Tatbestand:

Der Kläger begehrte mit seinem am 02.07.2007 bei der Beklagten eingegangenen Antrag Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 17.08.2007 hat er vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Grundsicherungsleistungen erhoben. Mit Bescheid vom 29.08.2007, den der Kläger dem SG unter Hinweis auf seinen dagegen eingelegten Widerspruch am 03.09.2007 übersandt hat, hat die Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen abgelehnt.

Auf Hinweis des SG, dass die Klage mangels Abschluss des Vorverfahrens unzulässig sei und die Rücknahme der Klage angeregt werde, hat der Kläger mit Schreiben vom 05.09.2007 erklärt: "Ich ziehe meine Klage und den Prozesskostenhilfeantrag vorläufig zurück. Sobald die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, werde ich gegebenenfalls die Klage und den Prozesskostenhilfeantrag erneut einreichen." Am 08.10.2007 hat er die Rücknahme dieser Klagerücknahme erklärt, weil sie vom Gericht nahegelegt worden und fakultativ sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.11.2007 hat das SG festgestellt, dass die Klage durch Rücknahme vom 06.09.2007 erledigt sei. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den ihm am 08.11.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.12.2007 Berufung eingelegt, mit der er geltend macht, er habe der Beklagten bereitwillig alle Auskünfte erteilt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf vom 02.11.2007 aufzuheben und unter Fortsetzung des Verfahrens die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2007 Grundsicherungsleistungen zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte seine Entscheidung in Abwesenheit der Beteiligten treffen, weil diese zuvor mit der Ladung auf diese Möglichkeit, die aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 2 Satz 1, 124, 126, 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG - folgt, hingewiesen worden sind.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit erledigt ist.

Nach § 102 Satz 1 SGG kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die hier mit Schreiben vom 05.09.2007 abgegebene Erklärung ist eine wirksame Klagerücknahme. Diese muss als Prozesshandlung eindeutig, klar, unmissverständlich und bedingungslos ausgesprochen werden (BSG, Urt. v. 29.05.1980 - 9 RV 8/80). Der Kläger hat unmissverständlich erklärt, dass er die Klage zurückziehe. Die Hinzusetzung des Wortes "vorläufig" bedeutet insoweit keine Einschränkung. Sie muss im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Satz gesehen werden, dass die Klage gegebenenfalls erneut eingereicht werde. Damit hat der Zusatz "vorläufig" aber nur die Bedeutung, dass eine erneute Klageerhebung in derselben Angelegenheit vorbehalten werde (zur Möglichkeit der erneuten Klageerhebung vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., § 102 Rn. 11), sofern die Sachurteilsvoraussetzungen gegebenenfalls eintreten sollten. Dem entspricht die spätere Erklärung, dass die "Klagerücknahme zurückgenommen" werde, woraus sich ergibt, dass auch der Kläger seine Erklärung uneingeschränkt dahin verstanden hat, dass er das Verfahren beenden wollte.

Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 S. 2. SGG). Die Rücknahme der Klage kann grundsätzlich weder angefochten noch widerrufen werden (BSG Urt. v. 20.12.1995 - 6 Rka 18/95).

Ihr Widerruf ist nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der Nichtigkeits - oder Restutionsklage (§§ 579, 580 Zivilprozessordnung - ZPO -) möglich (BSG Urt. v. 14.06.1978 - 9/10 RV 31/77 - = SozR 1500 § 102 Nr. 2). Deren Voraussetzungen sind aber offensichtlich nicht erfüllt. Dies macht auch der Kläger nicht geltend, sondern er beruft sich lediglich darauf, dass ihm die Klagerücknahme durch das Gericht nahegelegt worden sei. Dies steht aber keinem der in den §§ 579, 580 ZPO genannten Gründen gleich.

Ob darüberhinaus eine Widerrufsmöglichkeit im Fall einer durch Täuschung seitens des Gerichts erwirkten Rücknahmeerklärung anzuerkennen ist, kann dahin stehen (ebenso offengelassen von BSG Urt. v. 12.03.1981 - 11 RA 52/80). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, denn der Hinweis des Gerichts, dass es für eine zulässige Klageerhebung der Durchführung des Vorverfahrens (§ 78 SGG) bedürfe, war zutreffend.

Darüberhinaus war die Klage hier schon deshalb unzulässig, weil bei ihrer Erhebung eine Entscheidung der Beklagten nocht nicht ergangen war (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, a.a.O., § 54 Rn. 38). Die Klage ist auch nicht durch den späteren Bescheid der Beklagten vom 29.08.2000 zulässig geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt denknotwendig voraus, dass bereits wegen eines weiteren Verwaltungsaktes die Klage anhängig ist. Ist dies wie hier nicht der Fall, kann der Bescheid nicht Gegenstand des Verfahrens über § 96 Abs. 1 SGG werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 96 Rn. 2a).

Es besteht auch kein Anlass in der Übersendung des Bescheides der Beklagten vom 29.08.2007 durch den Kläger eine Klageerweiterung (§ 99 SGG) zu sehen, weil er selbst gleichzeitig darauf verwiesen hatte, dass er den zu diesem Zeitpunkt allein zulässigen Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt habe.

Ist der Rechtsstreit daher erledigt, ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.