Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer psychischen Erkrankung sowie einer entzündlichen Darmerkrankung (Colitis ulcerosa bzw. Morbus Crohn) als Wehrdienstbeschädigung sowie die Gewährung von Versorgungsansprüchen nach dem Gesetz über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz SVG ).

Der 1974 geborene Kläger diente in der Zeit vom 01. Januar 1993 bis 31. Dezember 1997 als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. In der Zeit vom 04. Februar bis 11. April 1997 befand er sich im Rahmen eines SFOR (Stabilisation Force) Einsatzes im ehemaligen Jugoslawien. Zu seinen Aufgaben gehörten nach den Angaben gegenüber der später befragenden Gutachterin H. (Gutachten vom 08. Januar 2001) Patrouillen im Gelände, die Kontrolle von geschützten Objekten, Verkehrskontrollen, Kontrollen von Konvois bzw. Begleitung solcher von den verschiedenen verfeindeten Bevölkerungsgruppen, Kontrollen von deren Waffen und Kasernen, außerdem hätte die Truppe Wachfunktionen für die drei Präsidenten bzw. Bürgermeister Sarajevos und beim Papstbesuch gehabt; nach Angaben gegenüber dem Gutachter Dr. Z. (Gutachten vom 10. Juni 2004) gehörten zu seinem Aufgabenbereich Kontakte zur einheimischen Bevölkerung, Patrouillenfahrten, die Bewachung von zivilen Objekten und die Sicherung hochrangiger Truppenbesuche.

Ende Juli 1997 traten beim Kläger eine Durchfallneigung mit zehn bis zwölf Stuhlabgängen am Tag mit dunklen Blutspuren sowie krampfartige Schmerzen im Abdomen auf, die in der Folgezeit zu verschiedenen stationären Aufenthalten führten und als Colitis ulcerosa diagnostiziert wurden.

Im Januar 1998 erfolgte deshalb eine erste ärztliche Mitteilung über eine mögliche Wehrdienstbeschädigung; ferner beantragte der Kläger Versorgung nach §§ 80 ff. SVG. Die Beklagte holte zunächst eine stabsärztliche Stellungnahme des Dr. S. ein, der am 18. März 1998 ausführte, dass sich nach Aktenlage beim Kläger kein Hinweis auf toxische Schädigungen, auf eine durch äußere Umstände verursachte erhebliche Herabsetzung der Resistenz oder auf infektiöse oder andere Krankheiten fänden, die die Immunitätslage nachhaltig verändert hätten. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des seinerzeitigen Kompaniechefs A. ein, der am 10. Mai 1998 ausführte, dass Form und Menge der Verpflegung zu jeder Zeit derjenigen entsprochen habe, wie sie im Heimatland gereicht werde; Wasser habe in Flaschen in ausreichender Menge zur Verfügung gestanden; zu keiner Zeit seien irgendwelche Umstände bekannt geworden, dass Wasser oder Lebensmittel in irgendeiner Form verdorben geschweige denn verseucht gewesen sein sollten. Die aufgetretenen Belastungen für alle Soldaten des gepanzerten Einsatzverbandes seien durch keinen der Soldaten als überhart empfunden worden oder hätten sich im Nachhinein als psychologisches Problem erwiesen. Dies sei aus der ärztlichen Befragung unmittelbar nach Rückkehr aus dem Einsatzland sowie aus einer Befragung aus Anlass des vorliegenden Falles hervorgegangen. Die einzigen physisch und psychisch anspruchsvollen Aufträge seien die Absicherung des Papstbesuches sowie die Absicherung der Präsidentschaftstreffen gewesen, die drei Tage bzw. jeweils einen Tag gedauert hätten. Die vom Kläger gemachten Angaben zu einer sehr hohen psychischen Belastung könnten weder durch seine Soldaten noch durch ihn bestätigt werden.

Die Beklagte forderte ferner die den Kläger betreffenden Gesundheitsunterlagen der Dienststellen an, holte Befundberichte behandelnder Ärzte und ein truppenärztliches Gutachten des Dr. K. vom 18. August 1998 ein und zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Berlin bei, aus dem u. a. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Ulcus duodeni für den 5. bis 19. April 1991 und 23. April bis 17. Mai 1991 ersichtlich sind.

Der Kläger überreichte ein "Psychologisches Gutachten" (ohne Datum) des Dipl. Psych. K. aus dem Krankenhaus L., O.-Krankenhaus, der eine posttraumatische Belastungsstörung mit depressiven Symptomen bei gemäßigt introvertierter Persönlichkeit als Reaktion auf eine Situation längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung und infolge Verlustes des Arbeitsplatzes diagnostizierte. Die Beklagte zog ferner die Patientenakte des Bezirksamtes M., Gesundheitsamt bei, holte eine Stellungnahme der Med. Dir’in S. vom 23. Dezember 1999 ein und lehnte sodann durch Bescheid vom 7. März 2000 die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem SVG sowie einen Ausgleich nach § 85 SVG ab. Die Voraussetzungen für eine so genannte "Kann Versorgung" hinsichtlich der Colitis ulcerosa seien nicht gegeben, weil eine physische oder lang andauernde psychische Belastung, die nach Art, Dauer und Schwere als geeignet angesehen werden könnte, die Resistenz in erheblichem Maße zu beeinflussen, nicht habe festgestellt werden können. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, der eine Stellungnahme des behandelnden Dipl. Psych. K. vom 06. Juli 2000 beibrachte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2002 zurück.

Das Sozialgericht hat Entlassungsberichte der stationär behandelnden Krankenhäuser und Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt sowie im Termin vom 04. März 2004 den Dipl. Psych. K. als sachverständigen Zeugen vernommen. Das Sozialgericht hat sodann durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. ein Gutachten eingeholt, der unter dem 10. Juni 2004 zu dem Ergebnis kam, dass sowohl eine beim Kläger bestehende posttraumatische Belastungsstörung als auch eine Colitis ulcerosa durch den Wehrdienst verursacht worden seien. Der Gesamtgrad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 50 v. H. Die Tatsache, dass der Kläger Beschwerden der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bzw. traumatisierende Erlebnisse während seiner Wehrdienstzeit nicht geäußert habe, sei nicht ungewöhnlich; es entspräche häufiger klinischer Erfahrung, dass eine Verbalisation traumatischer Inhalte bei vielen Betroffenen erst mit Verzögerung, manchmal auch überhaupt nicht möglich sei. Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme des Oberfeldarztes und Internisten Dr. U. beigebracht, der das Kriterium A der PTBS für nicht erfüllt und die Voraussetzungen zur Anerkennung der Colitis ulcerosa ebenfalls für nicht hinreichend sicher erfüllt erachtete.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte durch Bescheid vom 24. April 2002 auch die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung abgelehnt.

Mit Urteil vom 20. Oktober 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die beim Kläger sicherlich bestehende psychische Erkrankung sei nicht dem Risikobereich des Versorgungsrechtes zuzuweisen. Weder die Vorgaben der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX) (AHP 2004, Rdnr. 71 Abs. 1, S. 213) für die Anerkennung psychischer Traumen noch die Voraussetzungen für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung nach der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (ICD 10), Kap. V F 43.1, seien erfüllt. Der Kläger habe keine Belastungen im Sinne dieser Voraussetzungen erlitten. Die von ihm nach seinen Schilderungen erlebten Geschehnisse seien in keiner Weise als Belastungen im vorgenannten Sinne zu qualifizieren. Geschehnisse, die eventuell geeignet wären, als solche Belastungen qualifiziert zu werden, seien ihm vielmehr nur über Schilderungen Dritter bzw. aus den Medien zur Kenntnis gelangt. Sämtliche vom Kläger zu den verschiedensten Zeitpunkten geschilderten Erlebnisse in Bosnien seien ersichtlich nicht als Situationen zu qualifizieren, in denen der Kläger quasi als Opfer passiv Umständen und Verhältnissen ausgesetzt gewesen sei, die "mit dem Erleben von Angst und Ausgeliefertsein verbunden" gewesen seien oder die mit einer "außergewöhnlichen Bedrohung" des Klägers einhergegangen seien. Auch die Anerkennung der beim Kläger bestehenden Colitis ulcerosa als Wehrdienstbeschädigung käme nicht in Betracht, da weder aktenkundig sei, dass der Kläger erheblichen körperlichen Belastungen oder Witterungseinflüssen im Sinne der Voraussetzungen der so genannten "Kann Versorgung" ausgesetzt gewesen sei, noch habe er unter einer Erkrankung gelitten, die eine erhebliche Herabsetzung der Resistenz hätte verursachen können, noch sei er im Laufe seines Auslandseinsatzes in Bosnien lang dauernden schweren und tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifenden psychischen Belastungen ausgesetzt gewesen. Im Übrigen sei entgegen der Darstellung der Gutachter Dr. Z. und H. der Kläger bereits im Jahre 1991 über mehrere Wochen hinweg wegen einer Ulcus duodeni Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt gewesen, was von ihm allerdings, ebenso wie Entwicklungsauffälligkeiten, gegenüber Dr. Z. und Frau H. ebenso wie bei der Musterung negiert worden sei.

Gegen dieses am 30. November 2005 zugegangene Urteil richtet sich die am 30. Dezember 2005 eingegangene Berufung des Klägers.

Das Gericht hat während des Berufungsverfahrens das Land Berlin gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Der Beigeladene hatte aufgrund eines bei ihm gestellten Antrages im Verwaltungsverfahren Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie H. vom 08. Januar 2001 und des Arztes für Innere Medizin Dr. D. vom 05. März 2001 eingeholt. Frau H. kam zu dem Ergebnis, dass sich insgesamt das klinische Bild einer posttraumatischen Belastungsstörung ergebe, "wobei jedoch nach den Kriterien von DSM 4 die Voraussetzungen des Kriteriums A nicht erfüllt sind. Eine Extremtraumatisierung hat nicht vorgelegen ...", der Einsatz sei geordnet und ohne äußere dramatische Vorfälle verlaufen. Die MdE betrage ab September 2000 10 v. H. aufgrund einer "posttraumatischen Belastungsreaktion mit intrusiven Symptomen, Vermeidungen und depressiver Symptomatik". Nachdem Oberfeldarzt Dr. Z. in einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme ausgeführt hatte, dass ein psychisch traumatisierendes Ereignis weder aktenkundig noch anzunehmen und auch vom Kläger nicht angegeben worden sei und dass es aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht erlaubt sei, aus dem Vorliegen einer Gesundheitsstörung auf deren Ursache zu schließen, führte Frau H. mit Rückäußerung vom 31. Juli 2001 aus, aufgrund des Fehlens des Kriteriums A für die posttraumatische Belastungsstörung die Schädigungsfolge auch anders definiert zu haben, nämlich als Belastungsreaktion. Dr. D. kam zu dem Ergebnis, dass die entzündliche Dickdarmerkrankung mit einer MdE von 30 v. H. zu bewerten sei. Sowohl der Beginn als auch der Verlauf der Erkrankung seien als offiziell belegt anzusehen. Bezüglich der Ursache müsse auf die durchaus verstärkten körperlichen, aber auch vor allem psychischen Belastungen während des Bosnien Einsatzes verwiesen werden; insoweit werde auf das Gutachten der Frau H. Bezug genommen. In einer Rückäußerung vom 02. August 2001 führte Dr. D. weiter aus, dass der Einsatz im Ausland grundsätzlich eine stärkere Belastung darstelle als der normale Wehrdienst.

Durch Bescheid vom 04. Januar 2002 in der Fassung eines Widerspruchsbescheides vom 21. April 2006 lehnte die Beigeladene den Antrag des Klägers auf Versorgung nach dem SVG wegen der Colitis ulcerosa dennoch ab, da die Voraussetzungen der Kann Versorgung nicht erfüllt seien. Hiergegen richtet sich das derzeit noch anhängige Klageverfahren zum Az. S 45 VS 88/06.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass das Gericht ohne erkennbare bzw. nachvollziehbare Erwägungen von den erstellten Gutachten abgewichen sei. Es sei auch weder medizinisch noch psychoanalytisch erwiesen, dass die im Jahre 1991 diagnostizierte Ulcus duodeni Erkrankung tatsächlich eine ernsthafte Vorerkrankung dargestellt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2002 sowie den Bescheid vom 24. April 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Colitis ulcerosa als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und für die Zeit von Juli bis Dezember 1997 Versorgung auf der Grundlage einer MdE von 80 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Erkrankungen als Wehrdienstbeschädigung nicht gegeben seien.

Der Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene schließt sich der Auffassung der Beklagten an.

Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten durch den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. eingeholt, der mit Datum vom 15. Dezember 2006 ausführte, dass beim Kläger ein heftig abgewehrtes "angstbereit depressives Syndrom" bei einer "selbstunsicher unreifen" und zur psychosomatischen Reaktionslage neigenden Persönlichkeit bestehe. Eine anamnestisch gesicherte Colitis ulcerosa und ein Morbus Crohn befänden sich derzeit in Remission. Im Vordergrund ständen belastungsabhängige Beschwerden nach kniegelenksnahen Knocheninfarkten rechts als wahrscheinliche Behandlungskomplikation mit Folge einer vorzeitigen Arthrose des rechten Kniegelenks. Keines der Leiden sei mit Wahrscheinlichkeit durch den Wehrdienst verursacht oder verschlimmert worden. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung könne nicht bestätigt werden. Die posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1) formuliere als Eingangskriterium, dass die Betroffenen einem kurz- oder langanhaltenden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt gewesen seien, das bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde (sog. A Kriterium einer PTBS der ICD 10 [F 43.1]). Die im vorliegenden Fall bekannt gewordenen Ereignisse könnten nicht existenziell bedrohlich im Sinne des A Kriteriums der ICD 10 genannt werden, sie erfüllten nicht das Kriterium eines Traumas. Ohne dieses pathogenetische Zwischenstück der PTBS könnten jedoch bei vorbestehender Disposition für psychosomatische Leiden die Darmerkrankungen und mittelbar die kniegelenksnahen Knocheninfarkte ebenfalls nicht auf den Wehrdienst und den Auslandseinsatz zurückgeführt werden. Eine lang dauernde, schwere und tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifende psychische Belastung als Voraussetzung einer Kann-Versorgung habe nicht vorgelegen. Da ein wesentlich traumatisierendes Moment im Ausgeliefertsein erkannt werden müsse und hierbei wo nicht die sprichwörtliche Katastrophe plötzlich hereinbreche die Dauer der Belastung Bedeutung gewinne, sei die Frage aufzuwerfen, ob ein Auslandseinsatz von weniger als zehn Wochen als langdauernd charakterisiert werden könne; gemessen an dem, was über diese Zeit bekannt geworden sei, reiche dieser Zeitraum nicht, um in eine eigene vernichtende Qualität umzuschlagen. Im Übrigen dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die psychosomatische Anamnese mit Nachweis eines Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür) in das 17. Lebensjahr des Klägers zurückreiche. Auch hierbei handele es sich um eine Erkrankung des Magen-Darm-Traktes, auch diese sei psychosomatisch wesentlich mitbestimmt. Die Aussage von einer bis dato leeren Anamnese könne damit nicht aufrechterhalten werden, was in den vorliegenden Gutachten keine Berücksichtigung finde. Die wesentliche Ursache für die Entwicklung der Colitis ulcerosa sei in der psychosomatischen und insofern auch psychopathologischen Disposition zu erkennen, nicht in den besonderen Belastungen des Auslandseinsatzes. Den Vorgutachtern könne nicht gefolgt werden. Der behandelnde Psychologe K. setze in seiner Argumentationskette letztlich ein ihm selbst nach Jahren therapeutischer Kontakte verborgen gebliebenes Trauma ein; dies sei nicht zu verifizieren und zugleich von suggestiver Kraft. Seine vor der 47. Kammer im März 2004 zu Protokoll gegebene Aussage sei nicht anders zu verstehen, als dass auch er das Eingangskriterium zur Feststellung einer PTBS durch die bekannt gewordenen Erlebnisse nicht als erfüllt sehen könne und er daher auf das Unbekannte zurückgreife. Ferner bestimme nicht die persönliche Disposition, was wie eingreifend wirke und ggf. destabilisiere, denn ansonsten definierte nicht die Qualität eines Ereignisses das Trauma, sondern die subjektive Bedeutungsgebung, was nicht den Vorgaben der ICD 10 entspreche. Auch Dr. Z. gehe von einer nicht verifizierten und auch nur sehr begrenzt untersuchten Grundannahme eines Traumas aus, welches dem A Kriterium einer PTSD in keiner Weise genügen könne. Nicht gewürdigt finde sich auch der Vorlauf psychosomatischer Leiden (Ul-cus duodeni 1991), nicht eingehend untersucht die Entwicklung des Klägers vor dem potentiell schädigenden Ereignis.

Der Kläger hat hierzu eingewandt, die von ihm wiedergegebenen Vorfälle nicht nur vom Hörensagen, sondern selbst erlebt zu haben. Auch habe er nie ein Darmgeschwür besessen, sondern eine Magen-Darm-Grippe. Er akzeptiere das von Dr. B. erstellte Gutachten nicht und verweise auf die Gutachter, die eine PTBS anerkannt hätten.

Dr. B. hat hierzu in einer ergänzenden Stellungnahme vom 30. April 2007 ausgeführt, in seinem Gutachten unterschieden zu haben, was an Belastungen unmittelbarem Erleben entsprochen habe und was Mitteilungen Dritter zu entnehmen gewesen sei. Auch habe sich seine Beurteilung nicht wesentlich lediglich auf die Dauer des Auslandseinsatzes gestützt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakten der Beklagten (4 Bände) und der Beigeladenen sowie der Gerichtsakte S 45 VS 88/06, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung wegen einer Wehrdienstbeschädigung gemäß den §§ 80, 81, 85 SVG. Der angefochtene Bescheid vom 07. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2002 und der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid vom 24. April 2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 81 Abs. 1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Entsprechend diesen gesetzlichen Bestimmungen ist für die vorliegend streitige Anerkennung von Schädigungsfolgen eine dreigliedrige Kausalkette zu prüfen: Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung geführt haben, die wiederum die geltend gemachten Schädigungsfolgen bedingt hat. Dabei müssen sich die drei Tatsachenkomplexe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang grundsätzlich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 25. März 2004, Az.: B 9 VS 1/02 R, SozR 4 3200 § 81 Nr. 1).

Eine Wehrdienstbeschädigung des Klägers besteht nicht. Eine posttraumatische Belastungsstörung liegt beim Kläger nicht vor. Das Gericht folgt hierzu den Feststellungen des Dr. B. in dessen Gutachten vom 15. Dezember 2006, denen es sich anschließt. Die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung setzt nach der maßgebenden ICD 10, Punkt F 43.1 "ein belastendes, außergewöhnliches Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde" und damit ein entsprechend schweres Ereignis voraus (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Wie Dr. B. zu Recht ausgeführt hat, handelt es sich hierbei definitionsgemäß um ein äußeres Ereignis, das nicht durch die persönliche Disposition bestimmt wird und welches nicht über eine subjektive Bedeutungszuschreibung aufgeweicht werden sollte. Ereignisse außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes, die bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würden, sind durch den Kläger jedoch zu keinem Zeitpunkt geschildert worden. Der Kläger ist weder selbst in Kampfhandlungen involviert worden noch Zeuge eines gewaltsamen Todes anderer geworden. Das Beobachten von Kindern in einem Minenfeld erreicht diesen Schweregrad genauso wenig wie das Anlegen auf Personen, die sich später als Jugendliche herausstellten, ohne dass geschossen worden ist. Auch dass der Kläger, wie in seiner Stellungnahme zum Gutachten des Dr. B. vom 04. April 2007 ausgeführt, in die Nähe von (entschärften) Panzerminen und sonstiger Munition kam, kann nicht als außergewöhnliche Bedrohung in diesem Sinne eingestuft werden, auch würden diese Geschehnisse nicht bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Angaben des Kompaniechefs A. vom 10. Mai 1998, wonach keiner seiner Soldaten, die in dem entsprechenden Bataillon ihren Dienst leisteten und am Einsatz teilnahmen, irgendwelche Schädigungen davongetragen hat.

Den anders lautenden Schlussfolgerungen des behandelnden Dipl. Psych. K. war nicht zu folgen. Dieser hat im Termin vom 04. März 2004 ausgeführt, davon auszugehen, dass ihm der Kläger nicht alle traumatischen Erlebnisse geschildert habe, und damit dem von ihm gefundenen Ergebnis einer PTBS lediglich von ihm unterstellte und nicht durch den Kläger behauptete Vorkommnisse zugrunde gelegt; hierauf kann die Diagnose der PTBS jedoch nicht gestützt werden. Nicht gefolgt werden konnte auch der Gutachterin H., die erkannte, dass das A Kriterium der PTBS nicht erfüllt ist, und deshalb eine Umformulierung der Diagnose in: "Posttraumatische Belastungsreaktion" vornahm. Eine derartige Vorgehensweise ist nicht zulässig. Für den Bereich der Unfallversicherung ist anerkannt, dass zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (ICD 10; DSM IV) erforderlich ist (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, a. a. O.). Nichts anderes gilt für den Bereich des Versorgungsrechts für die Anerkennung einer psychischen Störung als Schädigungsfolge; nur bei einer solchen Vorgehensweise sind die ärztlichen Feststellungen nachvollziehbar und die Gleichheit der Rechtsanwendung gewährleistet. Hierbei kommt nach den Vorgaben der maßgebenden AHP (in der derzeit einschlägigen Fassung 2005) als Folge psychischer Traumen zwar nicht nur die PTBS in Betracht (Nr. 71 (1), 2. Abs., S. 213). Eine anders lautende Diagnose der beim Kläger bestehenden Erkrankungen, die durch den Wehrdienst verursacht worden sein könnte, ist jedoch durch die Gutachter nicht gestellt worden. Eine "posttraumatische Belastungsreaktion mit intrusiven Symptomen, Vermeidung und depressiver Symptomatik" findet sich in dem Diagnosesystem der ICD 10 nicht. Vielmehr kommt, wenn die Voraussetzungen der PTBS nicht erfüllt sind, die Diagnose einer "akuten Belastungsreaktion" (F 43.0) in Betracht, die jedoch nach der Beschreibung im Diagnosemanual im Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt. Eine Auseinandersetzung mit diesen Vorgaben erfolgte durch die Gutachterin H. nicht. Dr. B. hingegen begründet auch unter Heranziehung der Kriterien der AHP, dass beim Kläger ausgeprägte Belastungen, die mit dem Erleben von Angst und Ausgeliefertsein verbunden waren, nicht vorgelegen haben. Auch setzen die AHP bei anhaltenden Störungen tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifende und in der Regel lang dauernde Belastungen voraus (a.a.O., S. 213); auch insoweit hat Dr. B. überzeugend begründet, weshalb dies nicht gegeben war.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Colitis ulcerosa und als Behandlungskomplikation der Kniegelenkserkrankung, was lediglich als so genannte Kann Versorgung nach Nr. 39 der jeweils einschlägigen AHP (derzeit Ausgabe 2005; hier Abs. 7 Nr. 15 [Crohn Krankheit] und 16 [Colitis ulcerosa], S. 153) in Betracht kommt, sind ebenfalls nicht erfüllt. Die für die Colitis ulcerosa und die mittlerweile festgestellte Crohn-Krankheit gleich-lautenden Voraussetzungen sind nach Nr. 107 Abs. 4 AHP 2005 (S. 234 f.):

a) körperliche Belastungen oder Witterungseinflüsse, die nach Art, Dauer und Schwere geeignet sind, die Resistenz herabzusetzen, b) Krankheiten, bei denen eine erhebliche Herabsetzung der Resistenz in Frage kommt, c) langdauernde, schwere, tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifende psychische Belastungen.

Körperliche Belastungen oder Witterungseinflüsse, die nach Art, Dauer und Schwere geeignet gewesen wären, die Resistenz des Klägers herabzusetzen, sind weder seitens des Klägers vorgetragen worden noch sonst bekannt geworden. Insbesondere hat der Kompaniechef A. in seiner Stellungnahme vom 10. Mai 1998 zur Belastung ausgeführt, dass diese von keinem seiner Soldaten des gepanzerten Einsatzverbandes als überhart empfunden worden sei. Krankheiten, bei denen eine erhebliche Herabsetzung der Resistenz in Frage kommt, ließen sich aufgrund der umfangreichen medizinischen Ermittlungen der Beklagten nicht feststellen. Langdauernde, tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifende psychische Belastungen im Sinne der Kann Versorgung waren ebenfalls nicht zu bejahen. Insoweit wird auf die Ausführungen zur posttraumatischen Belastungsstörung Bezug genommen. Die Belastungen sind nicht gleichzusetzen mit dem Bestehen psychischer Erkrankungen, wie sie Dr. B. in seinem Gutachten als angstbereit-depressives Syndrom bei selbstunsicher-unreifer und zur psychosomatischen Reaktionslage neigenden Persönlichkeit festgestellt hat, da diese nicht wesentlich im Sinne der Kausalitätslehre auf den Wehrdienst und Auslandseinsatz zurückgeführt werden können und daher nicht dem Bereich des Versorgungsrechts zuzurechnen sind.

Den Einwänden des Klägers konnte nicht gefolgt werden. Auch insoweit wird auf die überzeugenden Ausführungen des Dr. B. in dessen Rückäußerung vom 30. April 2007 verwiesen, denen das Gericht folgt. Soweit der Kläger im Übrigen vorträgt, nie an einer Ulcus-duodeni-Erkrankung gelitten zu haben, es habe sich lediglich um eine Magen-Darm-Grippe gehandelt, so steht dem die anderslautende Bezeichnung des die Arbeitsunfähigkeit (AU) bescheinigenden Arztes ebenso entgegen wie die lange Dauer der deswegen bescheinigten AU.

Ergänzend wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt.

Nach alledem war die Berufung des Klägers daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.