Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung regelmäßiger Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen.

Der 1939 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Im Zusammenhang der Verordnung einer Brille führte der damals behandelnde Augenarzt im März 2001 bei dem Kläger eine Augeninnendruckmessung durch, die er als bloße Früherkennungsuntersuchung auf ein Glaukom ansah und privatärztlich abrechnete. Der Kläger forderte anschließend von der Beklagten die Erstattung der ihm entstandenen Kosten in Höhe von 11,66 Euro (Klageverfahren SG Köln S 9 KR 288/02). Mit Urteil vom 11.03.2003 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß zur Erstattung dieses Betrages, wobei es die Auffassung vertrat, wenn in den Richtlinien des (früheren) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten (Gesundheitsuntersuchung-RL) in Abschnitt B Ziffer 4 geregelt werde, dass Versicherte nach Vollendung des 40. Lebensjahres auf die Notwendigkeit einer möglichst alle 2 Jahre durchzuführenden Bestimmung des Augeninnendrucks hingewiesen werden sollten, lasse dies den Schluss zu, dass nach Auffassung des Bundesausschusses die medizinische Notwendigkeit für Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen bestünden. Für eine medizinisch notwendige Untersuchung bestehe jedoch die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen zumindest bis zum Inkrafttreten einer geänderten Fassung der Richtlinien. Im anschließenden Berufungsverfahren (LSG NRW L 16 KR 82/03) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 22.04.2004 die Berufung nach einem Hinweis des Gerichts auf den Ausschluss eines Erstattungsanspruchs schon wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges zurück.

Mit Schreiben vom 27.04.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagte die Genehmigung einer Glaukomuntersuchung und deren regelmäßiger Wiederholung im Abstand von 2 Jahren. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.04.2004 ab, da Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen z.Zt. nicht zum Leistungskatalog der GKV zählten. So lange keine anders lautende Entscheidung des (jetzt) Gemeinsamen Bundesausschusses ergangen sei, könnten keine Kostenzusagen erteilt werden. Zugleich wies sie darauf hin, dass bei einem begründeten Verdacht auf eine Glaukomerkrankung die diagnostische Abklärung Bestandteil des Leistungskatalogs sei. Im Zuge der weiteren Korrespondenz mit dem Kläger lehnte sie mit Schreiben vom 23.08.2004 erneut die Kostenübernahme für Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen ab und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2004 zurück.

Zur Begründung der am 18.10.2004 erhobenen Klage hat sich der Kläger vor allem auf das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2003 bezogen.

Mit Urteil vom 07.12.2004 hat das Sozialgericht unter Zulassung der Berufung die Klage abgewiesen. Die begehrten Untersuchungen seien nicht Bestandteil der Gesundheitsuntersuchung-Richtlinien und zählten somit nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Aus einem Hinweis in den Richtlinien auf die Notwendigkeit einer Bestimmung des Augeninnendrucks ergebe sich nicht die Verpflichtung der Krankenkasse zu einer Kostenübernahme. Der Gemeinsame Bundesausschuss sei nicht verpflichtet, alle als sinnvoll erachteten Gesundheitsuntersuchungen in die Richtlinien aufzunehmen.

Gegen das ihm am 08.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.01.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sich der Kläger wiederum auf das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2003 und meint, angesichts der divergierenden Entscheidungen der Kammern des SG Köln sei eine obergerichtliche Entscheidung erforderlich. Mit Schreiben vom 29.11.2005 hat der Kläger klargestellt, dass die Klage ausschließlich seine persönlichen Ansprüche betrifft.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 07.12.2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 30.04.2004 und der 23.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2004 zu verurteilen, ihn kostenfrei eine alle zwei Jahre stattfindende Glaukomfrüherkennungsuntersuchung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Streitakte SG Köln S 9 KR 288/02 verwiesen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beteiligten sind zu dieser Möglichkeit angehört worden.

Die Berufung ist jedenfalls Kraft Zulassung statthaft ( § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG) und auch sonst zulässig. Soweit der Kläger erstinstanzlich und in der Berufungsschrift auch noch die Gewährung von Untersuchungen für seine Ehefrau gefordert hatte, hat er nach dem Hinweis darauf, dass seine Ehefrau ihre Ansprüche selbst geltend machen müsse, im Schreiben vom 29.11.2005 mitgeteilt die Klage betreffe nur seine persönlichen Ansprüche. Der Senat wertet diese Äußerung als Rücknahme der Klage hinsichtlich der seine Ehefrau betreffenden Ansprüche, so dass nur über den den Kläger betreffenden Anspruch auf Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen zu entscheiden ist.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel am Bestehen eines Rechtsschutzinteresses für die Klage. Der Kläger macht zwar einen Anspruch auf regelmäßige Gewährung von Früherkennungsuntersuchung in Abstand von 2 Jahren geltend, hat aber selbst nach der Untersuchung im Mai 2001 keine weiteren Untersuchungen durchführen lassen. Im Gegenteil hat er, wie seinem Schreiben vom 30.04.2005 an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit zu entnehmen ist, weitere Untersuchungen als "völlig sinn- und zwecklos" abgelehnt und er spricht selbst in seinem Schreiben vom 02.08.2005 an den Gemeinsamen Bundessausschuss von "dubiosen Glaukomuntersuchungen". Zudem behauptet er in seiner Korrespondenz mit dem Ministerium und dem Gemeinsamen Bundesausschuss, dass er seinerzeit im Mai 2001 mit bestehenden Beschwerden den Augenarzt aufgesucht habe, so dass letztlich der Vorwurf gegen den Augenarzt im Raum steht, dieser habe die Untersuchung zu Unrecht als reine Früherkennungsmaßnahme angesehen. Vor diesem Hintergrund erscheint zweifelhaft, ob hinter der Klage tatsächlich das ernsthafte Begehren des Klägers nach Gewährung regelmäßiger Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen (also ohne vorherigen konkreten Hinweis auf eine Glaukomerkrankung) steht.

Jedenfalls ist die Klage unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen. Nach § 25 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, jedes 2. Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, wobei beispielhaft (insbesondere) die Früherkennung von Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankung sowie der Zuckerkrankheit genannt werden. Voraussetzung für ein Anspruch auf diese Untersuchungen ist nach Abs. 3 jedoch, dass

- es sich um Krankheiten handelt, die wirksam behandelt werden können,
- das Vor- oder Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische Maßnahmen erfassbar ist,
- die Krankheitszeichen medizinisch-technisch genügend eindeutig zu erfassen sind,
- genügend Ärzte und Einrichtungen vorhanden sind, um die aufgefundenen Verdachtsfälle eingehend zu diagnostizieren und zu behandeln.

Über die Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 3 hat nach § 25 Abs. 4 Satz SGB V der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 SGB V zu bestimmen. Hinsichtlich der Glaukomfrüherkennungsuntersuchungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss vom 21.12.2004 (BAnz. Nr. 64 vom 01.04.2005) Abschnitt B Nr. 4 dahingehend geändert, dass ein Glaukomscreening auf der Grundlage des gegenwärtigen Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht zur Früherkennung von Krankheiten gemäß § 25 Abs. 3 SGB V empfohlen werden könne. Dieser Beschluss ist am 02.04.2005 in Kraft getreten. Da für einen Sachleistungsanspruch, wie er hier geltend gemacht wird, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend ist (BSG Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 17/01 R), steht dieser Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss dem Begehren des Klägers entgegen. Bei den Richtlinien nach § 92 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen, die für Leistungserbringer, Krankenkasse und Versicherte gleichermaßen verbindlich sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7; SozR 4-2500 § 135 Nr. 1). Für einen Verstoß des Beschlusses gegen höherrangiges Recht, insbesondere für eine Verkennung der Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 SGB V ist nichts ersichtlich. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist vielmehr nach Auswertung der vorliegende Studien zu dem Ergebnis gelangt, dass keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse dazu vorliegen, dass das Vor- oder Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische Maßnahmen erfassbar ist, da wegen der unvollständig geklärten Krankheitsursachen und des unterschiedlichen Krankheitsverlaufes es nur schwer möglich sei, ein vor dem Auftreten von Krankheitssymptomen liegendes Krankheitsstadium zu definieren, und dass Krankheitszeichen wegen der sehr unterschiedlichen Ursachen und Symptomatik der Glaukomerkrankung durch die möglichen Testverfahren nicht genügend eindeutig zu erfassen seien.

Angesichts dieser Neufassung der Gesundheitsuntersuchung-Richtlinien erübrigt sich eine Stellungnahme zu der im Urteil des SG Köln vom 11.03.2003 vertretenen Auffassung, dass aus der Pflicht zur Beratung folge, dass es sich um eine von der GKV zu erbringende medizinisch notwendige Leistung handele. Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, er habe jahrelang mit seinen Beiträgen Glaukomuntersuchungen mitfinanziert, die angeblich noch nie zum Leistungskatalog der GKV gezählt hätten, ist die rechtliche Relevanz dieses Vortrags für den streitigen Anspruch nicht ersichtlich. Unabhängig davon, ob diese Behauptung zutrifft, ließe sich auch aus einer evtl. unzulässigen Mittelverwendung in der Vergangenheit kein Anspruch auf Leistungen herleiten, die das Gesetz nicht vorsieht.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass, soweit wegen bestehender Beschwerden und/oder eines (sonst) begründeten Verdachts auf eine Glaukomerkrankung eine Untersuchung erforderlich ist, der Kläger diese als Sachleistung erlangen kann. Soweit somit die im Schreiben vom 05.12.2005 geforderte augenärztliche Untersuchung zur Abklärung seiner Sehbehinderung medizinisch indiziert ist, kann der Kläger sie unabhängig von einer "Genehmigung" der Beklagten mittels der Gesundheitskarte in Anspruch nehmen. Ob die medizinischen Voraussetzungen für eine solche als Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zur qualifizierende Untersuchung zur Erkennung einer Krankheit erforderlich ist, muss von dem behandelnden Arzt entschieden werden; die Beklagte ist weder befugt noch in der Lage, diese Frage vorab zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung liegen nicht vor, insbesondere hat der Rechtstreit im Hinblick auf den genannten Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss vom 21.12.2004 keine grundsätzliche Bedeutung.