Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Herabsetzung ihres Grades der Behinderung (GdB) gemäß Neufeststellungsbescheid vom 2. März 2011.

Nachdem bei der 1951 geborenen Klägerin sowohl im Bereich der Eierstöcke als auch des Darms eine Krebserkrankung festgestellt und behandelt worden war, stellte die Beklagte den GdB der Klägerin mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 mit 100 fest, wobei sowohl für die Eierstockerkrankung als auch für die Darmerkrankung jeweils ein Einzel-GdB von 80 zugrunde gelegt wurde. Im Jahr 2010 ergab eine von Amts wegen durchgeführte Nachprüfung der Beklagten, dass nach den Angaben der behandelnden Ärzte keine Anhaltspunkte für Rezidive oder Metastasen bestanden. Der behandelnde Frauenarzt Dr. I. teilte mit, die Klägerin klage über ausgeprägte Schmerzen aufgrund von Verwachsungen nach der Operation, hinzu komme eine große Angst vor eventuellen Rezidiven. Nach durchgeführter Anhörung der Klägerin setzte die Beklagte durch Neufeststellungsbescheid vom 2. März 2011 den GdB auf 30, dies wegen der Verwachsungsbeschwerden nach Eierstock- und Darmteilentfernung, herab. Hiergegen legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, bei ihr bestehe aufgrund einer vorliegenden Erbkrankheit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Neuerkrankung, dementsprechend bestehe auch eine erhöhte psychische Beeinträchtigung aufgrund ständig vorhandener Angst. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10. August 2011 zurück.

Die Klägerin hat am 6. September 2011 Klage erhoben. Sie hat sich in der Begründung ihrer Klage erneut darauf berufen, sie müsse in der ständigen Angst vor Auftreten eines Rezidivs leben, gerade auch in der Zeit nach der Heilungsbewährung. Dies folge aus der durch Prof. Dr. J. am 21. Dezember 2010 mitgeteilten Diagnose "HNPCC". Das hereditäre Dickdarm-Karzinom ohne Polyposis (HNPCC) ist die häufigste erbliche Darmkrebsform und betrifft etwa 5 % der Darmkrebsfälle; bei etwa 75 % der Genträger tritt ein Kolonkarzinom auf.

In der Folgezeit hat die Klägerin angegeben, wegen der bestehenden Angst bei dem Arzt für Allgemeinmedizin K. in betriebsärztlicher Behandlung zu sein. Dieser hat dargelegt, er führe regelmäßige stützende Gespräche wegen der Angstsymptomatik mit der Klägerin durch. Es handele sich um eine lebenslang andauernde Erbkrankheit mit erheblich erhöhtem Rezidivrisiko, wie der Arzt näher ausgeführt hat. Er habe ihr deshalb empfohlen, auch nach ihrer Berentung eine weitergehende psychotherapeutisch begleitende Therapie wegen ihrer Angststörungen weiterzuführen. In einer Stellungnahme hat die Sozialmedizinerin Dr. L. vom versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten darauf verwiesen, eine "Verlängerung" der Heilungsbewährung in besonderen Risikokonstellationen sei nicht Bestandteil der versorgungsmedizinischen Grundsätze - VMG - und auch nicht in Einzelfällen einzuräumen.

Das Sozialgericht (SG) Bremen hat ein Sachverständigengutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. eingeholt, das diese am 21. November 2013 erstattet hat. Dort hat die Klägerin geschildert, nach Feststellung ihrer Krebserkrankungen habe sich unter der Chemotherapie eine Polyneuropathie schwerpunktmäßig an den Füßen, weniger an den Händen ausgebildet. Sie habe auch immer wieder phasenweise Probleme mit Bauchschmerzen gehabt. Man vermute Darmstörungen bei Verwachsungen, habe jedoch nichts Erklärendes gefunden. An beiden Füßen habe sie weiterhin Taubheitsgefühle, und wenn sie länger auf den Beinen sei, auch Schmerzen. Sie habe auch Schlafstörungen. Mit ihrer Arbeit als Sachbearbeiterin in einer Rechtsabteilung komme sie zurecht, wenn sie auch immer das Gefühl habe, der Nachtschlaf fehle ihr. Nachrichten von wiederauftretenden Krebserkrankungen anderer beschäftigten sie viel mehr als einen gesunden Menschen. Auch habe sie Angst, dass ihre 1987 geborene Tochter ebenfalls betroffen sei. Sie führe nach wie vor eine glückliche Ehe, verstehe sich zudem gut mit ihrer Tochter und auch mit ihrer Mutter. Schließlich hat die Klägerin angegeben, seit vielen Jahren unter Migräne zu leiden, die sich seit 2001 gebessert habe, jedoch weiterhin mit Anfällen alle drei bis vier Wochen bestehe. Die Sachverständige kommt zu der Schlussfolgerung, sowohl für die psychische Reaktion auf schwere Belastung mit Ängsten, Besorgnis, innerer Anspannung und Schlafstörung - einzuordnen als leichtere psychische Störung - als auch für die sich insbesondere in Sensibilitätsstörungen und Schmerzen in den Füßen äußernde Polyneuropathie sei jeweils ein GdB von 20 gerechtfertigt, wobei sich die Auswirkungen dieser Erkrankungen nicht überschnitten. Die Migräneerkrankung rechtfertige die Feststellung eines Einzel-GdB von 10. Insgesamt sei ein Gesamt-GdB von 30 auf nervenärztlichem Gebiet gerechtfertigt.

Nach erneuter Befragung von Frau Dr. L. hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 ein Vergleichsangebot des Inhalts unterbreitet, den Gesamt-GdB der Klägerin auf 40 statt auf 30 mit positivem Ablauf der Heilungsbewährung herabzusetzen, und hat hierbei den Vorschlägen aus dem nervenfachärztlichen Gutachten von Frau Dr. M. zugestimmt. Die Klägerin hat demgegenüber weiterhin einen GdB von mindestens 50 begehrt und im Hinblick auf die vorliegenden familiären Krebserkrankungen eine Erkrankung ihres im November 2011 verstorbenen Bruders nicht ausreichend gewürdigt gesehen, ferner sei ihre genetische Disposition weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt worden. Hieran hat sie auch nach weiterer Stellungnahme der Beklagten und einem Hinweis des Gerichts festgehalten. Den Vergleichsvorschlag der Beklagten hat die Klägerin nicht angenommen.

Das SG Bremen hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2014 unter Abänderung des Bescheides vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2011 entsprechend ihres Vergleichsangebots vom 12. Dezember 2013 verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 40 ab dem 1. April 2011 festzustellen, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG den Darlegungen von Frau Dr. M. angeschlossen und hat die Zusammenfassung der Beschwerden der Klägerin zu einem Gesamt-GdB von 40 für angemessen erachtet. U. a. hat das SG ausgeführt, die verbliebene erhöhte Rezidivangst sei nach Teil B, Ziffer 3.7 VMG als durch Frau Dr. M. nachvollziehbar begründete leichtere psychische Störung mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 22. Oktober 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12. November 2014 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, eine Ausdehnung der Heilungsbewährung sei im begründeten Einzelfall auch nach den VMG zulässig, nach denen der Zeitraum "in der Regel fünf Jahre" betrage, und das entsprechende genetische Gutachten vom 12. Oktober 2006 sei überhaupt nicht verwertet worden. Auf ihre lebenslang andauernde Erbkrankheit HNPCC sei nicht eingegangen worden. In ihrem Falle müsse die Heilungsbewährung auf mindestens 10 Jahre ausgedehnt werden. Der GdB sei mit mindestens 50 zu bemessen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 16. Oktober 2014 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG), aber nicht begründet. Das SG Bremen hat mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2014 zu Recht den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2011 nur insoweit korrigiert, als eine Herabsetzung des GdB auf weniger als 40 erfolgt ist.

Die Herabsetzung des GdB nach Ablauf der Heilungsbewährungszeit erfolgte entsprechend der zutreffenden Auffassung des Sozialgerichts rechtmäßig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ist kein höherer GdB als 40 bei der Klägerin mehr festzustellen, wie das SG Bremen ausführlich dargelegt hat. Der Senat folgt hinsichtlich der Herleitung dieses GdB der ausführlichen und überzeugenden Begründung des Gerichtsbescheides des SG Bremen vom 16. Oktober 2014, der er sich nach eigener Sachprüfung anschließt und die er daher nicht wiederholt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Für die Beurteilung der von der Klägerin erhobenen reinen Anfechtungsklage ist allein maßgeblich, ob der Verwaltungsakt bei seinem Erlass der Sach- und Rechtslage entsprochen hat, wobei auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit dem Widerspruchsbescheid abzustellen ist (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 13. August 1997, 9 RVs 10/96, SozR 3-3870, § 4 Nr. 21). Die Tenorierung des Gerichtsbescheides des SG Bremen vom 16. Oktober 2014 mag insoweit irreführend sein, als sie den Anschein erwecken könnte, dass eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 20b) erhoben ist, indes hat der Senat keinen Anlass dazu gesehen, allein aus diesem Grund eine klarstellende Änderung des in seiner Aussage hinreichend klaren Tenors des SG Bremen vom 16. Oktober 2014 vorzunehmen, zumal der Beklagte zwischenzeitlich einen Ausführungsbescheid vom 3. November 2014 erlassen hat.

Rechtsgrundlage für eine Neufeststellung des GdB ist auch in Fällen der sog. Heilungsbewährung regelmäßig § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung kann auch darin bestehen, dass Behinderungen weggefallen sind oder dass sich festgestellte Behinderungen derart verbessert haben, dass sie nur noch einen geringeren GdB bedingen. Erforderlich ist eine Gegenüberstellung der objektiven Befunde, die der letzten bindend gewordenen Feststellung des Versorgungsamtes zugrunde lagen, und der Befunde, die nunmehr vorliegen. Die Neufeststellung nach Ablauf einer Heilungsbewährung nach Krebserkrankungen stellt hierbei einen Sonderfall dar. Hier wird zunächst für den Zeitraum der Heilungsbewährung pauschal ein höherer GdB angenommen, als sich in der Regel aufgrund der tatsächlich festzustellenden Funktionsbeeinträchtigungen ergibt, und erst nach Ablauf des Zeitraumes eine Feststellung nach den tatsächlichen verbliebenen Beeinträchtigungen getroffen. Um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen handelt es sich auch bei dem erfolgreichen Ablauf der Heilungsbewährung (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1995 - 9 RVs 14/94 - juris Rn. 13; BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 - 9 RVs 3/89 - juris Rn. 12; Landessozialgericht -LSG- Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Januar 2011 - L 6 (7) SB 135/06 - juris Rn. 23; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. September 2012 - L 11 SB 41/10).

Die Heilungsbewährung ist ein sozialrechtliches Institut, welches nach Maßgabe der früheren AHP wie auch der nachfolgend seit dem 1. Januar 2009 in Kraft getretenen VMG Folgendes beinhaltet: Im Rahmen bestimmter Erkrankungen, wie z.B. bösartiger Tumorerkrankungen, ist nach der Tumorentfernung im Sinne einer Primärtherapie für eine bestimmte Zeit pauschal ein höherer GdB anzunehmen, als in der Regel aufgrund der infolge des Organschadens bzw. der Therapiefolgen tatsächlich bedingten Funktionsbeeinträchtigungen gerechtfertigt wäre. Dabei sollen neben der Rezidivgefahr insbesondere auch die weiteren vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, Beseitigung und Nachbehandlung eines Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind, berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1995 - a.a.O. - juris Rn. 13), und zwar unabhängig davon, ob diese Folgewirkungen im konkreten Fall tatsächlich eingetreten sind oder nicht.

Nach rückfallfreiem Ablauf der Zeit der Heilungsbewährung tritt insoweit eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X ein, als jetzt nach medizinischer Erfahrung regelmäßig die Krebserkrankung in dem Sinne überwunden ist, dass eine unmittelbare Lebensbedrohung nicht mehr besteht, und außerdem die vielfältigen Auswirkungen der Krankheit auf die gesamte Lebensführung in aller Regel entfallen oder wenigstens gemindert sind, so dass eine von den konkreten Verhältnissen unabhängige abstrakte Einschätzung des GdB nicht mehr gerechtfertigt ist. Dies bedeutet, dass die bisherige abstrakte Bewertung der unterstellten körperlichen und seelischen Auswirkungen der Erkrankung als nicht mehr angemessen angesehen wird und daher die Neufeststellung des GdB notwendig wird. Hintergrund und Zweck der Heilungsbewährung ist nämlich eine pauschalierende Besserstellung der durch eine Tumorerkrankung Betroffenen für einen bestimmten, aufgrund allgemeiner statistischer Erkenntnisse festgelegten Zeitraum nach der Diagnose ohne eine individuelle Betrachtung des Einzelfalles mit seinen jeweils tatsächlich bestehenden Beeinträchtigungen. Diese Vergünstigung wird jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum gewährt.

Anhaltspunkte für ein Rezidiv oder eine Metastasierung haben bei der Klägerin nach Ablauf der Zeit der Heilungsbewährung nicht vorgelegen. Damit war nach Ablauf der Heilungsbewährung eine Beurteilung des GdB nur noch nach den tatsächlich bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen gerechtfertigt.

Nach Teil B, Ziffer 1 c) VMG beträgt die Zeit der Heilungsbewährung bei einer Krebserkrankung "in der Regel" fünf Jahre, kürzere Zeiträume werden in der Tabelle vermerkt. Der Wortlaut "in der Regel" betrifft hierbei diese Abkürzung des Zeitraums bei bestimmten Erkrankungsbildern, nicht aber die Eröffnung der Möglichkeit einer jeweiligen Einzelfallentscheidung in Bezug auf eine Bestimmung des individuell angemessenen Zeitraums der Heilungsbewährung im konkreten Krankheitsfall, wie die Klägerin dies geltend macht. Bei der Anhebung des GdB unter dem Gesichtspunkt der Heilungsbewährung handelt es sich um ein mehr oder weniger pauschales Verfahren, in welchem - ohne gesonderte Anerkennung einer irgendwie diagnostizierten geistig-psychischen Behinderung ("Rezidivangst") - der psychischen Ausnahmesituation, die bei bestimmten Diagnosen wie z.B. der Krebsdiagnose besteht, umfassend Rechnung getragen werden soll (LSG Hamburg, Urteil vom 26. November 2013 - L 3 SB 13/10 - juris Rn. 26, m.w.N.). Da es bis zum Erlass des vorliegend angefochtenen Widerspruchsbescheides weder zu einer Ausbildung von Rezidiven noch von Metastasen gekommen war, verletzt die erfolgte Herabsetzung des GdB die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit kommt dem Verordnungsgeber eine Befugnis zu Pauschalierungen und Typisierungen zu, von der er in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht hat. Dass die Klägerin im Hinblick auf die nicht auszuschließende und bei ihr erhöhte Rezidivgefahr Ängste verspürt hat bzw. nach wie vor empfindet, ist durchaus nachvollziehbar, begründet aber für sich allein weder grundsätzlich die Annahme einer GdB-relevanten Gesundheitsstörung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2014 - L 6 SB 3891/13 - juris Rn. 37), noch kann eine insgesamt ungünstigere Prognose einer bösartigen Erkrankung regelhaft zu einer Verlängerung der Heilungsbewährung führen (LSG Hamburg, Urteil vom 26. November 2013 - a.a.O. - juris Rn. 31). Derartige Fälle sind vielmehr über die Frage zu lösen, ob die seelische Störung aufgrund der Rezidivangst im Einzelfall noch den Charakter einer für die Bildung des Gesamt-GdB relevanten psychischen Gesundheitsstörung hat (so LSG Hamburg, a.a.O.; wohl a. A., ohne dass dies eindeutig erkennbar wird, Sächsisches LSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - L 6 SB 55/04 - juris Rn. 33; dies indes zur alten Rechtslage nach den AHP, die sich insoweit nicht vergleichen lässt, als den VMG aufgrund nunmehr eindeutiger Ermächtigungsgrundlage ein nicht mehr zweifelhafter Rechtsnormcharakter zukommt, und zudem zu einem Sachverhalt, bei dem es bereits zu einem Rezidiv gekommen war). Das von der Klägerin ebenfalls zitierte Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2002 (L 5 SB 178/00) ist gleichfalls zu den AHP ergangen und außerdem ausdrücklich als Einzelfallentscheidung erklärt worden.

Zu erwägen ist insoweit auch, dass auch bei womöglich objektiv unverändertem Rezidivrisiko das Ausmaß der psychischen Beeinträchtigung nachlassen kann; der Eintritt der Heilungsbewährung bedeutet nicht in erster Linie, dass nach rückfallfreiem Zeitablauf keine erhebliche Rezidivgefahr mehr besteht, sondern insbesondere, dass die bisherige abstrakte Bewertung der unterstellten körperlichen und seelischen Auswirkungen der Erkrankung nicht mehr gerechtfertigt ist und die Neufeststellung des GdB notwendig wird (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14. November 2013 - L 10 SB 166/12 -, juris Rn. 20). Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch im Regelfall eine Rezidivgefahr nach Ablauf der statistisch begründeten Heilungsbewährungszeit ja nicht grundsätzlich völlig entfällt und zudem individuell variieren kann. Schließlich ist festzustellen, dass allein für eine genetische Disposition für bestimmte Krebserkrankungen die Vergabe eines GdB grundsätzlich nicht vorgesehen ist. So ist in Teil A, Nr. 2 h) Satz 1 VMG auch ausdrücklich festgelegt, dass Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, bei der Bemessung des GdB außer Betracht zu bleiben haben (10. Senat des erkennenden Gerichts, a.a.O.).

Die Heilungsbewährung erfasst neben dem Aspekt der Rezidivgefahr auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, Beseitigung und Nachbehandlung des Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Dies rechtfertigt es nach sozialmedizinischer Erfahrung, unter Berücksichtigung der Krebserkrankung für eine Übergangszeit - den Zeitraum der Heilungsbewährung - einen GdB von mindestens 50 anzunehmen und Krebskranken damit unterschiedslos zunächst den Schwerbehindertenstatus zuzubilligen (BSG, Urteil vom 9. August 1995 - a.a.O. - juris Rn. 13). Nach Ablauf der Heilungsbewährungszeit entfällt dieses Privileg unterschiedslos und es ist auf den konkret feststellbaren Gesundheitszustand abzustellen, wie dies bei anderen Antragstellern auch der Fall ist.

So ist das SG Bremen auch zutreffend vorgegangen. Kommt eine Verlängerung der Heilungsbewährung demnach auch bei festgestellter Erbkrankheit "HNPCC" und deren erwiesenen medizinischen Auswirkungen nicht in Betracht, so hat das SG Bremen im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2014 in nicht zu beanstandender Weise die Einzelfallsituation der psychischen Auswirkungen in Anwendung von Teil B, Ziffer 3.7 VMG gewürdigt. Diesbezüglich hat das Sachverständigengutachten der Frau Dr. M. vom 21. November 2013 sowohl das SG Bremen als auch den Senat überzeugt. Auf der Grundlage der dortigen Feststellungen ist die verbliebene Rezidivangst als leichtere psychische Störung mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend bewertet und bei Gesamtwürdigung des Gesundheitszustandes der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides ergibt sich insoweit - vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid überzeugend dargelegt - ein verbleibender GdB von 40.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG liegen nicht vor.