Bayerisches Landessozialgericht - L 15 VK 1/15 - Urteil vom 12.04.2016
Die im Rechtsbereich der Unfallversicherung entwickelte Krasneyschen Relationstheorie, nach der bei Vorliegen von mehreren Mitursachen für einen Schaden eine unfallversicherungsrechtliche Ursache jedenfalls dann relevant ist, wenn sie am Gewicht der Gesamtursachen einen Anteil von zumindest einem Drittel hat, ist im Versorgungsrecht unbeachtlich. Im Versorgungsrecht kann eine versorgungsrechtlich geschützte Ursache erst dann eine rechtlich wesentliche Ursache darstellen, wenn sie allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen, also ein Gewicht von mindestens 50 %.
Tatbestand:
Streitig ist, ob beim Kläger eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen im Sinn von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vorliegt und ob der ihm gewährten Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ein höherer (rein medizinischer) Grad der Schädigung (GdS) gemäß § 30 Abs. 1 BVG als in Höhe von 70 zugrunde zu legen ist.
Der Kläger ist im Jahre 1943 geboren. Bei einem Fliegerangriff am 29.12.1944 erlitt er einen Durchschuss des linken Oberschenkels mit der Folge einer sich später entwickelnden erheblichen Beinverkürzung links, die auch die Benutzung einer Orthese erforderlich macht. Seit 1947 bezieht er Beschädigtenrente nach dem BVG (Bescheid vom 30.10.1950).
Zuletzt wurden in der Folge des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts (SG) Landshut vom 18.02.2006, Az.: S 9 V 33/97, als Schädigungsfolgen mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 24.03.2006 anerkannt: 1. Mehrfache Narbenbildung am Oberschenkel und Kniegelenksbereich links nach knöchern fest unter Deformierung verheiltem Bombensplitterschussbruch des Oberschenkels bzw. operativer Stellungskorrektur mit Versteifung des Kniegelenks in leichter Beugestellung und O-förmiger Verbiegung mit leichter Innendrehung des Unterschenkels; 2. versteifte Spitzfußstellung mit Gefühlsstörung des linken Fußes, praktische Unbeweglichkeit der Zehen nach hochgradiger Wadenbeinnervenschädigung, Beinverkürzung von 24 cm und erheblicher Muskelschwund des Beins, Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks; 3. Wirbelsäulenveränderungen mit Fehlstatik und geringen Funktionsstörungen. Unter Einbeziehung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG wurde dem Kläger wie schon zuvor Versorgung nach einem GdS von 80 (davon rein medizinisch gemäß § 30 Abs. 1 BVG: 70) gewährt. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 18.02.2006 bleib erfolglos (Urteil des Senats vom 22.01.2008, Az.: L 15 V 5/06).
Grundlage des Gerichtsbescheids vom 18.02.2006 und des anschließenden Bescheids vom 24.03.2006 war das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. S. vom 25.05.2005. Dieser war zu der Einschätzung gekommen, dass eine vermehrte Degeneration im Hüftgelenk des Stumpfs (Anmerkung des Senats: Gemeint ist das verkürzte Bein) in der speziellen Konstellation beim Kläger durchaus möglich sei, eine Beeinflussung einer Hüftarthrose auf der Gegenseite aber eher unwahrscheinlich als Schädigungsfolge anzusehen sei. Da sich beim Kläger fast zeitgleich zur Hüftarthrose auf der linken Seite auch auf der anderen Seite eine Hüftarthrose entwickelt habe, müsse man auch von einer Disposition zur Hüftarthrose ausgehen. Insofern erlange die Schädigungsfolge auf der linken Seite nur den Status im Sinn der Verschlimmerung. Durch die Beinveränderungen links sei zudem ein sekundärer Schaden im Bereich der Lendenwirbelsäule zu bejahen. Als weitere Schädigungsfolgen hatte der Sachverständige daher Wirbelsäulenschäden mit Fehlstatik mit geringen funktionellen Auswirkungen (GdS 10) und eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks (GdS 10) vorgeschlagen.
Ein Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 23.11.2008 blieb erfolglos (Bescheid vom 05.03.2009, Widerspruchsbescheid vom 22.09.2009, Urteil des SG Landshut vom 03.11.2010), ebenso ein Überprüfungsantrag vom 20.12.2010 (Bescheid vom 03.01.2011, Widerspruchsbescheid vom 01.07.2011, Urteil des SG Landshut vom 23.07.2012).
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18.04.2013 beantragte der Kläger erneut, wegen einer Leidensverschlimmerung den GdS gemäß § 30 Abs. 1 BVG von 70 auf 80 zu erhöhen. Es liege - so der Kläger - eine erhebliche Zunahme der Beschwerden in den Hüftgelenken (links stärker als rechts) sowie im Lendenwirbelsäulenbereich vor. Zeitweise sei der Kläger auf die Benutzung von Krücken angewiesen. Insbesondere hätten die Folgeschäden am linken Hüftgelenk und an der unteren Lendenwirbelsäule einen besonderen funktionell ungünstigen Einfluss auf die Beinschädigung und somit auf die Mobilität. Im Übrigen könne gefolgert werden, dass sich die Arthrosen durch die jahrzehntelange schädigungsbedingte Überbelastung progredient entwickelt und in zunehmendem Alter verstärkt hätten. Es stehe - so der Bevollmächtigte - für ihn außer Zweifel, dass die Schädigungsfolgen in wechselseitigen Beziehungen zueinander stünden und zu einer Anhebung des GdS nach § 30 Abs. 1 BVG führen würden. Es könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Beinschädigung im Kleinkindalter relevante Auswirkungen auf die tragenden Säulen des Bewegungsapparats (Achsenorgan, Hüftgelenke, Wirbelsäule) habe. Der Fall des Klägers müsse wegen seiner Besonderheit als Ausnahmefall eingestuft werden; der Schlüssel für die Entscheidung liege in einer kritischen Bewertung der erlittenen Schädigung als Ausnahmefall auf die Entwicklung des Bewegungsapparats im Allgemeinen und im Besonderen unter Berücksichtigung des frühkindlichen Schadenszeitpunkts. Würde man es bei einem GdS von 70 belassen, würde dies bedeuten, dass man den Schwerkriegsbeschädigten im Kindesalter praktisch einem Erwachsenen gleichstelle. Ein GdS von 70 werde dem Leidenszustand nicht mehr gerecht.
Der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. A. berichtete am 22.05.2013, dass es insgesamt zu einer deutlichen Verschlechterung des Befunds gekommen sei. Die Beschwerdesymptomatik im Bereich des gesamten Achsenskeletts und der Hüftgelenke habe zugenommen.
Der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten wies in seiner Stellungnahme vom 20.06.2013 nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass ein GdS von 70 einer Oberschenkelamputation entspreche und erst beim Verlust eines Beins im Hüftgelenk oder der völligen Gebrauchsunfähigkeit eines Beins ein GdS von 80 vergeben werde. Überlastungsschäden an den paarigen Gliedmaßen gebe es nicht. An der Lendenwirbelsäule könne nur eine Seitverbiegung mit degenerativen Veränderungen als Folge der amputationsbedingten Fehlbelastung anerkannt werden. Für eine Spinalstenose sei ein kausaler Zusammenhang nicht erkennbar.
Mit Bescheid vom 28.06.2013 wurde der Verschlimmerungsantrag abgelehnt, da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei. Eine völlige Gebrauchsunfähigkeit des linken Beins liege unverändert nicht vor. Der schädigungsbedingte Anteil an dem Hüftgelenksleiden links sowie dem Lendenwirbelsäulen sei leidensangemessen berücksichtigt. Die vom Kläger angegebene Zunahme der Beschwerden stehe in keinem Zusammenhang mehr mit der Schädigung, sondern sei auf degenerative Veränderungen im Zug des Alterungsprozesses zurückzuführen.
Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 22.07.2013 im Wesentlichen damit, dass der behandelnde Orthopäde eine deutliche Verschlechterung im Bereich der Wirbelsäule und der Hüftgelenke festgestellt habe, die gleichwertig auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen sei. Im Übrigen sei die komplexe Problematik des Falls des Klägers nicht nachvollziehbar gewürdigt worden. Die Problematik resultiere im Wesentlichen aus der Singularität des Falls aufgrund des Zeitpunkts der erlittenen Schädigung, denn ein Präzedenzfall sei nicht bekannt und auch nicht beschrieben worden. Die anerkannten Schädigungsfolgen an den unteren Extremitäten würden sich gegenseitig ungünstig beeinflussen. Zu bedenken sei dabei auch, dass die Verordnung der Orthese erst im spätkindlichen Alter, also noch im Wachstumsalter, erfolgt sei. Ohne Orthese sei das linke Bein mit einer Beinverkürzung von 24 cm und dem ausgeprägtem Muskelschwund völlig gebrauchsunfähig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 04.09.2013 hat der Bevollmächtigte des Klägers Klage zum SG Landshut erhoben und diese damit begründet, dass der behandelnde Orthopäde eine deutliche Verschlimmerung des bereits anerkannten Wirbelsäulen- und Hüftleidens festgestellt habe; ergänzend hat er auf sein Vorbringen im Widerspruchverfahren hingewiesen.
Nach der Einholung von Befundberichten bei den behandelnden Ärzten hat im Auftrag des SG am 12.06.2014 der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. L. ein Gutachten erstellt, wobei er dabei auch ein von ihm beigezogenes Röntgengutachten des Dr. S-A. berücksichtigt hat. Er ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass ausgehend von den Eckdaten im Gutachten des Dr. S. eine diesbezügliche relevante Verschlimmerung ausschließbar sei.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 01.08.2014 Einwendungen gegen das Gutachten erhoben. Der Kläger habe bei der Untersuchung - anders als dies der Sachverständige ausgeführt habe - sehr wohl über Beschwerden im linken Hüftgelenk geklagt, die aber durch die Überlagerung mit der schmerzhaften Spinalkanalstenose nicht deutlich zum Ausdruck gekommen seien. Fakt sei, dass die Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks als Schädigungsfolge mit einem GdS von 10 bestandskräftig anerkannt worden sei und dass der behandelnde Orthopäde Dr. A. eine zunehmende Beschwerdesymptomatik im Bereich der Hüftgelenke, links stärker als rechts, eine starke posttraumatische Wirbelsäulensymptomatik sowie eine Torsionsskoliose eruiert und daher eine Anhebung des GdS vorgeschlagen habe. Der Sachverständige sei auch nicht auf die Krasneysche Relationstheorie sowie auf die BSG-Rechtsprechung eingegangen. Der Fall des Klägers sei zudem ein Ausnahmefall im Sinn von Teil A Ziff. 3 Buchst. d ee der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG), Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung, weil sich die rechtskräftig anerkannten Schädigungsfolgen an den unteren Extremitäten gegenseitig ungünstig beeinflussen würden. Ohne eine Prothese sei das linke Bein bei einer Beinverkürzung von 24 cm und dem ausgeprägtem Muskelschwund völlig gebrauchsunfähig.
Mit Urteil vom 24.11.2014 ist die Klage abgewiesen worden.
Gegen das am 15.12.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.01.2015 beim Bayer. Landessozialgericht Berufung eingelegt und diese mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 07.02.2015 begründet. U.a. hat er am Gutachten des Dr. L. bemängelt, dass dieser im Gegensatz zu allen Vorgutachtern davon ausgegangen sei, dass die anerkannte Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks keine Schädigungsfolge sei. Auch habe der Gutachter keine Aussagen zu der Problematik eines Ausnahmefalls im Sinn von Teil A Ziff. 3 Buchst. d ee der VG und der Krasneyschen Relationstheorie sowie der BSG-Rechtsprechung getroffen. Fakt sei, dass die schädigungsbedingte Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks bereits bestandskräftig anerkannt sei. Tatsache sei weiter, dass zu Beginn des Jahres 2013 die Beschwerden im Hüft- und Wirbelsäulenbereich nachweislich schädigungsbedingt zugenommen hätten. Die Beschwerdezunahme komme wegen der Überlagerung mit der Spinalkanalstenose nicht deutlich zum Ausdruck. Ab dem Neufeststellungsantrag seien die Bewegungseinschränkungen des linken Hüftgelenks sowie die Wirbelsäulenveränderungen jeweils mit einem höheren GdS als 10 zu bewerten. Die Beinschädigung links bedinge unverändert einen GdS von 70; ohne Orthese sei das linke Bein völlig gebrauchsunfähig. Die anerkannten Schädigungsfolgen würden sich gegenseitig verstärken und seien in ihrer funktionellen Auswirkung mit einem Oberschenkelverlust mit sehr kurzem Stumpf vergleichbar, der mit einem GdS von 80 zu bewerten sei. Weiter hat der Bevollmächtigte darauf hingewiesen, dass die Schädigungsfolgen schon im frühkindlichen Alter zu einer erheblichen seelischen Belastung geführt hätten, die sich im zunehmenden Alter und ab Verschlimmerungsantrag wesentlich verstärkt habe. Der Schlüssel für die Entscheidung liege in einer kritischen Bewertung der erlittenen Schädigung als Ausnahmefall auf die Entwicklung des Bewegungsapparats im Allgemeinen und im Besonderen unter Berücksichtigung des frühkindlichen Schadenszeitpunkts. Beigelegt hat er eine undatierte Stellungnahme eines Arztes namens K., wonach auf die Problematik der Störung der Entwicklung des Skelettsystems durch die Schädigung der Statik im Kleinkindalter nicht ausreichend eingegangen worden sei. Zudem sei die psychische Belastung bisher nicht erörtert worden.
Auf gerichtliche Nachfrage hin hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 13.03.2015 mitgeteilt, dass sich die seelischen Begleiterscheinungen bereits im Kindes- und Jugendalter manifestiert hätten. Wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei der Kläger verspottet worden. Allein die Tatsache, dass sich im Bewusstsein des Klägers die Gängelung wegen seiner Beinschädigung im Kindes- und Jugendalter verankert habe, beweise die seelische Beeinträchtigung.
Am 30.07.2015 hat ein Erörterungstermin stattgefunden, bei dem der Kläger u.a. darauf hingewiesen hat, dass er bereits im Kindesalter an Schlaflosigkeit, Niedergeschlagenheit und Angstgefühlen gelitten habe und das Aufwachsen ohne Mutter und Vater Narben hinterlassen habe, die die Seele dauerhaft belasten würden und nicht verheilt seien.
Mit Schreiben vom 12.08.2015 hat der Bevollmächtigte des Klägers u.a. die Fragen aufgeworfen, ob wegen der Feststellungen des Dr. L. die Zunahme der Hüftbeschwerden links als schädigungsbedingt zu verneinen sei, ob die Wirbelsäulenveränderungen noch als gering angesehen werden könnten, ob die psychischen Störungen bei der Feststellung des GdS berücksichtigt seien, ob die Coxa vara des Klägers als alleinige Ursache der Arthroseentwicklung überhaupt infrage komme und welchen GdS sie bedinge. Zudem ist darauf hingewiesen worden, dass der Kläger den Gerichtssaal nach dem Erörterungstermin physisch und psychisch völlig erschöpft verlassen habe und dies ein Beweis für den schädigungsbedingten psychischen Zustand des Klägers sei.
Der Kläger beantragt,
I. den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung des Sozialgerichts Landshut vom 24.11.2014 und seines Bescheids vom 28.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2013 zu verurteilen, beim Kläger den Gesamt-GdS von 70 auf 80 nach § 30 Abs. 1 BVG ab 01.04.2013 wegen Änderung der Verhältnisse anzuheben,
II. im Falle der Zurückweisung der Berufung die Revision nach § 160 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG B-Stadt, auch zu den bereits erledigten Verfahren mit den Aktenzeichen S 9 V 33/97, S 15 VK 5/09 und S 15 VK 2/11 beigezogen. Ebenso ist die Akte des Senats mit dem Aktenzeichen L 15 V 5/06 zu einem früheren Verfahren des Klägers beigezogen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Eine Verschlimmerung in den Schädigungsfolgen gegenüber den Verhältnissen, wie sie dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 24.03.2006 zu Grunde gelegen haben, mit der Konsequenz, dass ein höherer GdS als 70 festzustellen wäre, ist nicht nachgewiesen.
1. Streitgegenstand
Streitgegenstand ist mit dem Bescheid vom 28.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2013 eine Entscheidung des Beklagten, die ausschließlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 48 SGB X, also ob eine Verschlimmerung bei den Schädigungsfolgen vorliegt, getroffen worden ist. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid, in dem sich der Beklagte ausschließlich mit der Frage einer Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X auseinander gesetzt hat.
2. Zur Entscheidung in der Sache
Der Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, wegen einer Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X eine höhere Versorgung zu gewähren.
Eine Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X liegt nicht vor. Weder haben sich seit dem Bescheid vom 24.03.2006, mit dem zuletzt bestandskräftig die Schädigungsfolgen festgestellt worden waren, die anerkannten Schädigungsfolgen verschlechtert noch sind seitdem neue Schädigungsfolgen aufgetreten.
2.1. Voraussetzungen für die Anerkennung einer Verschlimmerung
Der Kläger hätte gemäß § 48 SGB X einen Anspruch auf Anerkennung verschlimmerter Schädigungsfolgen oder weiterer Schädigungsfolgen und daraus resultierend auf eine Versorgung nach einem höheren GdS nur dann, wenn sich bei den tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnissen, wie sie bislang der Gewährung von Versorgung zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinn einer Verschlechterung ergeben hätte. Vergleichsmaßstab sind also die tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnisse zu dem Zeitpunkt, als letztmals bestandskräftig eine Feststellung zu den Schädigungsfolgen und der Höhe des GdS getroffen worden ist.
Als eine Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X kommen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. beispielhaft Urteil des Senats vom 18.03.2013, Az.: L 15 VK 11/11, vom Bundessozialgericht - BSG - bestätigt mit Beschluss vom 31.07.2013, Az.: B 9 V 31/13 B) (nur) eine Verschlimmerung der als Schädigungsfolgen bereits anerkannten Gesundheitsstörungen oder das Auftreten weiterer, noch als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen nach dem letzten bestandskräftigen Bescheid in Betracht.
Nichts davon ist vorliegend der Fall.
Sollten weitere Schädigungsfolgen bereits vor dem letzten bestandskräftigen Bescheid vorgelegen haben, aber fälschlicherweise nicht berücksichtigt worden seien, könnten diese nicht über § 48 SGB X Berücksichtigung finden; dafür wäre ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X der richtige Weg. Eine Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt enthält der angefochtene Bescheid aber nicht.
2.2. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen
Eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen gegenüber dem letzten bestandskräftigen Bescheid mit einer Feststellung zu den Schädigungsfolgen und dem GdS, d.h. dem Bescheid vom 24.03.2006 und dem Gutachten des Dr. S. vom 25.05.2005, das Grundlage für den Bescheid vom 24.03.2006 gewesen ist, ist nicht nachgewiesen.
Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat auf das vom SG eingeholte Gutachten des Dr. L. vom 12.06.2014 und dabei insbesondere auf die dort erhobenen Befunde. Der Sachverständige hat die umfangreichen Akten vollständig berücksichtigt und sorgfältig ausgewertet. Seine dezidierten und eingehenden Ausführungen würdigen sämtliche Umstände und auch das Vorbringen des Klägers umfassend und überzeugend. Er hat die beim Kläger vorliegenden Befunde und das Ausmaß der vorliegenden Gesundheitseinschränkungen gründlich erhoben. Der Senat macht sich die Feststellungen des Sachverständigen, insbesondere die vom ihm dokumentierten Funktionseinschränkungen bei seiner Überzeugungsbildung zu eigen. Eine weitere Veränderung seines Gesundheitszustands seit dieser Begutachtung hat der Kläger nicht vorgetragen, sodass die Feststellungen des Dr. L. als nach wie vor aktuell der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen sind.
Sofern sich der Kläger auf den Standpunkt stellt, dass sich der bereits schädigungsbedingt anerkannte Gesundheitszustand im Bereich der Wirbelsäule und des linken Hüftgelenks verschlechtert habe, ist eine GdS-relevante Verschlimmerung gegenüber den Befunden, wie sie dem Bescheid vom 24.03.2006 zu Grunde gelegen haben und wie sie im Gutachten des Dr. S. vom 25.05.2005 dokumentiert sind, nicht nachgewiesen.
2.2.1. Wirbelsäule
Beim Kläger liegen nach wie vor "Wirbelsäulenveränderungen mit Fehlstatik und geringen Funktionsstörungen" (vgl. Ziff. 3 des Bescheids vom 24.03.2006) vor. Bei der Untersuchung durch Dr. L. konnte neben altersentsprechenden degenerativen Veränderungen lediglich eine links konvexe Skoliose der unteren Lendenwirbelsäule festgestellt werden. Der von Dr. L. erhobene Befund bezüglich der Wirbelsäule war bis auf eine deutliche Tonuserhöhung im Bereich der langen Rückenstreckmuskulatur auf der Höhe L 4 bis S 1 weitgehend unauffällig. Dies entspricht dem Zustand, wie er von Dr. S. im Jahr 2005 erhoben worden ist. Irgendeine Verschlechterung ist nicht erkennbar, zumal die Spinalkanalstenose in keinem Zusammenhang mit der Kriegsverletzung steht, sondern auf degenerativer Grundlage entstanden ist. Sofern der behandelnde Orthopäde des Klägers und sein Hausarzt eine Verschlechterung angegeben haben, ohne diese näher zu erläutern, hat sich diese Behauptung jedenfalls mit Bezug auf die Schädigungsfolgen bei der Begutachtung nicht bestätigt; der dort erhobenen Befund war weitgehend identisch mit dem von Dr. S. 2005 festgestellten Zustand.
2.2.2. Linke untere Extremität
Der Gesundheitszustand im Bereich des linken Hüftgelenks, bei dem als Schädigungsfolge eine "Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks" (vgl. Ziff. 2 des Bescheids vom 24.03 2006) anerkannt ist, hat sich mit Blick auf das Bewegungsmaß nicht GdS-relevant verschlechtert. Die Beweglichkeit des linken Hüftgelenks hat sich im Vergleich zu der Begutachtung bei Dr. S. im Jahr 2005 allenfalls marginal verändert, wobei die Veränderung darin besteht, dass sich die Beugung und das Abspreizen geringfügig um je 10° verschlechtert, die Drehfähigkeit in gestrecktem Zustand aber vergleichsweise deutlich um 35° gebessert hat. Von einer größeren Einschränkung jetzt im Vergleich zu 2005 kann daher keine Rede sein.
Darauf, ob bei dem jetzt vorliegenden Hüftbefund links überhaupt noch ein Anteil an Schädigungsfolgen enthalten ist, kommt es daher nicht weiter an. Das Vorliegen eines solchen Anteils könnte deshalb angezweifelt werden, weil Dr. S. im Jahr 2005 davon ausgegangen ist, dass nur die gegenüber der rechten Hüfte vermehrte Degeneration und überschießende Bewegungseinschränkung links als Schädigungsfolge zu betrachten seien, weil bereits damals bei beiden Hüftgelenken eine beginnende Hüftgelenksarthrose erkennbar war, bei der Begutachtung durch Dr. L. aber überhaupt keine überschießende Bewegungseinschränkung links mehr feststellbar war. Vielmehr war bei der Untersuchung durch Dr. L. sogar die auf der von der Schädigungsfolge nicht betroffenen rechten Seite vorliegende Einschränkung der Beweglichkeit stärker ausgeprägt als links.
Wenn der behandelnde Orthopäde über eine zunehmende Beschwerdesymptomatik im Bereich der Hüftgelenke berichtet hat, kann dies allenfalls durch Beschwerden begründet sein, die mit der Kriegsverletzung und der Schädigungsfolge nicht zu tun haben. Denn nur rechts, also auf der von der Kriegsverletzung nicht betroffenen Seite, hat sich der Zustand offenbar etwas verschlechtert. Diese etwaige Verschlechterung steht aber in keinem Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen, sondern ist durch die Coxa vara und die sich aus dieser Fehlstellung ergebende Hüftgelenksarthrose, die schon Dr. S. im Jahr 2005, wenn auch möglicherweise in geringerem Umfang als sie jetzt vorliegt, festgestellt hat.
Dass sich der Beschwerdezustand links gegenüber 2005 nicht verschlechtert hat, bestätigen auch die Beschwerdeangaben des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. L. , bei der er vorrangig Hüftbeschwerden rechts angeben hat. Wenn der Kläger seine fehlenden Beschwerdeangaben für die linke Seite später damit relativieren will, dass er auf die sich aus der Spinalkanalstenose ergebenden Beschwerden hinweist, die - so der Kläger - die aus der linken Hüfte resultierenden Beschwerden überlagert hätten, kann dies nicht überzeugen. Denn die auf der unverletzten Gegenseite vorliegenden Beschwerden hat der Kläger trotz der vom ihm behaupteten Überlagerung zum Ausdruck bringen können, was für den Senat ein klarer Beleg dafür ist, dass jetzt die Hüftbeschwerden auf der von der Schädigung betroffenen linken Seite gegenüber den ausschließlich degenerativ bedingten Beschwerden der rechten Hüfte in den Hintergrund getreten sind und schädigungsbedingte Beschwerden nur noch in geringem Umfang vorliegen.
Wenn der Bevollmächtigte des Klägers unter angeblicher Bezugnahme auf die behandelnden Ärzte des Klägers angibt, dass sich die Beschwerden in der linken Hüfte mehr als rechts verschlimmert hätten, findet diese Behauptung weder in den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen noch den Angaben der behandelnden Ärzte in den vom SG angeforderten Befundberichten eine Bestätigung. Sowohl der behandelnde Orthopäde als auch der Hausarzt des Klägers haben zwar über eine Verschlechterung berichtet, nicht aber darüber, dass die Verschlechterung mehr die linke Seite betreffe.
Der schädigungsbedingte Zustand der linken unteren Extremität des Klägers hat sich daher nicht relevant verschlechtert. Auch das Gangbild des Klägers, das im Jahr 2014 mehr als im Jahr 2005 durch schädigungsunabhängige degenerative Veränderungen geprägt war, unterscheidet sich im Vergleich der Feststellungen aus dem Jahr 2005 und dem Jahr 2014 allenfalls unwesentlich. So hat Dr. S. im Jahr 2005 das Gangbild wie folgt beschrieben: "Beim Gehen ... zeigt sich der Unterschenkel deutlich varisch, der Auftritt über die Fußaußenrandregion und mit Schlusspronation beim Abstoßen". Weiter hat er darauf hingewiesen, "dass das linke Bein lediglich als starrer Knochen bewegt wird". Dr. L. hat den Gang des Klägers bei der Begutachtung im Jahr 2014 als "ausreichend fördernd, eine Gehhilfe wird nicht benötigt", beschrieben. Eine Verschlechterung der Gehfähigkeit ist daher nicht ersichtlich.
2.3. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt des Auftretens weiterer, als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen
Neue Gesundheitsstörungen, die Schädigungsfolgen darstellen könnten und nach dem bestandskräftigen Bescheid vom 24.03.2006 aufgetreten sind und daher im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 48 SGB X Berücksichtigung finden könnten, sind nicht nachgewiesen.
Die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge und eine Berücksichtigung bei der Höhe des GdS scheitert schon daran, dass der Kläger selbst wiederholt angegeben hat, dass er unter psychischen Gesundheitsstörungen, die er auf seine im Krieg erlittene Verletzung, aber auch auf den Verlust seiner Eltern im Krieg, zurückführt, seit Kindesalter leidet. Ganz abgesehen davon, dass nach den Angaben des Klägers bis heute keine entsprechende ärztliche Behandlung erfolgt ist und schon daher eine Anerkennung als Schädigungsfolge nach einem Zeitraum von 70 Jahren nach der Schädigung dem Senat als sehr fernliegend erscheint, könnten psychische Schädigungsfolgen wegen des maßgeblichen Zeitpunkts bereits aus Rechtsgründen keine Berücksichtigung im vorliegenden Verfahren finden. Denn sie haben - folgt man den glaubhaften Angaben des Klägers - bereits lange vor dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 24.03.2006 vorgelegen.
2.4. Zu den weiteren Einwänden des Klägers
Sämtliche Einwände des Klägers greifen nicht durch:
* Wenn der Kläger meint, er könne mit Hinweis auf die sogenannte Krasneysche Relationstheorie einen höheren GdS begründen, so irrt er.
Diese für die Frage der Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache ermittelte Theorie kann im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht von Bedeutung sein, da es an einer Verschlechterung des schädigungsbedingten Gesundheitszustands fehlt und daher die Frage der Kausalität nicht entscheidungserheblich werden kann.
Zudem könnte diese Theorie ohnehin nicht in einem versorgungsrechtlichen Rechtsstreit wie hier herangezogen werden. Diese vom ehemaligen Vorsitzenden des 2. Senats des BSG Krasney zum Rechtsbereich der Unfallversicherung entwickelte Theorie, wonach bei Vorliegen von mehreren Mitursachen für einen Schaden eine unfallversicherungsrechtliche Ursache jedenfalls dann relevant ist, wenn sie am Gewicht der Gesamtursachen einen Anteil von zumindest einem Drittel hat (vgl. Becker/Burchardt/ Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung [SGB VII], Stand 03/2016, § 8, Rdnr. 314), ist im Versorgungsrecht unbeachtlich. Der für das Versorgungsrecht zuständige 9. Senat des BSG hat mit Urteil vom 16.12.2014, Az.: B 9 V 6/13 R, klargestellt, dass - anders als im Recht der Unfallversicherung - eine versorgungsrechtlich geschützte Ursache erst dann eine rechtlich wesentliche Ursache darstellen kann, wenn sie "allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen", also ein Gewicht von mindestens 50 %. Dabei war es dem 9. Senat bewusst, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung "insoweit wohl etwas niedrigere Anforderungen an die Stärke der Mitwirkung angelegt" werden (vgl. a.a.O.).
* Was der Bevollmächtigte des Klägers mit seinem nicht näher spezifizierten Hinweis auf die "BSG-Rechtsprechung" zum Ausdruck bringen will, erschließt sich für den Senat nicht. Irgendeine Entscheidung des BSG mit besonderer Bedeutung für den vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, zumal der Fall des Klägers auch keine Besonderheiten, wie sie sonst nicht vorkommen, aufweist.
* Der wiederholte Hinweis des Klägers, dass wegen der frühkindlichen Schädigung der Fall ganz speziell gelagert sei, verkennt die rechtlichen Vorgaben, wie sie sich aus dem Streitgegenstand für die Bewertung des Rechtsstreits ergeben. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass Fälle wie der des Klägers mit einer massiven Schädigung eines Knochens im Alter von rund eineinhalb Jahren und einem Aufwachsen mit zunächst unzureichender oder fehlender orthopädischer Versorgung selten waren und sich in der Gegenwart nicht mehr wiederholen dürften. Diese Besonderheit macht die Beurteilung in einem solchen Fall aber nur dann möglicherweise überdurchschnittlich schwierig, wenn Fragen der Kausalität betroffen sind. Um Kausalitätsfragen geht es aber aufgrund des Streitgegenstands (Verschlimmerungsantrag) überhaupt nicht. Dies verkennt der Kläger in gleicher Weise wie auch der Arzt K., von dem der Kläger im Berufungsverfahren ein Attest vorgelegt hat. Vielmehr handelt es sich im vorliegenden Verfahren um eine Konstellation, die in der sozialgerichtlichen Praxis häufig und mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.
* Wenn der Bevollmächtigte des Klägers einen höheren GdS als 70 mit dem Hinweis darauf begründen will, dass das linke Bein ohne Orthese völlig gebrauchsunfähig sei, ist dies ein Gesichtspunkt, der im hier streitgegenständlichen Verschlimmerungsverfahren gemäß § 48 SGB X ohne rechtliche Bedeutung ist; diese Frage könnte nur über ein Verfahren gemäß § 44 SGB X geklärt werden.
Der Senat weist daher lediglich der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung zukünftiger Rechtsstreitigkeiten darauf hin, dass der vom Kläger aufgezeigte Gesichtspunkt nach der Systematik der VG keine Berücksichtigung finden kann. So wird in den VG (vgl. dort Teil B Nr. 18.11) auf Folgendes hingewiesen:
"Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdS eine Änderung erfährt."
* Fehl geht auch der Einwand des Klägers, ihm stehe wegen besonders ungünstiger gegenseitiger Beeinflussung von Schädigungsfolgen entsprechend den Vorgaben der VG (vgl. dort Teil A Ziff. 3 Buchst. d ee) ein höherer GdS zu. Der Kläger will damit zum Ausdruck bringen, dass auch die schon 2006 mit jeweils einem GdS von 10 angesetzten Gesundheitsstörungen der Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk einerseits und der Wirbelsäulenveränderungen mit Fehlstatik und geringen Funktionsstörungen andererseits zu einer Erhöhung des für die übrigen Schädigungsfolgen zugrunde gelegten GdS von 70 führen müssten. Dies kann aber nicht im Weg eines Verschlimmerungsantrags geltend gemacht werden. Denn - wie oben ausführlich erläutert - bei den Schädigungsfolgen hat sich keine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung ergeben, so dass bereits aus diesem Grund die vom Kläger aufgezeigte Frage nicht relevant werden kann. Selbst wenn der Kläger mit seiner Ansicht recht haben würde, dass in der vorliegenden Konstellation eine (oder beide) der bei ihm vorliegenden und mit einem Einzel-GdS von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen zu einer Erhöhung des Gesamt-GdS von 70 auf 80 führen würde(n), könnte dies nicht im Weg der hier streitgegenständlichen Entscheidung gemäß § 48 SGB X Berücksichtigung finden, sondern nur bei einer Überprüfungsentscheidung gemäß § 44 SGB X. Denn wenn die Ansicht des Klägers richtig wäre, hätte eine entsprechende Berücksichtigung bereits bei der Feststellung des Gesamt-GdS mit Bescheid vom 24.03.2006 erfolgen müssen. Eine Korrektur einer fehlerhaften Entscheidung in der Vergangenheit kann aber nur über eine Entscheidung gemäß § 44 SGB X erfolgen, nicht im Rahmen einer solchen nach § 48 SGB X, wie sie hier Streitgegenstand ist.
Darauf, dass die Argumentation des Klägers auch in der Sache für den Senat nicht ansatzweise nachvollziehbar erscheint, da er keine besonders negative gegenseitige Beeinflussung erkennen kann und das bei der Begutachtung durch Dr. L. gezeigte Gangbild weit besser war, als es bei einem Verlust eines Beins im Hüftgelenk oder mit sehr kurzem Oberschenkelstumpf zu erwarten ist, für das die VG (vgl. dort Teil B Nr. 18.14) wegen der dann schwierigen Versorgbarkeit mit einer Prothese einen GdS von 80 vorgeben, kommt es daher nicht weiter an. Dahingestellt bleiben kann daher auch, ob überhaupt noch ein Einzel-GdS von 10 für eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks zugrunde gelegt werden kann, da sich eine links gegenüber rechts überschießende Bewegungseinschränkung bei den Hüftgelenken nicht mehr feststellen lässt.
* Sofern der Kläger am Gutachten des Dr. L. kritisiert, dass dieser die Einschätzung geäußert habe, dass die beim Kläger vorliegende Hüftarthrose beidseits in keinem Zusammenhang mit der Verletzung im Krieg stehe, stellt dies keinen Widerspruch zu den Feststellungen des Beklagten dar. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass eine "Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks" bestandskräftig mit Bescheid vom 24.03.2006 als Schädigungsfolge anerkannt und daher solange als Schädigungsfolge zu Grunde zu legen ist, als nicht eine anders lautende Feststellung von Schädigungsfolgen durch den Beklagten erfolgt ist. Der Kläger übersieht aber, dass bei ihm nur eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks, nicht aber eine Hüftgelenksarthrose links als Schädigungsfolge anerkannt ist. Insofern steht die Aussage des Sachverständigen, dass die Hüftgelenksarthrose (auch links) für ihn keine Schädigungsfolge darstelle, sondern auf die Coxa vara des Klägers zurückzuführen sei, nicht in Widerspruch zu den Feststellungen im Bescheid vom 24.03.2006. Zudem sind die Ausführungen des Dr. L. zu Kausalitätsfragen für die Entscheidung des Senats nicht entscheidungsrelevant, da bei den anerkannten Schädigungsfolgen schon keine Verschlimmerung feststellbar ist und die Anerkennung neuer, seit dem Bescheid vom 24.03.2006 aufgetretener Schädigungsfolgen im Zusammenhang mit der Hüfte nicht im Raum steht.
Die Verwertbarkeit des Gutachtens des Dr. L. wird schließlich auch nicht dadurch infrage gestellt, dass dieser auf S. 9 des Gutachtens die Beinlängenverkürzung mit 28 cm, auf S. 12 aber mit 24 cm angegeben hat. Ganz abgesehen davon, dass der Wert "28 cm" auf einen offenkundigen Schreibfehler zurückzuführen ist, würde auch eine Beinlängendifferenz von 28 cm an der Beurteilung der streitgegenständlichen Frage einer Verschlimmerung nichts ändern.
Der Beklagte und das SG haben daher zur Recht keine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen gesehen und es daher bei der bereits festgestellten Höhe des GdS belassen.
Die Berufung kann daher unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG). Durch das BSG klärungsbedürftige Rechtsfragen wohnen dem Verfahren nicht inne. Vielmehr ist es im Verfahren ausschließlich um Tatsachenfragen und die entsprechende Beweiswürdigung gegangen.