Gründe:

I

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für den Zeitraum vom 1.1.1997 bis zum 30.6.2005.

Die 1995 geborene Klägerin ist das Kind von N.M. (Mutter) und F.N. (Vater). Beide Elternteile sind als Asylbewerber aus Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) nach Deutschland gekommen und haben ab April 1996 in einer gemeinsamen Wohnung gewohnt. Die in den Kriegswirren in Zaire schwer misshandelte Mutter leidet an einer psychotischen Erkrankung des schizophrenen Formenkreises, sodass ihr bereits 1993 für ihr erstgeborenes Kind die elterliche Sorge entzogen und am 31.10.1995 das Ruhen der elterlichen Sorge auch hinsichtlich der Klägerin festgestellt wurde. Die Vormundschaft über die Klägerin erhielt in der Zeit vom 31.10.1995 bis 24.3.1996 das Kreisjugendamt E. und vom 25.3.1996 bis 15.1.2003 der Vater. In der Zeit vom 16.1.2003 bis 3.5.2005 lag die elterliche Sorge bei der Kindesmutter, anschließend beim Jugendamt der Stadt M. (Beigeladene zu 1.) als Amtsvormund. Ab dem 5.10.2011 bis zur Volljährigkeit der Klägerin oblag die elterliche Sorge wieder dem Vater.

Am 3.1.1997 erlitt die Klägerin (im Alter von 15 Monaten) während der berufsbedingten Abwesenheit des Vaters in der elterlichen Wohnung aufgrund einer Misshandlung durch die Mutter eine Schädel-Hirn-Verletzung mit Erblindung des linken sowie Schädigung des rechten Auges. Ein diesbezüglich eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde nach Vernehmung ua des Vaters mangels Schuldfähigkeit der Mutter zum Tatzeitpunkt eingestellt (Staatsanwaltschaft Bonn, Az 72 Js 941/97). Die Stellung eines Antrags nach dem OEG erfolgte erst am 29.7.2005 durch den Beigeladenen zu 1. gemäß § 97 SGB VIII.

Der beklagte Landschaftsverband stellte eine Hirnschädigung nach Schädelfraktur parasagittal frontal links mit kleiner Hirnkontusion rechts frontolateral und Subarachnoidalblutung 1997 sowie Sehminderung, Gesichtsfeldausfälle rechtes Auge, Erblindung linkes Auge und ein operiertes Innenschielen linkes Auge als Folge einer Schädigung im Sinne des OEG fest und gewährte ab dem 1.7.2005 Versorgungsgrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vH unter Ablehnung eines früheren Leistungsbeginns (Bescheid vom 20.6.2008; Widerspruchsbescheid vom 10.10.2008).

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf eine rückwirkende Gewährung von Versorgungsleistungen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 BVG habe. Auch aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergebe sich kein Entschädigungsanspruch für zurückliegende Zeiträume (Urteil vom 8.2.2013).

Die anschließende Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 31.10.2014), weil diese keinen Anspruch auf einen früheren Leistungsbeginn habe. Die Klägerin sei nicht ohne Verschulden gehindert gewesen in der Zeit vor der tatsächlichen Antragstellung Beschädigtenversorgung zu beantragen. Sie müsse sich insoweit das Verschulden des damals sorgeberechtigten Vaters, der es pflichtwidrig unterlassen habe einen Antrag nach dem OEG zu stellen, zurechnen lassen. Rechtsunkenntnis des Vaters schließe ein Verschulden nicht aus und ein schutzwürdiger Interessenkonflikt habe für diesen nicht vorgelegen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide aus, weil der Beklagte selbst keine Beratungspflichten verletzt habe und diesem eine fehlende Beratung durch das damals zuständige Jugendamt nicht zuzurechnen sei.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG. Es sei rechtsfehlerhaft für die Nichtantragstellung vor dem 29.7.2005 ein Verschulden des zu der Zeit allein sorgeberechtigten Vaters anzunehmen und dies der Klägerin zuzurechnen. Obwohl der Vater das Gespräch mit den zuständigen Stellen gesucht und geführt habe, sei durch keine einzige Behörde Aufklärung über eine mögliche Antragstellung nach dem OEG erfolgt, obwohl sich gerade für den Beigeladenen zu 2. eine solche Hinweispflicht aufgedrängt habe. Zudem wären Leistungen nach dem OEG im Rahmen von "SGB II-Leistungen" bedarfsmindernd zu berücksichtigen gewesen.

Jedenfalls stehe der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine frühere Leistungsgewährung zu, weil das LSG rechtsfehlerhaft eine Funktionseinheit zwischen dem zuständigen Jugendamt und dem Beklagten verkannt habe. Jugendämter besäßen einen nachrangigen Kostenerstattungsanspruch für bereits erbrachte Leistungen gegenüber dem vorrangig zuständigen Sozialleistungsträger, sodass ihnen ein eigenes Antragsrecht auf Gewährung von Versorgung gemäß § 97 SGB VIII zustehe. Die materiell-rechtliche Verknüpfung und das arbeitsteilige Zusammenwirken ergebe sich auch aus den diversen Informationsveranstaltungen und Fortbildungsseminaren über das OEG zur Verbesserung der Kooperation, die ausdrücklich des Rundschreibens des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zum sozialen Entschädigungsrecht vom 15.11.1999 nebst Schreiben des Landesversorgungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2000 gefordert worden seien.

Auch habe das LSG rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die Mutter und alleinige Gewalttäterin vom 16.1.2003 bis 2.5.2005 allein sorgeberechtigt gewesen sei und damit eine Verschuldenszurechnung hinsichtlich der Fristversäumung gegenüber der Klägerin ausscheide.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2014 und des SG Köln vom 8. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 20. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2008 zu verurteilen, der Klägerin Versorgungsrente nach dem OEG auch für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 30. Juni 2005 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für rechtmäßig.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

 

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet, sie hat keinen Anspruch auf Versorgungsleistungen aufgrund der am 3.1.1997 erlittenen Schädigungen bereits für den Zeitraum vom 1.1.1997 bis zum 30.6.2005. Die Urteile des LSG vom 31.10.2014 und SG vom 8.2.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin ebenso wenig in ihren Rechten wie der Bescheid des Beklagten vom 20.6.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2008.

Gegenstand der Revision ist das die Berufung der Klägerin zurückweisende Urteil des LSG. Dieses hat die Entscheidung des SG bestätigt, das die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG) der Klägerin auf einen früheren Leistungsbeginn ihrer Grundrente abgewiesen hat. Dabei sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass der beklagte Landschaftsverband seit dem 1.1.2008 passiv legitimiert ist (vgl. hierzu BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 6, RdNr. 26 m.w.N.). Dies hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verwaltungsverfahrens zuständig gewordene Rechtsträger, hier der Landschaftsverband Rheinland, die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann. Ob für einen Anspruch der Klägerin im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen von § 1 Abs. 4 OEG oder von Abs. 5 bzw. Abs. 6 der Vorschrift für Ausländer Anwendung findet, kann hier dahinstehen, weil sich ein Anspruch der Klägerin für einen früheren Leistungsbeginn als ab dem 1.7.2005 weder aus § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 BVG (in der Fassung vom 10.8.1978, BGBl I 1217; siehe hierzu 1.) noch unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (siehe hierzu unter 2.) ergibt.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf die von ihr begehrte Leistung für die Zeit vor dem 1.7.2005 richtet sich nach § 1 OEG i.V.m. den Vorschriften des BVG. Insoweit setzt § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG allgemein voraus, dass eine natürliche Person ("wer") im (räumlichen) Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Außerdem ist ein wirksamer Antrag ("auf Antrag") weitere materiell-rechtliche Voraussetzung (zu den allgemeinen Leistungsvoraussetzungen für eine Entschädigung nach dem OEG vgl. z.B. BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr. 12 = Breithaupt 2008, 507). Dass die Klägerin am 3.1.1997 Opfer einer Gewalttat i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG geworden ist und dadurch eine bleibende gesundheitliche Schädigung erlitten hat, steht nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG außer Zweifel; der beklagte Landschaftsverband hat als zuständige Versorgungsverwaltung der Klägerin ab Beginn des Antragsmonats (1.7.2005) Leistungen nach dem OEG i.V.m. dem BVG zuerkannt. Entsprechend der Auffassung der Vorinstanzen lässt sich ein früherer Beginn der von der Klägerin begehrten Beschädigtenversorgung - hier der Beschädigtengrundrente - nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG herleiten. Der Vater der Klägerin war als ihr gesetzlicher Vertreter zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht ohne Verschulden gehindert, vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG Antrag auf Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem OEG zu stellen.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG beginnen auch bei Opfern von Gewalttaten die Leistungen der Beschädigtenversorgung im Grundsatz mit dem Antragsmonat, wenn die sonstigen materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorschrift des § 60 Abs. 1 BVG ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auf die Opferentschädigung entsprechend anwendbar (vgl. BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr. 5 RdNr. 18 m.w.N. zum Konzept des § 60 Abs. 1 BVG). Ausnahmsweise eröffnet § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG eine Rückwirkung, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird. Die Jahresfrist wird nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG wiederum um den Zeitraum verlängert, in dem eine unverschuldete Verhinderung der Antragstellung vorlag. Ihrer Wirkung nach ermöglicht die (verlängerte) Jahresfrist eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Eintritt der Schädigung. Entgegen der Auffassung der Revision sind hier die Voraussetzungen des Verlängerungstatbestands des § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG nicht gegeben, denn die Klägerin war nicht ohne Verschulden gehindert, bis zum Ablauf der Jahresfrist (beginnend mit dem Eintritt der Schädigung) Leistungen wie z.B. die Beschädigtengrundrente nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 31 Abs. 1 BVG zu beantragen.

Ein eigenes Verschulden der Klägerin scheidet allerdings schon deshalb aus, weil diese in der Zeit vom 4.1.1997 bis zum 3.1.1998 (also während der Jahresfrist des § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG) weder geschäftsfähig (§ 104 Nr. 1 BGB) noch sozialrechtlich handlungsfähig (§ 36 Abs. 1 SGB I) war und deshalb keine rechtswirksamen Willenserklärungen abgeben, mithin auch keinen Antrag nach dem OEG stellen konnte (zum Antrag als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung stellvertretend BSG SozR 3-1200 § 16 Nr. 2 S 5; BSG SozR 4-1200 § 44 Nr. 2 RdNr. 23; Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr. 5 RdNr. 20).

Die Klägerin muss sich jedoch entsprechend der in § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X getroffenen Regelung sowie den zu § 67 Abs. 1 SGG von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ein Verschulden ihres Vaters als ihren gesetzlichen Vertreter zurechnen lassen (vgl. BSGE 59, 40, 41 f = SozR 3800 § 1 Nr. 5 S 13; BSG SozR 3-3100 § 60 Nr. 3 S 5; BSGE 94, 282 = SozR 4-3800 § 1 Nr. 8, RdNr. 6; BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr. 5 RdNr. 21; siehe zur Zurechnung des Verschuldens des gesetzlichen Vertreters auch § 51 Abs. 2 ZPO). Danach liegt ein Verschulden nur dann nicht vor, wenn der Vertreter die nach den Umständen des Falles zu erwartende Sorgfalt beachtet hat. Grundsätzlich gilt insoweit ein subjektiver Maßstab. Es sind insbesondere der Geisteszustand, das Alter, der Bildungsgrad und die Geschäftsgewandtheit zu berücksichtigen. Rechtsunkenntnis schließt ein Verschulden allerdings nicht aus (vgl. BSG SozR 3-3100 § 60 Nr. 3 S 5; BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 6, RdNr. 30).

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG war gesetzlicher Vertreter der Klägerin in der Zeit vom 25.3.1996 bis zum 15.1.2003 allein deren Vater, der in diesem Zeitraum vom Amtsgericht (AG) E. mit Beschluss vom 25.3.1996 zum Vormund bestellt worden war. Diesem war die sich aus der elterlichen Sorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB) ergebende Personensorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB) vom AG nach §§ 1666, 1666a BGB nur hinsichtlich des Rechts auf Feststellung der Vaterschaft, die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie die Regelung von Erb- und Pflichtteilsrechten im Falle des Todes des Vaters und seiner Verwandten entzogen und dem Jugendamt E. als Pflegschaft übertragen worden. Nur für diese Angelegenheiten (diesen Wirkungskreis) war das Jugendamt damit gesetzlicher Vertreter, sodass mit der Befugnis des Jugendamts zur Antragstellung nach § 97 Satz 1 SGB VIII keine Verschuldenszurechnung zu Lasten der Klägerin begründet werden kann (vgl. hierzu BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr. 5 RdNr. 25 ff). Die übrigen sich aus der Personen- und Vermögenssorge ergebenden Rechte und Pflichten, wie z.B. die Pflicht zur Stellung des Antrags auf Beschädigtengrundrente nach dem OEG, blieben bei dem Vater der Klägerin; für diese Angelegenheiten war dieser nach wie vor ihr gesetzlicher Vertreter bis zum 15.1.2003. Der Vater der Klägerin war auch entgegen der Auffassung der Revision nicht gehindert, bis zum Ablauf der Jahresfrist - also zum 3.1.1998 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB) - einen Antrag auf Leistungen nach dem OEG zu stellen.

Als gesetzlicher Vertreter der Klägerin wäre der Vater verpflichtet gewesen, deren Interessen wahrzunehmen. Zu seinen objektiven Betreuungspflichten hätte es gehört, rechtzeitig (innerhalb der Jahresfrist des § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG) einen Versorgungsantrag nach dem OEG zu stellen. Dass diese Möglichkeit besteht, ist ihm zwar nach seinem eigenen Vorbringen weder bekannt gewesen, noch ist er hierüber insbesondere vom Jugendamt in Kenntnis gesetzt worden. Nach den Feststellungen des LSG liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vater im Hinblick auf seinen Geisteszustand, sein Alter, seinen Bildungsstand und/oder seine Geschäftsgewandtheit subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, die nach den Umständen des Falles zu erwartende zumutbare Sorgfalt bei der Antragstellung zu beachten. Auch ein Entschuldigungsgrund ist nicht ersichtlich.

Der Ausnahmecharakter der erweiterten Rückwirkung des Antrags nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG gebietet eine enge Handhabung (vgl. insgesamt Rohr/Sträßer/Dahm, BVG Soziales Entschädigungsrecht und Sozialgesetzbücher, § 60 BVG, Stand Januar 2010 Anmerkung 2). Nach der Gesetzesbegründung sollte den Belangen von Impfgeschädigten und Opfern von Gewalttaten Rechnung getragen werden (BT-Drucks 8/1735 S 19). Allein das fehlende Wissen um einen möglicherweise bestehenden Anspruch nach § 1 OEG stellt keinen Anwendungsfall von § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG dar, weil jedem Bürger gesetzliche Bestimmungen nach ihrer Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt als bekannt gelten (Publizitätsgrundsatz, vgl. BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 5 RdNr. 14 m.w.N.) und im Sozialrecht für den Bürger vielfältige Möglichkeiten bestehen, sich über seine sozialen Rechte zu informieren wie z.B. nach den §§ 13 bis 15 SGB I (vgl. BSG Urteil vom 15.8.2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3-3100 § 60 Nr. 3, S 5). Auch der Umstand, dass eine betreffende Person rechtsunkundig ist und aus einem fremden Sprach- und Kulturkreis stammt, reicht für die Annahme höherer Gewalt als Entschuldigungsgrund nicht aus (vgl. BSG Urteil vom 2.2.2006 - B 10 EG 9/05 R - BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr. 2, RdNr. 17 f). Die Forderung an einen Ausländer, der mit den einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften nicht vertraut ist, sich zu erkundigen, verlangt dem Betroffenen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts Unzumutbares ab (BVerfG Kammerbeschluss vom 22.1.1999 - 2 BvR 729/96 - Juris RdNr. 36). Unter Anwendung äußerster Sorgfalt wäre es dem Vater der Klägerin möglich und zumutbar gewesen, vorsorglich bei einer der mit ihm in Kontakt stehenden Behörden, insbesondere beim Jugendamt, nachzufragen, ob eventuell weitere Anspruchsmöglichkeiten für die Klägerin auf Entschädigungsleistungen bestehen (vgl. BFH Urteil vom 8.2.2001 - VII R 59/99, BFHE 194, 466 = BStBl II 2001, 506, zum Ausschluss höherer Gewalt bei Vertrauen auf richtige Sachbehandlung durch eine Behörde; vgl. auch BVerwG Urteil vom 11.5.1979 - 6 C 70/78 -, BVerwGE 58, 100). Die bloße Unkenntnis eines gesetzlichen Vertreters über anspruchsbegründende Umstände und Rechtsnormen stellt nach der Rechtsprechung des BSG selbst dann keinen Umstand höherer Gewalt dar, wenn diese im Wesentlichen auf einer mangelnden Aufklärung durch die zuständigen staatlichen Stellen beruhte (vgl. BSG Beschluss vom 27.3.2014 - B 9 V 69/13 B - Juris; Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 5 RdNr. 14; Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VJ 2/02 R - BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 1, RdNr. 23; Urteil vom 11.5.2000 - B 13 RJ 85/98 R - BSGE 86, 153, 161 f = SozR 3-5750 Artikel 2 § 6 Nr. 18, S 65 f). Auf eine den Grundsatz der formellen Publizität möglicherweise aufhebende falsche oder irreführende amtliche Information oder sonstiges rechts- oder treuwidriges Verhalten des Beklagten beruft sich die Klägerin selbst nicht (vgl. hierzu BSGE 67, 90 = SozR 3-1200 § 13 Nr. 1; BSGE 91, 39 = SozR 4-1500 § 67 Nr. 1, RdNr. 12). Derartiges ist weder festgestellt noch ersichtlich.

Dem Gebot, im Interesse des Kindes rechtzeitig Antrag auf Leistungen nach dem OEG zu stellen, standen nach den Feststellungen des LSG auch keine eigenen schutzwürdigen tat- oder täterbestimmten Interessen entgegen, die dazu führen könnten, das Verschulden des gesetzlichen Vertreters ausnahmsweise nicht dem minderjährigen Gewaltopfer zuzurechnen. Zwar hat das BSG von dem Grundsatz, dass eine pflichtwidrig unterlassene rechtzeitige Antragstellung des gesetzlichen Vertreters dem Opfer einer Gewalttat i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG zuzurechnen ist, in seiner bisherigen Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen (vgl. die umfassende Darstellung in: BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 6, RdNr. 34 ff). Allerdings liegt eine derartige Konstellation, in der der gesetzliche Vertreter zugleich der - bisher unentdeckte - Täter war oder dieser im Falle des Offenbarwerdens mit einem empfindlichen Ansehensverlust und einer Kriminalstrafe seines Angehörigen zu rechnen hat, ebenso wenig vor wie die Gefahr eines zivilrechtlichen Regressanspruchs durch den OEG Kostenträger gegen den Gewalttäter. Denn zum einen lag eine unentdeckte Straftat bereits deshalb nicht vor, weil die Misshandlung der Klägerin aufgrund der dramatischen gesundheitlichen Konsequenzen umgehend sowohl dem Jugendamt des Beigeladenen zu 2. als kurz danach auch den Strafverfolgungsbehörden bekannt geworden ist. Nach den Feststellungen des LSG ist dabei von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden ersichtlich nicht in Betracht gezogen worden, strafrechtlich gegen den Vater der Klägerin vorzugehen, der in dem Ermittlungsverfahren gegen die Mutter umfassend als Zeuge ausgesagt und dem Jugendamt Auskunft erteilt hat. Ebenso ist danach vom Beklagten zu keinem Zeitpunkt ein zivilrechtlicher Regressanspruch gegen den Vater der Klägerin als vermeintlichem Täter in Betracht gezogen worden. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG hat kein schuldhaftes tatbezogenes Verhalten des Vaters vorgelegen, welches einen Interessenkonflikt hätte auslösen können. Dies gilt auch hinsichtlich eines erstmals im Revisionsverfahren behaupteten Bezuges von "SGB II-Leistungen". Insoweit fehlen schon Darlegungen dazu, wer diese wann tatsächlich bezogen haben soll.

Die Frage, ob ein schutzwürdiger Interessenkonflikt für den Vater überdies bereits deshalb ausscheidet, weil dieser nach den Feststellungen des LSG mit der Mutter der Klägerin weder verlobt noch verheiratet ist und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO) zusteht (vgl. hierzu BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 6, RdNr. 37 f m.w.N.), kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Eine darüber hinausgehende Verlängerung der Antragsfrist nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Revision nicht aus dem Umstand, dass die Mutter der Klägerin in der Zeit vom 16.1.2003 bis 3.5.2005 die elterliche Sorge innehatte. Denn eine erweiternde Rückwirkung des Antrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG i.S. von § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG kann entsprechend dem Wortlaut der Regelung denknotwendig nur nahtlos, vor Ablauf der Frist, erfolgen. Im Falle der Klägerin war nach Ablauf des Jahres die Antragsfrist des § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG am 3.1.1998 nach § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB abgelaufen. Später liegende Zeiträume sind damit ohne Belang, ebenso ein eventueller Interessenkonflikt der Mutter im Falle einer versäumten Antragstellung.

Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sieht, dass das LSG sie von weiterem Sachvortrag abgehalten habe, weil der Berichterstatter des LSG-Senats in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung die bloße Möglichkeit eines Interessenkonflikts beim Vater der Klägerin als anspruchsbegründend bewertet habe, dringt sie damit nicht durch. Der in §§ 62, 128 Abs. 2 SGG konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör (Artikel 101 Abs. 1 GG) soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht haben äußern können (s § 128 Abs. 2 SGG; vgl. BSG SozR 3-1500 § 62 Nr. 12; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). In diesem Rahmen besteht jedoch weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage, noch die Pflicht bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen; denn das Gericht kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in seiner nachfolgenden Beratung erst gefunden werden soll, nicht vorwegnehmen. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern. Artikel 103 Abs. 1 GG gebietet vielmehr lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188, 190).

Die Bewertung der im Verfahren insgesamt vorliegenden Tatsachen und Beweise ist grundsätzlich eine tatrichterliche Aufgabe. Der der rechtskundig vertretenen Klägerin insgesamt bekannte Sachverhalt ist ohne juristische oder anderweitige besondere Kenntnisse zu erfassen gewesen. Insofern waren dazu Hinweise des LSG nicht erforderlich. Die Mitteilung der persönlichen Rechtsauffassung des Berichterstatters in einem von ihm rund neun Monate vor der mündlichen Senatsverhandlung durchgeführten Erörterungstermin, der sich noch ein kontroverser Austausch von Schriftsätzen zwischen den Beteiligten angeschlossen hat, führt nicht zu einer Sachlage, bei der die Klägerin nicht damit zu rechnen brauchte, dass das LSG im Rahmen der Beratung nach der mündlichen Verhandlung ihren Anspruch für die Zeit vor der Antragstellung verneinen würde. Damit musste die Klägerin schon aufgrund des Inhalts des Widerspruchsbescheides und des Urteils des SG rechnen. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, welcher Vortrag ihrerseits unterblieben sein soll und zu welchem Ergebnis dieser auf der Grundlage der Rechtsauffassung des LSG geführt hätte.

2. Schließlich kann die Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht so gestellt werden, als sei ein Antrag früher gestellt worden.

Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Leistungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder des konkreten Sozialrechtsverhältnisses gegenüber dem Berechtigten obliegenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Er setzt demnach eine dem Sozialleistungsträger zurechenbare behördliche Pflichtverletzung voraus, die (als wesentliche Bedingung) kausal zu einem sozialrechtlichen Nachteil des Berechtigten geworden ist. Außerdem ist erforderlich, dass durch Vornahme einer zulässigen Amtshandlung der Zustand hergestellt werden kann, der bestehen würde, wenn die Behörde ihre Verpflichtungen gegenüber dem Berechtigten nicht verletzt hätte (stRspr, vgl. BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 6, RdNr. 41). Darüber hinaus hat der Senat auch bereits entschieden, dass die Regelung des § 60 BVG die Begründung eines früheren Leistungsbeginns im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht ausschließt, insbesondere wenn feststeht, dass eine Behörde pflichtwidrig eine gebotene Beratung über bestehende Antragsmöglichkeiten unterlassen hat. Über die in § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG praktisch enthaltene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Eintritt der Schädigung erfasst der Herstellungsanspruch zusätzlich auch Fristversäumnisse, die auf Behördenfehlern beruhen (vgl. insgesamt BSG, a.a.O., RdNr. 42 m.w.N.). Insoweit ist insbesondere § 14 SGB I Grundlage für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, wonach jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch hat. Zuständig für die Beratung sind allerdings (grundsätzlich) die Leistungsträger, denen gegenüber Rechte geltend zu machen oder Pflichten zu erfüllen sind. In der Regel wird die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren des Berechtigten ausgelöst. Aber auch unabhängig davon ist der Leistungsträger gehalten, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Berechtigten mutmaßlich genutzt werden (sog Spontanberatung, vgl. BSG, a.a.O., RdNr. 43 m.w.N.). Eine solche Beratungspflichtverletzung kann dem beklagten Landschaftsverband nach den Feststellungen des LSG vorliegend nicht angelastet werden, weil diesem erst bei Antragstellung am 29.7.2005 bei dem damals zuständigen Versorgungsamt K. Kenntnis vom Tatgeschehen am 3.1.1997 zugerechnet werden kann. Im davorliegenden Zeitraum war den für die Angelegenheiten nach dem OEG zuständigen Stellen die Gewalttat völlig unbekannt und bestand auch keinerlei Kontakt zum Vater der Klägerin.

Zwar kann sich nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch auch aus einem fehlerhaften Verhalten anderer Behörden ergeben, welches sich der zuständige Leistungsträger zurechnen lassen muss. Einer anderen Behörde als der für Entscheidung über die Leistung befugten Stelle kann eine Beratungspflicht, deren Verletzung zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen den zuständigen Leistungsträger führen kann, dann obliegen, wenn die andere Behörde vom Gesetzgeber im Sinne einer Funktionseinheit in das Verwaltungsverfahren "arbeitsteilig" eingeschaltet ist. Ebenso muss sich ein Leistungsträger das Fehlverhalten derjenigen Behörde zurechnen lassen, deren Funktionsnachfolge er angetreten hat (hier das Versorgungsamt K. ; vgl. hierzu insbesondere Senatsurteil vom 16.12.2004 - B 9 VJ 2/03 R - Juris RdNr. 28 m.w.N.). Eine zurechenbare Beratungspflichtverletzung wird von der Rechtsprechung des BSG auch dann angenommen, wenn die Zuständigkeitsbereiche beider Stellen materiell-rechtlich eng miteinander verknüpft sind, die andere Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt aufgrund eines bestehenden Kontaktes der aktuelle "Ansprechpartner" des Berechtigten ist und sie - die Behörde - aufgrund der ihr bekannten Umstände erkennen kann, dass bei dem Berechtigten im Hinblick auf das andere sozialrechtliche Gebiet ein dringender Beratungsbedarf in einer gewichtigen Frage besteht (vgl. hierzu insgesamt BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 6, RdNr. 44 m.w.N.; s auch zur Zurechnung des Verhaltens Dritter i.S. einer Funktionseinheit BSG Urteil vom 8.10.1998 - B 8 KN 1/97 U R - BSGE 83, 30, 35 f = SozR 3-5670 § 5 Nr. 1 S 7 f).

Vorliegend waren die Jugendämter des Beigeladenen zu 1. und zu 2. weder im Sinne einer Funktionseinheit in das Verwaltungsverfahren der Versorgungsverwaltung "arbeitsteilig" eingeschaltet noch mit dieser materiell-rechtlich eng verknüpft. Insbesondere bestand nach den Feststellungen des LSG bis zur Antragstellung am 29.7.2005 keinerlei Kontakt zwischen der Versorgungsverwaltung und dem Jugendamt. Damit kommt es auf die Frage, ob die Jugendämter eine Beratungspflicht hinsichtlich einer Antragstellung nach dem OEG gegenüber dem Vater der Klägerin oder deren Mutter verletzt haben könnten, nicht an. Die Jugendämter sind grundsätzlich nicht mit der Bearbeitung von Anträgen nach dem OEG befasst. Über solche Anträge entscheidet allein die Versorgungsverwaltung. Auch an der Vorbereitung solcher Entscheidungen sind die Jugendämter nicht beteiligt. Deren Befugnis nach § 97 Satz 1 SGB VIII beim zuständigen Versorgungsamt ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer Leistungspflicht nach dem OEG einzuleiten, bezieht sich lediglich darauf, im eigenen Interesse und im eigenen Namen gegenüber einem anderen Leistungsträger ein fremdes Recht geltend zu machen, nämlich die Feststellung einer (anderen) Sozialleistung zu betreiben und (als gesetzlicher Prozessstandschafter des eigentlich Berechtigten) gegen eine ablehnende Entscheidung Rechtsmittel einzulegen (BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr. 5 RdNr. 25 m.w.N.). Daneben obliegt dem Jugendamt z.B. im Rahmen der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII keine Pflicht, über sämtliche rechtlichen Vorteile und Möglichkeiten im Zuständigkeitsbereich anderer Behörden zu beraten (vgl. BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 5 RdNr. 10 und 12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verfügung des Landesversorgungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2000 (II/1 c - 1204/4370/4370.2.2/ 4372 A - 476/99 - Sa.-Nr. 43/2000), mit dem das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit- und Sozialordnung vom 15.11.1999 (VI a 2 - 52039) bekanntgegeben worden ist. Zwar sollte durch dieses Rundschreiben ein bestehendes erhebliches Informationsdefizit über das OEG bei den Jugendämtern ausgeräumt werden, weil insbesondere die Kenntnis darüber fehlte, dass auch ohne Strafanzeige Anträge nach dem OEG mit grundsätzlicher Aussicht auf Erfolg gestellt werden könnten. Dieser Umstand ändert jedoch nichts an der ausschließlichen Zuständigkeit für Anträge nach dem OEG durch die Versorgungsverwaltung. Ferner bewirkt weder die Verfügung des Landesversorgungsamtes noch das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit- und Sozialordnung eine arbeitsteilige Einschaltung der Jugendämter in das Verwaltungsverfahren der Behörden der Versorgungsverwaltung und führt nicht zu einer materiell-rechtlichen Verknüpfung der Zuständigkeitsbereiche beider Behörden (vergleichbar etwa des Leistungsbezugs aus der Arbeitslosenversicherung mit der Rentenversicherung, hierzu BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 22). Damit kann der Beklagte im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch nicht für eine möglicherweise unterbliebene Auskunft über eine Antragstellung nach dem OEG durch das Jugendamt verpflichtet werden. Dieses ist keine für die Auskunft über alle sozialen Angelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch zuständige Stelle (vgl. § 15 Abs. 1 SGB I). Ein weiter gefasstes Verständnis der Pflicht zur Aufklärung i.S. des § 13 SGB I und zur Beratung i.S. des § 14 SGB I würde im Übrigen die Antragserfordernisse und Antragsfristen in sozialrechtlichen Leistungsgesetzen unterlaufen (vgl. BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R - SozR 4-1200 § 14 Nr. 5 RdNr. 15).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.