Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 5/09 - Urteil vom 10.06.2010
Der gegen die Krankenkasse gerichtete Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Magen-Bypass-Operation zur Behandlung einer Adipositas setzt voraus, dass der Versicherte zuvor die Möglichkeiten multimodaler, interdisziplinärer und langfristiger Therapieprogramme nach den Leitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft ausschöpft.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine 2005 durchgeführte Magen-Bypass-Operation. Die 1978 geborene Klägerin beantragte im Februar 2005 bei der Beklagten wegen einer Adipositas permagna (damals 127,1 kg bei 160 cm) die Genehmigung einer Magen-Bypass-Operation. Sie schilderte in einem Fragebogen die bisherigen Behandlungsversuche (Diäten etc.) und legte neben einer Verordnung des Internisten P. L. eine Stellungnahme des Prof. Dr. W., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses S in F., vor. Dieser Arzt, bei dem sich die Klägerin am 14.02.2005 vorgestellt hatte und von dem die Operation durchgeführt werden sollte, führte unter dem 15.02.2005 (u.a.) aus: Bei der Klägerin liege eine krankhafte Adipositas vor (Body-Mass-Index (BMI) 49,6 (kg/m²). Sie leide unter diversen Folgeerkrankungen der morbiden Adipositas, besonders am Bewegungsapparat in Wirbelsäule, Hüften, Knien und Füßen; außerdem leide sie an Depressionen. Sie stehe unter einem starken Leidensdruck, der sich vor allem in einer auftretenden Bewegungsunfähigkeit und Einschränkungen der Aktivitäten bemerkbar mache und schon seit ihrer Kindheit ein Problem für sie darstelle. Die Adipositasanamnese der Klägerin sei mit mehr als 15 Jahren ausreichend lang, um eine operative Behandlung in Erwägung zu ziehen. Schwerwiegende Kontraindikationen lägen nicht vor. Die Klägerin könne auf eine ausreichende Zahl konservativer Therapieversuche mit ärztlich begleiteten Gewichtsreduktionen und multiplen frustranen Versuchen der Gewichtsreduktion verweisen. Die Abrechnung der Kosten der Operation werde nach der DRG (Diagnosis Related Group) K04Z erfolgen. Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) ein. In diesem nach Untersuchung der Klägerin erstatteten Gutachten vom 16.03.2005 wurde ausgeführt: Die Klägerin habe zwar zahlreiche Diätversuche durchgeführt, diese seien jedoch überwiegend nur kurzfristig angelegt gewesen bzw. seien abgebrochen worden oder lägen bereits Jahre zurück. Auffällig sei auch, dass es sich überwiegend um Formula-Diäten oder medikamentös unterstützte Maßnahmen gehandelt habe. Ein langfristiger Versuch, Ernährungsgewohnheiten sinnvoll umzustellen, habe nicht stattgefunden. Die adäquate Ernährungsberatung liege Jahrzehnte zurück. Auf eine Bewegungstherapie mit individuell gestufter Belastung sei offensichtlich ganz verzichtet worden. Die Durchführung einer Magen-Bypass-Operation stehe in Übereinstimmung mit der Deutschen Adipositasgesellschaft am Ende aller möglichen Therapieoptionen. Da die konservativen Therapiemaßnahmen eindeutig nicht ausgeschöpft worden seien, könne die Kostenübernahme nicht empfohlen werden. Aus gutachterlicher Sicht werde eine komplexe Stufentherapie der Adipositasbehandlung mit Ernährungsberatung, dauerhaft sinnvoller Ernährungsumstellung, Fortführung der Bewegungstherapie sowie einer begleitenden Verhaltenstherapie als parallele Maßnahme vorgeschlagen. Dieses Therapiekonzept solle konsequent über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren durchgeführt werden. Hierunter erscheine eine dauerhafte Reduktion des Körpergewichts realistisch. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 21.03.2005 ab.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie verschiedene ärztliche Unterlagen vorlegte. Sie machte vor allem geltend, die Beklagte gehe fälschlicherweise davon aus, dass die konservativen Therapien noch nicht ausgeschöpft seien. Bei ihrer besonders schweren Form der Adipositas Grad III seien konservative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion in der Regel wirkungslos; die Operation sei auch wirtschaftlich für die Beklagte sinnvoll.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des MDK vom 16.10.2005 ein, der erneut zu dem Ergebnis kam, dass die konservativen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien. Es empfehle sich eine multimodale Therapie mit ganzheitlichem Ansatz über einen längeren Zeitraum von mindestens zwei bis drei Jahren. Wichtig sei dabei die straffe Führung der Patientin, um eine dauerhafte Ernährungsumstellung zu erreichen, zumal diese auch nach einer Operation erforderlich wäre. Begleitend empfehle sich eine ausreichend individuell abgestimmte Bewegung der Belastung sowie eine psychologisch/psychotherapeutische Mitbetreuung. Das "Summerfit" - Programm der BKK M., an welchem die Klägerin nach den von ihr vorgelegten Bescheinigungen damals teilnahm, entspreche zum Teil diesen Anforderungen. Das Ergebnis und der Abschlussbericht sollten abgewartet werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch schließlich zurück, weil die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht erschöpft seien.
Zwischenzeitlich hatte die Klägerin nach vorheriger Überweisung von 10.000 Euro (6.209,31 Euro für Prof. Dr. W., 3.790,69 Euro für das Krankenhaus S) die Operation am 30.09.2005 durchführen lassen. Mit ihrer am 23.12.2005 beim Sozialgericht D. (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr nunmehr auf Kostenerstattung gerichtetes Begehren weiterverfolgt und zur Begründung insbesondere auf die bei ihr bestehenden Folgeerkrankungen der Adipositas sowie auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen. Die Adipositas sei bei ihr auch mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden. Sie habe im Rahmen ihrer diversen diätetischen Maßnahmen gelernt, sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Sie konsumiere keinen Alkohol und keine Süßgetränke und bevorzuge deftige Speisen mit Kartoffeln und/oder Gemüse, außerdem Obst und Joghurt; natürlich esse sie gelegentlich auch Süßigkeiten und/oder weniger gesunde Nahrungsmittel, dies jedoch nur sehr eingeschränkt. Sie leide nicht unter Heißhungerattacken. Ein psychopathologischer Befund sei von keinem der behandelnden Fachärzte gestellt worden. Eine psychiatrische Ursache der Adipositas scheide damit ebenfalls aus. Auch eine endokrinologische Ursache sei im Vorfeld ausgeschlossen worden.
Die Klägerin hat außerdem noch einmal ihre Diäten geschildert und ausgeführt, der gutachterliche Hinweis auf weitere Maßnahmen auf dem konservativen Sektor könne und müsse als blanker Hohn empfunden werden. Bei Adipositas mit einem BMI größer als 50 seien konservative Maßnahmen ohnehin wenig Erfolg versprechend. Sie hat verschiedene medizinische Unterlagen und einen Kostenvoranschlag des Krankenhauses S vom 16.08.2005 über 10.000 Euro und die Rechnungen des Prof. Dr. W. ("privatärztliche Liquidation nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)" über 5.809,82 Euro) und des Anästhesisten Dr. St. ("GOÄ wie vereinbart 400,- Euro") vorgelegt. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2005 zu verurteilen, die für die Magen-Bypass-Operation aufgewandten Kosten in Höhe von 10.051,00 Euro zu erstatten zuzüglich Zinsen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist bei der Auffassung verblieben, dass die Klägerin die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe. Darüber hinaus hat sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Einwand erhoben, dass der so genannte Beschaffungsweg nicht eingehalten sei, da die Klägerin vor der Durchführung der Operation nicht den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abgewartet habe. Das SG hat zur Sachaufklärung Befund- und Behandlungsberichte eingeholt und sodann Beweis erhoben durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. S., Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie des Universitätsklinikums D., vom 23.08.2007. Auf das Gutachten wird Bezug genommen. Mit Urteil vom 11.12.2008 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erstattung der aufgewandten Kosten zu, da die Beklagte die geltend gemachte Magen-Bypass-Operation mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht abgelehnt hatte, § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Klägerin ein entsprechender Behandlungsanspruch zugestanden habe, § 27 SGB V. Prof. Dr. S. sei in seinem Gutachten vom 23.08.2007 unter Auswertung aller aktenkundigen Unterlagen, der Erhebung der Anamnese und nach einer durchgeführten Untersuchung schlüssig und nachvollziehbar zu der Einschätzung gekommen, dass die Magen-Bypass-Operation medizinisch notwendig gewesen sei. Dem Sachverständigen seien insbesondere die von der Klägerin in den Jahren zuvor gemachten Anstrengungen bekannt gewesen, das Gewicht mit konservativen Methoden zu reduzieren. Er habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin durch die Folgeerkrankungen gehindert gewesen sei, ausreichend Sport zu treiben. Von einer mangelnden Motivation hätte nicht ausgegangen werden können, da die Klägerin auch nach der Operation die erforderliche Mitwirkung (z.B. Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe) gezeigt habe. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin bereits seit dem 10. Lebensjahr übergewichtig gewesen sei, sei die Kammer der Einschätzung des Sachverständigen, dass weitere konservative Unternehmungen zur Gewichtsreduzierung ohne Aussicht auf Erfolg gewesen wären, gefolgt. Auch den sog. Beschaffungsweg habe die Klägerin eingehalten; sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, zu deren Begründung ausführt wird: Die medizinischen Gutachten des MDK seien weder vom gerichtlichen Sachverständigen noch vom SG ausgewertet worden. Der MDK sei vor der Operation recht eindeutig zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Magen-Bypass-Operation medizinisch nicht indiziert sei, weil die konservative Maßnahmen nicht ausgeschöpft gewesen seien. Im Übrigen sei auch das vom SG eingeholte Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass bis zur Magen-Bypass-Operation nicht alle zur Verfügung stehenden nichtoperativen Maßnahmen der Adipositastherapie ausgeschöpft worden seien. Der Sachverständige habe letztlich den hohen Leidensdruck der Klägerin als Grund für die Ursache genannt. Ultima ratio sei die Operation auch nach diesem Gutachten nicht gewesen. Im Übrigen seien der Klägerin erstattungsfähige Kosten nicht entstanden. Voraussetzung sei insoweit nach der Rechtsprechung des BSG, dass entsprechend der GOÄ bestimmte Leistungen abgerechnet wurden, ferner, dass die behandelnden Ärzte ihrer Aufklärungspflicht insgesamt Genüge getan haben. Für die Beklagte sei schon nicht erkennbar, ob die abgerechneten Gebührenforderungen dem Grunde nach berechtigt gewesen seien; insbesondere halte sie den Kostenfaktor von 2,3 und 3,5 für überhöht. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts D. vom 11.12.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont, dass eine signifikante und nachhaltige Gewichtsreduktion auf konservativem Wege für sie nicht zu erreichen gewesen wäre, denn wegen ihres hohen Gewichts seien solche Therapieansätze völlig aussichtslos. Deshalb sei sie austherapiert und die Operation ultima ratio gewesen. Sie habe seinerzeit zwar das Programm "BKK - Summerfit" begonnen, habe aber nach kurzer Zeit gemerkt, dass sie angesichts ihrer psychischen Verfassung es nicht schaffen werde, das Programm durchzustehen und abzunehmen. Sie sei davon überzeugt gewesen, dass nur eine Operation ihr helfen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Zu Unrecht hat das SG den Bescheid vom 21.03.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005 aufgehoben und die Beklagte zur Kostenerstattung verurteilt, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat mit ihnen vielmehr zutreffend die Übernahme der Kosten für die Magen-Bypass-Operation abgelehnt und verweigert deshalb zu Recht die Kostenerstattung.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Magen-Bypass-Operation, weil die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V, der hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, nicht erfüllt sind. Hat eine Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 20): Bestehen eines Primärleistungs- (Naturalleistungs-)anspruchs des Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die Krankenkasse, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch den Versicherten, Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung. Diese kumulativen Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs, die das SG im angefochtenen Urteil nur teilweise geprüft hat, sind hier nicht erfüllt.
Dem Anspruch steht hier allerdings nicht entgegen, dass die Klägerin sich die von der Beklagten zuvor abgelehnte Leistung bereits vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens selbst beschafft (vgl. Kingreen in Becker/Kingreen, SGB V - Kommentar, § 13 Rn. 27) und darüber hinaus die Beklagte nicht von der Durchführung der Operation in Kenntnis gesetzt hat, so dass diese vor Klageerhebung nur über den Antrag auf die Sachleistung (Kostenübernahme), nicht über die Kostenerstattung entschieden hatte. Mit der Selbstbeschaffung der von der Beklagten abgelehnten Leistung wandelt sich ein etwaiger Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch um. Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V u.a. voraus, dass ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes wegen der Behandlung entstanden ist. Nötig hierfür ist auch eine ordnungsgemäße Abrechnung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 13.07.2004 - B 1 KR 11/04 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 4). Soweit privatärztliche Leistungen abgerechnet werden, kommt ein Honoraranspruch als Grundlage für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V nur dann in Betracht, wenn dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 14; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 17; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; BSG, Urteil vom 27.03.2007 - B 1 KR 25/06 R). Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Vorbehaltlich eines anders lautenden Bundesgesetzes verpflichtet § 1 Abs. 1 GOÄ alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (vgl. § 4 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können nach § 6 Abs. 2 GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden, was insbesondere für neue, vom Gebührenverzeichnis nicht erfasste Behandlungsmethoden oder sonstige, nicht medizinisch indizierte ärztliche Leistungen Bedeutung hat (vgl. Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl. 2009, S. 79 m.w.N.). Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ). Vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. Nach § 10 GOÄ können neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen nur die dort unter Nrn. 1 - 4 aufgeführten Positionen berechnet werden. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig. Nach § 2 Abs. 1 GOÄ kann durch Vereinbarung eine durch diese Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden (Satz 1). Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GOÄ) oder eines abweichenden Punktwerts (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GOÄ) ist jedoch nicht zulässig (Satz 3). Gemäß § 2 Abs. 2 GOÄ ist eine Vereinbarung nach Abs. 1 Satz 1 nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23.07.2007 - B 1 KR 25/06 R). Die nach der bereits bezahlten Operation unter dem 28.10.2005 mit einem Zahlungsziel 17.11.2005 für Prof. Dr. W. erstellte Rechnung entspricht insoweit den formellen Anforderungen der GOÄ, worauf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2006 - III ZR 117/06), als die einzelnen Tarifnummern mit Betrag, Faktor und Begründung sowie Leistungstext genannt werden, auch wenn es nahe liegt, dass lediglich eine vorherige Pauschalvereinbarung umgesetzt worden ist, ohne in allen Punkten materiell der GOÄ zu entsprechen, wofür etwa die Berechnung der Gebühr für die Erstanamnese sprechen dürfte. Die dafür gewählte Nr. 30 der GOÄ fällt lediglich bei der homöopatischen Erstanamnese an und dürfte, abgesehen davon, dass die nach § 6 Abs. 2 GOÄ notwendige Begründung für eine Analogbewertung fehlt, ohnehin nicht analogiefähig sein. Soweit darüber hinaus für die Ansetzung des 3,5 -fachen Satzes die Begründungsziffer 900 ("Erschwerte Bedingungen bei extremer Adipositas") angeführt wird, erschließt sich auch nicht, weshalb die Anamneseerhebung durch extreme Adipositas erschwert wird. Eine wirksame Zahlungsverpflichtung der Klägerin konnte diese Rechnung jedoch nicht mehr auslösen, weil die Klägerin die Operation bereits vorab bezahlt hatte. Ob zwischen der Klägerin und Prof. Dr. W. eine Vereinbarung getroffen worden war, die den Anforderungen des § 2 Abs. 2 GOÄ genügt, lässt sich nach Aktenlage nicht feststellen, da eine vertragliche Vereinbarung nicht vorgelegt worden ist. Die Aktenlage spricht aber dafür, dass nicht eine der GOÄ entsprechende Vereinbarung, sondern eine Pauschalhonorarvereinbarung entsprechend dem nicht nach GOÄ spezifizierten Kostenvoranschlag vom 16.08.2005 über 10.000 Euro Grundlage der Zahlung der Klägerin gewesen ist. Eine separate Berechnung des Honorars des Chefarztes neben der nach dem DRG-System zu erstellenden Rechnung des Krankenhauses, die die Klägerin nicht vorgelegt hat, setzt i.Ü. die Vereinbarung und Inanspruchnahme von Leistungen voraus, auf die sich der Sachleistungsanspruch der Klägerin ohnehin nicht erstreckt hat. Diese dürfte dazu geführt haben, dass die Operation gegenüber der Klägerin nicht wie bei einer gewöhnlichen Selbstzahlerin ausschließlich vom Krankenhaus nach dem DRG-System berechnet worden ist, wie es von Prof. Dr. W. gegenüber der Beklagten angekündigt worden war (DRG K04Z), sondern dass zusätzlich die ärztlichen Leistungen des Operateurs geltend gemacht wurden und dadurch der Preis für Operation und Krankenhausaufenthalt verdoppelt wurde. Aus beiden Gründen ist die Kausalität der Leistungsablehnung durch den Bescheid der Beklagten vom 21.03.2005 in Frage zu ziehen. Ob deshalb dem Erstattungsbegehren der Klägerin bereits entgegen steht, dass ihr durch die von der Beklagten abgelehnte Sachleistungsgewährung erstattungsfähige Kosten nicht entstanden sind, wie die Beklagte meint, kann der Senat jedoch letztlich offen lassen, da ein Sachleistungsanspruch der Klägerin schon deshalb nicht bestanden hat, weil die stationär durchgeführte Operation nicht medizinisch notwendig im Sinne des § 39 SGB V gewesen ist. Bei der Klägerin lag mit der Adipositas vor der Operation zwar eine Erkrankung vor, die u.a. mit dem Ziel der Gewichtsreduktion zu behandeln war. Das Behandlungsziel der Gewichtsreduktion kann jedoch grundsätzlich auf verschiedenen Wegen erreicht werden, wie diätetische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie und bariatrische Chirurgie (vgl. aktuell dazu etwa Evidenzbasierte Leitlinie, Prävention und Therapie der Adipositas vom 25.05.2007 der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V.; Evidenzbasierte Leitlinie, Chirurgische Therapie der extremen Adipositas, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie der Adipositas e.V. und der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V. vom 01.12.2006; Begutachtungsleitfaden des MDS vom 21.12.2009; Health Technology Assessment (HTA) - Studie, Medizinische und ökonomische Beurteilung der bariatrischen Chirurgie (Adipositaschirurgie) gegenüber konservativen Strategien bei erwachsenen Patienten mit morbider Adipositas, herausgegeben vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), 1. Aufl. 2008). Wie durch die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 1/02 R zum Magenband; Beschluss vom 17.10.2006 - B 1 KR 104/06 B) geklärt und im Grundsatz zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, kommt die chirurgische Intervention - hier durch Legung eines Magen-Bypasses - nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen, und setzt weiter voraus, dass der Eingriff in gesunde Organe (Magen, Dünndarm) nach der die für mittelbare Behandlungen geforderten speziellen Güterabwägung gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG war die Magen-Bypass-Operation im September 2005 nicht Ultima Ratio der Behandlung der Adipositas der Klägerin, denn die konservativen Behandlungsmethoden waren damals noch nicht ausgeschöpft. Nach der "Evidenzbasierten Leitlinie, Chirurgische Therapie der extremen Adipositas", (s.o.) sollen chirurgische Maßnahmen bei Patienten in Betracht gezogen werden, die einen BMI 35 kg/m2 mit schwerwiegenden Begleiterkrankungen oder einen BMI ) 40 kg/m2 aufweisen und bei denen konservative Behandlungsmaßnahmen nachweislich nicht erfolgreich waren. Nach der genannten Leitlinie handelt es sich bei den konservativen Verfahren um multimodale, interdisziplinäre und langfristige Therapieprogramme nach den Leitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft. Neben den rein diätetischen Maßnahmen und der Pharmakotherapie sollte auch Bewegungstherapie bei noch ausreichender Mobilität nachgewiesen werden. Vorbehalte bestehen nach der genannten Leitlinie u.a. bei der Binge-Eating-Störung (Essstörung, bei der es zu periodischen Heißhungeranfällen mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten kommt). In solchen Fällen sieht die Leitlinie vor, dass die Entscheidung über die chirurgische Maßnahme in enger Kooperation mit einem Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, einem Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder einem Klinischen Psychologen erfolgen solle (a.a.O. S. 5 ff.). Ob im letztgenannten Sinne ein Vorbehalt gegenüber dem chirurgischen Eingriff bei der Klägerin bestanden hat, lässt der Senat dahingestellt. Er weist insoweit lediglich darauf hin, dass die mit der Klagebegründung gegebene Schilderung des Essverhaltens kaum Bezug zum vorliegenden Fall hat, jedenfalls aber nicht mit den Angaben übereinstimmt, welche die Klägerin selbst bei Antragstellung unter dem 24.02.2005 gemacht hatte, denn dort hatte sie nicht nur die Frage bejaht, ob sie gerne Süßigkeiten esse, sondern auch angegeben, sie leide unter Heißhungeranfällen. Die Möglichkeiten multimodaler, interdisziplinärer und langfristiger Therapieprogramme nach den Leitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft waren bei der Klägerin vor der Operation nicht ausgeschöpft. Das hat nicht nur der MDK in seinen Gutachten mit eingehender und überzeugender Begründung festgestellt, sondern auch Prof. Dr. S. in seinem für das SG erstatteten Gutachten eingeräumt. Danach war im Falle der Klägerin keine wirklich strukturierte durchgehende Behandlung der Adipositas erfolgt. Vielmehr hatte die Klägerin von sich aus zahlreiche Versuche zur Gewichtsabnahme unternommen, indem sie offenbar in Erwartung eines durchschlagenden und raschen Effektes ganz verschiedene Diäten durchgeführt hat, die entweder von vorneweg nicht langfristig einzuhalten waren oder wieder zu früh abgebrochen worden sind. Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat ergänzt, dass aus den Unterlagen auch nicht erkennbar sei, dass eine gezielte ärztliche Beratung im Sinne einer Adipositas-Therapie mit Beratungen im Sinne einer langfristig angelegten Verhaltenstherapie erfolgt wäre.
Soweit Prof. Dr. S. in seinem Gutachten die Auffassung vertreten hat, mangels körperlicher Bewegungsfähigkeit seien solche Versuche nicht Erfolgversprechend gewesen, überzeugt seine Begründung nicht, denn aus den aktenkundigen medizinischen Unterlagen ergibt sich keineswegs, dass die Klägerin dauerhaft gehindert gewesen wäre, eine Bewegungstherapie durchzuführen. Wie sich vielmehr aus dem MDK-Gutachten vom 16.03.2005 ergibt, besaß die Klägerin zwar einen Heimtrainer und einen Stepper, hatte aber im gesamten letzten Jahr zuvor keinen Sport gemacht und war auch sehr lange nicht mehr schwimmen gewesen. Als Grund dafür waren gegenüber dem Gutachter R. Bequemlichkeit und Zeitmangel angegeben worden.
Auch das Programm "BKK - Summerfit", das nach seiner Beschreibung nur bei langfristiger Teilnahme zu einem Erfolg hätte führen können, hat die Klägerin nicht deshalb zu Gunsten der Operation abgebrochen, weil sie gesundheitlich nicht zu sportlicher Betätigung in der Lage gewesen wäre, sondern weil sie davon überzeugt war, dass ihr nur eine Operation helfen könne. Objektive Hindernisse, den in Übereinstimmung mit den Leitlinien erteilten Vorschlägen des MDK zur weiteren konservativen Therapie zu folgen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb nicht zumindest, wie vom MDK vorgeschlagen, das Ergebnis und der Abschlussbericht des Programms "BKK Summerfit" hätte abgewartet werden können.
Soweit der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. den Leidensdruck der Klägerin als Rechtfertigung für die Durchführung der Operation ansieht, macht er damit - abweichend von der Rechtsprechung des BSG wie auch von den zitierten Leitlinien - die subjektive Einschätzung der Klägerin zum Maßstab der Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs, dessen objektive Voraussetzungen er nicht feststellen konnte. Nichts anderes besagt letztlich die Stellungnahme der behandelnden Gynäkologin der Klägerin. Wenn Frau E-E. in ihrem Befund- und Behandlungsbericht vom 20.01.2007 ausführt, dass die Magen-Bypass-Operation aus Sicht der Patientin die einzige noch zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeit gewesen sei und dass es sich ex post bestätigt habe, dass der Eingriff für die Wiederherstellung der psychischen Gesundheit indiziert gewesen sei, bestätigt dies letztlich lediglich, dass nur aus der subjektiven Sicht der Klägerin, aber eben nicht objektiv, eine Ultima Ratio-Situation gegeben war. Darüber hinaus deutet die Einschätzung dieser Ärztin darauf hin, dass vor der Operation möglicherweise doch Behandlungs- oder Beratungsbedarf auf psychologischem Fachgebiet bestanden haben könnte. Eine Operationsindikation, das verkennt die Gynäkologin, kann durch die psychische Situation nicht gegeben sein. Die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung des Kreisgesundheitsamtes V. 16.02.2006 schließlich, wonach die Magen-Bypass-Operation als Ultima Ratio befürwortet werde, weil eine Gewichtsreduktion über eine Diät sich als aussichtslos erweise, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Fokussierung allein auf diätetische Maßnahmen nicht den oben zitierten Leitlinien (u.a.) entspricht und nicht auf profunde einschlägige Kenntnisse ihres Ausstellers hindeutet. Ein Zinsanspruch scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin keinen zu verzinsenden Kostenerstattungsanspruch besitzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 SGG).