Gründe:

I

Im Streit stehen Arzneikostenregresse für die Quartale II/2006 bis I/2007 in Höhe von insgesamt 16 311,60 Euro.

Die Klägerin ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und nimmt im Bezirk der zu 2. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den streitgegenständlichen Quartalen verordnete sie einem bereits seit längerem in ihrer Behandlung stehenden Patienten, welcher an der Hämophilie (Bluterkrankheit) leidet, zum Zwecke der Selbstbehandlung die Gerinnungsfaktorenzubereitung (nachfolgend: Gerinnungsfaktor) "Faktor VIII SDH Intersero 1000 DFL". Bei der Hämophilie handelt es sich um eine angeborene Störung der Blutgerinnung; es werden nicht ausreichend Gerinnungsfaktoren gebildet, also Eiweiße im Blut, die für eine normale Blutgerinnung erforderlich sind. Bei der Hämophilie A ist der Gerinnungsfaktor VIII betroffen. Zur Behandlung der Hämophilie stehen Gerinnungsfaktoren (Faktorenkonzentrate) zur Verfügung; dies sind aus Blutplasma gewonnene oder gentechnisch hergestellte Konzentrate der Gerinnungsfaktoren VIII oder IX. Menschen mit schwerer Hämophilieform müssen mehrmals wöchentlich intravenös Faktorenkonzentrat spritzen; der Faktor VIII wird zwei- bis dreimal pro Woche gegeben (Quelle: NetDoktor.de - http://.netdoktor.de/krankheiten/haemophilie/).

Auf Antrag der zu 1. beigeladenen Krankenkasse, bei der der Patient versichert war, setzte der Prüfungsausschuss (heute: Prüfungsstelle) mit Bescheiden vom 25.7.2007 (Quartal II/2006), 25.10.2007 (Quartal III/2006) und 17.12.2007 (Quartal IV/2006) Arzneikostenregresse in Höhe von jeweils 4028,40 Euro sowie mit Bescheid vom 24.6.2008 (Quartal I/2007) in Höhe von 4226,40 Euro fest. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin habe durch die Verordnung des Gerinnungsfaktors Mehrkosten in der regressierten Höhe verursacht. Diese aufgrund des von ihr gewählten Bezugsweges über die Apotheke entstandenen Mehrkosten hätten bei einem Direktbezug über den Hersteller vermieden werden können; dadurch sei das Wirtschaftlichkeitsgebot missachtet worden. Zwei Mitarbeiterinnen der Beigeladenen zu 1. hätten die Klägerin am 28.10.2005 in einem persönlichen Gespräch über die Möglichkeiten und die damit verbundene Kostenersparnis des Direktbezuges von Gerinnungsfaktoren gemäß § 47 Arzneimittelgesetz (AMG) informiert. Im Hinblick auf die Behandlung von Hämophilie-Patienten sei dies die wirtschaftlichste Verordnungsweise. Das Argument der Klägerin, wegen damaliger auswärtiger Tätigkeit des Patienten sei der Bezug nur über die Apotheke möglich gewesen, sei nicht nachvollziehbar, da sich sowohl die Arztpraxis als auch die Apotheke, von der der Patient das Medikament bezogen habe, an dessen Wohnort befunden hätten. Die jeweils werktags erfolgten Abholungen seien demnach auch durch Angehörige möglich gewesen. Ebenso wenig überzeuge ihr Vortrag, sie habe über keine geeigneten Lager- und Kühlmöglichkeiten für das Medikament verfügt. Für dieses sei eine Lagerung in einem Umkarton (Lichtschutz) nicht über 25°C (kein Einfrieren) vorgesehen. Es sei nicht ersichtlich, dass derartige Bedingungen (Lagerung bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank) in der Arztpraxis nicht zu gewährleisten seien. Die Rechnungslegung des Herstellers erfolge direkt unter Beifügung der Verordnung gegenüber der Krankenkasse. Somit sei die Arztpraxis auch von einem zusätzlichen Arbeitsaufwand, wie z.B. einer Einziehung der Medikamentenzuzahlung, befreit.

Mit Bescheiden vom 25.4.2008 (aus der Sitzung vom 5.12.2007, betreffend die Prüfbescheide vom 25.7.2007 und 25.10.2007) und 29.4.2009 (aus der Sitzung vom 10.12.2008, betreffend die Prüfbescheide vom 17.12.2007 und 24.6.2008) wies der beklagte Beschwerdeausschuss die Widersprüche der Klägerin unter Bezugnahme auf die Begründung der Prüfbescheide zurück. Das SG hat die Klagen nach Verbindung der beiden ursprünglich getrennten Verfahren abgewiesen (Urteil vom 9.5.2012). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide des Beklagten aufgehoben (Urteil vom 15.1.2014).

Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, auch wenn der Vertragsarzt verpflichtet sei, bei der Verordnung von Arzneimitteln insbesondere auf deren Preise zu achten (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 Arzneimittelrichtlinie - AM-RL), folge aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich nicht ohne Weiteres auch seine Verpflichtung, den preisgünstigsten Bezugsweg zu wählen. Dazu sei ein Vertragsarzt nur gehalten, wenn Entsprechendes durch (unter-)gesetzliche Regelungen eindeutig angeordnet sei. Das sei im vorliegenden Zusammenhang nicht der Fall. Aus § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V ergebe sich dies schon deswegen nicht, weil die Vertragsärzte nicht Adressaten der Norm seien. Auch aus § 47 AMG lasse sich keine im Falle der Nichtbeachtung zum Regress führende Verpflichtung der Klägerin zur Wahl einer bestimmten Bezugsquelle herleiten. Dabei könne offenbleiben, ob § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AMG auf die Klägerin überhaupt anwendbar sei, wozu der Senat im Ergebnis neige. Zwar habe die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum über keine Zusatzbezeichnung als hämostaseologisch qualifizierte Ärztin verfügt, doch würde es nach Ansicht des Senats hierauf nicht entscheidend ankommen. Da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung (7.7.1998) schon rein faktisch keine hämostaseologisch qualifizierten Vertragsärzte im Sinne der Norm existiert hätten, erfülle jeder Arzt, der schon einige Zeit in diesem Bereich tätig sei, die einschlägige Vorgabe. Davon, dass die Klägerin bereits einige Zeit in diesem Bereich tätig gewesen sei, sei auszugehen. Aus § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AMG in Verbindung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot folge jedoch keine vertragsärztliche Verpflichtung zur ausnahmslosen Nutzung dieses Bezugsweges. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Beachtung der Bezugsquelle lasse sich auch nicht den Regelungen der hier maßgeblichen und vom 1.7.2004 bis zum 31.3.2012 gültigen Sprechstundenbedarfsvereinbarung der Beigeladenen zu 2. entnehmen.

§ 12 Abs. 1 SGB V reiche als alleinige Ermächtigungsgrundlage nicht aus. Eine Konkretisierung durch eine andere (unter-)gesetzliche Regelung sei zwingend erforderlich, was insbesondere aus § 92 Abs. 1 SGB V folge. Weder im streitgegenständlichen Zeitraum noch aktuell habe der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der AM-RL für den Vertragsarzt jedoch eine Vorgabe zur Beachtung der Bezugsquelle aufgestellt. Die in § 92 Abs. 2 SGB V formulierten detaillierten Anforderungen an Richtlinien, um "dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie" zu ermöglichen, wären überflüssig, wenn sich auch ohne sie direkt aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot eine Verpflichtung zur Wahl der preisgünstigsten Bezugsquelle ergeben könnte. Auch § 72 Abs. 2 SGB V spreche dagegen, § 12 Abs. 1 SGB V als ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Regressfestsetzungen anzusehen.

Ergänzend weise der Senat darauf hin, dass die Festsetzung des Regresses auch der Höhe nach rechtswidrig, da ermessensfehlerhaft gewesen sei. Der Beklagte habe keinerlei Überlegungen im Hinblick auf eine Berücksichtigung des Arzneimittelherstellerrabatts angestellt. Insoweit liege ein vollständiger Ermessensausfall vor. Die Rabattierungspflicht sei als Fall des § 1 Abs. 3 Nr. 3 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auch im Rahmen des § 47 AMG zu beachten. Nach der Rechtsprechung des BSG sei nur dann kein Raum für einen Rabattabzug, wenn die Arzneimittel nicht von Apotheken bezogen würden. Eine Nichtberücksichtigung des Rabatts lasse sich auch nicht auf § 1 Abs. 3 Nr. 6 AMPreisV stützen, denn dieser Norm komme jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang im Verhältnis zu § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV keine eigenständige Bedeutung zu. Die von der Beigeladenen zu 1. vertretene Auffassung widerspreche letztlich auch dem Ziel des Gesetzgebers, das er mit der Rabattierungsregelung des § 130a Abs. 1 SGB V und der dabei erfolgten Anknüpfung an das Arzneimittelpreisrecht verfolgt habe.

Mit ihrer Revision rügt die Beigeladene zu 1. die Verletzung von Bundesrecht. Die Beachtung des hohen Rangs des Wirtschaftlichkeitsgebots im System der gesetzlichen Krankenversicherung und die hieraus abgeleiteten Grundsätze führten dazu, dass das von den Ärzten zu beachtende Wirtschaftlichkeitsgebot sich auch auf den Vertriebsweg erstrecke. Das durch § 47 AMG ermöglichte Verfahren werde in der Regel bei Hämophiliepatienten durchgeführt; es stelle die wirtschaftlichste Verordnungsweise dar. Dass § 47 AMG keine Pflicht enthalte, eine bestimmte Bezugsquelle zu wählen, stehe dem nicht entgegen. Ein Arzt dürfe sich nicht in Kenntnis der wirtschaftlichen Auswirkungen der zur Verfügung stehenden Vertriebswege für die unwirtschaftlichere Alternative entscheiden. Habe der Leistungserbringer zwei gleichwertige Alternativen zur Auswahl, die sich nur im Bezugsweg unterschieden, so gebiete das Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des Zumutbaren die Entscheidung für die kostengünstigere Variante. Die Heimselbstbehandlung sei im Hämophiliebereich seit Jahrzehnten als Standardtherapie etabliert und praktisch erprobt. Auch der Direktbezug über den Hersteller werde von der überwiegenden Zahl der behandelnden Ärzte genutzt. Der Gesetzgeber habe im Übrigen die Abgabemöglichkeit bewusst als Möglichkeit zur Erzielung von Einsparungen gesehen.

Fehl gingen auch die Ausführungen des LSG zur Rabattierungspflicht. Bei dem von der Klägerin verordneten Gerinnungsfaktor handele es sich um eine Plasmaproteinfraktion und somit um ein Blutkonzentrat im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AMPreisV, das von der AMPreisV ausgenommen sei. Herstellerrabatte fielen gemäß § 130a Abs. 1 Satz 5 SGB V jedoch nur für Arzneimittel an, auf welche die AMPreisV Anwendung finde. Dass § 1 Abs. 3 Nr. 6 AMPreisV die gleiche Rechtsfolge nach sich ziehen müsse wie die in § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV in der Auslegung durch den 1. und den 3. Senat des BSG, überzeuge nicht. Nach der Regelungssystematik des § 1 Abs. 3 AMPreisV komme es in den Nr. 1-3 und 5 a.a.O. jeweils darauf an, an wen die Fertigarzneimittel ausgeliefert würden, bei den Nr. 4 und 6 a.a.O. hingegen nicht. Daher verbiete sich die vom LSG vorgenommene Gleichstellung von Nr. 3 und Nr. 6 a.a.O. nicht nur vom Wortlaut, sondern auch von der Systematik her.

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.1.2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Magdeburg vom 9.5.2012 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Revision sei bereits unzulässig. So liege die Vermutung nahe, dass das Urteil der Beigeladenen zu 1. nicht erst am 19.3.2014, sondern - wie ihr, der Klägerin - bereits am 14.3.2014 zugestellt worden sei; danach sei sowohl die Frist zur Einlegung der Revision als auch die Begründungsfrist versäumt worden. Es liege auch keine Beschwer der Beigeladenen zu 1. vor, da diese in den vorangegangenen Instanzen keine Anträge gestellt habe. Schließlich seien sowohl die Revision wie auch deren Begründung unwirksam eingelegt worden, da die Schriftsätze zum einen nur mit einer Paraphe und zum anderen von einem hierfür nicht zugelassenen Vertreter unterzeichnet worden seien.

In der Sache fehle es an einer Norm, die eindeutig anordne, dass bei Nichteinhaltung des - vom üblichen und vorgeschriebenen Weg der Vergabe verordneter Arzneimittel durch Apotheken abweichenden - alternativen Bezugsweges nach § 47 AMG eine Regresspflicht des verordnenden Arztes eintrete. Eine solche, dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot genügende gesetzliche Eingriffsermächtigung sei erforderlich, weil eine Verpflichtung des Arztes, bestimmte Medikamente vom pharmazeutischen Unternehmer selbst zu beziehen, in das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Artikel 12 Abs. 1 GG eingreife. Weder das SGB V noch das AMG enthielten den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende Ermächtigungen, Ärzte zum Direktbezug bestimmter Medikamente für ihre Patienten zu verpflichten. § 47 AMG sei eine Ermessensnorm, sodass im Umkehrschluss keine Verpflichtung bestehe, so zu verfahren. Sie - die Klägerin - gehöre auch nicht zu der Zielgruppe, die der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm im Blick gehabt habe. Auch der unscharfe Begriff der Wirtschaftlichkeit im SGB V dürfe nicht als Generalermächtigung für schwerwiegende Sanktionsmaßnahmen verstanden werden.

Der Beklagte

hat sich nicht geäußert.

Die Beigeladene zu 2. führt - ohne einen Antrag zu stellen - aus,

es gebe für den Vertragsarzt keine gesetzliche oder untergesetzliche Verpflichtung, den preisgünstigsten Bezugsweg zu wählen. Die Klägerin könne als Fachärztin für Allgemeinmedizin auch nicht als hämostaseologisch qualifizierte Ärztin im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AMG angesehen werden; dies seien nur Ärzte, die regelmäßig mehrere Hämophilie-Patienten behandelten. Auch bei diesen Ärzten ergebe sich jedoch keine Verpflichtung, den preisgünstigsten Bezugsweg zu wählen.

 

II

Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist zulässig und begründet. Das LSG hätte die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des SG zurückweisen müssen. Die Regressfestsetzung durch den Beklagten ist rechtmäßig, da die Verordnung des Gerinnungsfaktors durch die Klägerin und damit dessen Abgabe durch die Apotheke anstelle eines Direktbezugs über den Hersteller unwirtschaftlich im Sinne des § 106 SGB V ist.

A. Die Revision der Beigeladenen zu 1. ist zulässig. Die diesbezüglichen Einwände der Klägerin greifen nicht durch.

1. Die Revision ist fristgerecht erhoben und begründet worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht davon auszugehen, dass der Beigeladenen zu 1. das Urteil des SG bereits am 14.3.2014 zugestellt wurde. Die Möglichkeit der Zustellung eines Schriftstücks gegen Empfangsbekenntnis besteht nicht nur gegenüber Anwälten und gleichgestellten Personen von erhöhter Zuverlässigkeit, sondern auch gegenüber Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 174 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei einer Zustellung nach § 174 ZPO - wie vorliegend - genügt es nicht, dass das zuzustellende Schriftstück von einer Bürokraft des Empfängers entgegengenommen wurde; Zustellungsdatum ist vielmehr der Tag, an dem der Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks persönlich Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegennimmt (BGH Beschluss vom 20.7.2006 - I ZB 39/05 - NJW 2007, 600, 601 RdNr. 7 m.w.N.; ebenso u.a. Stöber in Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 174 RdNr. 6 und 14). Dies gilt auch für die Zustellung an Behörden (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 174 RdNr. 6 und 16). Bei einer gesetzlichen Krankenkasse als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist Zustellungsadressat gemäß § 170 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG deren Leiter, also derjenige, der berechtigt ist, diese zu vertreten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 11. Auflage 2014, § 63 RdNr. 4; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30.6.2008 - L 1 U 3732/07 - Juris RdNr. 24). Somit ist von dem im Empfangsbekenntnis angegebenen Zustellungsdatum auszugehen. Da es sich bei dem von der Revisionsklägerin übersandten Empfangsbekenntnis um eine öffentliche Urkunde handelt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 11. Auflage 2014, § 63 RdNr. 8e m.w.N.), genügen die sich aus dem Umstand ergebenden Zweifel, dass die Beigeladene zu 1. das Berufungsurteil erst am 19.3.2014 - und damit fünf Tage später als die Bevollmächtigte der Klägerin, der es am 14.3.2014 zuging - erhalten hat, nicht, um einen früheren Zugang zu belegen.

2. Das Vorbringen, es liege keine Beschwer der Beigeladenen zu 1. vor, geht fehl. Zwar ist in der Sache richtig, dass diese weder im Verfahren vor dem SG noch dem LSG Anträge gestellt hat, doch ist dies für ihre Rechtsmittelbefugnis ohne Bedeutung. Alle Beigeladenen können Rechtsmittel einlegen, soweit sie durch das Urteil materiell beschwert sind (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 12 S 63; zuletzt BSG Urteil vom 10.12.2014 - B 6 KA 45/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 75 RdNr. 19 m.w.N.). Dies ist vorliegend in Bezug auf die Beigeladene zu 1. der Fall. Generell gilt, dass die zu einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung (notwendig) beigeladenen Verbände der Krankenkassen bzw. Krankenkassen schon wegen der in § 106 Abs. 1 SGB V normierten Gesamtverantwortung von Krankenkassen und KÄVen für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Prüfungen durch Entscheidungen der Prüfgremien bzw. der Gerichte beschwert sein können. Bei einem Arzneimittelregress ist die beigeladene Krankenkasse schon deswegen beschwert und in eigenen Rechten verletzt, weil der Regressbetrag nicht der KÄV zufließt, sondern den Krankenkassen (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, August 2014, § 106 RdNr. 41 m.w.N.); erst recht gilt dies dann, wenn die Prüfung allein die von der beigeladenen Krankenkasse geleisteten Zahlungen betrifft.

3. Das Vorbringen, Revisionsschrift und -begründung seien nur mit einer Paraphe unterzeichnet worden, liegt neben der Sache. Es ist ohne Weiteres erkennbar, dass die Schriftsätze mit dem vollständigen Namenszug des Unterzeichners versehen sind, nicht lediglich mit einer "Paraphe" im Sinne eines Namenszeichens. Dass die Unterschrift nicht "leserlich" ist, spielt keine Rolle, denn es genügt ein die Identität des Unterzeichnenden kennzeichnender individueller Schriftzug, der charakteristische Merkmale aufweisen muss (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 151 RdNr. 4b m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen unzweifelhaft vor.

4. Schließlich geht auch der Einwand ins Leere, dass die Revisionsschriftsätze der Beigeladenen zu 1. von einem nicht zugelassenen Vertreter unterzeichnet worden seien. Zwar müssen sich die Beteiligten gemäß § 73 Abs. 4 Satz 1 SGG vor der BSG durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; § 73 Abs. 4 Satz 4 SGG bestimmt hierzu, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen können. Dies ist in Bezug auf den Unterzeichner Assessor B. jedoch der Fall.

B. Die Revision ist auch begründet. Die Festsetzung des Arzneikostenregresses ist zu Recht erfolgt, da die Klägerin gegen das sie unmittelbar verpflichtende Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V) verstoßen und damit unwirtschaftlich im Sinne des § 106 Abs. 1 SGB V gehandelt hat, indem sie den für einen Versicherten der zu 1. beigeladenen Krankenkasse benötigten Gerinnungsfaktor zur Abgabe über eine Apotheke verordnet und nicht direkt vom Hersteller bezogen hat (1.). Die Entscheidung des Beklagten ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden; insbesondere musste dieser keinen Herstellerrabatt berücksichtigen (2.).

1. Die Verordnung eines Gerinnungsfaktors anstelle des Direktbezuges über den pharmazeutischen Unternehmer bzw. Großhändler verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und ist damit unwirtschaftlich im Sinne des § 106 Abs. 1 SGB V.

a. Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs. 2 SGB V (hier zugrunde zu legen i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190, 2214, die in den Quartalen II/2006 bis I/2007 galt). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (a.a.O. Satz 1 Nr. 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (siehe zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 12 bis 14 m.w.N.). Diese waren auch in § 12 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung vorgesehen, wie sich aus dem Urteil des SG ergibt, das für die Feststellung und Auslegung von Landesrecht (auch) zuständig ist (siehe § 162 SGG und dazu z.B. BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 12 m.w.N.). Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (siehe BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 16; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 21 RdNr. 14). Dem Bescheid des Beklagten ist auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass er eine Einzelfallprüfung wegen Unwirtschaftlichkeit durchgeführt hat.

b. Die Klägerin hat unwirtschaftlich gehandelt, da ihre Entscheidung, die vom Patienten benötigten Gerinnungsfaktoren zu verordnen und damit über eine Apotheke an den Patienten abgeben zu lassen - statt diese direkt beim Hersteller zu beziehen und ohne Zwischenschaltung einer Apotheke unmittelbar an den Patienten abzugeben - gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verstößt: Die Klägerin war nach § 47 AMG berechtigt, Gerinnungsfaktoren direkt beim Hersteller (bzw. Großhändler) zu beziehen (aa.). Zwar wird die Nutzung dieser direkten Bezugsmöglichkeit nicht ausdrücklich durch das Gesetz oder untergesetzliche Normen vorgeschrieben (bb.), jedoch ergibt sich eine dahingehende Verpflichtung in der vorliegenden Konstellation unmittelbar aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (cc.).

aa. Die Klägerin war nicht aufgrund der grundsätzlich bestehenden Apothekenpflicht (§ 43 AMG) aus Rechtsgründen gezwungen, den Gerinnungsfaktor zu verordnen, sondern sie hätte diesen auf der Grundlage des § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AMG vom Hersteller beziehen und an den Patienten abgeben können.

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AMG ist die Direktabgabe von Gerinnungsfaktorenzubereitungen dann zulässig, wenn die Arzneimittel von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen. Gerinnungsfaktorenzubereitungen dürfen danach vom Arzt unmittelbar an den Patienten abgegeben werden, wenn sich der Patient diese selbst verabreicht. Dies war vorliegend der Fall. Soweit diese Option "hämostaseologisch qualifizierten Ärzten" vorbehalten ist, war die Klägerin in den streitbefangenen Quartalen diesem - gesetzlich nicht näher definierten - Personenkreis zuzurechnen. Zwar war sie "nur" Fachärztin für Allgemeinmedizin ohne die Zusatzbezeichnung "Hämostaseologie", doch stand dies - jedenfalls im streitigen Zeitraum - einer Behandlung von Blutern und damit auch einem Direktbezug von Gerinnungspräparaten nicht entgegen. Der Senat folgt der Auffassung des LSG, dass bereits aus dem Umstand, dass es bei Einführung der Direktabgabemöglichkeit durch das Transfusionsgesetz (TFG) vom 1.7.1998 (BGBl I 1752, 1759: Änderung des § 47 AMG durch § 34 Nr. 7 TFG a.F.) überhaupt noch keine Zusatzbezeichnung "Hämostaseologie" gab, die Folgerung zu ziehen ist, dass zumindest seinerzeit jeder Arzt die Voraussetzungen für den Direktbezug erfüllte, der bereits über eine hinreichende (mehrjährige) Erfahrung bei der Betreuung von Hämophiliepatienten verfügte (Miller in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 47 RdNr. 11; von Czettritz in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2014, § 24 RdNr. 34; enger Wohlleben, Die ambulante Versorgung von Patienten mit Gerinnungsfaktorpräparaten als Managementaufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, 2008, S 66: mehrjährige Tätigkeit in einem entsprechenden Behandlungszentrum).

Dies entspricht auch der Zielsetzung, die mit der Ermöglichung des Direktbezugs verbunden war: In der Gesetzesbegründung zum Transfusionsgesetz (BT-Drucks 13/9594 S 30 zu § 47 AMG) wird darauf verwiesen, dass sich die Selbstbehandlung der Bluter seit Jahrzehnten bewährt habe und eine unverzichtbare Form der Bluterbehandlung geworden sei. Sie fördere nicht nur entscheidend die Autonomie der Patienten, sondern erlaube auch ein rasches Handeln des Patienten bei Auftreten von Blutungen. Die Abgabe der Gerinnungsmittel durch den Arzt an den Patienten sei bisher geduldete Praxis, weil im Vordergrund die ärztlich betreute und gut kontrollierte Anwendung dieser Arzneimittel stehe. Um diese Anwendung in einer einzigartigen und unvergleichlichen Behandlungssituation abzusichern, sei die vorgeschlagene Regelung notwendig. Sie spare im Übrigen Kosten im Gesundheitswesen.

Nach den Feststellungen des SG wurde die Zusatzbezeichnung "Hämostaseologie" erst in die am 8.12.2005 genehmigte Neufassung der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt eingeführt; zu Recht weist das SG darauf hin, dass in Anbetracht der zwölfmonatigen Weiterbildungszeit eine formelle Qualifikation in den hier streitigen Quartalen (noch) nicht nachgewiesen werden konnte. Nach den Feststellungen des LSG verfügte die Klägerin im streitigen Zeitraum 2006/2007 auch über die durch Erfahrung gewonnene notwendige Fachkunde für die Begleitung des Patienten bei der Selbstabgabe.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich nach Aktenlage bei den Verordnungen, deren Wirtschaftlichkeit in Rede steht, jeweils um Folgeverordnungen handelt, nachdem der Patient vom Hämophiliezentrum der Martin-Luther-Universität Halle auf dieses Präparat eingestellt worden war. Auch wird in der Gesetzesbegründung zum Transfusionsgesetz (BT-Drucks 13/9594 S 30 zu § 47 AMG) darauf hingewiesen, im Vordergrund stehe die ärztlich betreute und gut kontrollierte Anwendung dieser Arzneimittel. Unter diesem Aspekt erscheint es als widersinnig, einem Arzt bzw. einer Ärztin die Qualifikation zum Direktabzug abzusprechen, welche(r) die fortlaufende Behandlung eines Bluters übernommen hat. Im Übrigen würde dies eine Betreuung von Blutern im ländlichen Raum erschweren.

Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie sei davon ausgegangen, keine hämostaseologisch qualifizierte Ärztin im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AMG zu sein, denn sie war seitens der Beigeladenen zu 1. ausdrücklich darüber informiert worden, dass auch ihr die Möglichkeit des Direktbezuges offenstand.

bb. Dem LSG ist insoweit zuzustimmen, dass sich eine Verpflichtung der Klägerin, den ihr rechtlich erlaubten Direktbezug auch tatsächlich zu nutzen, weder aus § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V noch aus § 47 AMG ergibt:

Aus § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V lässt sich eine derartige Verpflichtung nicht herleiten, denn zum einen sind die Vertragsärzte nicht Adressaten der Regelung und zum anderen ist deren alleiniger Gegenstand die Information der Vertragsärzte. Die dort geregelte Verpflichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung(en) und Krankenkassen(-verbände), die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen sowie - seit 1.4.2007 - auch über Bezugsquellen - zu informieren, lässt allerdings erkennen, dass der Gesetzgeber auch in der Wahl einer kostengünstigeren Bezugsquelle ein mögliches Einsparungspotential sieht.

Eine Verpflichtung zum Direktbezug ergibt sich auch nicht aus § 47 AMG, welcher den Vertriebsweg von Arzneimitteln regelt. § 47 Abs. 1 Satz 1 AMG (i.d.F. vom 10.10.2013) bestimmt, dass pharmazeutische Unternehmer und Großhändler Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur an die dort aufgeführten Personen und Institutionen abgeben dürfen. Hierzu gehören nach Nr. 2a Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich um aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile handelt, die, soweit Gerinnungsfaktorenzubereitungen betroffen sind, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen.

Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4-2500 § 130a Nr. 4 RdNr. 17; BSG SozR 4-2500 § 130a Nr. 6 RdNr. 18) sieht die Sonderregelung des § 47 AMG keine Ausnahme von der Apothekenpflicht des § 43 AMG vor, sondern knüpft hieran ausdrücklich an und normiert die Befugnis der pharmazeutischen Unternehmer und Großhändler, die apothekenpflichtigen Arzneimittel dennoch an bestimmte Personen und Institutionen außerhalb des Apothekenbereichs abzugeben. Empfänger wie z.B. Krankenhäuser und Ärzte sind den Apotheken (in den normierten Ausnahmefällen) insoweit gleichgestellt. Die Abgabewege bzw. Abgabeformen nach § 47 AMG stellen also lediglich eine gelockerte Form der Apothekenpflicht dar (BSG a.a.O.). Aus § 47 SGB V ergibt sich somit lediglich eine Befugnis für pharmazeutische Unternehmer bzw. Großhändler, Arzneimittel bei Vorliegen der Ausnahmetatbestände direkt an Krankenhäuser oder Ärzte abzugeben, nicht jedoch eine Verpflichtung dieser Ärzte, diesen Abgabeweg zu nutzen. Selbst wenn sich der Gesetzgeber von dieser Regelung (auch) Kosteneinsparungen versprochen hat (siehe die Gesetzesbegründung zum Transfusionsgesetz, BT-Drucks 13/9594 S 30 zu § 47 AMG), enthält sie keinerlei diesbezügliche Vorgaben für Ärzte. Diese sind nicht einmal Adressaten der Regelungen; dies sind vielmehr allein pharmazeutische Unternehmer und Großhändler.

cc. Der von der Klägerin gewählte Bezugsweg war unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V (<1>). Zwar bedarf es - namentlich im Verordnungsbereich - im Regelfall näherer normativer Konkretisierungen dieses abstrakt formulierten Gebots, um aus dessen Nichtbeachtung rechtliche Folgerungen ziehen zu können; in der vorliegenden Konstellation ergab sich - entgegen der Auffassung des LSG - die Verpflichtung der Klägerin zum Direktbezug des Gerinnungsfaktors aufgrund der besonderen Umstände jedoch unmittelbar aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot (<2>).

(1) (a) § 106 Abs. 1 SGB V verpflichtet die Krankenkassen und die KÄVen, die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen zu überwachen. Das Verfahren nach § 106 SGB V dient damit der Feststellung, ob die vertragsärztliche Versorgung in Bezug auf die Behandlungs- wie auch die Verordnungsweise den gesetzlichen Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots genügt. Der in § 106 Abs. 1 SGB V verwendete Begriff der Wirtschaftlichkeit ist mit den in § 12 Abs. 1 SGB V definierten, in § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V für die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern wiederholten und in § 72 Abs. 2 SGB V für die Beziehungen der Krankenkassen zu Ärzten und Zahnärzten präzisierten Begriffen identisch. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2 a.a.O.). Nach § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V muss die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss wirtschaftlich erbracht werden. Der für die Prüfungsgremien maßgebende Begriff der Wirtschaftlichkeit trägt die anderen genannten Sachvoraussetzungen in sich (BSGE 17, 79, 84 = SozR Nr. 5 zu § 368n RVO; BSGE 19, 123, 128 = SozR Nr. 7 zu § 368n RVO, Bl Aa 10, 12).

Der Begriff der "Wirtschaftlichkeit" im engeren Sinne fordert, entsprechend dem Minimalprinzip mit dem geringstmöglichen Aufwand die erforderliche - ausreichende und zweckmäßige - Leistung zu erbringen. Bezogen auf die Krankenversicherung bestimmt der Begriff - als Kernbestandteil des Wirtschaftlichkeitsgebots im engeren Sinne (BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, RdNr. 44) - die Relation zwischen dem Kostenaufwand und dem Nutzen in Form des Heilerfolgs (vgl. BSGE 52, 134, 139 = SozR 2200 § 182 Nr. 76). Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit im Sinne des Minimalprinzips bedingt den Beleg, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (vgl. z.B. BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr. 6, RdNr. 14; BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr. 7, RdNr. 16; BSG Urteil vom 7.5.2013 - B 1 KR 53/12 R - Juris RdNr. 19 = USK 2013-67; BSG SozR 4-2500 § 12 Nr. 4 RdNr. 24; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 8 RdNr. 26).

Entsprechend dem Minimalprinzip ist der Vertragsarzt bei zwei zur Behandlung einer bestimmten Gesundheitsstörung zur Verfügung stehenden, medizinisch gleichwertigen Therapieansätzen verpflichtet, den kostengünstigeren zu wählen (BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, RdNr. 44; vgl. auch BSG Beschluss vom 31.5.2006 - B 6 KA 68/05 B - Juris RdNr. 11; ebenso z.B. Noftz in Hauck/Noftz, Stand Einzelkommentierung 2000, SGB V, Juni 2014, § 12 RdNr. 23; Roters in Kasseler Komm, § 12 SGB V RdNr. 41). Das Minimalprinzip ist grundsätzlich auch im Verhältnis zweier therapeutisch gleichwertiger, aber unterschiedlich teurer Arzneimittel zu beachten (so ausdrücklich LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 28.10.2009 - L 7 KA 131/06 - Juris RdNr. 52; in diesem Sinne auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, RdNr. 44; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 6 RdNr. 28; BSG SozR 4-2500 § 35 Nr. 6 RdNr. 14).

(b) Nichts anderes kann gelten, wenn unterschiedliche Bezugsmöglichkeiten für ein und dasselbe Medikament bestehen und der eine Bezugsweg erheblich niedrigere Kosten verursacht als der andere. Die Verpflichtung des Vertragsarztes zu wirtschaftlichem Handeln gilt für jedwede ärztliche Tätigkeit (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 368n Nr. 31 S 106; BSG SozR 2200 § 368n Nr. 37 S 122; BSGE 60, 69, 71 = SozR 2200 § 368n Nr. 42 S 139; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 42 S 232). Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet den Vertragsarzt, umfassend - also in jedem Teilbereich - wirtschaftlich zu handeln (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 42 S 232; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 1 RdNr. 11; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 3 RdNr. 9; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 15; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 18 RdNr. 27; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 33 RdNr. 21). Dies folgt aus dem umfassenden Geltungsanspruch des Wirtschaftlichkeitsgebots (vgl. BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 34 RdNr. 34).

Ein Arzt hat daher das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Verordnung von Arzneimitteln nicht allein in Bezug auf die Auswahl des Arzneimittels zu beachten, sondern auch dann, wenn es verschiedene Bezugswege gibt. So bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V, dass Leistungserbringer Leistungen, die unwirtschaftlich sind, nicht "bewirken" dürfen. Aus welchem Grund "die Leistung" unwirtschaftlich ist, spielt dabei keine Rolle. Es gilt der Grundsatz, dass dann, wenn "Leistungen" als gleichwertig anzusehen sind, weil sie voraussichtlich mit gleicher Wahrscheinlichkeit den gleichen Behandlungserfolg bringen werden, die kostengünstigere zu wählen ist (Roters in Kasseler Komm, § 12 SGB V RdNr. 42). Eine "Gleichwertigkeit" liegt erst recht dann vor, wenn es sich um das identische Arzneimittel handelt und lediglich der Bezugsweg ein anderer ist.

(c) Nach diesen Maßstäben steht außer Frage, dass ein Direktbezug des Gerinnungsfaktors erhebliche Kosten einsparen würde und damit allein dessen Nutzung wirtschaftlich ist. Die für die Behandlung von Blutern regelmäßig aufzuwendenden Arzneimittelkosten sind erheblich, sodass sich bei einem Direktbezug - also ohne den an die Apotheke fließenden "Aufschlag" - ein entsprechendes Einsparpotential ergibt. Im vorliegenden Fall beträgt die Differenz bei einem einzigen Patienten gut 4000 Euro pro Quartal. Ein Direktbezug ist mithin der bei weitem kostengünstigere Weg, um den bei der Beigeladenen zu 1. versicherten Patienten mit dem von diesem regelmäßig benötigten Gerinnungsfaktor zu versorgen.

Im Übrigen wäre es schwerlich nachvollziehbar, wenn ein Vertragsarzt zwar einerseits bei der Auswahl eines Arzneimittels in Erwägung zu ziehen hätte, bei therapeutischer Gleichwertigkeit das kostengünstigere Mittel zu verordnen, er jedoch andererseits Kosten-Nutzen-Erwägungen bei der Wahl des Vertriebsweges vollständig außer Betracht lassen könnte. Unterstellt, es gäbe verschiedene - in jeder Beziehung therapeutisch gleichwertige - Arzneimittel, die bei der Behandlung von Blutern zur Anwendung gelangen könnten, wäre ein Vertragsarzt grundsätzlich verpflichtet, das kostengünstigere Medikament zu verordnen, auch wenn dies pro Quartal nur Einsparungen in Höhe von beispielsweise 100 Euro ermöglichte. Es läge ein Wertungswiderspruch vor, sollte er andererseits nicht verpflichtet sein, das Medikament direkt beim Hersteller zu beziehen, obwohl der Direktbezug zu Kosteneinsparungen in Höhe von 4000 Euro pro Quartal führte.

(d) Einer Direktabgabe steht auch nicht entgegen, dass die Lagerung der Arzneimittel besondere Aufbewahrungsformen oder Sicherungsvorkehrungen erforderte. Wie bereits der Prüfungsausschuss dargelegt hat, bestehen keine besonderen Anforderungen an die Aufbewahrung und Lagerung von Gerinnungsfaktoren, die über die üblichen Gegebenheiten in Arztpraxen hinausgehen. Nach der entsprechenden Gebrauchsinformation darf "Faktor VIII SDH Intersero 1000" lediglich nicht über 25° gelagert und nicht eingefroren werden; zudem sind die Durchstechflaschen im Umkarton aufzubewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen. Selbst wenn man mit dem LSG davon ausginge, dass "eine weitere Vorsorgeverpflichtung zur Abwendung von Straftaten und zu versichernden Risiken" bestünde, ginge diese nicht über das in Arztpraxen Übliche hinaus. Zudem entsteht kein besonderer Verwaltungsaufwand für den Arzt, da die Abrechnung zwischen Hersteller und Krankenkasse erfolgt. Auch aus Patientensicht stand einer Abgabe durch die behandelnde Ärztin nichts entgegen. Es war dem Patienten zumutbar, viermal im Quartal die im selben Ort wie die abgebende Apotheke liegende Praxis der Klägerin aufzusuchen (wobei offenbleiben kann, ob er dies nicht auch unter der tatsächlich praktizierten Vorgehensweise musste, um die von der Klägerin ausgestellte Verordnung in Empfang zu nehmen).

(2) Entgegen der Auffassung des LSG war die Klägerin in der vorliegenden Konstellation auch unmittelbar aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot zum Direktbezug des Gerinnungsfaktors verpflichtet mit der Folge, dass der von ihr gewählte Bezugsweg über die Apotheke unwirtschaftlich war und sie damit die hieraus resultierenden Mehrkosten zu erstatten hat. Es ist allerdings nur in besonders gelagerten Konstellationen möglich, unmittelbar aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot konkrete, im Falle der Nichtbeachtung einen Regress auslösende Vorgaben für die ärztliche Behandlung eines Patienten im Einzelfall abzuleiten.

(a) Ein unmittelbarer Durchgriff auf das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs. 1 SGB V in einem konkreten Einzelfall stellt (zumindest im Vertragsarztrecht) schon deswegen die Ausnahme dar, weil die Prüfung der Verordnungsweise regelmäßig im Wege der Richtgrößenprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V durchgeführt wird. Bei der Richtgrößenprüfung, die sich letztlich als Prüfung nach Durchschnittswerten darstellt (vgl. BSG SozR 4-2500 § 84 Nr. 2 RdNr. 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 48 RdNr. 75 (vorgesehen)), sind sowohl die Voraussetzungen für eine Beurteilung des Verordnungsverhaltens als "unwirtschaftlich" als auch die Voraussetzungen für das Eingreifen von Prüfmaßnahmen im Einzelnen gesetzlich normiert. Für Einzelfallprüfungen und -beurteilungen ist daneben regelmäßig kein Raum. Ob ein Vertragsarzt nach Durchführung einer Richtgrößenprüfung (oder einer anderen auf der Grundlage von Durchschnittswerten durchgeführten Prüfung) immer davor geschützt ist, dass sein Verordnungsverhalten nicht auch noch im Wege einer Einzelfallprüfung geprüft und er ggf. in Regress genommen werden kann, braucht der Senat allerdings nicht abschließend zu entscheiden. Jedoch liegt es nahe, dass eine Verordnung, die bereits Gegenstand einer - wenn auch "pauschalen" - (Richtgrößen-)Prüfung war, nicht erneut einer - nunmehr "konkreten" - Einzelfallprüfung unterzogen werden darf, soweit es jedenfalls um die Wirtschaftlichkeit und nicht um die Zulässigkeit der Verordnung geht.

Dies stünde vorliegend jedoch einem Einzel-Regress nicht entgegen, weil eine Richtgrößenprüfung nur dann eine Sperrwirkung entfalten kann, wenn die in Rede stehende Verordnung auch in das Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 SGB V einbezogen wurde. Gerinnungsfaktoren sind jedoch regelmäßig von Richtgrößenregelungen ausgenommen (vgl. die Bundesempfehlung zu Richtgrößen vom 21.2.2000, Anlage 2 "Arzneimittel zur Ausnahme von Richtgrößenregelungen", Wirkstoffliste nach Anlage 2, Nr. 18: "Blutgerinnungsfaktoren VIII "), sodass sie auch keiner Richtgrößenprüfung unterliegen.

(b) Zum anderen bedarf es regelmäßig näherer normativer Konkretisierungen - etwa hinsichtlich der Verordnungsfähigkeit von bestimmten Arzneimitteln -, an denen der Arzt seine Behandlungsweise ausrichten kann. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der GBA gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V gehalten ist, eine Richtlinie für die Verordnung von Arzneimitteln zu beschließen, welche den in § 92 Abs. 2 SGB V niedergelegten detaillierten Vorgaben genügen müssen; hierzu gehören auch Regelungen, die dem Vertragsarzt eine Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit einer Verordnung ermöglichen. Weiterhin muss der Arzt davor geschützt sein, dass eine nicht offensichtlich regelwidrige Behandlungsweise im Nachhinein auf der Grundlage ganz allgemeiner Erwägungen zu wirtschaftlichen Alternativen als fehlerhaft bewertet wird.

Das schließt aber nicht aus, dass der Arzt in besonderen Konstellationen auch ohne entsprechende Konkretisierungen zur unmittelbaren Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet ist und aus dessen Nichtachtung Folgerungen gezogen werden dürfen. Denn der GBA ist weder verpflichtet ("soll") noch in der Lage, für jede der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung denkbaren Fallgestaltungen Regelungen aufzustellen. Auch wenn es ggf. sinnvoll sein könnte, eine ausdrückliche Verpflichtung zur Nutzung einer Direktbezugsmöglichkeit in die AM-RL aufzunehmen, belegt deren Fehlen nicht, dass ein Verzicht auf die Nutzung dieses Bezugsweges als wirtschaftlich anzusehen bzw. zumindest folgenlos hinzunehmen wäre. Dementsprechend lässt sich auch nichts aus dem Umstand entnehmen, dass die in § 9 Abs. 2 AM-RL aufgeführten Hinweise für eine kostenbewusste Verordnung (etwa zur Berücksichtigung von Importarzneimitteln) den Direktbezug nicht erfassen. Mithin kann ein Vertragsarzt, insbesondere bei bestehenden rechtskonformen Handlungsalternativen, die mit unterschiedlich hohen Kosten verbunden sind, auch ohne entsprechende Konkretisierung durch die AM-RL verpflichtet sein, sich für die wirtschaftlichere Variante zu entscheiden.

Das war hier der Fall. Zum einen drängte sich angesichts des exorbitanten Kostenunterschieds von gut 4000 Euro pro Quartal die Nutzung der Direktbezugsmöglichkeit geradezu auf (so auch Wohlleben, Die ambulante Versorgung von Patienten mit Gerinnungsfaktorpräparaten als Managementaufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, 2008, S 85: "Das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V fordert geradezu einen Direktbezug"). Zum anderen hatte die beigeladene Krankenkasse die Klägerin bereits im Oktober 2005 - also vor dem streitgegenständlichen Zeitraum - bezogen auf den konkreten Behandlungsfall auf die Möglichkeit des Direktbezuges hingewiesen. Die Klägerin hatte danach mehr als fünf Monate Gelegenheit, sich dieser Empfehlung anzuschließen oder zumindest Gründe zu benennen, aus denen das nicht möglich war. Die von ihr angeführten Erwägungen - Berufstätigkeit des Versicherten und Schwierigkeiten bei der Lagerung - liegen in diesem Fall neben der Sache. Richtig ist, dass eine Ärztin nicht verpflichtet ist, zur Ermöglichung des Direktbezuges ein eigenes Kühlsystem in der Praxis vorzuhalten oder an sieben Tagen der Woche die Praxis zu öffnen, nur um einen Versicherten täglich zu versorgen. Das spielte - wie bereits dargestellt - hier jedoch keine Rolle: substanziell hat die Klägerin nur geltend gemacht, sie wolle eben den Weg des Direktbezuges nicht gehen, weil sie dazu nicht verpflichtet sei. Damit verkennt sie Bedeutung und Reichweite des Wirtschaftlichkeitsgebotes, das sie im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit beachten muss, ganz grundlegend.

2. Der Bescheid des Beklagten ist auch hinsichtlich der Höhe des Regresses nicht zu beanstanden; insbesondere war - entgegen der Auffassung des LSG - kein Hersteller- bzw. Arzneimittelrabatt zu berücksichtigen.

a. Die Prüfgremien haben bei der Festsetzung des Regresses neben Patientenzuzahlungen auch den Apothekenrabatt, der den Krankenkassen gemäß § 130 Abs. 1 SGB V bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln von den Apotheken zu gewähren ist, zu berücksichtigen (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 38 S 211). Nichts anderes gilt für Rabatte, die den Krankenkassen durch Vereinbarungen nach § 130a SGB V mit pharmazeutischen Unternehmern gewährt werden (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, August 2014, § 106 RdNr. 93). Eine Außerachtlassung der Rabatte und Patientenzuzahlungen bei der Festsetzung der Höhe des Regresses ist ermessensfehlerhaft, da durch den Verordnungsregress nur der Aufwand ausgeglichen werden soll, der der Krankenkasse durch das unwirtschaftliche Handeln des Arztes entstanden ist (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 38 S 212).

b. Der Beklagte hat jedoch vorliegend zu Recht keinen Rabattabzug vorgenommen, weil der zu 1. beigeladenen Krankenkasse Herstellerrabatte weder tatsächlich zugeflossen sind noch aus Rechtsgründen zufließen mussten. Auf Gerinnungsfaktoren, die über eine Apotheke bezogen werden, ist kein Herstellerrabatt zu gewähren:

Nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V erhalten Krankenkassen von den Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 7 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Diese Regelung gilt gemäß § 130a Abs. 1 Satz 5 SGB V a.F. (jetzt Satz 6) für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG oder aufgrund des § 129 Abs. 5a SGB V bestimmt sind, sowie für Arzneimittel, die nach § 129a SGB V abgegeben werden. Die Preisvorschriften nach dem AMG ergeben sich aus der - auf der Ermächtigung in § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG beruhenden - AMPreisV; dieser unterfallen grundsätzlich alle Fertigarzneimittel, deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 AMG den Apotheken vorbehalten ist (§ 1 Abs. 1 AMPreisV). Nach § 1 Abs. 3 AMPreisV sind jedoch Arzneimittel unter bestimmten Voraussetzungen vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen mit der Folge, dass dann auch kein Herstellerrabatt zu gewähren ist. Hierzu gehören auch Gerinnungsfaktoren (Schulte-Bosse/Burgardt, PharmR 2015, 149, 154, 155; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 31.8.2011 - L 1 KR 63/09 - Juris RdNr. 45; siehe auch GBA, Dossier zur Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, Simoctocog alfa (Nuwiq®), Modul 3 A, Ziffer 3.3.3.1. f; so im Ergebnis auch Wohlleben, Die ambulante Versorgung von Patienten mit Gerinnungsfaktorpräparaten als Managementaufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, 2008, S 68 f). Dem wird auch in der Praxis dadurch Rechnung getragen, dass Gerinnungsfaktoren vom Herausgeber der "Großen Deutschen Spezialitätentaxe" ("Lauer-Taxe") als Arzneimittel gelistet sind, die nicht der AMPreisV unterliegen und damit nicht herstellerabschlagspflichtig sind (siehe auch Schulte-Bosse/Burgardt, PharmR 2015, 149, 155).

Nach den in § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 AMPreisV geregelten Ausnahmetatbeständen - andere kommen vorliegend nicht in Betracht - findet die AMPreisV keine Anwendung, wenn es sich entweder um eine Abgabe an die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 bis 9 AMG genannten Personen und Einrichtungen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen handelt (Nr. 3), oder um die Abgabe von Blutkonzentraten, die zur Anwendung bei der Bluterkrankheit ( ...) bestimmt sind (Nr. 6). Die Nr. 3 a.a.O. ist im Ergebnis nicht einschlägig, da eben gerade keine Abgabe im Direktbezug nach § 47 AMG erfolgt ist, sondern eine solche über Apotheken (zur Auslegung der Norm siehe BSG SozR 4-2500 § 130a Nr. 4 sowie BSG SozR 4-2500 § 130a Nr. 6). Jedoch greift vorliegend § 1 Abs. 3 Nr. 6 AMPreisV ein, weil es sich bei den streitgegenständlichen Gerinnungsfaktoren um ebensolche Blutkonzentrate handelt, die zur Anwendung bei der Bluterkrankheit bestimmt sind. "Blutkonzentrat" ist das Synonym für alle Arzneimittel, die der Substitutionsbehandlung von Blutern dienen (Schulte-Bosse/Burgardt, PharmR 2015, 149, 153).

Das LSG stützt seine gegenteilige Auffassung zum einen darauf, dass dem in der Nr. 6 a.a.O. geregelten Ausnahmetatbestand neben dem der Nr. 3 a.a.O. keine eigenständige Bedeutung zukomme, weil es sich bei den schon durch die Nr. 3 i.V.m. § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG erfassten Gerinnungsfaktoren um eine Untergruppe der in der Nr. 6 a.a.O. genannten Blutzubereitungen handele, und dass beide Vorschriften jedenfalls dieselbe Rechtsfolge nach sich ziehen müssten. Dem ist nicht zu folgen. Ein Vorrang im Sinne einer Spezialität kommt der Regelung nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV gegenüber der Regelung nach der Nr. 6 a.a.O. nicht zu (so auch Schulte-Bosse/Burgardt, PharmR 2015, 149, 154). Schulte-Bosse/Burgardt (a.a.O.) weisen zunächst zu Recht darauf hin, dass bei einem Vorrang des Ausnahmetatbestandes nach Nr. 3 a.a.O. die Regelung nach der Nr. 6 a.a.O. hätte aufgehoben werden können, der Gesetzgeber wiederholte Änderungen der AMPreisV jedoch auch nach Vorliegen der norminterpretierenden Entscheidungen der Krankenversicherungssenate des BSG nicht in diesem Sinne genutzt habe.

Unabhängig hiervon kommt beiden Regelungen - ungeachtet einer gewissen Überschneidung - ein eigenständiger Anwendungsbereich zu. Die Beigeladene zu 1. weist zu Recht darauf hin, dass die Nr. 3 a.a.O. adressatenbezogen, die Nr. 6 a.a.O. hingegen produktbezogen ist. Während die Nr. 3 a.a.O. eine Ausnahme von den Preisvorschriften nur für den Fall eines abweichenden Vertriebsweges vorsieht - nämlich im Falle eines Direktbezuges -, sodass die (vom BSG a.a.O. bestätigte) Konsequenz naheliegt, auch nur bei tatsächlicher Nutzung dieses Vertriebsweges eine Ausnahme anzunehmen, sieht die Nr. 6 a.a.O. eine Ausnahme für ein bestimmtes Arzneimittel - nämlich Blutkonzentrate - vor, und zwar ohne Rücksicht darauf, an wen sie ausgeliefert werden (Hessisches LSG Urteil vom 29.1.2009 - L 8 KR 226/07 - Juris RdNr. 36). Schon von daher geht die Erwartung des LSG, beide Normen müssten dieselbe Rechtsfolge nach sich ziehen, fehl. Hinzu kommt, dass die Nr. 6 a.a.O. in Bezug auf Blutkonzentrate, die zur Anwendung bei der Bluterkrankheit bestimmt sind, die speziellere Norm darstellt, weil sie eine unmittelbare Regelung des Direktbezugs enthält, während sich die Möglichkeit eines Direktbezugs nach der Nr. 3 a.a.O. erst über die Regelung des § 47 Abs. 1 Nr. 2a AMG vermittelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Berufungs- sowie des Revisionsverfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Kosten der Beigeladenen zu 2. sind nicht zu erstatten, da sie keinen Antrag gestellt hat.