Gründe:

I

Im Streit steht die Erbringung von Einstiegsgeld bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung für den Zeitraum vom 16.10.2009 bis 24.2.2010.

Der Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Familie bezogen laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 16.10.2009 beantragte er die Bewilligung von Einstiegsgeld nach § 16b SGB II. Am selben Tag nahm er eine Erwerbstätigkeit bei der Firma "Regionaler Versandservice der Eilbote" auf, für die ein Grundgehalt von 405 Euro auf Basis einer Arbeitszeit von 60 Stunden im Monat vereinbart war. Durch Bescheid vom 9.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2010 lehnte der Beklagte die Erbringung der beantragten Eingliederungsleistung ab. Er führte zur Begründung aus, dass der vom Kläger erzielte Stundenlohn mit 6,75 Euro ortsüblich sei. Die Gewährung von Einstiegsgeld an den Kläger hätte damit zur Folge, dass das Lohnabstandsgebot nicht gewahrt bleibe. Die Erbringung der Leistung würde zu einer Besserstellung des Klägers gegenüber nicht geförderten Arbeitnehmern führen.

Das SG hat die Klage hiergegen durch Urteil vom 15.3.2011 mit der Begründung abgewiesen, dass die vom Kläger verrichtete Tätigkeit keinerlei berechtigte Chance zur Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II biete. Es sei nicht erkennbar, dass dem Kläger perspektivisch in Aussicht gestellt worden sei, die wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden aufstocken zu können. Mit dem erzielten Bruttolohn könne er die Hilfebedürftigkeit jedoch nicht überwinden. Dies gelte umso mehr, als hiervon die Kosten für den Einsatz seines privaten Pkw in Abzug zu bringen seien. Ebenso wenig gebe es Anhaltspunkte dafür, dass der Bruttolohn in absehbarer Zeit habe erhöht werden sollen. Im Berufungsverfahren ist der Kläger ebenfalls erfolglos geblieben. Das LSG hat die Bewilligung von Einstiegsgeld nicht als erforderlich angesehen. Vor dem Hintergrund der programmatischen Kernaussagen des Grundsicherungsrechts in den §§ 1, 3 SGB II sei Erforderlichkeit nur dann gegeben, wenn die Eingliederungsleistung der Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit diene. Dazu müsse der Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden können. Dies sei vorliegend nicht der Fall (Urteil vom 17.7.2014).

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom BSG zugelassenen Revision. Nach seiner Auffassung ist das Einstiegsgeld zu gewähren, wenn es die Aufnahme oder Fortführung einer Beschäftigung unterstütze. Insoweit komme es nicht auf das Lohnabstandsgebot an. Auch sei nicht entscheidend, ob die Überwindung von Hilfebedürftigkeit im Sinne des Ausscheidens aus dem Leistungsbezug durch die Erwerbstätigkeit erreicht werde. Es genüge eine Verringerung dieser.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 17. Juli 2014 und des Sozialgerichts Meiningen vom 15. März 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm einen neuen Bescheid über die Erbringung von Einstiegsgeld für den Zeitraum vom 16. Oktober 2009 bis 24. Februar 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend.

 

II

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Der Beklagte hat die Erbringung von Einstiegsgeld i.S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II (i.d.F. des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917 m.W.v. 1.1.2009) an den Kläger zu Recht abgelehnt. Dahinstehen kann dabei, ob der Kläger rechtzeitig einen Antrag auf diese Eingliederungsleistung gestellt hat und leistungsberechtigt im Sinne der Vorschrift war. Denn die von ihm aufgenommene sozialversicherungspflichtige Beschäftigung diente prognostisch nicht zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit. Es kam daher entgegen der Auffassung des LSG auch nicht mehr darauf an, ob die Erbringung des Einstiegsgeldes prognostisch zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich war.

1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung zulässig; der Beschwerdewert von 750 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) war auch unter Berücksichtigung des nur vier Monate bestehenden Beschäftigungsverhältnisses wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - überschritten.

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist die Bewilligung von Einstiegsgeld nur noch für die Zeitdauer, in der das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma "Regionaler Versandservice der Eilbote" bestand (16.10.2009 bis 24.2.2010), die der Beklagte bereits vor deren Beendigung dem Grunde nach durch Bescheid vom 9.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2010 abgelehnt hatte. Der Kläger macht sein Begehren hier zutreffend mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage i.S. des § 54 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 SGG geltend. Sie ist auf die Aufhebung der ablehnenden Bescheide des Beklagten und die Neubescheidung im Sinne der Erbringung von Einstiegsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - in einer von dem Beklagten noch zu bemessenden Höhe gerichtet.

2. Für eine derartige Neubescheidungsverpflichtung des Beklagten mangelt es hier jedoch bereits an einem Anspruch des Klägers auf die Erbringung des Einstiegsgeldes dem Grunde nach. Nach § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Die von dem Kläger aufgenommene Erwerbstätigkeit bei der Firma "Regionaler Versandservice der Eilbote" diente bereits nicht der Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit.

a) Angesichts dessen kann es hier dahinstehen, ob der Kläger rechtzeitig einen Antrag auf Einstiegsgeld gestellt hat und er leistungsberechtigt i.S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II, also erwerbsfähig, hilfebedürftig und arbeitslos war bzw. die Feststellungen des LSG zur Beurteilung dessen durch den erkennenden Senat hinreichend sind. Der Senat brauchte daher weder zu entscheiden, ob abgesehen von dem unzweifelhaften Erfordernis eines eigenständigen Antrags auf Einstiegsgeld (allgemein zur selbstständigen Beantragung von Eingliederungsleistungen BSG vom 2.4.2014 B 4 AS 29/13 R BSGE 115, 225 = SozR 4-4200 § 37 Nr. 6, RdNr. 27; siehe auch Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 37 RdNr. 35; zum Einstiegsgeld vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 133, Stand November 2014; a.A. Leopold in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 4. Aufl. 2015, § 16b RdNr. 104), dieser Antrag auch noch einer zeitlichen Befristung unterliegt, entsprechend derjenigen wie sie von der Rechtsprechung zu den Eingliederungszuschüssen nach dem SGB III entwickelt worden ist (siehe zur Rechtsprechung des BSG zu den Eingliederungszuschüssen nach §§ 217 ff SGB III i.d.F. des AFRG vom 24.3.1997, BGBl I 594: BSG vom 6.4.2006 B 7a AL 20/05 R - SozR 4 4300 § 324 Nr. 2 RdNr. 13; BSG vom 6.5.2008 B 7/7a AL 16/07 R - SozR 4 4300 § 217 Nr. 2 RdNr. 12; vgl. für das Einstiegsgeld Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 133, Stand November 2014), also ob er bis zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit gestellt worden sein muss.

Noch bedarf es tragender Ausführungen dazu, ob das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit aufgrund der Beachtung der Regelung des § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2.12.2006 (BGBl I 2742 m.W.v. 1.8.2006 heute § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II) auch im Falle der Beantragung von Eingliederungsleistungen soweit kein Feststellungsverfahren eingeleitet worden ist - bereits aus rechtlichen Gründen anzunehmen ist (vgl. für den Fall der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts BSG vom 7.11.2006 B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4 4200 § 22 Nr. 2, RdNr. 19; siehe auch BSG vom 2.4.2014 B 4 AS 26/13 R - BSGE 115, 210 = SozR 4 4200 § 15 Nr. 3, RdNr. 49). Der Wortlaut der Regelung sieht keine Beschränkung auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor, sondern bezieht sich allgemein auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. hierzu Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 44a RdNr. 70; Knapp in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 4. Aufl. 2015, § 44a RdNr. 76).

Ferner kann unbeantwortet bleiben, wie der Begriff der Arbeitslosigkeit i.S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II zu verstehen ist. Er wird in § 16b SGB II nicht näher umschrieben und aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Vorgängerregelung des § 29 SGB II (gültig bis zum 31.12.2008) lassen sich keine Hinweise dazu entnehmen, was hierunter im Rahmen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II zu verstehen sein soll (vgl. BT-Drucks 15/1516 S 59). Teilweise wird in der Literatur insoweit zwar darauf hingewiesen, dass § 53a Abs. 1 SGB II (hier i.d.F. des Siebten Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 8.4.2008, BGBl I 681) eine Legaldefinition dieses Begriffs enthalte (so wohl Breitkreuz in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 16b RdNr. 3; Thie in Münder, LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 16b RdNr. 8). Eine Übertragung derer auf die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals in § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II wird jedoch weitgehend abgelehnt (zur Bedeutung insoweit vgl. Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 53a RdNr. 2). Auch bestehen Zweifel an der Übertragbarkeit des Begriffsverständnisses von "Arbeitslosigkeit" aus dem Regelungsbereich des SGB III. Die diesen Zentralbegriff im Arbeitsförderungsrecht nach § 119 SGB III (in der hier noch anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) bzw. heute § 138 SGB III prägenden Merkmale der Beschäftigungslosigkeit, Verfügbarkeit und Erreichbarkeit sowie der Eigenbemühungen fügen sich nur schwer in das System des SGB II ein. Allenfalls könnten sie unter Berücksichtigung der Unterschiede zum SGB II mit Modifizierungen zur Auslegung herangezogen werden (so letztlich auch Breitkreuz in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 16b RdNr. 3; Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, § 16b RdNr. 43, Stand April 2014; Leopold in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 4. Aufl. 2015, § 16b RdNr. 43; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 54, Stand November 2014; siehe auch B. Schmidt in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl. 2015, § 16b RdNr. 4, der § 53a SGB II sinngemäß anwendet; vgl. auch BSG vom 12.12.2013 B 4 AS 7/13 R SozR 4 4200 § 16 Nr. 14 RdNr. 14). Allerdings waren nach Auffassung des Senats Modifizierungen in einem Umfang erforderlich, die die Konturen des arbeitsförderungsrechtlichen Begriffs weitestgehend verwischen würden.

Die Sozialversicherungspflichtigkeit der vom Kläger aufgenommenen Erwerbstätigkeit hat das LSG für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG).

b) Soweit das LSG unter Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung des SG die berechtigte Chance und Hoffnung verneint hat, der Kläger werde die Hilfebedürftigkeit mit der aufgenommenen Tätigkeit auf Dauer überwinden, bleibt zwar offen, welchen Maßstab es dieser Beurteilung zugrunde gelegt hat. Im Ergebnis ist es allerdings nicht zu beanstanden, die Verpflichtung des Beklagten zur Erbringung von Einstiegsgeld aus diesem Grund zu verneinen.

Zutreffend ist das LSG zunächst davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der "Überwindung der Hilfebedürftigkeit" und der "Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt" nach dem Aufbau der Vorschrift des § 16b SGB II nicht erst im Rahmen des Entschließungsermessens vom Beklagten zu berücksichtigen sind. Raum für eine Ermessensentscheidung ist erst auf der Rechtsfolgeseite, wenn die zuvor benannten Voraussetzungen bejaht worden sind (Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, § 16b RdNr. 53, Stand April 2014; Leopold in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 4. Aufl., 2015, § 16b RdNr. 55; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 73, Stand November 2014; a.A. B. Schmidt in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl. 2015, § 16b RdNr. 8; Thie in Münder LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 16b RdNr. 11). Es handelt sich insoweit um unbestimmte Rechtsbegriffe (siehe die Rechtsprechung des BSG zu § 217 SGB III a.F.: BSG vom 3.4.2008 B 11b AS 15/07 B - juris RdNr. 3), bei deren Ausfüllung nicht nur die in der Person des Leistungsberechtigten liegenden Umstände zu berücksichtigen sind, sondern auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Sie unterliegen jedoch der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, § 16b RdNr. 53, Stand April 2014; Leopold in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 4. Aufl. 2015, § 16b RdNr. 55; a.A. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 73, Stand November 2014). Der Beklagte hat die Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder tragfähigen selbstständigen Erwerbstätigkeit und deren Förderung durch das Einstiegsgeld unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch zu beurteilen (vgl. auch Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 16b RdNr. 20). Ein Beurteilungsspielraum, der von den Gerichten nur darauf überprüft werden kann, ob der Verwaltungsentscheidung ein zutreffend und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, die durch Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs abstrakt ermittelten Grenzen eingehalten und beachtet worden sind sowie die Verwaltung ihre Subsumtionsgedanken in einer Art und Weise zum Ausdruck gebracht und begründet hat, dass die Berücksichtigung der Beurteilungsmaßstäbe ersichtlich und nachvollziehbar ist (vgl. nur BSG vom 6.4.2006 B 7a AL 20/05 R SozR 4 4300 § 324 Nr. 2 RdNr. 22 zu Eingliederungszuschüssen nach §§ 217 ff SGB III und m.w.N.), ist dem Beklagten gleichwohl nicht eingeräumt (a.A. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 53, Stand November 2014). Die Prognose umfasst zwar auch die Lage des regionalen Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der Entscheidung. Sie wird auf diese Weise durch die gegenwärtige und zukünftige Arbeitsmarktsituation mitbestimmt. Ebenso wie bei den Eingliederungszuschüssen der §§ 217 ff SGB III a.F. ist die Förderung durch das Einstiegsgeld jedoch nicht von einer arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit abhängig, sondern lediglich von arbeitsmarkt- und berufskundlichen Kenntnissen (so Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 73, Stand November 2014). Die darauf aufbauende prognostische Einzelbeurteilung der tatsächlichen Feststellungen ist im gerichtlichen Verfahren jedoch mit gleicher Sicherheit einer Überprüfung zugänglich wie im Verwaltungsverfahren. Weder rechtliche noch faktische Anhaltspunkte, die eine Ausnahme von der nach Artikel 19 Abs. 4 GG prinzipiell gewährleisteten vollständigen Überprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen rechtfertigen, sind hier gegeben (vgl. BSG vom 6.4.2006 B 7a AL 20/05 R SozR 4 4300 § 324 Nr. 2 RdNr. 22).

Bezugspunkt für die Prognose ist die letzte Verwaltungsentscheidung hier der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 8.2.2010. Insoweit ist es nicht von Bedeutung, ob, wie vorliegend, der Erfolg bereits deswegen nicht eintreten konnte, weil die Erwerbstätigkeit später wieder beendet wurde. Maßgeblich ist vielmehr nach einer ex-ante-Betrachtung, ob der Erfolg im Sinne der Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die sozialversicherungspflichtige oder selbstständige Erwerbstätigkeit wahrscheinlich eintreten wird und das Einstiegsgeld für eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch wahrscheinlich erforderlich ist (vgl. Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, § 16b RdNr. 54 f, Stand April 2014; Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 16b RdNr. 20; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 73, Stand November 2014). Die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen knüpft dabei an zwei unterschiedliche Ausgangspunkte an; zum einen an die aufgenommene Erwerbstätigkeit und deren Dienlichkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Zum zweiten ist Ansatzpunkt der Hilfebedürftige selbst, wenn es zu beurteilen gilt, ob die Gewährung von Einstiegsgeld für seine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.

Offen bleibt nach den Ausführungen des LSG zwar, wie es den Begriff der Überwindung der Hilfebedürftigkeit auslegt. Es hat lediglich befunden, dass die aufgenommene sozialversicherungspflichtige Tätigkeit keine berechtigte Chance und Hoffnung begründe, die Hilfebedürftigkeit auf Dauer zu beenden. In der Literatur wird insoweit zu einem großen Teil das prognostische Ausscheiden aus dem Leistungsbezug für erforderlich gehalten (Breitkreuz in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 16b RdNr. 5; Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, § 16b RdNr. 54, Stand April 2014; Leopold in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 4. Aufl. 2015, § 16b RdNr. 55; Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 16b RdNr. 20). Soweit der Leistungsberechtigte jedoch in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, würde die Forderung nach der Eignung der Erwerbstätigkeit zum Ausscheiden aus dem Leistungsbezug dazu führen, dass durch das prognostisch erzielbare Einkommen der Bedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft gedeckt sein müsste. Denn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Dies bedeutet, dass sich der Hilfebedarf im SGB II grundsätzlich nach dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft bestimmt. Dies führte jedoch im Rahmen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II zu einer Benachteiligung der Leistungsberechtigten, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Denn bei ihnen wäre eine günstige Prognose i.S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II davon abhängig, dass es ihnen gelingen müsste, ein höheres Einkommen zu erzielen als ein alleinstehender Hilfebedürftiger, der voraussichtlich durch die Erwerbstätigkeit "nur" in die Lage versetzt werden müsste, seinen Regelbedarf und die Unterkunftsaufwendungen zu decken. Für Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft würden Erwerbstätigkeiten im Niedriglohnbereich damit selten förderungsfähig sein, es sei denn, es wäre prognostizierbar, dass sich hieraus eine Erwerbstätigkeit mit einer Entlohnung entwickeln könnte, die diesen Bereich deutlich verlässt. Zwar spricht diese Ausgangslage dafür, das Merkmal der Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II darauf zu reduzieren, dass nur der Hilfebedarf des Leistungsberechtigten selbst prognostisch gedeckt werden können muss (so auch Harich in BeckOK SGB II, § 16b RdNr. 10, Stand Juni 2015). Andererseits würde dies eine Abweichung vom systematischen Verständnis der Hilfebedürftigkeit i.S. des § 9 SGB II nach sich ziehen. Ob im Rahmen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II nun auf die prognostische Überwindung des Hilfebedarfs desjenigen abzustellen sein soll, der das Einstiegsgeld begehrt oder den Hilfebedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft, erschließt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf. Es finden sich weder zu der Vorgängervorschrift des § 29 SGB II (BT-Drucks 15/1516 S 59), noch zu § 16b SGB II (BT-Drucks 16/10810 S 47) Hinweise dazu, von welchem Verständnis des Begriffs der Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Gesetzgebungsprozess ausgegangen worden ist. Die systematische Gesamtbetrachtung des § 16b SGB II zeigt, dass der Gesetzgeber zumindest bei der Bemessung der Leistung die Situation der Bedarfsgemeinschaft einbeziehen wollte. Auch geht die Funktion des Einstiegsgeldes - anders als der Kläger vorbringt deutlich über die der bloßen Verringerung des Hilfebedarfs i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch die Erzielung von Erwerbseinkommen hinaus. Das Einstiegsgeld soll vielmehr für den Hilfebedürftigen mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine spürbare Verbesserung seiner finanziellen Situation herbeiführen, um damit zu bewirken, dass er die aufgenommene Erwerbstätigkeit ausbaut (siehe Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, § 16b RdNr. 10, Stand April 2014; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 33, Stand November 2014). Eine abschließende Bewertung kann hier jedoch dahinstehen, denn der Kläger kann nach den Feststellungen des LSG durch die aufgenommene sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit bereits seinen eigenen Hilfebedarf prognostisch nicht überwinden.

Zutreffend ist das LSG insoweit unter Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe - davon ausgegangen, zwischen der Aufnahme der Erwerbstätigkeit und der Überwindung der Hilfebedürftigkeit nach § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II müsse ein Kausalzusammenhang bestehen. Dabei muss im Prognosezeitpunkt durch die aufgenommene Tätigkeit die Hilfebedürftigkeit nicht bereits überwunden sein. Dies folgt bereits aus Satz 2 des § 16b Abs. 1 SGB II. Danach kann das Einstiegsgeld auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt. Soll das Einstiegsgeld insbesondere einen Anreiz zur Aufrechterhaltung und dem Ausbau der sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit bei deren Aufnahme setzen, kann das Einstiegsgeld weder in dem einen noch in dem anderen Fall unter Hinweis darauf, dass die Hilfebedürftigkeit aktuell überwunden oder nicht überwunden werde, versagt werden. Auch besagen weder die Höhe des vereinbarten Entgelts noch ggf. eine Befristung für sich alleine, dass durch die Tätigkeit Hilfebedürftigkeit nicht prognostisch überwunden werden kann. Abzustellen ist vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen und tatsächlichen Ausgestaltung der aufgenommenen Erwerbstätigkeit und wollte man auf den Hilfebedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft abstellen, wohl auch deren Situation. Es ist zu bewerten, ob es eine Grundlage dafür gibt, dass sich aus dieser noch nicht oder bereits bedarfsdeckenden Tätigkeit eine solche entwickeln kann, die geeignet ist, den Hilfebedarf längerfristig zu überwinden. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es auch erforderlich sein zu prüfen, ob die Tätigkeit abstrakt von ihrer Art her geeignet sein kann, den Hilfebedarf zu decken. Die Arbeitsagentur oder die Optionskommune haben dann vor dem Hintergrund ihrer arbeitsmarkt- und berufskundlichen Kenntnisse insoweit die Verhältnisse auf dem regionalen Arbeitsmarkt in den Blick zu nehmen und ggf. festzustellen, ob die ausgeübte Tätigkeit außerhalb der Förderung durch Eingliederungsleistungen von Arbeitnehmern in einem nennenswerten Umfang als bedarfsdeckende Haupteinnahmequelle dient.

Im vorliegenden Fall war bereits aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses zu erkennen, dass es nicht geeignet war und perspektivisch nicht werden würde, die Hilfebedürftigkeit des Klägers zu überwinden. Wie das SG dessen Begründung sich das LSG zu eigen macht - zutreffend ausgeführt hat, waren insoweit die Arbeitszeit, die Höhe des Entgelts und die Umstände der Ausübung der Tätigkeit in Betracht zu ziehen. Das vom Kläger erzielte Entgelt von 405 Euro monatlich war nicht bedarfsdeckend. Das LSG hat für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass auch keine Anzeichen für eine perspektivische Aufstockung des Entgelts oder der geringen Arbeitszeit von 60 Stunden monatlich vorhanden waren. Ebenso war keine Änderung der Bedingung, dass das eigene Kfz für das Austragen der Pakete und Briefe vom Kläger einzusetzen war, in Aussicht gestellt. Da er nicht einmal die Aufwendungen hierfür erstattet bekommen hat, ist die Schlussfolgerung des LSG nicht zu beanstanden, dass mit dem damit noch niedrigeren Entgelt, also unter Abzug der Kosten durch den Einsatz des eigenen Kfz, keine reelle Entlohnung übrig geblieben sei. Aus diesen Feststellungen kann zwanglos auf das Fehlen des Kausalzusammenhangs zwischen der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit und der "Überwindung der Hilfebedürftigkeit" geschlossen werden. Die aufgenommene Erwerbstätigkeit war prognostisch schon nicht geeignet, den Hilfebedarf des Klägers zu überwinden.

Damit bedarf es der Prüfung, ob die Erbringung von Einstiegsgeld zur Eingliederung des Klägers in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich war, im konkreten Fall nicht mehr. Die Überwindung der Hilfebedürftigkeit und die Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes für die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt sind zwei getrennt voneinander zu prüfende Tatbestandsvoraussetzungen, die aufeinander aufbauen. Sie sind nicht zu einem Merkmal zusammenzuziehen und müssen beide erfüllt sein. Bei Letzterem geht es, wenn die prognostische Eignung der aufgenommenen Erwerbstätigkeit zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit festgestellt worden ist, darum, ob die Eingliederung des Hilfsbedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nur durch die Erbringung des Einstiegsgeldes als ultima ratio - bei der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit erforderlich ist (vgl. Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 16b RdNr. 22; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr. 80, Stand November 2014). Es ist mithin danach zu fragen, ob beim Hilfebedürftigen Eingliederungshemmnisse gegeben sind, die eine Förderung durch das Einstiegsgeld erforderlich machen, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch auf Dauer eingliedern zu können. Prüfungsgegenstand ist mithin anders als das LSG ausgeführt hat - nicht, ob der Eingliederungserfolg im Sinne der Überwindung der Hilfebedürftigkeit - mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden könne.

Soweit der Beklagte darauf verweist, dass der Kläger eine ortsübliche Entlohnung für die aufgenommene Erwerbstätigkeit erhalten habe, kann hiermit allein keine Versagung des Einstiegsgeldes begründet werden. Die ortsübliche Entlohnung besagt weder etwas über die Perspektive der Überwindung der Hilfebedürftigkeit, noch die Erforderlichkeit der Erbringung von Einstiegsgeld für die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Insofern mag zwar die ortsübliche Entlohnung Indiz dafür sein, dass eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt auch ohne die Erbringung des Einstiegsgeldes oder sonstiger Eingliederungsleistungen gelingt oder bereits keine Eingliederungshemmnisse vorliegen, die mit dem Einstiegsgeld überwunden werden müssten. Dass dies auch im Einzelfall anzunehmen ist, bedarf dann jedoch einer näheren Begründung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.