Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 2286/13 - Urteil vom 24.02.2014
Abweichend von der kindergeldrechtlichen Zuordnung als Einkommen des Kindergeldberechtigten bestimmt § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II, das für die Bestimmung des zu berücksichtigenden Einkommens nach dem SGB II das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Das Kindergeld soll damit vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Es nimmt insoweit nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft teil. Sinn dieser besonderen Zuordnung ist es sicherzustellen, dass durch das Kindergeld zusammen mit dem Kinderzuschlag nach § 6a BKGG, der ebenfalls dem Kind zuzurechnen ist (§ 11 Abs. 1 S. 3 SGB II) und ggf. Wohngeld die Abhängigkeit des Kindes von Grundsicherungsleistungen beseitigt wird. Dabei ist der Gesetzgeber von der Vermutung ausgegangen, dass das den Eltern zufließende Kindergeld in einer familiären Gemeinschaft, die ihren Gesamtbedarf aus Einkommen und Vermögen nicht vollständig decken kann und deshalb - im familienrechtlichen Sinne - eine Notgemeinschaft bildet, tatsächlich auch den Kindern zur Deckung ihres Bedarfs zugute kommt. Verfügt das Kind indes über hinreichendes Einkommen, um seinen Bedarf nach dem SGB II zu decken, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus. Der nicht zur Bedarfsdeckung des Kindes benötigte Teil des Kindergeldes wird sodann dem Kindergeldberechtigten entsprechend den Regeln des BKGG zugerechnet und als dessen Einkommen nach den Regeln des SGB II verteilt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Regelleistung einschließlich Mehrbedarfe für September 2012 ohne Anrechnung von Kindergeld als eigenes Einkommen.
Die am 00.00.1952 geborene geschiedene Klägerin wohnt mit ihrem am 00.00.1992 geborenen Sohn Q in einer 80 m² großen Wohnung, L-hof 00, T. Die Grundmiete belief sich im Jahr 2012 auf 550,00 EUR monatlich, die Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung auf 140,00 EUR monatlich. Das Warmwasser wurde dezentral erzeugt.
Im Jahr 2012 übte die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung mit schwankendem Einkommen aus. Für ihren Sohn bezog sie im Jahr 2012 durchgehend Kindergeld i.H.v. 184,00 EUR monatlich. Seit dem 01.09.2012 absolviert Q T eine Ausbildung im Polizeivollzugsdienst. Die Anwärterbezüge betragen 1001,79 EUR brutto (980,37 EUR netto) monatlich. Im September 2012 erhielt der Sohn der Klägerin eine Abschlagszahlung von 900,00 EUR ausgezahlt.
Im Rahmen des Antrags auf Fortzahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 01.04.2012 gab die Klägerin an, sie bilde mit ihrem Sohn Q keine Bedarfsgemeinschaft, da ihr Sohn seinen Bedarf durch eigenes Einkommen decke. Mit Bescheiden vom 04.05.2012 und 22.05.2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2013 vorläufig Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 188,59 EUR monatlich nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Er ging von einem Bedarf der Klägerin i.H.v. insgesamt 583,79 EUR aus, von dem er Einkommen der Klägerin von 395,20 EUR (364,00 EUR geschätztes Entgelt aus Erwerbstätigkeit + 184,00 EUR Kindergeld - 100,00 EUR Grundfreibetrag + 52,80 EUR Erwerbstätigenfreibetrag) abzog.
Gegen die Höhe der bewilligten Leistungen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte höhere Kosten der Unterkunft und Heizung geltend. Auch sei die Berücksichtigung des Kindergeldes als eigenes Einkommen nicht zulässig. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das von der Klägerin für Q bezogene Kindergeld sei als eigenes Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen, da die Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 3 und 4 SGB II, wonach das Kindergeld als Einkommen dem zur Bedarfsgemeinschaft gehörendem Kind zuzurechnen sei, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28) benötigt werde, nicht eingreife.
Am 14.08.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat u.a. geltend gemacht, dass der Beklagte zu Unrecht für die Zeit ab dem 01.09.2012 das für den Sohn Q bezogene Kindergeld als eigenes Einkommen auf ihren Bedarf angerechnet habe. Sie bilde mit ihrem Sohn keine Bedarfsgemeinschaft und verweise auf die Vorschrift des § 1612b BGB.
Durch Bescheid vom 14.02.2013 hat der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn Q für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.05.2012 vorläufig Leistungen i.H.v. insgesamt 296,04 EUR monatlich, für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 31.08.2012 i.H.v. 539,13 EUR monatlich sowie der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.12.2012 i.H.v. 206,45 EUR monatlich sowie für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.03.2013 i.H.v. 214,64 EUR monatlich nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III bewilligt. Dabei hat er u. a. für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.03.2013 als Einkommen der Klägerin das Kindergeld monatlich angerechnet. Dem Bescheid ist eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen, wonach der Bescheid nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens wird.
Durch Urteil vom 07.10.2013 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22.05.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2012 in der Gestalt des Bescheides "vom 04.02.2013" verurteilt, der Klägerin unter Aufrechterhaltung der Vorläufigkeit der angefochtenen Bescheide Unterkunftskosten i.H.v. 258,00 EUR kalt zuzüglich der hälftigen Neben- und Heizkosten für die angemietete Wohnung ab September 2012 zu zahlen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 13.11.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.12.2013 Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Berücksichtigung von Kindergeld für ihren Sohn Q als eigenes Einkommen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Urteils vom 07.10.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 14.02.2013 zu ändern und ihr für September 2012 eine höhere Regelleistung ohne Anrechnung des Kindergeldes zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und Verwaltungsakten sowie die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Düsseldorf S 35 AS 2352/13 und S 35 As 2533/13 ER Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Beklagter ist das Jobcenter Stadt T. Die Stadt T gehört zu den Kreisen und kreisfreien Städte, die ab dem 01.01.2012 als kommunale Träger i.S.v. § 6a Abs. 2 SGB II zugelassen sind (Anlage zu § 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Kommunalträger -Zulassungsverordnung vom 14.04.2011, BGBl. I, 645, in Kraft ab dem 01.01.2012 nach Artikel 2 der Verordnung) und ist damit nach § 6b SGB II alleiniger Träger der Leistungen nach dem SGB II in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich. Als Funktionsnachfolgerin nach § 76 Abs. 3 SGB II hat die Stadt T die Aufgaben des Jobcenters T als gemeinsame Einrichtung i.S.v. § 44b Abs. 1 SGB II zum 01.01.2012 übernommen. Bei einer Funktionsnachfolge ist ein Beklagtenwechsel zulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 99 Rn. 6a m.w.N.).
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 14.02.2013, soweit der Beklagte in diesem Bescheid die vorläufige Gewährung einer Regelleistung einschließlich Mehrbedarfe an die Klägerin für den Monat September 2012 abgelehnt hat. Der Bescheid vom 14.02.2013 hat die angefochtenen Bescheide vom 04.05.2012 und vom 22.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2012 über die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2013 zu Gunsten der Klägerin abgeändert und ist damit nach § 96 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren - nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten hinsichtlich der Verbindlichkeit einer Entscheidung für die übrigen Zeiträume - auf die vorläufige Gewährung von höherer Regelleistung für den Monat September 2012 beschränkt. Kosten der Unterkunft und Heizung sind nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens.
Die gegen die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.v. § 54 Abs. 2, Abs. 4 SGG ist statthaft (vgl. zum Rechtschutz gegen vorläufige Bewilligungen BSG Urteil vom 06.04.2012 - B 4 AS 119/10 R, Rn. 20).
Die Klägerin ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Bescheid vom 14.02.2013 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum keine Regelleistung, sondern nur Kosten für Unterkunft und Heizung vorläufig bewilligt. Gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III kann der Leistungsträger über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Hilfebedürftigen auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Hilfebedürftige die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen sind gegeben, da das Einkommen der Klägerin aus einer geringfügigen Beschäftigung schwankend gewesen ist (vgl. hierzu BSG Urteile vom 28.03.2013 - B 4 AS 42/12 R, Rn. 17,18 und 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R, Rn. 18 m.w.N.)
Soweit der Beklagte in dem Bescheid vom 14.02.2013 konkludent die vorläufige Gewährung einer Regelleistung einschließlich der Mehrbedarfe nach §§ 20, 21 SGB II für September 2012 abgelehnt hat, ist diese Entscheidung nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat zwar im September 2012 die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II insofern dem Grunde nach erfüllt, als sie in diesem Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt hat und erwerbsfähig gewesen ist. Sie ist auch hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II gewesen. Sie hat zwar über Einkommen, das sich aus einem Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Kindergeld zusammengesetzt hat, verfügt. Das Einkommen hat aber den Bedarf der Klägerin nach § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II, der sich auf mehr als 600,00 EUR beläuft, nicht vollständig gedeckt. Über ein nach § 12 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen hat die Klägerin nicht verfügt.
Der Regelbedarf der Klägerin, einschließlich der Mehrbedarfe, war durch ihr Einkommen im Monat September 2012 gedeckt.
Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs. 1 SGB II erbracht, soweit diese nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 S. 1 SGB II). Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen deckt nach § 19 Abs. 3 S. 2 SGB II zunächst die Bedarfe nach den §§ 20, 21, 23 SGB II, darüber hinaus die Bedarfe nach § 22 SGB II.
Die Bedarfe der Klägerin nach §§ 20, 21 SGB II beliefen sich im September 2012 auf insgesamt 382,80 EUR. Sie setzten sich aus einem Regelbedarf von 374,00 EUR und einem Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II von 8,60 EUR zusammen. Nach § 20 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 SGB II (i.d.F. der Bekanntmachung vom 13.05.2011, BGBl I 850) i.V.m. § 2 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 (BGBl. 2011, 2090) beträgt der Regelbedarf für Alleinstehende ab dem 01.01.2012 374,00 EUR monatlich. Die Ermittlung der Höhe des Regelbedarfs von 364,00 EUR (vgl. hierzu BSG Urteile vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R und - B 14 AS 189/11 R; siehe auch BSG Urteile vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R und - B 4 AS 47/12 R) sowie seine Fortschreibung zum 01.01.2012 auf 374,00 EUR entsprechend dem in § 20 Abs. 5. S. 2 SGB II i.V.m. §§ 28a, 40 SGB XII festgelegten Fortschreibungsmechanismus (vgl. hierzu BSG Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R, Rn. 81) und sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Zutreffend hat der Beklagte einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung von 8,60 EUR als Bedarf nach § 21 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 SGB II bei der Ermittlung der Bedarfe berücksichtigt. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 - 6 SGB II lagen nicht vor. Es sind nach Aktenlage weder Anhaltspunkte für das Bestehen solcher Mehrbedarfe ersichtlich noch ergeben sich solche Bedarfe aus dem Vortrag der Klägerin.
Der Bedarf nach §§ 20, 21 SGB II von insgesamt 382,80 EUR ist durch das Einkommen der Klägerin vollständig gedeckt gewesen. Soweit der Beklagte ein geschätztes Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 211,20 EUR nach § 9 Abs. 1 SGB II auf den Bedarf angerechnet hat, ist die prognostische Ermittlung des Einkommens nicht zu beanstanden (vgl. zu den anzuwendenden Maßstäben BSG Urteil vom 06.04.2012 - B 4 AS 119/10 R, Rn. 41). Hierfür spricht allein schon die Tatsache, dass die Klägerin in dem Zeitraum 01.04.2012 bis zum 31.03.2013 in zehn Monaten ein höheres Einkommen als das vom Beklagten geschätzte Einkommen erzielt hat. Von dem geschätzten Bruttoeinkommen von 364,00 EUR hat der Beklagte zutreffend einen Freibetrag i.H.v. von 100,00 EUR nach § 11b Abs. 2 S. 1 SGB II sowie von 52,80 EUR nach § 11b Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1 SGB II abgezogen. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist gem. § 9 Abs. 2 S. 2 SGB II nicht im Wege der horizontalen Berechnungsmethode auf die Bedarfe der Klägerin und ihres Sohnes Q zu verteilen. Denn die Klägerin hat im September 2012 mit ihrem Sohn Q keine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gebildet. Der Sohn der Klägerin hat seinen Bedarf nach § 19 SGB II durch die Ausbildungsvergütung gedeckt und damit die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenem Einkommen beschaffen können. Der Bedarf des Sohnes hat sich im September 2012 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung von 690,00 EUR auf insgesamt 650,88 EUR (299,00 EUR Regelleistung + 6,88 EUR Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 345,00 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) belaufen. Dieser Bedarf ist durch die anrechenbare Ausbildungsvergütung von 700,19 EUR (980, 37 EUR Nettoeinkommen - 100,00 EUR Freibetrag nach § 11b Abs. 2 S.1 SGB II - 180,18 EUR Freibetrag nach § 11b Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1 SGB II) gedeckt gewesen.
Als eigenes Einkommen der Klägerin i.S.v. § 11 Abs. 1 SGB II ist zudem das für den Sohn Q bezogene Kindergeld i.H.v. § 184,00 EUR monatlich zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Bei dem Kindergeld handelt sich nach den Vorschriften des EStG und des BKGG um Einkommen des Kindergeldberechtigten. Anspruchsberechtigt für das Kindergeld ist nicht das Kind, sondern die Eltern oder ein anderer Berechtigter, der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen hat (§§ 62, 64 EStG, §§ 1, 3 BKKG). Kindergeld ist daher - vorbehaltlich abweichender Normen - auch im SGB II als Einkommen der Elternteils, der das Kindergeld bezieht, i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II anzusehen (ständige Rechtsprechung, BSG Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 81/12 R, Rn. 24 m.w.N.). Es handelt sich nicht um privilegiertes Einkommen i.S.v. § 11a Abs. 3 SGB II (vgl. zur Vorgängervorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. BVerfG Beschluss vom 11.03.2010 - 1 BvR 3163/09).
Eine von § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II abweichende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Sohnes ist nicht geboten.
Abweichend von der kindergeldrechtlichen Zuordnung als Einkommen des Kindergeldberechtigten bestimmt § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II, das für die Bestimmung des zu berücksichtigenden Einkommens nach dem SGB II das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Das Kindergeld soll damit vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes verwendet werden. Es nimmt insoweit nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft teil. Sinn dieser besonderen Zuordnung ist es sicherzustellen, dass durch das Kindergeld zusammen mit dem Kinderzuschlag nach § 6a BKGG, der ebenfalls dem Kind zuzurechnen ist (§ 11 Abs. 1 S. 3 SGB II) und ggf. Wohngeld die Abhängigkeit des Kindes von Grundsicherungsleistungen beseitigt wird. Dabei ist der Gesetzgeber von der Vermutung ausgegangen, dass das den Eltern zufließende Kindergeld in einer familiären Gemeinschaft, die ihren Gesamtbedarf aus Einkommen und Vermögen nicht vollständig decken kann und deshalb - im familienrechtlichen Sinne - eine Notgemeinschaft bildet, tatsächlich auch den Kindern zur Deckung ihres Bedarfs zugute kommt (vgl. BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R, Rn. 20). Verfügt das Kind indes über hinreichendes Einkommen, um seinen Bedarf nach dem SGB II zu decken, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus. Der nicht zur Bedarfsdeckung des Kindes benötigte Teil des Kindergeldes wird sodann dem Kindergeldberechtigten entsprechend den Regeln des BKGG zugerechnet und als dessen Einkommen nach den Regeln des SGB II verteilt (ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 81/12 R, Rn. 24 m.w.N.). Vorliegend haben die Klägerin und ihr Sohn Q im September 2012 keine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gebildet, so dass die Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II kein Anwendung findet.
Eine weitere von der kindergeldrechtlichen Zuordnung abweichende Regelung enthält § 1 Abs. 1 Nr. 8 AlgII-V (i.d.F. vom 18.12.2008 BGBl I, 2780), wonach Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen nicht als Einkommen berücksichtigt wird, soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird. Diese Vorschrift ist nicht einschlägig, da eine Aufnahme des Sohnes in den Haushalt der Klägerin erfolgt ist (vgl. zum Begriff der Haushaltsaufnahme bei einem volljährigen Kind BSG Urteil vom 14.03.2012 - B 14 AS 45/11 R, Rn. 18). Zwischen der Klägerin und ihrem Sohn bestand eine Familiengemeinschaft. Die Klägerin und ihr Sohn teilten sich eine gemeinsame Wohnung, es bestand eine familiäre Bindung sowie keine getrennte Haushaltsführung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus § 1612b BGB keine abweichende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen ihres Sohnes. Zwar bestimmt § 1612b BGB in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung, dass das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden ist und zwar zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, in allen anderen Fällen in voller Höhe. Diese Regelung beinhaltet gegenüber der Vorgängernorm eine Neukonzipierung der Berücksichtigung von Kindergeld im Unterhaltsrecht. Während bis zum Inkrafttreten der Neuregelung das Kindergeld auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes angerechnet wurde, erfolgt seit dem 01.01.2008 eine Berücksichtigung des Kindergeldes bereits bei der Bestimmung des Bedarfs des Kindes. Dabei ist in der unterhaltsrechtlichen Rechtsprechung schon vor der Neufassung des § 1612b BGB anerkannt gewesen, dass das Kindergeld auf den Bedarf des Kindes, insbesondere eines volljährigen Kindes, anzurechnen ist und einem Kind unterhaltsrechtlich ein Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes zustehen kann (vgl. BGH Urteil vom 26.10.2005 - XII ZR 34/03). Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber ausdrücklich eine Harmonisierung der unterhaltsrechtlichen und der sozialrechtlichen Rechtslage durch Anpassung des Unterhaltsrechts an die sozialrechtliche Rechtslage erreichen (BT-Drucks. 16/1830 S. 29). Sowohl § 11 Abs. 1 S. 4 SGB II als auch § 1612b BGB ordnen - abweichend von der grundsätzlichen kindergeldrechtlichen Zuordnung - jeweils an, dass das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung des sozialrechtlichen bzw. unterhaltsrechtlichen Bedarfs des Kindes zu verwenden ist (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 30.04.2013 - L 6 AS 2234/12 NZB, Beschluss vom 22.01.2014 - L 12 AS 888/13 NZB, LSG Thüringen Beschluss vom 04.07.2013 - L 9 AS 395/10), wobei der Begriff des sozialrechtlichen und des unterhaltsrechtlichen Bedarfs nicht identisch sind.
Dahinstehen kann, ob im vorliegenden Fall wegen des Bezugs von Anwärterbezügen überhaupt noch ein unterhaltsrechtlich zu deckender Bedarf bei dem Sohn der Klägerin bestanden hat. Selbst wenn ein solcher Bedarf bestanden hätte, folgt aus § 1612b BGB nicht, dass das Kindergeld als Einkommen des Sohnes zu berücksichtigen ist. Diese Vorschrift regelt einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch zwischen den Unterhaltsverpflichteten (vgl. Schürmann in Koch, Handbuch des Unterhaltsrechts, 12 Aufl., Rn. 4261 ff) und bestimmt darüber hinaus, dass Kindergeld nicht als Einkommen eines Unterhaltsverpflichteten bei der Prüfung des Unterhaltsanspruchs eines weiteren nachrangigen Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen ist (BVerfG Beschluss vom 14.07.2011 - 1 BvR 932/10). Welches Einkommen im Rahmen des SGB II bei einem Elternteil als Einkommen zu berücksichtigen ist, wird in § 11 Abs. 1 SGB II geregelt, dessen Wortlaut eindeutig ist (vgl. LSG Bayern Urteil vom 15.11.2007 - L 7 AS 320/06 zu § 1612b BGB a.F.). Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass das Kindergeld grundsätzlich nicht als Einkommen des Kindergeldberechtigten, sondern im Hinblick auf die Bestimmung § 1612b BGB als Einkommen des Kindes aufzufassen ist, ist nicht etwa im Hinblick auf eine bestehende Regelungslücke geboten (LSG Thüringen, Beschluss vom 04.07.2013 - L 9 AS 395/10). Zwar hat der Gesetzgeber den Kindern durch die Vorschrift des § 1612b BGB das Kindergeld familienrechtlich bindend und unabhängig vom Außenverhältnis zwischen den Bezugsberechtigten und der Familienkasse zugewiesen (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 14.07.2011 - 1 BvR 932/10). Diese unterhaltsrechtliche Zuweisung kann ein Kind ggf. auf verschiedenen Wegen (u.a. Antrag auf Abzweigung nach § 74 EStG oder Geltendmachung eines Auskehranspruchs - BGH Urteil vom 26.10.2005 - XII ZR 34/03) durchsetzen. Das Kindergeld hat der Klägerin vorliegend jedoch als bereites Mittel zur Verfügung gestanden, da dieses von der Familienkasse nicht an ihren Sohn abgezweigt, sondern an sie ausgezahlt worden ist. Entscheidend ist nicht, ob die Voraussetzungen für eine Abzweigung nach § 74 EStG vorgelegen haben, sondern ob eine solche beantragt und durchgeführt worden ist.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2009 - L 20 SO 99/07 - berufen. Diese Entscheidung betraf die Rechtslage nach dem SGB XII. Da das SGB XII die besondere Konstruktion einer Bedarfsgemeinschaft nicht kennt, hat das BSG ausdrücklich offen gelassen, ob die Rechtslage zum SGB II zur Berücksichtigung von Kindergeld für im Haushalt des Kindergeldberechtigten lebende volljährige Kinder auf das SGB XII übertragbar ist (BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R). Jedenfalls scheidet umgekehrt eine Übertragung der Rechtslage zum SGB XII auf das SGB II angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung aus.
Von dem Kindergeld ist eine Versicherungspauschale i.H.v. 30,00 EUR nach § 11b Abs. Nr. 3 SGB II nicht abzugsfähig, da diese schon in dem vom Erwerbseinkommen der Klägerin abgezogenen Freibetrag von 100,00 EUR nach § 11b Abs. 2 S. 1 SGB II mitberücksichtigt ist. Mithin deckt das anrechenbare Einkommen i.H.v. insgesamt 395,20 EUR (211,20 EUR + 184,00 EUR) die Bedarfe nach §§ 20, 21 SGB II i.H.v. 382,80 EUR vollständig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.