Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.

Der 1966 in Polen geborene und im April 1990 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogene Kläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Er hat in seiner Heimat den Beruf des Schlossers erlernt.

Am 13.04.1993 erlitt er einen Arbeitsunfall mit einer Quetschverletzung der rechten Hand. In der Folge mussten alle Finger der rechten Hand amputiert werden. Seit 01.01.1997 bezieht er eine Rente von der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H.  Er hat einen Grad der Behinderung von 100.

Nach einem Linksschreibetraining im Berufsförderungswerk W. begann der Kläger im August 1995 eine Umschulung beim Berufsförderungswerk E. als Bauzeichner, die er im November 1995 aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen hat. Einen Kurs zur "Kauffrau/mann für Bürokommunikation" (21.10.1996 - 18.07.1997) hat er erfolgreich abgeschlossen, jedoch kam es wegen einer Nierenerkrankung nicht zur Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit.

Von 1998 bis 2005 befand sich der Kläger wegen der Nierenerkrankung (fortgeschrittene Glomerulopathie) an der chronischen Hämodialyse. Am 11.06.2005 wurde eine Nierentransplantation am Universitätsklinikum E. durchgeführt. Nach Behandlung einer Abstoßungsreaktion wurde er in stabilisiertem Zustand entlassen.

Er stellte erstmals im März 1999 einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente und erhielt vom 01.03.1999 zunächst befristet bis 31.07.2001 und dann jeweils verlängert bis 31.07.2006 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit.

Am 13.03.2006 stellte er den streitgegenständlichen Antrag auf Weitergewährung der Rente. Die Beklagte ließ den Kläger internistisch durch Dr. S. begutachten. Dieser nannte in seinem Gutachten vom 22.05.2006 eine konstante Funktion der Transplantatniere und ging von einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustands aus. Es bestehe wieder eine tägliche Belastbarkeit von sechs Stunden und mehr für körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Mit Bescheid vom 13.06.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Weitergewährung der Rente ab. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2006 zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Rente nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI bzw. § 240 SGB VI bestehe nicht. Dem Kläger seien noch leichte Arbeiten ohne Inanspruchnahme der rechten Hand, im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Einwirkung von vermehrter Staubentwicklung und reizenden Gasen sowie ohne besonderen Zeitdruck und ohne Nachtschicht sechs Stunden täglich möglich. Die Frage der Berufsunfähigkeit komme nicht zur Prüfung, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren sei.

Am 05.10.2006 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben. Auch nach seiner Nierentransplantation sei ihm eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht mehr zumutbar. Er müsse lebenslänglich Immunsuppressiva einnehmen mit der Folge einer ausgeprägten Infektneigung. Der enge Kontakt mit Menschen an einer Arbeitsstätte oder in öffentlichen Verkehrsmitteln könne ihm daher nicht zugemutet werden. Außerdem leide er unter einer ausgeprägten Zwangssymptomatik. Inzwischen sei auch eine Schwerhörigkeit festgestellt worden und er habe ein Hörgerät erhalten. Es sei auf ihn weiterhin das bis zum 31.12.2000 geltende Recht anzuwenden.

Das Sozialgericht hat Unterlagen der behandelnden Ärzte und Kliniken beigezogen. Im Arztbrief des Psychiaters Dr. J. vom 15.05.2007 wird über eine zunehmende Zwangssymptomatik und dysphorische Gereiztheit berichtet, die durch Medikation mit Fluoxetin und Fluxanol deutlich zurückgegangen seien. Der Nephrologe Dr. L. attestierte am 21.05.2007 einen sehr guten Verlauf nach Nieren-Transplantation; bis auf Müdigkeit würden keine wesentlichen Beschwerden angegeben.

Die Prozessbevollmächtigte hat ein psychiatrisches Sachverständigengutachten aus dem Rechtsstreit mit dem Unfallversicherungsträger vom 29.01.2001 des Prof. F. vorgelegt. Prof. F. hat den Kläger am 16.01.2001 untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger rezidivierende depressive Verstimmungszustände auf dem Boden einer posttraumatischen Belastungsstörung vorlägen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers liege aufgrund der psychischen Störung bei 40 v.H.

Der vom SG beauftragte Sachverständige Dr. W. ist in seinem Gutachten vom 12.07.2007 zu der Auffassung gelangt, dass leichte körperliche Arbeiten in wohltemperierten Räumen sowie in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich wieder zumutbar seien; insbesondere wären dem Kläger leichte Bürotätigkeiten zumutbar.

Auf Antrag des Klägers ist noch der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. J. als Sachverständiger mit der Begutachtung des Klägers beauftragt worden. Dieser ist aufgrund Untersuchung des Klägers vom 03.12.2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine mittelgradige depressive Störung vorliege. Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung ließen sich nicht mehr eruieren. Dem Kläger sei seit der Nierentransplantation am 01.06.2005 nur mehr eine Arbeitsleistung von 3 bis unter 6 Stunden täglich zumutbar. Die Krankheitssymptomatik sei sicher nicht allein ursächlich im Zusammenhang mit der depressiven Störung zu sehen, sondern einer Kombinations- und Summierungswirkung von psychischer Alteration, Einnahme von Immunsuppressiva sowie der nunmehr über 14-jährigen Herausnahme aus dem Arbeitsmarkt geschuldet. Den Anforderungen eines Facharbeiter- oder Anlernberufs sei er mit der zeitlichen Einschränkung gewachsen; er habe das nötige Anpassungs- und Umstellungsvermögen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die gutachterliche Einschätzung des Dr. J. nicht mit seinem Attest vom 15.05.2007 in Einklang zu bringen sei, in dem er von einem deutlichen Rückgang der Zwänge sowie der dysphorischen Gereiztheit unter Medikation berichtet hat.

Mit Urteil vom 22.07.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es ist insbesondere dem Gutachten des Dr. W. gefolgt. Dabei hat es sich allein auf die ab 01.01.2001 geltende Rechtslage bezogen.

Gegen das am 18.09.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.10.2008 Berufung eingelegt. Da er bereits vor Inkrafttreten der neuen Rechtslage am 01.01.2001 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen habe, sei für ihn noch die alte Rechtslage anwendbar. Er müsse lebenslänglich Immunsuppressiva einnehmen. Daraus ergäben sich eine ausgeprägte Infektneigung, chronisch hoher Blutdruck sowie ein Asthmaleiden. Außerdem leide er unter einer ausgeprägten Zwangssymptomatik und Depressionen. Der regelmäßige Kontakt mit Menschen an einer Arbeitsstätte oder in öffentlichen Verkehrsmitteln bedeute wegen des geschwächten Immunsystems eine lebensgefährliche Ansteckungsgefahr. Wegen seiner Schwerhörigkeit sei ihm eine Tätigkeit im Lärmbereich nicht zumutbar. Er sei ständig müde und brauche 16 Stunden Schlaf, leide unter Konzentrationsschwäche und Rückenschmerzen sowie einem Knorpelschaden am Knie. Die vielen Medikamente würden die Niere und die Leber angreifen und zu Magenschmerzen und Durchfällen führen. Wegen der Phantomschmerzen am Armstumpf dürfe er keine stärkeren Medikamente einnehmen. Die psychische Belastung und die Depressionen hätten zugenommen.

Dazu ist ein Arztbrief vom 20.04.2009 der nephrologischen Praxis Dr. L. vorgelegt worden. Darin wird u.a. berichtet, dass der Kläger 9 Stunden schlafe - nicht mehr so extrem wie vor einem Jahr. Hinsichtlich der Transplantation könne von einem sehr guten Verlauf gesprochen werden.

Der Senat hat einen aktuellen Befundbericht des Internisten Dr. F. vom 15.05.2009 mit Arztberichten des HNO-Arztes Dr. S. und Dr. L. vom 03.11.2008 eingeholt. In einem Bericht des Bezirkskrankenhauses E-Stadt (BKH), in dessen stationärer Behandlung sich der Kläger vom 03.06.2009 bis zum 01.07.2009 befunden hat, werden als Diagnosen eine schwere depressive Episode sowie Zwangshandlungen (Kontroll- und Rechenzwang) angegeben. Zur langfristigen Stabilisierung der depressiven Symptomatik wird eine Psychotherapie empfohlen. Das BKH ging davon aus, dass der Kläger nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein werde.

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige Prof. G. (Internist und Nephrologe) hat den Kläger am 15.03.2010 untersucht. Durch die Transplantation habe sich die Nierenleistung auf Normalleistung weiter gebessert. Die Nierenerkrankung habe zu Begleiterkrankungen geführt (arterielle Hypertonie - mit Mehrfachtherapie in einem befriedigendem Bereich eingestellt; Linksherzhyperthrophie - derzeit ohne Einschränkung der Herzleistung; Z.n. Operation der Nebenschilddrüsen - derzeit klinisch nicht relevanter Hyperparathyreoidismus; substitutionspflichtiger Vitamin-D-Mangel; Minimalerhöhung des Zuckerlangzeitwerts ohne Notwendigkeit einer Medikation; renale Anämie - nicht mehr behandlungsbedürftig). Außerdem liege ein hyperreagibles Bronchialsystem vor; der Kläger rauche. Unter üblichen Belastungsbedingungen sei die Sauerstoffaufnahme aber normal. Fachfremd nennt der Sachverständige depressive Störung, Zwangsstörung, Fingeramputation der rechten Hand. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass dem Kläger aus internistisch-nephrologischer Sicht leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens 6 Stunden pro Tag möglich seien z.B. leichte Bürotätigkeiten oder Botentätigkeiten mit Lasten unter 15 kg. Eine zeitliche Einschränkung bestehe nicht. Ausgeschlossen seien Arbeiten in Kälte und Nässe sowie solche mit erhöhter Infektionsgefahr. Es könnten noch Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Stehen verrichtet werden, allerdings nur Tätigkeiten mit der linken Hand unter Unterstützung der amputierten rechten Hand. Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Lungenreizstoffen seien ausgeschlossen, ebenso Nachtschicht und Akkordarbeit unter Zeitdruck wegen des hohen Blutdrucks. Ausgeschlossen seien auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an Konzentration und Aufmerksamkeit sowie Lärmbelastung. Arbeiten mit Publikumsverkehr seien möglich, da der Kläger über Hörgeräte verfüge. Vermutlich durch die aktuelle Kombination aus 3 Psychopharmaka sei der Kläger wegen erhöhter Tagesmüdigkeit eingeschränkt. Wegen der Depressionen hat es der Gutachter für "realistischer" gehalten, zunächst einen Arbeitsversuch mit 3 bis 6 Stunden abzuwarten. Einschränkungen bei der Wegefähigkeit hat er nicht gesehen.

Auf Nachfrage hat Prof. G. am 14.12.2010 ergänzend ausgeführt, dass der Kläger noch Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses vollschichtig ausüben könne. Das Leistungsbild sei mit 8 Stunden oder mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten festzusetzen.

Der Prozessbevollmächtigte hat Atteste des Dr. J. vom 05.10.2010, 05.11.2010 und 24.01.2011 übermittelt. Der Kläger befinde sich dort seit 2007 in regelmäßiger ambulanter psychiatrischer Behandlung. Im Juni/Juli 2009 sei es aufgrund Zunahme der depressiven Symptomatik zur stationären Behandlung gekommen. Nach der Entlassung aus dem BKH sei keine anhaltende Zustandsbesserung eingetreten. Es bestehe aus psychiatrischer Sicht Arbeitsunfähigkeit. Die ausgeprägte Tagesmüdigkeit habe bereits vor Einnahme der aktuellen Medikation bestanden. Daher sei diese Symptomatik vor allem als Folge der rezidivierenden depressiven Störung zu sehen.

Die daraufhin als gerichtliche Sachverständige beauftragte Psychiaterin Dr. C. hat den Kläger am 31.03.2011 untersucht. Sie hat folgende Diagnosen gestellt: - Mittelgradige depressive Episode, - Zwangsstörung mit Kontroll- und Rechenzwängen, - Verdacht auf Neurasthenie, - Gebrauchsminderung der rechten Hand bei Verlust aller Finger nach Arbeitsunfall 1993, - Hörminderung bds., durch Hörgeräte kompensiert. Die neurologische Untersuchung habe bis auf die Schwerhörigkeit keine Auffälligkeiten ergeben. Bei der Prüfung der Sensibilität hätten sich Hypästhesie und Parästhesien im Bereich des Stumpfes der rechten Hand gefunden. Die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode ergebe sich eher aus der Selbsteinschätzung des Klägers als aufgrund des psychopathologischen Befunds. Die Depression habe eindeutig reaktiven Charakter. Die regelmäßige Einnahme der Psychopharmaka (bestätigt im Laborbefund) habe wohl dazu beigetragen, dass der schwere depressive Einbruch im Jahr 2009, der zu dem stationären Aufenthalt im BKH E-Stadt geführt habe, abgeklungen sei. Der Kontrollzwang sei nicht mit einem übermäßig großen Zeitaufwand verbunden; der Rechenzwang schon eher; er sei aber von dem behandelnden Nervenarzt Dr. J. in seinem Gutachten als deutlich gebessert beschrieben worden. Die vermehrte Müdigkeit lasse sich nicht durch die Nierentransplantation oder die Medikamenteneinnahme erklären. Es könne sich um eine Neurasthenie handeln. Die Symptome seien weitgehend unspezifisch. Der Kläger könne keine Arbeiten mehr verrichten, die mit besonderen Anforderungen an die psychische und nervliche Belastbarkeit (besonderer Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht) verbunden seien. Ferner könne der Kläger nur Arbeiten verrichten, die für Einhänder geeignet seien. Vermieden werden müssten Nässe, Staub, Rauch, Reizstoffeinwirkung. Er könne auch keine Tätigkeiten verrichten, die besondere Anforderungen an das Hörvermögen stellen würden. Es bestehe keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Der Kläger könne leichte Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen täglich weniger als acht, jedoch noch mindestens sechs Stunden verrichten. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf technischen Wandel und andere Berufe seien nur leichtgradig herabgesetzt. Die Behandlungsmaßnahmen seien noch nicht ausgeschöpft. Ggf. wäre es sinnvoll ein stationäres Heilverfahren vorzuschalten. Dem Kläger sollten Hilfen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zur Seite gestellt werden.

Die Beklagte hat dazu eine Stellungnahme des Dr. L. vorgelegt. Die Gutachterin teile keinen schwerwiegend auffälligen psychopathologischen Befund mit. Eine Begründung für die Annahme einer Leistungsminderung auf untervollschichtig bestehe nicht.

Auf gerichtliche Nachfrage vom 12.04.2012 hat die Sachverständige Dr. C. am 26.04.2012 ergänzend ausgeführt, dass der Kläger vollschichtig, d.h. auch achtstündig einsetzbar sei. Bei dem Kläger bestehe in erster Linie eine gebesserte Depression mit jetzt etwa mittelgradig ausgeprägter depressiver Episode. Diese sei vor allem aufgrund der Selbsteinschätzung des Klägers diagnostiziert worden. Im psychopathologischen Befund hätten keine gravierenden Auffälligkeiten bestanden. Der Kläger habe auch selbst ein Restleistungsvermögen gesehen. Die Tätigkeit als Pförtner stelle entsprechend der vorliegenden berufskundlichen Beschreibung eine zustandsangemessene Tätigkeit dar. Die Tätigkeit erfordere keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und sie beinhalte keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck. Die bestehende Hörminderung sei die einzige Einschränkung, die der Tätigkeit eines Pförtners entgegenstehen könnte. Die Schwerhörigkeit werde jedoch durch das Tragen von Hörgeräten gut kompensiert. Im Rahmen der Begutachtung sei eine Verständigung in Umgangssprache ausreichend gut möglich. Die Einschränkungen, die sich aus der Depression ergäben, könnten wie auch die Gebrauchsminderung der rechten Hand ausreichend berücksichtigt werden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Bewertung der Dr. C. für unzutreffend gehalten. Der Kläger befinde sich weiterhin mit der Diagnose einer rez. depressiven Störung (ICD 10 F 33) sowie einer Zwangsstörung (ICD 10 F 42.1) bei dem Psychiater Dr. J. in Behandlung. Dieser attestiere am 31.05.2012, dass trotz Pharmakotherapie keine Zustandsbesserung eingetreten sei. Die Sachverständige Dr. C. habe nicht berücksichtigt, dass sie ihre Untersuchung eine halbe Stunde unterbrochen habe, in der sich der Kläger habe erholen können. Außerdem sei nicht richtig, dass der Kläger keine suizidalen Gedanken habe; Dr. C. habe eine dokumentierte Äußerung des Klägers übersehen. Die Depressionen könnten auch nicht durch die Erhöhung der Medikamente gebessert werden, da der Kläger die Tagesdosis wegen der Nierenerkrankung nicht erhöhen dürfe. Der Kläger habe entgegen der Behauptung der Sachverständigen auch nicht gesagt, dass er alleine zur Begutachtung hätte kommen können. Es gebe Unrichtigkeiten in der Wiedergabe der biographischen Daten des Klägers. Nach Erkundigungen des Klägers dauere die Arbeitsschicht als Pförtner 12 Stunden; außerdem müsse er beidhändig arbeiten können. Wegen der Einnahme der Immunsuppressiva dürfe er keinen Publikumsverkehr haben. Die Nierenwerte hätten sich zwischenzeitlich verschlechtert.

Der auf Antrag des Klägers beauftragte Sachverständige Prof. Dr. B. hat den Kläger am 17.05.2013 untersucht. Bezogen auf die Zeit nach dem letzten Gutachten habe der Kläger häufig Suizidgedanken. Er habe seine Rechenzwänge nun fast jeden Tag, oft über mehrere Stunden. Sein körperlicher Zustand habe sich seit der letzten Begutachtung nicht wesentlich verändert. Der Sachverständige hat auf psychiatrischem Gebiet - eine chronisch rezidivierende Depression, derzeit mittelgradig (zeitweise auch schwer) ausgeprägt - eine Zwangsstörung - seit 2006 verschlechtert - einen Alkoholabusus und eine Nikotinabhängigkeit diagnostiziert. Das Leistungsbild habe sich seit 2009 noch einmal erheblich verschlechtert. Es sei über die somatischen Einschränkungen zu einer verstärkt depressiven Symptomatik seit Anfang der 90er gekommen. Die depressive Störung sei an 15 Tagen im Monat mit einem mehr oder weniger totalen Rückzug verbunden. Es komme außerdem zu manischen Phasen. Weiterhin bestehe eine deutliche Schlafstörung. Der Antrieb sei deutlich reduziert, abgesehen von dreimal täglichen Spaziergängen mit dem Hund sei der Kläger oft nicht weiter motivierbar. Zusätzlich sei es zu immer stärker werdenden Zwangshandlungen gekommen, die mehrere Stunden in Anspruch nehmen könnten und den Alltag einschränken würden. Es habe bisher nur eingeschränkte Versuche psychotherapeutischer Intervention gegeben. Zu berücksichtigen sei auch, dass der gesamte Lebensentwurf des Klägers gescheitert sei. Übereinstimmung bestehe, dass ein Großteil der depressiven Symptomatik als reaktiv einzuordnen sei, wobei sich aber auch eine posttraumatische Depression anbiete. An den meisten Tagen des Monats sei die Leistungsfähigkeit des Klägers mit unter 3 Stunden anzusetzen. Insoweit sei dem Gutachter G. zuzustimmen. Unter günstigsten Voraussetzungen könne nach einem stationären Aufenthalt die Arbeitsfähigkeit möglicherweise wieder erreicht werden. Arbeiten, die unter erhöhtem Stresspegel stattfinden würden z.B. im Akkord oder mit vielen Menschen bzw. unter Multitaskingbedingungen seien zu vermeiden. Die Tätigkeit eines Pförtners wäre allenfalls tageweise möglich. Wegefähigkeit bestehe.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass das psychiatrische Gutachten keinen schwerwiegenden psychopathologischen Befund beschreibe. Eine mittelschwere Depression lasse sich daraus nicht ableiten. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten, die emotionale Befindlichkeit adäquat zur Gesprächssituation. Der Befund stütze sich zum großen Teil auf die Beschwerdeschilderung des Klägers und die Angaben der Ehefrau. Die Selbstbeurteilungsskalen seien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht geeignet.

Zur Frage der Berufsunfähigkeit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Auffassung vertreten, dass der Kläger als Facharbeiter einzuschätzen sei. Die Ausbildung in Polen als Schlosser stehe einer inländischen Ausbildung als Betriebsschlosser gleich. Dazu hat er einen Bescheid der IHK R. vom 23.10.2012 nach § 10 Abs. 2 Bundesvertriebenengesetz vorgelegt. Außerdem habe der Kläger den Beruf auch in Deutschland ausgeübt. Hierzu hat er sich auf drei Arbeitsverträge aus den Jahren 1990, 1991 bzw. 1993 sowie Bescheinigungen zur Sozialversicherung bezogen. Ab 02.03.1993 sei der Kläger bei der Firma V. Betonwerke als Betonwerker tätig gewesen (Lohn laut Arbeitsvertrag 17.40 DM). Seine Tätigkeit habe darin bestanden, Maschinenpflege, -wartung und Reparaturen vorzunehmen. Der Grund für seine Einstellung seien seine Kenntnisse und Fähigkeiten als Schlosser gewesen.

Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dass dem Kläger kein Berufsschutz als Facharbeiter zugebilligt werden könne. Laut Auskunft des vorletzten Arbeitgebers, der Kristall-Glasfabrik A-Stadt, vom 07.12.2011 habe der Kläger eine Hilfstätigkeit (01.08.1991- 29.11.1992) verrichtet. Der letzte Arbeitgeber (V. Beton) besitze keine Personalunterlagen mehr. Der Umschulungsberuf als Kaufmann für Bürokommunikation sei nie ausgeübt worden; der Umschulungsberuf könne aber nur dann zum Hauptberuf werden, wenn er auch ausgeübt worden sei (BSG v. 13.12.1984 - 11 RA 72/83). Der Nachweis einer Ausbildung zum Schlosser im Ausland reiche nicht aus. Es müsse vielmehr nachgewiesen werden, dass der Kläger über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten eines deutschen Facharbeiters verfüge. Davon könne nach den vorliegenden Unterlagen nicht ausgegangen werden. Dieser Nachweis sei auch durch den IHK-Bescheid nicht erbracht. Aus dem vorgelegten Sozialversicherungsnachweis, der nach der darin angegebenen Schlüsselnummer eine Facharbeitertätigkeit bestätige, lasse sich nicht ableiten, dass der Kläger eine qualifizierte Beschäftigung ausgeübt habe. Es handele sich nicht mehr als um ein Indiz, da die Schlüsselnummer lediglich statistischen Zwecken diene.

In der mündlichen Verhandlung am 24.09.2013 hat der Vertreter der Beklagten mitgeteilt, dass jedenfalls seit dem 24.09.2008 keine rentenrechtlichen Zeiten vom Kläger mehr zurückgelegt worden seien. Der Kläger hat bestätigt, dass er sich nach dem Rentenbezug nicht fortlaufend arbeitssuchend gemeldet hat.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat beantragt, 

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2006 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit über den 31. Juli 2006 hinaus zu bezahlen, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung ab einem späteren Zeitpunkt.

Die Beklagte hat den Antrag gestellt, 

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 13. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2006 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger ist nicht über den 31.07.2006 hinaus erwerbsunfähig nach altem Recht und auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt erwerbsgemindert nach neuem Recht geworden.

Nach § 302b Abs. 1 Satz 1 SGB VI besteht, wenn am 31. Dezember 2000 ein Anspruch auf eine solche Rente bestand, der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren. Durch die Regelung in § 302b Abs. 1 Satz 2 SGB VI erstreckt sich dieser Bestandsschutz auch auf befristete Renten für einen Anspruch nach Ablauf der Frist. Dabei setzt die Anwendung des § 302b Abs. 1 Satz 2 SGB VI voraus, dass sich ein Weitergewährungsanspruch an die unter dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht gewährte Rente nahtlos anschließt (vgl. Kamprad in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 302b Rnr. 12, Kühn in: Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rnr. 4).

Da der Kläger bereits seit 01.03.1999 bis 31.07.2006 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen hat, sind daher für die Frage der Weitergeltung der Rente unmittelbar über den 31.07.2006 hinaus noch die bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI a.F. maßgeblich.

Dementsprechend haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs. 1 SGB VI a.F.). Nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 der Vorschrift in der bis 31. März 1999 geltenden Fassung sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich ein Siebtel der Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig (d.h. nach damaligen Recht grundsätzlich: achtstündig) ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Für die Zeit nach dem 01.08.2006 (in nicht unmittelbarem Anschluss an die Rente) gelten dagegen die neuen Vorschriften; diese verschärfen den Maßstab insoweit, als nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht als erwerbsgemindert gilt, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.

I. Der Senat ist nicht von einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers in unmittelbarem Anschluss an den 31.07.2006 überzeugt. Der Kläger war vielmehr zu diesem Zeitpunkt wieder vollschichtig (8-Stündig) einsetzbar.

Beim Kläger lagen und liegen insbesondere folgende Einschränkungen vor:

Zum einen hat der Kläger, der Rechtshänder ist, bei einem Arbeitsunfall im Jahr 1993 eine Quetschverletzung der rechten Hand erlitten, in deren Folge es zu einer Amputation sämtlicher Finger der rechten Hand kam. Er erhält deshalb eine Unfallrente von der BG nach einer MdE von 70. Der Kläger kann nur Tätigkeiten ausüben, die einem Einhänder (links) zumutbar sind. Eine zeitliche Leistungslimitierung haben die Sachverständigen daraus aber nachvollziehbar nicht abgeleitet.

Der Gesundheitszustand auf internistischem Gebiet hat sich durch die Nierentransplantation am 11.06.2005 maßgeblich gebessert. Schon Dr. S. hat aufgrund seiner Untersuchung am 22.05.2006 festgestellt, dass die Leistungsfähigkeit durch die Nierentransplantation wesentlich gebessert werden konnte. Es lag eine konstante Funktion der Niere vor. Dies haben auch die Untersuchungsberichte der Praxis Dr. L. bestätigt (vgl. Berichte vom 03.04.2006, vom 21.05.2007, vom 20.04.2009). Es wird in den Berichten über die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen von einem sehr guten Verlauf gesprochen. Prof. G. hat eine sehr gute Filtrationsleistung der Einzelniere bestätigt. Es lag bei seiner Untersuchung ein normaler Serum-Kreatininwert vor. Wegen der Nierentransplantation ist eine ständige immunsuppressive Therapie erforderlich. Der Kläger darf daher keine Arbeiten mit erhöhter Infektgefährdung, Nässe, Kälte oder Zugluft ausüben. Zu vermeiden sind auch ungünstige Witterungseinflüsse und starke Temperaturschwankungen wegen der erhöhten Infektanfälligkeit. Heben über 15 kg ist wegen der Gefahr einer Narbenhernienbildung nicht mehr zumutbar. Für möglich hält der Gutachter allerdings Arbeiten sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen und auch Arbeiten mit Publikumsverkehr. Einschränkungen beim Fußweg sowie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bestehen aus gutachterlicher Sicht nicht.

Zusätzlich ist auf internistischem Fachgebiet noch der hohe Blutdruck zu beachten. Die Blutdruckwerte lagen laut Prof. G. aber unter laufender Medikation in einem befriedigenden Bereich. Die Linksherzhypertrophie hat laut Prof. G. zu keiner Einschränkung der Herzleistung geführt. In der spiroergometrischen Untersuchung wurde eine ausreichende Belastbarkeit mit 125 Watt erreicht. Wegen des hohen Blutdrucks hält Prof. G. Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband und bei Nacht für nicht mehr zumutbar; ebenso Tätigkeiten mit erhöhter Konzentration und Aufmerksamkeit.

Außerdem liegt nach einer Operation der Nebenschilddrüsen ein klinisch nicht relevanter Hyperparathyreoidismus vor. Bezüglich der renalen Osteopathie nach Delling hat Prof. G. festgehalten, dass der Kläger keine Beschwerden angibt. Eine Therapie der renalen Anämie sei nicht erforderlich. Der Zuckerstoffwechsel hat sich soweit gebessert, dass keine medikamentöse Behandlungsbedürftigkeit besteht.

Beim Kläger ist auch ein hyperreagibles Bronchialsystem diagnostiziert; dennoch hat er das Rauchen wieder angefangen. Unter Belastungsbedingungen war die Sauerstoffaufnahme noch völlig normal. Eine klinisch relevante Verschlechterung hat sich insoweit nicht nachweisen lassen.

Prof. G. hat daher nachvollziehbar festgestellt, dass der Kläger aus internistisch-nephrologischer Sicht leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne zeitliche Einschränkung ausüben kann.

Die Anregung des Gutachters, dass zunächst ein Arbeitsversuch mit 3 bis 6 Stunden pro Tag zur Steigerung des Selbstwertgefühls durchgeführt werden solle, begründet nach Ansicht des Senats keine dauerhafte Leistungslimitierung, sondern stellt einen Vorschlag zu den Modalitäten der Wiedereingliederung dar. Bezüglich der Bewertung der psychischen Probleme des Klägers richtet sich der Senat an den Fachgutachten aus.

Am 18.01.2007 wurde beim Kläger auch eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit bds. mit Hochtonbetonung diagnostiziert; es wird deshalb von einer Dauertätigkeit im Lärmbereich abgeraten. Von Hörproblemen während der Untersuchungen wurde nicht berichtet. Der Kläger ist nach eigenen Angaben mit Hörgeräten versorgt.

Zuletzt standen die psychischen Beschwerden des Klägers im Vordergrund. In dem psychiatrischen Gutachten des Prof. F. zum Unfallversicherungsrecht aus dem Jahr 2001 hat der Sachverständige wegen des Unfalls noch eine posttraumatische Belastungsstörung (PTB) diagnostiziert. Diese Diagnose wurde- auch von dem behandelnden Arzt Dr. J. - später nicht mehr bestätigt. Dr. J. hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die PTB bei seiner Untersuchung nicht mehr eruieren ließ.

Der Kläger hat aber Depressionen und eine Zwangsstörung. Der Senat ist jedoch nicht überzeugt, dass diese eine Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung begründen.

Dr. J. berichtet in seinem Gutachten, dass es nach der Transplantation zur Entwicklung einer Zwangsstörung (Kontrollzwänge) gekommen sei. Allerdings gibt er sowohl in seinem Befundbericht vom 15.05.2007 als auch in seinem Gutachten vom 27.12.2007 an, dass die Kontrollzwänge unter regelmäßiger Medikation bei sporadischer ambulanter nervenärztlicher Behandlung deutlich rückläufig und gut tolerabel seien. In seinem Gutachten gibt er als Diagnose auch eine mittelgradige depressive Störung an, während er im Attest vom 15.05.2007 noch lediglich eine "dysphorische Gereiztheit" festgestellt hat.

Eine schwere depressive Episode des Klägers führte offenbar zu dem stationären Aufenthalt im BKH E-Stadt vom 03.06.2009 bis zum 01.07.2009. Dort wurden auch ausgeprägte Kontrollzwänge angegeben. Es kam aber bereits während des Aufenthalts zu einer Teilbesserung der Depression. Eine ambulante Psychotherapie wurde angeraten, aber offenbar in der Folge nicht aufgenommen. Die Gutachterin Dr. C. weist insoweit darauf hin, dass die zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen nicht ausgeschöpft sind.

Dr. C. hält das Beschwerdebild auf psychiatrischem Gebiet nachvollziehbar für nur mittelschwer ausgeprägt. Sie hält den Einbruch im Jahr 2009 - wahrscheinlich durch die regelmäßige Einnahme der Psychopharmaka - für abgeklungen. Dies stimmt mit den Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Prof. B. überein, wonach es ihm nach der Behandlung in E-Stadt über längere Zeit deutlich besser gegangen und er weniger schlapp gewesen sei.

Die Sachverständige Dr. C. weicht in ihrer Schilderung des Klägers nicht wesentlich von Prof. B. ab. Beide sehen beim Kläger aktuell eine mittelgradige depressive Episode. Beide machen auch deutlich, dass sich die Diagnose der Depression mehr aus der Selbsteinschätzung des Klägers ergibt als aus dem psychopathologischen Befund. Dr. C. hält etwa fest, dass die affektive Schwingungsfähigkeit des Klägers gut erhalten war; der Kläger konnte im Rahmen des Gesprächs auch auftauen. Die Psychomotorik war normal lebhaft. Während der Untersuchung bestanden weder eine Antriebsstörung, noch besondere Müdigkeit oder Aufmerksamkeitsstörungen. Subjektiv hat sich der Kläger nach den Tests aber als schwergradig depressiv wahrgenommen. Dr. C. weist darauf hin, dass die Depression eindeutig reaktiven Charakter hat (u.a. aufgrund der sozialen Situation und des Todes des Bruders). Stimmungsschwankungen in der Tages- oder Jahreszeit bestanden nicht. Prof. B. hat ebenso die Symptome einer mittelschweren Depression festgestellt. Auch er hat bei der Untersuchung eine gut erhaltene Schwingungsfähigkeit gesehen. Bei beiden Gutachtern werden noch Ressourcen im Alltag beschrieben. Sowohl bei Dr. C. als auch bei Prof. B. hat der Kläger angegeben, dass er ca. dreimal pro Tag mit dem Hund rausgehe. Er kann sich über die Enkelkinder freuen. Bei Prof. B. hat er auch über die Entspannungsmöglichkeit beim Angeln und zwei sehr gute Freunde berichtet, denen er - wenn auch sehr langsam - bei den Holzarbeiten helfe. Dafür habe er sich selbst Werkzeuge gebastelt. Er helfe einer alten Dame aus der Nachbarschaft bei kleinen Einkäufen und überlege, bei der "Tafel" ehrenamtlich mitzuarbeiten. Prof. B. hat zwar darauf hingewiesen, dass die Schwere der Depression leicht unterschätzt werde. Zur Begründung dafür hat er angegeben, dass die Exploration den Eindruck einer mittelschweren Depression ergeben habe, der Selbstbeurteilungstest aber eine schwere Depression ausweise. Allein die Selbsteinschätzung ist jedoch für die Diagnose nicht ausschlaggebend.

Zu den Kontrollzwängen hat der Kläger bei Dr. C. angegeben, dass er etwa 4-5mal kontrollieren müsse, ob Elektrogeräte ausgeschaltet seien, wenn er das Haus verlasse. Gelegentlich müsse er etwas stundenlang berechnen (z.B. wie viele Lebensmittel die Bevölkerung eines Staates brauche). Er hat jedoch - wie auch Dr. J. - angegeben, dass die Zwänge unter den Medikamenten auszuhalten sind. In ihrer Bewertung misst die Gutachterin den Zwängen daher nachvollziehbar keine zeitlich leistungsmindernde Bedeutung bei. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger noch nicht in seinem gesamten Denken und sozialen Handeln beeinträchtigt ist und die Zwänge keinen großen Teil des Tagesablaufs in Anspruch nehmen. Außerdem hält sie die Zwänge durch eine bisher nicht in Angriff genommene Verhaltenstherapie für besserungsfähig.

Bezüglich der Müdigkeit hat Dr. C. die Angaben des Klägers über vermehrtes Schlafbedürfnis und Erschöpfung grundsätzlich für glaubhaft gehalten. Während der Untersuchung war allerdings keine abnorme Müdigkeit nachweisbar. Dies passt zu dem Bericht des Nephrologen Dr. L.; dieser weist in seinem Arztbericht vom 03.11.2008 darauf hin, dass der Kläger Anfang des Jahres über extreme Müdigkeit mit 20 Stunden Schlaf am Tag geklagt habe, die jedoch durch die Transplantation nicht erklärt werden kann. Er vermutet am ehesten psychische Ursachen. In dem Bericht hält Dr. L. auch fest, dass sich die Symptomatik inzwischen erheblich gebessert habe zu einer täglichen Schlafenszeit von 10 (bzw. 9) Stunden. Dr. C. weist auch auf das Attest des Dr. J. vom 24.01.2011 hin, wonach die ausgeprägte Tagesmüdigkeit und Erschöpfbarkeit bereits vor der Einnahme der aktuellen Medikation (Fluoxetin etc.) bestanden haben; der Nervenarzt vermutet die Ursache der Müdigkeit in der depressiven Störung. Die nunmehr unspezifisch geschilderten Müdigkeitssymptome und Inaktivitätsschilderungen müssen nach Ansicht der Gutachterin Dr. C. nicht krankheitswertig bedingt sein. Vielmehr kann auch die resignative Grundhaltung und Perspektivlosigkeit - wie bei vielen Langzeitsarbeitslosen - eine Rolle spielen. Bei einer zustandsangemessenen Tätigkeit kann insoweit mit einem Rückgang der neurasthenischen Symptomatik gerechnet werden.

Die Gutachterin kommt insgesamt schlüssig zu dem Ergebnis, dass der Kläger noch vollschichtig arbeiten kann; auf ausdrückliche Nachfrage hält sie einen 8stündigen Einsatz pro Tag für möglich (auch wenn sie zuvor nur einen 6stündigen Einsatz genannt hat). - Selbst wenn an der zunächst vertretenen Beurteilung von einer nur noch 6stündigen Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. C. festgehalten würde, so führt dies nicht zu einem Anspruch des Klägers. Die Gutachterin sieht die psychische Haupteinschränkung in der mittelgradigen depressiven Episode. Insofern führt sie aber aus, dass diese erst seit den Vorgutachten der Beklagten hinzugekommen ist. Der von ihr begutachtete Zustand schließt sich damit nicht "nahtlos" an die Rentengewährung bis 31.07.2006 an; nur insoweit ist jedoch das alte Recht noch anwendbar. Spätere Verschlimmerungen sind nach neuem Recht zu beurteilen. Ein erst späteres Hinzutreten der mittelgradigen Depression ist auch deshalb nachvollziehbar, weil Dr. S. den Kläger noch als ausgeglichen beschrieben hat. Der Kläger hat damals noch angegeben, dass er gerne arbeiten würde und sich eventuell auch eine längerdauernde Umschulungsmaßnahme noch zutrauen würde. Auch der behandelnde Arzt Dr. J. hat in dem Attest vom 15.05.2007 nur eine medikamentös gut behandelbare dysphorische Gereiztheit angegeben. Dr. J. hat wiederum in seinem Attest vom 05.10.2010 auf die Zunahme der depressiven Symptomatik im Juni/Juli 2009 hingewiesen. Selbst wenn also der Zustand des Klägers bei und seit der Begutachtung durch Dr. C. am 31.03.2011 tatsächlich nur ein 6-stündiges Leistungsvermögen erlaubt, so begründet dies keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI.

Bei ihrer Bewertung hat die Gutachterin berücksichtigt, dass zumindest eine teilweise Besserung der mittelgradigen Depression und der Zwangsstörung möglich ist und die Behandlungsmaßnahmen (Psychotherapie, teilstationäre Behandlung) nicht ausgeschöpft sind. Bei Prof. B. hat der Kläger auch eine grundsätzliche Bereitschaft zur Psychotherapie angegeben. Auch hat Dr. C. darauf hingewiesen, dass der Kläger bei sich ein Restleistungsvermögen sieht und sich in der Vergangenheit vielfach beworben hat (80-120 Bewerbungen nach der Transplantation, zuletzt 6 Monate vor der Untersuchung bei Dr. C.). In qualitativer Hinsicht müssen nach Einschätzung der Dr. C. besondere Anforderungen an die psychische und nervliche Belastbarkeit vermieden werden. Arbeiten mit Publikumsverkehr schließt sie nicht aus. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf andere Berufe sieht sie nur leichtgradig herabgesetzt.

Das Gutachten des Prof. B. beschreibt keinen schwereren psychopathologischen Befund als Dr. C. und bestätigt auch die depressive Symptomatik als reaktiv. Er richtet seine Wertung insbesondere an den Angaben des Klägers aus. Auch zur Diagnose der Zwangsstörung stützt er sich auf einen Selbstbeurteilungstest. Der Kläger hat bei Prof. B. angegeben, dass sich alle Angaben zur Verschlechterung auf die Zeit nach dem letzten Gutachten von Dr. C. beziehen. Seitdem sollen häufige Suizidgedanken, totale Rückzugstendenzen, manisch anmutende Phasen und tägliche Rechenzwänge auftreten. Der Gutachter setzt jedoch keine erhebliche Verschlechterung seit der letzten Begutachtung an, sondern behauptet stattdessen eine seit 2006 verschlechterte Zwangserkrankung bzw. ein seit 2009 verschlechtertes Zustandsbild; dies überzeugt aber angesichts des Gutachtens von Dr. C. nicht. Als hinzugekommen beschreibt Prof. B. insbesondere äußere Belastungsfaktoren durch den Sohn und die Tochter; im Übrigen bezieht er sich auch auf erhebliche finanzielle Probleme durch den Verlust des Arbeitsplatzes der Ehefrau des Klägers. Gegen eine objektive gesundheitliche Verschlechterung gerade seit der Begutachtung durch Dr. C. spricht auch, dass der Kläger keine weiteren Behandlungsoptionen wie Psychotherapie oder einen erneuten stationären Aufenthalt versucht hat, obwohl er solchen Behandlungsmaßnahmen nicht ablehnend gegenüber steht.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach den Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Versicherungsverlauf (Lücke seit 24.09.2008) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. B. bereits nicht mehr vorgelegen haben. Auf die erforderlichen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren kann auch nicht nach § 241 Abs. 2 SGB verzichtet werden, weil der Kläger vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt hatte.

II. Ein Rentenanspruch folgt auch nicht aus der schweren spezifischen Leistungsbehinderung des Klägers.

Beim Kläger liegt eine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSGE 80, 24) vor, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich macht.

Als solche schwere Einschränkungen gelten insbesondere Einarmigkeit und Einäugigkeit (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Als Grund dafür, dass bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen ist, wird angeführt, dass der Arbeitsmarkt für solche überdurchschnittlich stark leistungsgeminderte Personen möglicherweise schlechthin keine Arbeitsstelle bereit hält (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 81, 90) bzw. nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder, dass ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104). Die konkrete Benennung einer Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn der Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichten kann und sich für dieses Restleistungsvermögen Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes mit entsprechenden Arbeitsplätzen beschreiben lassen (Gürtner in Kasseler Kommentar, 69. Ergänzungslieferung 2011, § 43 SGB VI, Rdnr. 47 m.w. N.).

Die Einschränkungen des Klägers gehen insoweit über die Beschreibung leichter Tätigkeiten hinaus, weil der Kläger als Rechtshänder nur seine linke Hand gebrauchen kann. Darüber hinaus darf der Kläger wegen der Infektionsgefahr keiner Kälte, Nässe und Zugluft ausgesetzt sein. Insofern kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das Restleistungsvermögen dem Versicherten noch alle körperliche Verrichtungen erlaubt, wie sie in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.).

Der Kläger kann jedoch noch auf eine Tätigkeit als Pförtner verwiesen werden. Die Sachverständige Dr. C. hat unter Hinweis auf die berufskundliche Stellungnahme zum Leistungsprofil eines Pförtners (Landesarbeitsamt Hessen vom 25.08.2011 - L 2 R 180/11, s. Bl. 206ff LSG-A) ausdrücklich angegeben, dass diese Tätigkeit für den Kläger zustandsangemessen ist. Einzig die Hörminderung könnte einer solchen Tätigkeit entgegenstehen - diese wird jedoch durch das Tragen der Hörgeräte gut kompensiert. Die psychischen und nervlichen Einschränkungen sowie die Gebrauchsminderung der Hand sieht sie ausreichend berücksichtigt. Bezüglich der Gebrauchsminderung der Hand hat der Senat keine Zweifel, dass der Kläger auch die mit der Pförtnertätigkeit gelegentlich verbundenen einfachen Bürotätigkeiten ausüben kann. Der Kläger hat eine Umschulung zum Bürokaufmann durchgeführt. Leichte Bürotätigkeiten wurden auch von verschiedenen Ärzten und Gutachtern als mögliches Tätigkeitsfeld benannt. Der Kläger hat selbst angegeben, dass er sich etwa die Sortierung von Akten oder Büchern oder das Einräumen von Regalen vorstellen könne. Aus seinen Angaben zum Tagesablauf folgt außerdem, dass er durchaus noch Tätigkeiten (Staubsaugen, Angeln, Holzarbeiten, Werkzeuge anfertigen, Rechnen mit dem Taschenrechner) als Einhänder ausüben kann. Dr. C. gegenüber hat er auch angegeben, dass er gelernt habe, mit links zu schreiben.

Soweit der Kläger kritisiert, dass eine Pförtnertätigkeit 12 Stunden täglich ausgeübt werden müsse, ergibt sich dies nicht aus der berufskundlichen Stellungnahme. Soweit der Kläger eine erhöhte Infektionsgefahr wegen des Kontakts zu Menschen befürchtet, so ist darauf hinzuweisen, dass kein Gutachter - insbesondere auch nicht der Internist und Nephrologe Prof. G. - den Ausschluss von Publikumsverkehr als Leistungseinschränkung benannt hat. Die Pförtnertätigkeit ist auch nicht regelmäßig mit Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen verbunden.

III. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach altem Recht. Zwar ist § 302b Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 43 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung anwendbar. Die Weitergeltung des alten Rechts erfasst dabei grundsätzlich auch solche Fälle, in denen im Anschluss an eine befristet gewährte Rente ein Anspruch auf eine geringere Rente nach altem Recht besteht. Aus der Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis zum 31. Juli 2006 ergibt sich damit auch die (nahtlose) Anwendbarkeit der Regelung über die Rente wegen Berufsunfähigkeit in § 43 SGB VI a.F. ab dem 1. August 2006. Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren von Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist, (a.a.O. Absatz 2 Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (a.a.O. Absatz 2 Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (a.a.O. Absatz 2 Satz 4).

Der Kläger kann zwar seinen Beruf als Schlosser nach der Fingeramputation nicht mehr ausüben, ein Berufsschutz ist jedoch nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist das Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) zu Grunde zu legen. Danach werden die Versicherten in Gruppen eingeteilt, und zwar in die Gruppen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters. Für den Bereich der Angelernten ist zu unterscheiden zwischen einer Ausbildung von 12 bis zu 24 Monaten (oberer Bereich) und einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von 3 Monaten bis zu 12 Monaten (unterer Bereich). Versicherte sind grundsätzlich auf die Tätigkeiten der gleichen oder nächstniedrigeren Stufe verweisbar (BSG, Urteil vom 25.01.1994 - B 4 RAR 35/93; Urteil vom 29.07.2004 - B 4 RA 5/04 - veröffentlicht in juris).

Ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer der Gruppen des Mehrstufenschemas ist allein die Qualität der zuletzt verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde qualitative Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. z.B. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 21, so bereits BSGE 57, 291, 297f = SozR 2200 § 1246 Nr. 126). Grundlage für die Bestimmung der Qualität einer Arbeit in diesem Sinne (vgl. Niesel in: Kasseler Kommentar, 74. Erg.Lief., § 240 SGB VI Rn. 43) sind die in § 43 SGB VI a.F. genannten Merkmale, d.h. Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und die besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit. Maßgeblich ist das Gesamtbild, bei dem grundsätzlich die Ausbildung, die tarifliche (abstrakte und konkrete) Einstufung, die Dauer der Berufsausübung, die Höhe der Entlohnung und die Anforderungen des Berufs zu berücksichtigen sind.

Der Kläger hat in Polen eine zweijährige Schlosserausbildung absolviert; er verfügt über ein Zeugnis als "qualifizierter Arbeiter im Beruf des Schlossers". Soweit der Klägerbevollmächtigte auf den Bescheid der IHK R. vom 23.10.2012 verweist, wonach die in Polen abgelegte Prüfung bzw. der erwobene Befähigungsnachweis als Schlosser als gleichwertig nach § 10 Abs. 2 BFVG gilt, hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass damit nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse eines vergleichbaren (deutschen) Facharbeiters nachgewiesen sind. Der Bescheid enthält selbst den Hinweis, dass damit nicht Fertigkeiten und Kenntnisse nach der Ausbildungsordnung bestätigt werden.

Nur dann, wenn der Kläger zuletzt Facharbeitertätigkeiten vollwertig ausgeübt hätte, läge ein Berufsschutz vor. Dies ist aber nicht nachgewiesen.

Nach seinem Zuzug nach Deutschland war der Kläger vom 02.04.1991 bis 30.07.1991 bei der Fa. H., vom 01.08.1991 bis 29.11.1992 in der Glashütte R. und vom 08.03.1993 bis zu seinem Unfall am 13.04.1993 bei den V.-Betonwerken beschäftigt.

Laut dem zunächst auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag mit der Firma H., Kuperschmiedemeister, ist der Kläger zwar als Schlosser am 02.04.1991 in die Dienste des Arbeitgebers getreten. Er ist nach dem Tarifvertrag für das Schlosserhandwerk (Geltung, s. § 1 Nr. 2 des Vertrags) bezahlt worden. Aus der Lohnhöhe von 14,37 DM ergibt sich, dass die Lohngruppe IV des Lohntarifvertrags vom 05.02.1991 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Schlosserhandwerks in Bayern zugrunde gelegt worden ist. Darin sind eingruppiert "Gehilfen und Facharbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung, die befähigt sind, unter Aufsicht in angemessener Frist alle einfachen berufseinschlägigen Arbeiten auszuführen." Da die Lohngruppe nur auf einfache berufseinschlägige Arbeiten unter Aufsicht abstellt und nicht auf die selbständige Ausführung des erlernten Berufs in seiner ganzen Breite (anders etwa Lohngruppe III: "nach Anweisung berufseinschlägige Arbeiten in angemessener Frist auszuführen") handelt es sich nicht um eine Facharbeiterentlohnung. Das Arbeitsverhältnis endete im Übrigen bereits wieder nach 4 Monaten.

In der Kristall-Glasfabrik A-Stadt hatte der Kläger einen Arbeitsvertrag als Schichtarbeiter mit späterem möglichen Einsatz als Maschinenführer. Laut Auskunft des Arbeitsgebers vom 07.12.2011 war der Kläger für das Glas-Einlegen bzw. "Umsetzen" (Hilfstätigkeiten) beschäftigt. Es hat sich laut Auskunft des Arbeitgebers um ungelernte Arbeiten gehandelt. Außerdem ist angegeben worden, dass der Kläger ohne Erfolg zum Maschinenführer angelernt worden ist. Die Frage, ob der Kläger über alle praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt hat, ist mit "nein" beantwortet worden. Es habe an "Fähigkeiten allgemein" gemangelt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde wegen fehlender Eignung aufgelöst.

Die Angaben des Klägers, dass er in der Glasfabrik benötigt worden sei, weil er Kenntnis von Maschinenpflege, -wartung und -reparatur besaß und dies der überwiegende Teil seiner Tätigkeit sein sollte, mögen den Annahmen bei Abschluss des Vertrags entsprechen. Die Angaben in der Auskunft widerlegen aber gerade, dass der Kläger tatsächlich über vollwertige Kenntnisse eines Facharbeiters verfügt hat. Soweit sich der Kläger auf die Kennzahlen in der Bescheinigung der Sozialversicherung bezieht, handelt es sich nur um ein Indiz. Die Zahlen dienen lediglich statistischen Zwecken und ziehen daher nicht die explizit abgefragten Angaben der Arbeitgeberauskunft zur Qualität der Arbeit in Zweifel. Eine Nachfrage bei Firma V. Betonwerke hat nichts Verwertbares ergeben. Die Firma hat mitgeteilt, dass die noch vorhandenen Dokumente nur bis zum Jahr 1995 zurückreichen. Nach dem vom Kläger vorgelegten Arbeitsvertrag mit V. Betonwerke vom 02.03.1993 wurde der Kläger als Betonwerker zu einem Stundenlohn von 17,40 DM eingestellt. Dies entspricht nach dem damaligen Lohntarifvertrag vom 14.04.1992 für die gewerblichen Arbeitnehmer in den Beton- und Betonfertigteilwerken und im Betonsteinhandwerk sowie der Porenbeton-Industrie dem Mindeststundenlohn in (der niedrigsten) Lohngruppe 1 (Betriebsarbeiter; der Betriebsschlosser ist in Lohngruppe 5 genannt). Dem Kläger kommt damit kein Berufsschutz als Facharbeiter und auch nicht als oberer Angelernter zu. Selbst wenn der Kläger einen Berufsschutz hätte, so könnte er jedenfalls am 01.08.2006 noch auf den Umschulungsberuf des Kaufmanns für Bürokommunikation verwiesen werden. Nach den Angaben im Rentenantrag von 1999 hat der Kläger die (gegenüber der 3-jährigen Vollausbildung offenbar verkürzte) Umschulung absolviert und die Prüfung 1997 bestanden. Er war dann aber wegen der Nierenerkrankung nicht zur Ausübung des Berufs in der Lage. Der Nephrologe Dr. K. hat am 04.07.2006 leichtere Bürotätigkeiten ausdrücklich als zumutbar angesehen. Der Sachverständige Dr. J. hat bei seiner Begutachtung am 03.12.2007 auch noch das nötige Anpassungs- und Umstellungsvermögen für eine Facharbeiter- oder Anlerntätigkeit bestätigt. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens am 01.08.2006 ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen (s.o.). Wie Dr. C. ausgeführt hat, ist die mittelgradige Depression erst danach eingetreten. Der Kläger hat sich selbst zu diesem Zeitpunkt auch noch zahlreich beworben und damit für grundsätzlich leistungsfähig gehalten.

Ob die Verweisbarkeit auch noch zu einem späteren Zeitpunkt besteht, kann dahinstehen, da insoweit neues Recht anzuwenden ist und eine Rente nach § 240 SGB VI wegen des Geburtstags des Klägers nach dem Stichtag (2. Januar 1961) nicht in Betracht kommt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt im Sinne des Erfolgsprinzips den Ausgang des Verfahrens. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).