum ehrenamtlichen Bürgermeister: BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 RdNr. 15). Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall; sie nimmt weder als Ratsmitglied noch als Vorsitzende einer Fraktion im Stadtparlament Verwaltungsaufgaben der Exekutive wahr und sie ist nicht weisungsgebunden. Dabei begegnet es keinen Bedenken, dass das LSG für die diesbezügliche Beurteilung maßgeblich auf den von ihm festgestellten und damit grundsätzlich bindenden Inhalt der nicht revisiblen Vorschriften der GemO NW (vgl. § 162 SGG) abgestellt hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 RdNr. 15). Auch in steuerrechtlicher Hinsicht ist die ehrenamtliche Tätigkeit der Klägerin als Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzende nicht als "nichtselbstständige Arbeit" i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG einzustufen (vgl. u.a. BFHE 151, 446; Brand in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz, Stand 11/2010, § 18 Anm. 275).

b) Die ehrenamtliche Tätigkeit als Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzende stellt eine selbstständige Tätigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG dar. Dies ergibt sich aus § 15 SGB IV. Zwar wird in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG - anders als in § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG - im Wortlaut nicht der in § 15 Abs. 1 SGB IV definierte Begriff des "Arbeitseinkommens" erwähnt. Die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 SGB IV ergibt sich für § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG aber aus der Bezugnahme auf die Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 SGB IV. § 8 Abs. 3 SGB IV stellt hinsichtlich der Geringfügigkeit einer selbstständigen Tätigkeit auf das Arbeitseinkommen i.S. des § 15 SGB IV ab (Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 8 SGB IV RdNr. 70; Knospe in Hauck/Noftz, SGB, Stand 03/14, § 8 SGB IV RdNr. 54). Die Anwendbarkeit des § 15 SGB IV ergibt sich ferner aus der ebenfalls die Versicherungspflicht ausschließenden Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 1 SGB V. Danach ist nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtig, wer hauptberuflich "selbstständig erwerbstätig" ist. Bei der Abwägung, ob eine selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird, ist wiederum auf die Gewinnermittlungsvorschrift des § 15 SGB IV abzustellen (vgl. BSG SozR 3-5420 § 3 Nr. 3 S 20).

c) Die Regelung des § 15 Abs. 1 SGB IV, wonach Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit ist, stellt die Parallelität zwischen Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht in materiell-rechtlicher Hinsicht her (vgl. Gesetzesbegründung zum Agrarsozialreformgesetz 1995 (ASRG 1995) BT-Drucks 12/5700 S 92). Maßgeblich für die Einordnung als Arbeitseinkommen ist folglich, was nach dem Einkommensteuerrecht als Einkommen bewertet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, BSG SozR 4-5425 § 3 Nr. 3 RdNr. 21). Dabei ist der Begriff des Arbeitseinkommens i.S. des § 15 SGB IV nicht immer deckungsgleich mit demjenigen der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 18 EStG (BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr. 2 jeweils RdNr. 22; vgl. auch Mette in BeckOK, Stand 1.12.2015, § 15 SGB IV RdNr. 5). Ausnahmsweise sind z.B. Einkünfte, die zivilrechtlich aus Vermietung und Verpachtung resultieren, dann als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu werten (und somit Arbeitseinkommen), wenn die Vermietung und Verpachtung sich als unselbstständiger Teil einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit darstellt und von dieser nicht zu trennen ist, weil auch der Gewerbebetrieb mit dem verpachteten Gegenstand "wirtschaftet" (vgl. Zieglmeier in KassKomm, Stand 9/2015, § 15 SGB IV, RdNr. 17 mit weiteren Beispielen). Hier ist eine solche Diskrepanz jedoch nicht gegeben.

d) Bei der Aufwandsentschädigung, dem Sitzungsgeld und der Verdienstausfallentschädigung handelt es sich um Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Volksvertretungen unterliegen mit den ihnen gewährten Entschädigungen grundsätzlich der Einkommensteuer. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BFH eine Tätigkeit der Einkunftsart "selbständige Arbeit" nur dann zugeordnet werden, wenn sie der Erzielung positiver Einkünfte dient. Diese Voraussetzung ist jedoch auch bei der ehrenamtlichen Tätigkeit in einer kommunalen Volksvertretung erfüllt, wie in der Rechtsprechung des BFH seit Langem anerkannt ist: "Man kann zwar davon ausgehen, dass die Ratsmitglieder ihre Tätigkeit in erster Linie deshalb ausüben, um ihrem politischen Auftrag gerecht zu werden und die Absicht, hierfür Vergütungen zu erzielen, dabei in den Hintergrund tritt. Für die Annahme einer selbständigen Arbeit genügt es indessen, dass die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist. Dies ist jetzt ausdrücklich in § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG für die gewerblichen Einkünfte ausgesprochen; für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gilt nichts anderes" (zu der Aufwandsentschädigung eines ehrenamtlich tätigen Bürgermeisters vgl. BFHE 151, 446; zum ehrenamtlichen Ratsmitglied und stellv. Bürgermeister vgl. BFH Beschluss vom 13.6.2013 - III B 156/12 - Juris).

4. Die Klägerin übt ihre selbstständige Tätigkeit als ehrenamtliches Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzende jedoch nicht "erwerbsmäßig" i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG aus. Der Begriff der Erwerbsmäßigkeit findet sich auch in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KSVG, wonach nur die erwerbsmäßig ausgeübte künstlerische oder publizistische Tätigkeit zur Versicherungspflicht nach dem KSVG führt. Zu dem Begriff der Erwerbsmäßigkeit in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KSVG hat der Senat ausgeführt, dieses Merkmal solle zum Ausdruck bringen, dass die künstlerische oder publizistische Tätigkeit "zum Zwecke des Broterwerbs" und nicht nur aus reiner Liebhaberei ausgeübt werden muss, um die Versicherungspflicht in der KSV auslösen zu können (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 12 S 52). Diese Auslegung ist auch auf § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG zu übertragen. Sowohl in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG als auch in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KSVG wird die erwerbsmäßige Ausübung der selbstständigen Tätigkeit gefordert (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 KSVG i.d.F. vom 27.7.1981 enthielt sogar auch noch die § 1 Abs. 1 Nr. 1 KSVG entsprechende Formulierung "nicht nur vorübergehend"). Es ist nicht davon auszugehen, dass innerhalb eines Gesetzes der gleiche Begriff unterschiedlich ausgelegt werden soll. Dabei ist bei Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit erwerbsmäßig ausgeübt wird, die Höhe des Einkommens nicht ausschlaggebend. Denn wenn der Gesetzgeber die Erwerbsmäßigkeit aufgrund nur geringer Einnahmen hätte verneinen wollen, hätte es der Geringfügigkeitsgrenze in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG nicht bedurft. Auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, die unter 400 Euro bzw. heute 450 Euro (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV i.d.F. des Gesetzes vom 5.12.2012, BGBl I 2474) liegen, schließen deshalb eine Erwerbsmäßigkeit nicht aus. Abzustellen ist vielmehr auf den Zweck der Tätigkeitsausübung ("Broterwerb").

a) Dem in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG enthaltenen Tatbestandsmerkmal der Erwerbsmäßigkeit kommt nicht die gleiche Bedeutung zu wie der - steuerrechtlich zu prüfenden - Gewinnerzielungsabsicht (Überschusserzielungsabsicht). Dies ergibt sich schon daraus, dass es andernfalls des Tatbestandsmerkmals der Erwerbsmäßigkeit nicht bedürfte, da die steuerrechtliche Gewinnerzielungsabsicht über § 15 SGB IV ohnehin geprüft wird. Während es bezogen auf die steuerrechtlich relevante Gewinnerzielungsabsicht ausreichend ist, wenn die Ratsmitglieder ihre Tätigkeit zwar in erster Linie deshalb ausüben, um ihrem politischen Auftrag gerecht zu werden und die Absicht, hierfür "Vergütungen" zu erzielen, dabei in den Hintergrund tritt, genügt dies für den Begriff der Erwerbsmäßigkeit in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG nicht. Das Ende der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem KSVG soll nur dann eintreten, wenn die andere selbstständige Tätigkeit von ihrem eigentlichen Zweck her, also nicht bloß als Nebenzweck, auf den "Broterwerb" gerichtet ist. Das Tatbestandsmerkmal der Erwerbsmäßigkeit schließt damit unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeiten vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG grundsätzlich aus.

b) Eine solche, nicht in erster Linie finanziell motivierte Tätigkeit übt die Klägerin aus. Die kommunale Volksvertretung ist in Nordrhein-Westfalen bezogen auf die Ratsmitglieder als Ehrenamt ausgestaltet. Dem Ehrenamt liegt der Grundsatz der Unentgeltlichkeit zugrunde. Anders als z.B. die Abgeordnetentätigkeit im Bundestag, die gemäß § 11 Abs. 1 Abgeordnetengesetz eine an der Besoldung eines Richters an einem obersten Gericht des Bundes (R6) "orientierte" Entschädigung nach sich zieht und deshalb auf die Sicherung des Lebensunterhalts gerichtet ist, soll die Tätigkeit als Ratsmitglied in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich nicht die bisherige Berufstätigkeit und den damit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Status ablösen.

c) Die Qualifizierung der Tätigkeit im Rat einer Stadt als "ehrenamtlich" ist auch der Sache nach (noch immer) zutreffend. Insoweit gilt etwas anderes als z.B. für die Entschädigung der Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄV, § 77 SGB V) in der Zeit bis 2004. Diese übten ihre Funktion in der Realität hauptberuflich aus und erhielten kumuliert Zahlungen, die nicht hinter den Beträgen zurückblieben, die die KÄVen für eine hauptamtlich ausgeübte Tätigkeit hätten aufwenden müssen: die Qualifizierung als "Ehrenamt" sollte nur ermöglichen, dass die Vorstandsvorsitzenden weiterhin vertragsärztlich tätig sein konnten (BSGE 86, 203 = SozR 3-2500 § 80 Nr. 4). Eine solche zielgerichtete "Falschetikettierung" liegt bei der Qualifizierung der Mitgliedschaft im Rat einer Stadt als "Ehrenamt" nicht vor.

Die Klägerin erhält zwar - neben dem Ersatz für Verdienstausfall nach § 45 GemO NW - in ihrer Eigenschaft als Fraktionsvorsitzende gemäß § 46 GemO NW eine "angemessene Aufwandsentschädigung". Nach § 1 Abs. 2b) der Entschädigungsverordnung i.d.F. vom 5.5.2014 (EntschVO) kann der Klägerin gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld 433,40 Euro (Aufwandsentschädigung) und 17,80 Euro (Sitzungsgeld) gezahlt werden. Die Klägerin hat zudem als Fraktionsvorsitzende gemäß § 3 EntschVO Anspruch auf den zweifachen Satz der Aufwandsentschädigung nach § 1 EntschVO. Inwiefern sie diese Beträge, die nach den Feststellungen des LSG zumindest seit 2007 etwa ein Drittel ihres Gesamteinkommens ausmachten, zum Zwecke des Broterwerbs tatsächlich einsetzt, ist aber nicht ausschlaggebend. Obgleich die Aufwandsentschädigung nicht für Fahrt- oder Reisekosten aufgewandt werden muss (die Klägerin erhält als Ratsmitglied Fahrtkostenerstattung nach § 5 EntschVO und Reisekostenerstattung nach § 6 EntschVO), sind die genannten Zahlungen nicht als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gedacht, sondern lediglich dazu bestimmt, die mit der ehrenamtlichen, d.h. grundsätzlich unentgeltlichen Dienstleistung verbundenen Beschwernisse und finanziellen Einbußen pauschal auszugleichen. Sie stehen der Annahme der Unentgeltlichkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht entgegen (zur Entschädigung ehrenamtlicher Schulverbandsvorsteher: BVerwGE 95, 208 S 211 f).

Der vollständige Verzicht auf Zahlungen wie Verdienstausfallersatz und Aufwandsentschädigung hätte zur Folge, dass die über Artikel 28 Abs. 2 GG garantierte Funktion der kommunalen Selbstverwaltung, die auch in der Aktivierung bürgerschaftlicher Mitwirkung liegt (vgl. Hellermann in Epping/Hillgruber (Hrsg), BeckOK, Stand 1.12.2015, Artikel 28 GG RdNr. 31), nicht mehr gewährleistet wäre. Würden die mit der Wahrnehmung des Ratsmandats verbundenen Beschwernisse und finanziellen Einbußen nicht ausgeglichen, wäre eine grundsätzlich allen Einwohnern offenstehende ehrenamtliche Mitwirkung an der kommunalen politischen Gestaltung und Verwaltung nicht mehr gegeben. Realistisch betrachtet könnten nur noch Personen in größerem Umfang kommunalpolitisch tätig sein, die über erhebliches Vermögen verfügen oder bei denen andere Personen oder Institutionen (z.B. Arbeitgeber, Anwaltssozietät) den Ausfall an Arbeitskraft kompensieren, also Zeiten vergüten, in denen der Betroffene gerade nicht für das Unternehmen oder die Sozietät gearbeitet hat, und damit wirtschaftlich das ehrenamtliche Engagement eines Beschäftigten oder Sozietätskollegen wirtschaftlich subventionieren. Selbstständige, die allein von ihrer Tätigkeit leben, wären faktisch von einer zeitintensiven Mitwirkung im Rat einer größeren Stadt ausgeschlossen. Gleiches gilt, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit als erwerbsmäßig eingestuft und damit im Fall der Künstler und Publizisten zum Ende der Versicherungspflicht in der KSVG führen würde, obwohl die Aufwandsentschädigung nicht eine Bezahlung der Tätigkeit an sich darstellt. Die Aufwandsentschädigung nach § 45 Abs. 4 GemO NW hat den früheren, in § 30 Abs. 5 GemO NW a.F. geregelten Auslagenersatz für die einzelnen Tätigkeiten in pauschaler Form abgelöst. Hierdurch soll ohne Vorlage eines Nachweises im Einzelfall der gesamte finanzielle Aufwand abgegolten werden, der mit der Tätigkeit eines Ratsmitglieds erfahrungsgemäß verbunden ist (VG Düsseldorf Urteil vom 29.10.2010 - 1 K 8272/09 - Juris RdNr. 23). Auch daraus wird deutlich, dass mit den Zahlungen ein über eine bloße Aufwandsentschädigung hinausgehender Zweck, etwa der des Broterwerbs, nicht verbunden ist.

5. Die Feststellung, der Bezug von Verdienstausfallentschädigung, Aufwandsentschädigung und Sitzungsgeld bei ehrenamtlicher kommunaler Mandatswahrnehmung sei für die Versicherungspflicht eines Künstlers oder Publizisten nach dem KSVG unerheblich, weil es an der Erwerbsmäßigkeit der selbstständigen Tätigkeit fehlt (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Nr. 1 KSVG), bedeutet jedoch nicht, auch beitragsrechtlich seien diese Einkünfte ohne Bedeutung. Die Verdienstausfallentschädigungen sind - fiktiv - als Teil des Arbeitseinkommens aus selbstständiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit zu behandeln (§§ 3 und 12 KSVG).

a) Für die nach dem KSVG versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung, deren Beitragsanteile nach den §§ 16 und 16a KSVG zu berechnen sind, wird der Beitragsbemessung gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 SGB V der dreihundertsechzigste Teil des voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommens nach § 12 KSVG, mindestens jedoch der einhundertachtzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zugrunde gelegt. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KSVG haben Versicherte und Zuschussberechtigte der Künstlersozialkasse bis zum 1. Dezember eines Jahres das voraussichtliche Arbeitseinkommen, das sie aus der Tätigkeit als selbstständige Künstler und Publizisten erzielen, bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung für das folgende Kalenderjahr zu melden. Dabei ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG grundsätzlich versicherungsfrei in der KSV, wer in dem Kalenderjahr aus selbstständiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erzielt, das 3900 Euro nicht übersteigt. Arbeitseinkommen in diesem Sinne ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

b) Die Verdienstausfallentschädigungen sind hiernach dem Arbeitseinkommen aus künstlerischer bzw. publizistischer Tätigkeit zuzurechnen, weil sie die mit dem Zeitaufwand für die Mandatswahrnehmung verbundene Einbuße an - ansonsten erzielbaren - Honoraren für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen kompensieren soll und damit ein Surrogat für derartige Honorare darstellen. Die Klägerin hat deshalb in die jährlichen Meldungen über das voraussichtliche Arbeitseinkommen des Folgejahres auch die zu erwartenden Verdienstausfallentschädigungen einzubeziehen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 KSVG). Das in § 15 SGB IV sowie in den §§ 3 und 12 KSVG normierte Tatbestandsmerkmal der Einkommenserzielung "aus" einer selbstständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit ist, wie der Senat bereits entschieden hat (BSG Urteil vom 21.7.2011 - B 3 KS 5/10 R - BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr. 2 zum Online-Journalismus), weit auszulegen und erfasst alle Einkünfte, die mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit in einem direkten oder auch nur mittelbaren ursächlichen Zusammenhang stehen. Das ist bei dem Ersatz für den Verdienstausfall zu bejahen, zugleich aber bei den Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern ehrenamtlicher Mandatsträger zu verneinen; denn die Verdienstausfallentschädigung wird gerade nicht als Gegenleistung der Stadt für die Ratstätigkeit im Sinne eines Mandatsentgelts oder einer Mandatsvergütung gezahlt, wie es z.B. bei den Diäten von Bundestags- oder Landtagsabgeordneten der Fall ist. Die Stadt D. hat auf die an die Klägerin gezahlte Verdienstausfallentschädigung allerdings keine Künstlersozialabgabe zu entrichten, weil nach § 25 KSVG in die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe nur die Entgelte "für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen" einfließen, es danach also nicht schon ausreicht, dass die Verdienstausfallentschädigung an eine selbstständige Publizistin gezahlt wird.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.