Tatbestand:

Streitig ist (große) Witwenrente.

Die 1955 geborene Klägerin war in zweiter Ehe mit dem 1949 geborenen und am 00.00.2008 verstorbenen B (B) E (fortan: Versicherter) verheiratet. Die erste Ehe der Klägerin wurde 1995, die erste Ehe des Versicherten 1996 geschieden. Die Klägerin und der Versicherte waren nach Angaben der Klägerin seit 1985 ein Paar und lebten seit 1994 in einer gemeinsamen Wohnung.

Im Jahr 2003 wurde beim Versicherten ein Rektumkarzinom entfernt und ein künstlicher Darmausgang (anus praeter) angelegt. Anschließend erfolgte eine kombinierte Strahlen-/Chemotherapie. Im Oktober 2007 wurden progrediente Lymphknotenmetastasen entdeckt und eine (erneute) Chemotherapie eingeleitet. Im April 2008 wurde (trotz Therapie) eine Zunahme der Lymphknotenmetastasen, im Mai 2008 wurden Knochenmetastasen im Bereich der Wirbelsäule festgestellt. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts in der B-Kranken-Anstalt C (27.5.-11.6.2008) erfolgte wegen starker Rückenschmerzen am 4.6.2008 eine Operation (Vertebroplastie) des befallenen 1. Lendenwirbelkörpers.

Am 7.7.2008 heirateten die Klägerin und der Versicherte.

Nach am 6.8.2008 eingeleiteter palliativer systemischer Therapie und erneuter stationärer Aufnahme in der B-Kranken-Anstalt am 23.9.2008 verstarb der Versicherte dort am 20.10.2008.

Am 23.10.2008 ging bei der Beklagten eine "Sterbefallmeldung" des Bestattungsinstituts T ein, am 30.10.2008 beantragte die Klägerin Witwenrente. Auf dem beigefügten Formblatt für Ehen, die weniger als 1 Jahr gedauert haben, ist keine der vorgegebenen Alternativen angekreuzt (insbesondere nicht die Alternative "Die tödlichen Folgen einer Krankheit waren bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten"), sondern handschriftlich unter "Andere Gründe" angegeben, beim Versicherten sei im Rahmen der Tumorerkrankung eine akute Verschlechterung eingetreten, an der er verstorben sei; der Patient und die jetzige Ehefrau (lebten) seit 14 Jahren in Lebensgemeinschaft. Die offenbar nicht von ihr selbst verfasste Erklärung (an der Seite befindet sich ein Stempel des Prof. Dr. med. C, B-Kranken-Anstalt) ist von der Klägerin unterschrieben.

Die Beklagte lehnte den Antrag unter Hinweis auf die unterjährige Ehedauer ab. Die von der Klägerin genannten Gründe seien nicht geeignet, die darauf basierende gesetzliche Vermutung einer sog. "Versorgungsehe" zu widerlegen (Bescheid vom 11.11.2008).

Ihren Widerspruch begründete die Klägerin insbesondere damit, dass der Versicherte mit seinem baldigen Ableben nicht habe rechnen müssen: Noch im September 2008 sei eine Operation im linken hinteren Halsdreieck erfolgt. Erst Anfang Oktober 2008 sei eine überraschende Verschlechterung eingetreten. Sie seien ca. eine Woche vor dem Tod darüber aufgeklärt worden, dass keine Therapie mehr möglich sei und keine Hoffnung mehr bestehe. Der konkrete Plan zur Eheschließung sei gefasst worden, nachdem ihnen der Arzt im Mai 2008 mitgeteilt hatte, dass der Versicherte nach der geplanten Operation an der Wirbelsäule schlimmstenfalls damit rechnen müsse, im Rollstuhl zu sitzen. Er habe aber keinesfalls im Rollstuhl heiraten wollen.

Der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten in F wertete Behandlungsberichte der B-Kranken-Anstalt (von Prof. Dr. C und dem Arzt J) aus. Danach sei spätestens ab 5.6.2008 von einem progredienten Verlauf mit tendenziell infauster Prognose auszugehen. Ein kurativer Therapieansatz sei offensichtlich nicht mehr möglich gewesen. Es habe kein "plötzlicher unvorhersehbarer Tod" vorgelegen. Die tödlichen Folgen seien bei der Eheschließung am 7.7.2008 vorhersehbar gewesen (Stellungnahme der Internisten V und Dr. X vom 13.5.2009). Dem folgend wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 2.7.2009).

Mit ihrer noch im Juli 2009 erhobenen Klage hat die Klägerin weiter Witwenrente begehrt. Zur Begründung hat sie zunächst bekräftigt, dass Anlass für den Heiratsentschluss die Furcht des Versicherten vor einer Querschnittslähmung gewesen sei. Später hat sie vorgetragen, dass auch zuvor bereits Heiratspläne bestanden haben, diese jedoch wegen Todesfällen in der Familie zurückgestellt worden seien. Außerdem habe sie den Versicherten unterstützen, ihm Halt, Kraft und Sicherheit vor dem Eingriff von Juni 2008 geben und ihm verdeutlichen wollen, dass sie für ihn da sei. In einem Erörterungstermin im Januar 2012 hat die Klägerin ihr Vorbringen ergänzt: Im Mai 2007 sei die Eheschließung für den 7.7.2007 geplant gewesen. Bei der Vorsprache beim Standesamt hätte jedoch zunächst der Vertriebenenausweis des Versicherten gefehlt. Wegen (zwei) Todesfällen in der Familie sei die Hochzeit dann verschoben worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.7.2009 zu verurteilen, ihr Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns B E nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Entscheidung weiter für richtig gehalten.

Die vom Sozialgericht (SG) als Sachverständige eingeschalteten Fachärzte - Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Prof. Dr. K und - auf Antrag der Klägerin - Facharzt für Innere Medizin/Hämatologie/Onkologie Dr. I - urteilten, objektiv sei zum Zeitpunkt der Eheschließung von einer mittleren Lebenserwartung von weniger als einem Jahr auszugehen gewesen (Gutachten Prof. Dr. K vom 19.2.2010 mit ergänzender Stellungnahme vom 4.4.2011; Gutachten Dr. I vom 7.12.2010) Anschließend hat das SG den behandelnden Krankenhausarzt J (Klinik für Hämatologie und Onkologie der B-Kranken-Anstalt) und den Schwager der Klägerin E als Zeugen gehört.

Das SG hat die Klage abgewiesen: Die Klägerin habe nicht den vollen Beweis geführt, dass die gesetzliche Vermutung einer "Versorgungsehe" aufgrund besonderer objektiver Umstände des Einzelfalls widerlegt sei (mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenes Urteil vom 8.2.2013, der Klägerin zugestellt am 21.2.2013).

Dagegen hat die Klägerin am 14.3.2003 Berufung eingelegt: Sie habe bei der Heirat an eine Witwenrente nicht gedacht. Erst die Bestatterin T habe sie darauf hingewiesen, dass ein solcher Anspruch bestehen könne. Der Heiratsentschluss 2007 sei noch in Unkenntnis des Rezidivs gefasst worden. Die Eheschließung am 7.7.2007 sei nur am Fehlen der Papiere (Vertriebenenausweis/Geburtsurkunde) gescheitert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 8.2.2013 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.7.2009 zu verurteilen, ihr große Witwenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat in einem Erörterungstermin die Base der Klägerin N und ihren bereits erstinstanzlich gehörten Schwager E und in der mündlichen Verhandlung die Mutter des Versicherten E, seinen Bruder D E und die Bestatterin T als Zeugen gehört.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.7.2009 nicht beschwert, § 54 Abs. 2 Satz 1, 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf große Witwerrente hat.

Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente u.a., wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Versicherte hatte am 20.10.2008 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt. Die Klägerin hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch das 45. Lebensjahr vollendet. Schließlich war sie zu diesem Zeitpunkt die Witwe des Versicherten.

Zu Recht hält die Beklagte dem Anspruch auf großen Witwenrente jedoch den Einwand der unterjährigen Ehedauer entgegen, § 46 Abs. 2a SGB VI (in Kraft seit dem 1.1.2002). Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich (nur) vom 7.7. bis zum 20.10.2008.

Die aus dieser unterjährigen Ehedauer kraft Gesetzes folgende (widerlegbare) Vermutung, es sei alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat gewesen, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, ist vorliegend nicht widerlegt. Zur Überzeugung des Senats sind keine besonderen Umstände erwiesen, die mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auf ein weiteres für die Eheschließung mindestens gleichwertiges Motiv schließen lassen oder mindestens (negativ abgrenzend) eine Vorsorgungsabsicht als wesentliche (Mit-)Ursache für die Heirat ausschließen. Dies gilt selbst dann, wenn man die Angaben der Klägerin dort, wo weitere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen, als wahr zugrundelegte.

Was unter den "besonderen Umständen" des Falles im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI zu verstehen ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus der Vorschrift. Da § 46 Abs. 2a SGB VI jedoch vom Gesetzgeber bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch, vormals § 594 RVO) und der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes) nachgebildet ist (vgl. BT-Drucks 14/4595 S 44; s auch die inhaltsgleiche Norm des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes), kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5.5.2009, Aktenzeichen (Az) B 13 R 55/08 R = BSGE 103, 99ff = SozR 4-2600 § 46 Nr. 5 m.w.N.). Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen (BSG. A.a.O.; BSGE 35, 272ff = SozR 2 zu § 594 RVO; BSGE 60, 204ff = SozR 3100 § 38 Nr. 5). Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer "Versorgungsehe" nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Unterschiedliche Beweggründe sind in der Gesamtbetrachtung auch dann als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind von dem hinterbliebenen Ehegatten glaubhaft behauptete innere Umstände für die Heirat nicht isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen (BSG, Urteil vom 5.5.2009, Az B 13 R 55/08 R = BSGE 103, 99ff = SozR 4-2600 § 46 Nr. 5; BSG, Urteil vom 6.5.2010, Az B 13 R 134/08 = SGb 2010, 412f; Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2012, Az L 11 R 392/11).

Im Fall der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI regelmäßig nicht erfüllt (BSG. A.a.O.; Hess LSG, Urteil vom 16.11.2011, Az L 5 R 320/10). Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht (vollständig) ausgeschlossen, dass die Eheschließung gleichwohl (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen erfolgte. In einem solchen Fall müssen allerdings bei der Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt nämlich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher - vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisender - "besonderer Umstände", (BSG. A.a.O.; BSG, Urteil vom 6.5.2010, Az B 13 R 134/08 R = SGb 2010, 412f).

Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. BSG Urteil vom 03.09.1986. A.a.O.). Dieser Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder doch zumindest einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 28.6.2000, Az B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 §15 Nr. 3 m.w.N.). Wenn die danach erforderliche richterliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will. Das ist vorliegend die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (BSG. A.a.O.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer. SGG. Kommentar. 10. Aufl. 2012, § 118 RdNr. 6 m.w.N.).

Der Versicherte litt im Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung, die innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen würde. Die Lebenserwartung des Versicherten lag prognostisch im Zeitpunkt der Eheschließung unter einem Jahr, weil die Tumorerkrankung wegen des Befalls von Rückenmark, Leber, Niere und Darm zu diesem Zeitpunkt bereits organbedrohende Ausmaße erreicht hatte. Dies steht aufgrund der übereinstimmenden Beurteilungen des Krankheitsbildes durch die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. I zur Überzeugung des Senats fest. Dem Versicherten und der Klägerin waren das Ausmaß der Erkrankung und die hohe Lebensbedrohlichkeit auch bewusst. Wie der Zeuge J glaubhaft ausgesagt hat, hatte er den Versicherten und die Klägerin bereits im Mai 2008 darüber aufgeklärt, dass nur noch eine "palliative" (und keine ursächliche, heilende) Behandlung möglich sei, und sie auf die ungünstige Verlaufsprognose und die statistische Lebenserwartung hingewiesen. Auch die Klägerin hat im Laufe des Verfahrens eingeräumt, über die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Mai 2008 aufgeklärt worden zu sein. Damit korrespondiert, dass sie in dem dem Antrag beigefügten (ärztlich?) ausgefüllten Formblatt die entsprechende ausdrücklich vorgesehene Alternative nicht angekreuzt hat. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass glaubhaft, aber hier unbeachtlich ist, dass die Klägerin und der Versicherte auf eine Lebensdauer von mehr als einem Jahr gehofft haben mögen, dass ihnen eine solche als Möglichkeit ärztlich aufgezeigt worden ist und dass der konkrete (frühere) Tod für sie überraschend eingetreten ist.

Gewichtige, für ein abweichendes wesentliches (weiteres) Motiv sprechende Umstände sind auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin und der Zeugenaussagen nicht erwiesen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Klägerin und der Versicherte sich dauerhaft auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft eingerichtet hatten und erst zur Heirat entschlossen haben, nachdem ihnen das ganze Ausmaß der Erkrankung des Versicherten bekannt und bewusst geworden ist.

Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, auf das die Klägerin mit der Rentenantragstellung hingewiesen hat, ist vorliegend kein überzeugend gegen eine "Versorgungsehe" sprechender Umstand (so auch: Bay LSG, Urteil vom 20.2.2013, Az L 1 R 304/11 = NZS 2013, 511; LSG BW, Urteil vom 16.10.2012, Az L 11 R 392/11= FamFR 2013, 65). Einem Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt nämlich in der Regel die bewusste, freie Entscheidung zugrunde, nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen zu unterliegen, die für Eheleute gelten.

Auch die langjährige Liebesbeziehung zwischen dem Versicherten und der Klägerin ist kein gewichtiger gegen eine "Versorgungsehe" sprechender Umstand (so auch: Bay LSG. A.a.O.; LSG BW. A.a.O.). Entsprechend dem eigenen Vortrag der Klägerin sind sie und der Versicherte im Gegenteil davon ausgegangen, man könne sich auch lieben ohne zu heiraten. Die Klägerin behauptet gerade nicht, dass die Liebe erst mit der ungünstigen Prognose der Krankheit in einer Intensität entstanden sei, die den Entschluss zur Eheschließung ursächlich hervorgerufen hat. Im Gegenteil hatte nach ihren Angaben die Liebesbeziehung bereits zuvor langjährig bestanden, ohne ausreichender Grund für eine Heirat zu sein.

Die von der der Klägerin erstmals im Widerspruchsverfahren aufgestellten Behauptung, die Hochzeit am 7.7.2008 habe stattgefunden, weil der Versicherte nicht im Rollstuhl habe heiraten wollen, scheidet als schlüssiges Motiv für die konkrete Eheschließung aus. Nach den Angaben der Klägerin ist dem Versicherten nach einer radiologischen Untersuchung am 29.5.2008 mitgeteilt worden, das Schlimmste, was ihm zustoßen könne, sei, dass er nach der Operation querschnittsgelähmt ist. Daraufhin habe er sich zur Hochzeit entschlossen, um stehend vor den Altar treten zu können. Die Operation am 1. Lendenwirbelkörper, die zu einer Querschnittslähmung hätte führen können, hatte jedoch bereits am 4.6.2008 stattgefunden. Unklar ist schon, ob die Klägerin und der Versicherte bereits vor dieser Operation das Aufgebot bestellt haben. In diesem Fall wäre nicht schlüssig, weshalb die beiden die nach Aussage der Klägerin vom Standesbeamten angebotene Möglichkeit, sie sofort zu trauen, nicht wahrgenommen, sondern einen Termin nach der Operation gewählt haben. Damit konnte der Befürchtung des Versicherten, im Rollstuhl heiraten zu müssen, nicht begegnet werden. Soweit das Aufgebot nach dem 4.6.2008 bestellt wurde, hatte sich die Gefahr der Querschnittslähmung aber für den Versicherten erkennbar nicht verwirklicht. Dann konnte die Gefahr der Querschnittslähmung nicht mehr Motiv für den Entschluss zur Heirat geblieben sein. Überdies taugte dieser Umstand nicht als wesentliches (!) Motiv für die Eheschließung, sondern allenfalls als Motiv für die Wahl des Zeitpunktes, d.h. bestenfalls als Anlass für die konkrete Eheschließung.

Von der Richtigkeit der von der Klägerin erstmals im Januar 2012 vorgetragenen besonderen Umstandes, dass bereits vor Wiederauftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung im Oktober 2007 hinreichend konkrete Heiratspläne (für eine Hochzeit am 7.7.2007) bestanden hätten, konnte der Senat sich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit überzeugen. Selbst wenn aber für diesen Tag eine Heirat geplant gewesen sein sollte, stünde die schließlich am 7.7.2008 erfolgte Heirat erkennbar mit der früheren Planung in keinem unmittelbaren Zusammenhang und stellte insbesondere nicht die konsequente Verwirklichung eines bereits vor Bekanntwerden des lebensbedrohenden Ausmaßes der Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses dar.

Langjährige Heiratsabsichten können nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen (Bay LSG, Urteile vom 23. Juli 2003, Az L 2 U 360/01, und vom 20.2.2013, Az L 1 R 304/11; LSG BW. A.a.O.; LSG BW, Urteil vom 22.6.2010, Az L 11 R 1116/08; Hess VGH FamRZ 2004, 177; s auch die entsprechend abweichende Fallgestaltung in LSG NRW, Urteil vom 18.5.2009, Az L 3 R 115/08). Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (LSG BW, Urteil vom 16.10.2012, Az L 11 R 392/11= FamFR 2013, 65). Von der Klägerin wurde kein überzeugender Grund dafür genannt, warum der Versicherte und sie angesichts einer seit bereits vielen Jahren bestehenden Heiratsabsicht nicht bereits früher geheiratet haben. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass der Versicherte zunächst von einer Hochzeit abgesehen hat, weil seine Mutter, Schwester und Töchter dagegen waren, und der familiäre Druck nach dem Tod der Schwester (Anfang 2007) geringer geworden sei, überzeugt dies nicht. Der von der Klägerin vorgebrachte Einwand könnte allenfalls eine - kurze - Verzögerung der Heirat erklären, nicht aber das langjährige Absehen von der Heirat (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 16.11.2011, Az L 5 R 320/10). Hätten der Versicherte bereits früher ernsthafte Absichten gehabt, die Ehe einzugehen, hätte er die Angelegenheit mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinen Töchtern früher klären können. Dass dies nicht geschehen ist, spricht gegen ernsthafte Heiratsabsichten und für das Absehen von einer Heirat aus familiärer Rücksichtnahme.

Allein auf Grundlage der Angaben der Klägerin konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass bereits für den 7.7.2007 die Eheschließung beabsichtigt war. Sie hat ihren Vortrag im Laufe des Verfahrens geändert, angepasst und sich widersprochen. So bestanden Heiratsabsichten einmal ab 2003, ein anderes Mal ab 2005. Zunächst hat sie das Fehlen des Vertriebenenausweises als Grund für das Scheitern der Heiratspläne in 2007 angegeben, später hauptsächlich das Fehlen der Geburtsurkunde. Dazu variieren die Angaben, wann und bei wem nach der Geburtsurkunde gesucht wurde. Der Senat geht davon aus, dass in der Vergangenheit allenfalls vage Hochzeitspläne bestanden. So haben die Zeugen E und N ausgesagt, bereits im Jahr 2007 gefragt worden zu sein, ob sie bereit seien, als Trauzeugen zu fungieren. Allerdings wusste der Zeuge E - obwohl als Trauzeuge vorgesehen - nur, dass für irgendwann im Juli 2007 eine Hochzeit geplant war, hat sich aber nicht weiter darum gekümmert und irgendwann erfahren, dass wohl der Vertriebenenausweis gefehlt habe. Nähere Angaben hierzu konnte er nicht machen. Auch die ebenfalls als Trauzeugin vorgesehene Zeugin N, zu der ein enger Kontakt bestanden haben soll, konnte nur angeben, dass hinsichtlich einer Hochzeit immer "irgendetwas" dazwischen kam. Die Mutter des Versicherten wusste schließlich gar nichts von einer 2007 geplanten Heirat. Ob die Klägerin und der Versicherte tatsächlich den 7.7.2007 für den Tag ihrer Hochzeit fest ins Auge gefasst hatten, kann aber letztlich dahinstehen. Von einer konsequenten Verwirklichung von langjährigen Heiratsplänen kann selbst dann nicht die Rede sein, wenn als wahr unterstellt wird, dass bereits vor dem (Wieder-)Auftreten der Erkrankung der 7.7.2007 als Heiratstermin ins Auge gefasst war.

Bei Annahme hinreichend konkreter Heiratsabsichten für den 7.7.2007 fehlte es jedenfalls an einer konsequenten Verwirklichung dieser Absichten. Nach den Angaben der Klägerin sei eine Hochzeit am 7.7.2007 allein daran gescheitert, dass der Versicherte nicht den Vertriebenenausweis A oder seine Geburtsurkunde vorlegen konnte. Das Fehlen dieser Urkunde war nach dem Vortrag der Klägerin entweder seit Ende des Jahres 2006 - zu diesem Zeitpunkt hat der Versicherte nach den Angaben der Klägerin erstmals bei seiner zwischenzeitlich verstorbenen Schwester Ulla nach dem Vorhandensein einer solchen Urkunde nachgefragt - oder spätestens seit März oder Mai 2007 - dem nach den widersprüchlichen Angaben der Klägerin Zeitpunkt der ersten Vorsprache vor dem Standesamt C - bekannt. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum der Versicherte die Beschaffung einer dieser beiden Urkunden nicht konsequent verfolgt hat. Um eine Ersatzbeschaffung der für die Aufgebotsbestellung erforderlichen Unterlagen hat sich der Versicherte gerade nicht konsequent bemüht. Nach dem gesamten Vortrag der Klägerin vermutete der Versicherte seine Geburtsurkunde bei seiner Mutter. Bei einer festen Heiratsabsicht bereits im Frühjahr 2007 hätte er die Urkunde von seiner Mutter noch rechtzeitig vor der geplanten Hochzeit im Juli 2007 beschaffen können. Aus Rücksicht auf seine Mutter, die nach Angaben der Klägerin gegen die Hochzeit war, ließ der Versicherte aber den vorgeblichen Wunschtermin für die Hochzeit verstreichen. Er soll zwar nach den nicht zu belegenden Angaben der Klägerin "irgendwann" "nach Schlesien" geschrieben haben. Wann er sich mit welchem Begehren an welche Stelle genau wandte, ist jedoch unklar. Die Unterlagen, die hierüber hätten Auskunft geben können, hat die Klägerin nach eigenen Angaben im Sommer 2008 vernichtet. Um einen Ersatz des Vertriebenenausweis A (eine Kopie befindet sich sogar in den Verwaltungsakten der Beklagten) hat der Versicherte sich offenbar gar nicht bemüht. Auch die Beschaffung der Geburtsurkunde hat der Versicherte nicht konsequent verfolgt. Er hat sich nach dem Vortrag der Klägerin irgendwann an seine Mutter gewandt, die die Herausgabe der Geburtsurkunde für den Zweck einer Hochzeit jedoch verweigert habe. Die Mutter selbst hat hingegen als Zeugin ausgesagt, der Versicherte habe ihr zu keinem Zeitpunkt von Hochzeitsplänen für 2007 oder 2008 erzählt. Sie habe von der Hochzeit erst im Nachhinein erfahren. Wofür er die Geburtsurkunde, nach der er sie vorher gelegentlich gefragt habe, benötigt habe, sei ihr nicht bekannt. Die anderen Zeugen konnten zu den konkreten Bemühungen des Versicherten zur Beschaffung der für die Aufgebotsbestellung erforderlichen Unterlagen keine näheren Angaben machen. Unter diesen Umständen kann der Senat nicht ausschließen, dass der Versicherte entweder aus Rücksicht auf seine Mutter oder Familie von der Beschaffung der fehlenden Unterlagen absah. Damit fehlt es jedenfalls an einer konsequenten Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von dem lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses. Im Gegenteil kann gerade nicht ausgeschlossen werden, dass der Versicherte erst(mals) nach Kenntnis des drohenden tödlichen Verlaufs seiner Erkrankung fest entschlossen war, die Klägerin zu heiraten. Auch nach den äußeren Umständen ist die in 2008 erfolgte Eheschließung nicht als Umsetzung der Pläne aus dem Jahr 2007 zu erkennen. Die Heirat im Jahr 2007 war nach den Angeben der Klägerin und der Zeugen E und N mit Trauzeugen und in Anwesenheit der Kinder des Versicherten und der Klägerin geplant. Die Hochzeit 2008 fand jedoch heimlich, ohne Gäste und ohne jede Feierlichkeit statt. Auch diese Umstände sprechen eher für eine "Versorgungsehe" (vgl. Bay LSG, Urteil vom 20.2.2013, Az L 1 R 304/11)

Vom Vorliegen des von der Klägerin im April 2010 angegebenen Motivs, dem Versicherten Halt, Kraft und Sicherheit vor dem Eingriff von Juni 2008 geben zu wollen und ihm zu verdeutlichen, für ihn da zu sein, ist der Senat nicht vollständig überzeugt, so dass unentschieden bleiben kann, ob es sich dabei überhaupt um ein (mindestens) gleichwertig neben der Versorgungsabsicht bestehendes Motiv gehandelt haben kann.

Die Klägerin selbst hat dieses Motiv weder im Verwaltungsverfahren noch bei ihren persönlichen Anhörungen in mehreren Gerichtsterminen geäußert. Es findet sich nur (einmalig) im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 16.4.2010, in dem erstmals eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG vom 5.5.2009 (BSG, Urteil vom 5.5.2009, Az B 13 R 55/08 R = BSGE 103, 99ff = SozR 4-2600 § 46 Nr. 5) erfolgt ist. Im Übrigen gilt auch hier der Einwand, dass der Versicherte den Eingriff im Zeitpunkt der Eheschließung bereits ohne die befürchteten negativen Folgen überstanden hatte.

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, bei ihr könne schon deshalb keine Versorgungsabsicht vorgelegen haben, weil sie von einer Witwenrente vor dem ersten Gespräch mit der Bestatterin gar nicht gewusst habe, kann dahinstehen, ob dadurch (jedenfalls ihre) fehlende Versorgungsabsicht bewiesen würde. Denn die Zeugin T hat diese Behauptung nicht bestätigt. Sie hat vielmehr ausgesagt, sie habe die Klägerin im Trauergespräch auf die Möglichkeit hingewiesen, Hinterbliebenenversorgung zu beantragen, und sie auf deren Einwand, sie sei noch kein Jahr verheiratet, bestärkt, trotzdem einen entsprechenden Antrag zu stellen. Aus dieser Aussage ergibt, dass die Klägerin sehr wohl von einem Anspruch auf Witwenrente wusste und lediglich davon ausging, sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen nicht.

Dass die Regelung des § 46 Abs. 2a SGB VI mit Art 2 Abs. 1, Art 3, Art 6 Abs. 1 14 Abs. 1 des Grundgesetzes in Einklang steht, hat das BSG bereits überzeugend ausgeführt (BSG, Urteil vom 5.5.2009, Az B 13 R 53/08 R = BSHE 103, 91ff). Der Senat hat dem nichts hinzuzufügen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs. 2 SGG. Maßgeblich für die Entscheidung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls.