Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB).

Bei dem Kläger war mit Bescheid vom 23. März 2006 wegen Anfallsleidens ein GdB von 50 festgestellt worden. Hierbei wies der Beklagte darauf hin, dass eine Überprüfung des Gesundheitszustandes im Januar 2011 vorgesehen sei. Im Januar 2013 leitete der Beklagte von Amts wegen das Nachprüfungsverfahren ein. Nach Anhörung des Klägers stellte er bei ihm mit Bescheid vom 18. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2013 einen GdB von 30 fest. Hiergegen hat der Kläger sich an das Sozialgericht Berlin gewandt, das die Klage mit Urteil vom 17. Juni 2014 abgewiesen hat. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da der angegriffene Herabsetzungsbescheid vom 18. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2013 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

Rechtsgrundlage für die Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Hierbei sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorhanden gewesen sind, zu vergleichen.

Es kann offen bleiben, ob die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheides vom 23. März 2006 bestehenden Verhältnisse sich wesentlich geändert haben. Denn der Bescheid vom 18. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2013 ist rechtswidrig, da er gegen § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) verstößt. Danach muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich insbesondere auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, (so Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 6. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R -, SozR 4-2600 § 96a Nr. 9), aus dem für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, welche Regelung die Behörde treffen will. Ein Aufhebungsbescheid muss danach den Adressaten, den Zeitraum der Aufhebung und den konkreten Umfang der Aufhebung erkennen lassen (vgl. Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, Rn. 8 zu § 33 SGB X, mit weiteren Nachweisen).

Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Beklagten nicht gerecht. Denn weder der Bescheid vom 18. Juli 2013 noch der Widerspruchsbescheides vom 22. November 2013 nennen den Zeitpunkt, von dem an die Aufhebung wirksam sein soll.

Zwar ist es unschädlich, wenn der Regelungsgehalt des Verfügungssatzes erst durch Auslegung ermittelt werden muss (vgl. etwa BSG, Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 25/01 R -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 46, SozR 3-1300 § 33 Nr. 4), beispielsweise anhand der Begründung des VA (siehe insoweit BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 11 RAr 43/96 -, SozR 3-4100 § 242q Nr. 1, SozR 3-1100 Art 3 Nr. 140, SozR 3-1100 Art 20 Nr. 43, SozR 3-4100 § 135a Nr. 1). Abzustellen ist hierbei auf die Erkenntnismöglichkeit eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 - B 13 R 85/11 R -, SozR 4-2600 § 96a Nr. 14, mit weiteren Nachweisen). Ein Verwaltungsakt ist danach hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 a.a.O.).

An diesen Maßstäben gemessen ist der angefochtene Bescheid einer Auslegung nicht zugänglich.

Aus der Mitteilung, dass eine Überprüfung im Mai 2017 vorgesehen ist, lässt sich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufhebung nicht ableiten.

Ebenso wenig erlaubt der Hinweis des Beklagten auf die gesetzliche Schutzpflicht nach § 116 SGB IX einen Rückschluss auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes, da er sich auf die spezialgesetzlich geregelte Hemmung der Verwirklichung von Herabsetzungsentscheidungen bezieht, welche - insoweit vergleichbar mit der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte - allein die prozessuale Ebene betrifft.

Denkbar wäre, dass der Beklagte die innere Wirksamkeit seines Bescheides vom 18. Juli 2013 an dessen äußere Wirksamkeit knüpfen wollte, also auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dies ist aber für den verständigen Beteiligten nicht unzweideutig erkennbar, denn es ist gleichermaßen möglich, dass das Datum des Bescheides dessen Wirksamkeit markieren sollte. Der Umstand, dass die letztgenannte Verfügung entgegen § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine Aufhebung mit Wirkung in die Vergangenheit darstellen würde und damit rechtswidrig wäre, ist hierbei unerheblich, da maßgebend auf die Perspektive des verständigen Erklärungsempfängers, hier des rechtsunkundigen Behinderten, abzustellen ist, von dem keineswegs die Kenntnis zu erwarten ist, dass behördliche Entscheidungen über die Höhe des GdB als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden dürfen, wenn eine wesentliche Änderung eingetreten ist.

Die danach verbleibenden Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (vgl. allgemein BSG, Urteil vom 14. August 1996 - 13 RJ 9/95 -, SozR 3-1200 § 42 Nr. 6, SozR 3-8590 § 2 Nr. 2).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.