Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Freistellung von Kosten einer ambulanten Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff (HBO) vom 25.05.2009 bis 22.06.2009 in Höhe von 3.885,80 EUR und vom 07.07.2009 bis 31.07.2009 in Höhe von 3.108,64 EUR.

Die am 00.00.1960 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin, leidet unter Diabetes mellitus Typ I mit Verschluss aller originären Unterschenkelgefäße im Bereich des oberen Sprunggelenks. Im Februar 2009 bildeten sich trockene Nekrosen an Zehen des linken Fußes (pAVK im Stadium IV links, ischämisches diabetisches Fußsyndrom). Vom 23.03.2009 bis 01.04.2009 wurde die Klägerin in der Klinik für Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums B stationär behandelt. Sie unterzog sich am 27.03.2009 einer diagnostischen Angiographie des linken Beines mit einer Probefreilegung der Arteria dorsalis pedis links. Bei diesem Eingriff zeigten sich massive arteriosklerotische Veränderungen, so dass eine zunächst geplante Bypassimplantation nicht durchgeführt werden konnte. Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine Wundheilungsstörung ohne Heilungstendenz, eine antibiotische Behandlung zeigte keine Wirkung.

Mit Schreiben vom 02.05.2009 - bei der Beklagten eingegangen am 06.05.2009 - beantragte die Klägerin über das nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene HBO-Zentrum F B die Kostenübernahme für eine hyperbare Sauerstofftherapie. Das diabetische Fußsyndrom befinde sich im Übergang zum Stadium Wagner III. Trotz dieser schweren Erkrankung sei sie in einem guten Allgemeinzustand, so dass die Behandlung ambulant erfolgen könne. Die HBO-Therapie stelle für sie die letzte Chance dar, eine Abheilung der OP-Wunde zu erreichen und eine Amputation im Unterschenkelbereich zu vermeiden.

Mit Bescheid vom 08.05.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie berief sich auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 10.04.2000 (BAnz. 2000, S. 4602), mit dem der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) entschieden habe, dass die hyperbare Sauerstofftherapie nicht als ambulante vertragsärztliche Leistung erbracht werden dürfe. Der Beschluss hat folgenden Wortlaut:

"Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bestätigt nach erneuter, umfassender und indikationsbezogener Überprüfung seinen Beschluss vom 22.11.1994, die Behandlungsmethode der Hyperbaren Sauerstofftherapie nicht für die vertragsärztliche Versorgung anzuerkennen."

Aufgrund dieser Entscheidung ist die hyperbare Sauerstofftherapie in der Anlage II ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung vom 17. Januar 2006, BAnz. 2006, S. 1523) aufgeführt.

Im Widerspruchsverfahren berief die Klägerin sich auf den Beschluss des GBA über eine Änderung der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) vom 13.03.2008 (BAnz. 2008, Seite 4072), der wie folgt lautet:

"In § 4 (Methoden, die von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen von Krankenhausbehandlung ausgeschlossen sind) wird nach Nummer 2.5 folgende Nummer 2.6 angefügt:

Hyperbare Sauerstofftherapie beim diabetischen Fußsyndrom als alleinige Therapie oder in Kombination. Unberührt von diesem Ausschluss bleibt die adjuvante Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom in Stadium Wagner >= 3 ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie."

Hiernach sei die HBO im Rahmen stationärer Behandlungen zugelassen. Eine stationäre HBO-Therapie werde jedoch von Krankenhäusern im näheren und weiteren Umfeld der Klägerin nicht angeboten und müsse auch im Rahmen einer stationären Behandlung extern durchgeführt werden. Weil ihr Gesamtzustand eine Aufnahme in einer Klinik nicht erforderlich mache, habe sie keine Möglichkeit, die Therapie im Rahmen einer stationären Behandlung zu erhalten. Sie sehe es als Systemversagen an, dass der GBA keine Möglichkeit geschaffen habe, eine nachgewiesen wirksame Therapie ambulant zu Lasten der gesetzlichen Kassen durchführen zu lassen. Dies beeinträchtige auch ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit.

In der Zeit vom 25.05.2009 bis 22.06.2009 führte die Klägerin 20 HBO-Behandlungen im HBO-Zentrum F B zum Preis von 3.885,80 EUR durch. In der Zeit vom 23.06.2009 bis 06.07.2009 nahm die Klinik für plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirugie des Universitätsklinikums B Revisionsmaßnahmen an den zwei nekrotisierenden Zehengliedern vor. Während dieses stationären Aufenthalts wurde die HBO-Therapie in 10 Sitzungen in der Druckkammer des HBO-Zentrums F B fortgeführt, weil das Universitätsklinikum B selbst nicht über eine Druckkammer verfügt. Diese Leistungen wurden als Krankenhausleistungen mit der Beklagten abgerechnet.

Mit Bescheid vom 03.07.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die hyperbare Sauerstofftherapie sei vom GBA als Methode bezeichnet worden, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfe, weil zuverlässige wissenschaftliche Belege zum Nutzen, den möglichen Risiken, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit insbesondere für ambulante Therapiekonzepte nicht vorlägen. Wenn der GBA zu einer negativen Bewertung einer Therapiemethode gelangt sei, sei auch mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) ein Leistungsanspruch nicht zu begründen.

In der Zeit vom 07.07.2009 bis 31.07.2009 führte das HBO-Zentrum ambulant weitere 16 Behandlungen zu einem Preis von 3.108,64 EUR durch. Die Begleichung der Rechnungen für beide Behandlungszyklen wurde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch gestundet.

Gegen die Zurückweisung des Widerspruchs richtet sich die am 07.08.2009 erhobene Klage. Die Klägerin hat vorgetragen, die HBO sei nach dem Beschluss des GBA vom 13.03.2008 beim diabetischen Fußsyndrom mit Stadium ab Wagner 3 ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie als adjuvante Anwendung im Rahmen stationärer Behandlung nicht ausgeschlossen. Die HBO sei damit eine anerkannte Methode der Krankenhausbehandlung. Die Tatsache, dass der Gesundheitszustand der Klägerin hinsichtlich des diabetischen Fußsyndroms zwar schwerwiegend gewesen sei, jedoch keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit begründet habe, könne ihr nicht entgegengehalten werden. Zudem fehle in B und Umgebung das Angebot einer stationären HBO-Behandlung, auch das Universitätsklinikum als Krankenhaus der Maximalversorgung verfüge über keine eigene Druckkammer und bediene sich der Leistungen des HBO-Zentrums. Jedenfalls ergebe sich ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Systemversagens. Ausweislich der Beschlussbegründung des GBA vom 13.03.2008 zur Bestätigung der HBO als Krankenhausleistung habe dieser lediglich angenommen, dass bei einem diabetischen Fußsyndrom mit einem Stadium ab Wagner III in der Regel eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit vorliege. Der GBA sei letztlich davon ausgegangen, dass die Behandlung auch außerhalb eines stationären Aufenthalts ambulant erfolgen könne. Die Anerkennung der HBO auch für den ambulanten Versorgungsbereich sei vor diesem Hintergrund pflichtwidrig unterblieben. Die im Beschluss vom 13.03.2008 getroffenen positiven Feststellungen müssten sowohl für den ambulanten als auch den stationären Bereich gleichermaßen gelten. Ein Leistungsanspruch sei schließlich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) begründet, denn die Amputation des linken Fußes habe akut gedroht. Hierbei handele es sich um eine notstandsähnliche Extremsituation im Sinne der zum "Nikolausbeschluss" ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2009 zu verurteilen, sie von den Kosten der in der Zeit vom 25.05. bis 22.06.2009 und vom 07.07 bis 31.07.2009 ambulant im HBO-Zentrum F B durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6.994,44 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung berufen.

Mit Urteil vom 29.09.2009 hat das Sozialgericht Aachen die Klage abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V scheide aus, weil die hyperbare Sauerstofftherapie rechtlich nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sei. Nach der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung gehöre die HBO zu den Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürften. Ein Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch folge auch nicht aus den Grundsätzen des Systemversagens. Es sei nicht ersichtlich, dass das einschlägige Prüf- und Bewertungsverfahren von den Krankenkassen oder dem Bundesausschuss in zurechenbarer Weise unzulässig verzögert oder verhindert worden sei. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich ferner nicht aus der Entscheidung des BVerfG vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98). Die Amputation des Fußes stelle keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung dar. Unabhängig davon stehe zur Behandlung des diabetischen Fußsyndroms eine Standardtherapie in Form eines multimodalen Therapiekonzeptes zur Verfügung. Beim Einsatz der HBO handele es sich grundsätzlich nur um eine adjuvante therapeutische Option.

Gegen diese am 01.10.2009 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 14.10.2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie meint weiterhin, der GBA habe seine zum Beschluss vom 13.03.2008 führenden Überlegungen auch auf die ambulante Versorgungsform erstrecken müssen. Er habe den in der Praxis relevantesten Fall außer Acht gelassen, dass ein Patient mit diabetischem Fußsyndrom zunächst stationär antherapiert und sodann nach einigen Behandlungen in die ambulante Versorgung entlassen werde. Die stationäre Behandlungsbedürftigkeit werde in den seltensten Fällen über die gesamte Therapiezeit vorliegen, so dass der GBA auch im Hinblick auf die Schnittstelle zwischen stationärer Vorversorgung und ambulanter Nachversorgung eine Entscheidung hätte treffen müssen. Der GBA habe mit dem Beschluss vom 13.03.2008 seine Bewertung der ambulanten HBO-Therapie aus dem Jahre 2000 revidiert und den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit dieser Therapie unabhängig von der Versorgungsform konstatiert. Eine Veröffentlichung über die so genannte HODFU Studie, die ausschließlich unter ambulanten Bedingungen durchgeführt worden sei, belege den Nutzen und die Wirksamkeit der ambulanten HBO beim diabetischen Fußsyndrom. Die bei ihr durchgeführten HBO-Behandlungszyklen seien außerdem ebenfalls in ein multimodales Therapiekonzept eingebunden gewesen. Sie habe eine chirurgische Behandlung, eine Versorgung mit speziellem Schuhwerk und eine exakte Diabeteseinstellung erhalten. Zudem habe aufgrund der drohenden Amputation des linken Fußes eine notstandsähnliche Krankheitssituation im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) vorgelegen. Die konservative Therapie sei ausgeschöpft gewesen und auch die letzte Möglichkeit einer operativen Bypassimplantation gescheitert. Sie habe einen zwingenden Grund gehabt, einen Nichtvertragsarzt in Anspruch zu nehmen, da die ambulante HBO nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung angeboten werde und ihr Gesundheitszustand akut gefährdet gewesen sei. Nach Durchführung der letzten 16 HBO-Behandlungen sei die Operationswunde reizlos abgeheilt. Die Klägerin hat zum Beleg hierfür einen Arztbrief des HBO-Zentrums an die Klinik für Plastische Chirurgie vom 09.08.2009 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Aachen vom 29.09.2009 und Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 08.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2009 zu verurteilen, sie von den Kosten der in der Zeit vom 25.05.2009 bis 22.06.2009 sowie vom 07.07.2009 bis 31.07.2009 ambulant im HBO-Zentrum F B durchgeführten hyperbaren Sauerstofftherapie in Höhe von 6.994,44 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Bewertung der HBO für den stationären Versorgungsbereich sei nicht auf den ambulanten Versorgungsbereich übertragbar. Nach Feststellung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) seien die ausgewerteten Studien zum medizinischen Nutzen der Therapie fast ausschließlich im stationären Behandlungssektor erfolgt. Die HBO-Therapie sei in den bewerteten Studien in ein klinisches Gesamtkonzept ergänzend zur chirurgischen und konservativen Therapie eingebunden worden. Es sei damit fraglich, ob die Feststellungen zum medizinischen Nutzen ohne weiteres auf eine ausschließlich ambulante Therapie übertragbar wären. Aufgrund des Urteils des BSG vom 07.11.2006 (B 1 KR 24/06 R) sei zudem eine verfassungsrechtliche Begründung des Anspruchs ausgeschlossen. Ein Notfall für die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes habe nicht vorgelegen.

Der Senat hat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eine Auskunft des GBA vom 20.09.2011 über die Frage, ob zu der Behandlungsmethode "hyperbare Sauerstofftherapie" bei diabetischem Fußsyndrom nach dem 13.03.2008 ein Zulassungsantrag gestellt worden ist, eingeholt sowie den Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 23.06.2009 - 06.07.2009 beigezogen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der beiden Behandlungszyklen der hyperbaren Sauerstofftherapie.

Allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V. Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Nachdem die Beklagte die Bewilligung einer ambulanten HBO-Therapie abgelehnt hatte, hat die Klägerin sich diese Therapie selbst beschafft. Dahingestellt bleiben kann, ob der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung der Leistung durch die Beklagte und der Selbstbeschaffung vorliegt (dazu 1.). Die Beklagte hat die Leistung jedenfalls nicht zu Unrecht abgelehnt; die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die Gewährung einer ambulanten HBO-Therapie (dazu 2.).

1. Der für die Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung erforderliche zeitliche Zusammenhang liegt vor. Die Klägerin hat den Beschaffungsweg (BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 12 = BSGE 98, 26) insoweit eingehalten. Sie hat die Therapie vor ihrer Durchführung beantragt und die Ablehnungsentscheidung vom 08.05.2009 abgewartet. Der Antrag und die Ablehnungsentscheidung umfassen beide Behandlungszyklen. Zwar wird im Leistungsantrag vom 02.05.2009 ausdrücklich zunächst nur eine Kostenübernahme "für 25 Behandlungen" erwähnt. Jedoch werden diese Behandlungen als "initial" bezeichnet, so dass der Antrag nicht als lediglich auf einen Behandlungszyklus gerichtet zu interpretieren ist. Die Ablehnungsentscheidung enthält demgemäß keine Beschränkung auf die ausdrücklich genannten 25 Behandlungen, sondern bezieht sich generell auf die "geplante hyperbare Sauerstofftherapie".

Der Senat kann - wie das BSG (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) - die Frage offen lassen, ob die Kausalität zwischen dem ablehnenden Bescheid und der selbst beschafften Leistung jedoch zu verneinen ist, weil die Klägerin - unabhängig davon, wie die Entscheidung der Beklagten ausfällt - von vornherein auf die Durchführung der HBO-Therapie festgelegt war. Hierfür könnten der vor der Kontaktaufnahme mit der Beklagten bestehende Kontakt mit dem HBO-Zentrum und die Stellung des Leistungsantrags durch das HBO-Zentrum sprechen.

2. Die Beklagte hat die begehrte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Die ambulante hyperbare Sauerstofftherapie gehört nicht zu den Leistungen, die die Krankenkasse als Dienst- oder Sachleistung zu erbringen hat. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.

a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch unterliegt den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Die Leistungen müssen hiernach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Die Krankenkassen sind daher nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie - wie hier - nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen und damit der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).

Bei der hyperbaren Sauerstofftherapie handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode. Neu ist eine Behandlungsmethode, wenn sie - wie hier - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) enthalten oder zwar dort aufgeführt, ist, die Indikation aber eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren hat, sie also noch nicht Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungssystems geworden ist (BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).

Als neue Behandlungsmethode darf die Therapie damit ambulant nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn bereits zum Zeitpunkt der Behandlung eine positive Empfehlung des GBA vorgelegen hat. Hieran fehlt es. Nach Anlage 2 Ziffer 16 der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung gehört die hyperbare Sauerstofftherapie vielmehr zu den nicht anerkannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Die hyperbare Sauerstofftherapie kann damit grundsätzlich nicht als ambulante ärztliche Leistung der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch genommen werden.

b) Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen des Systemversagens. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Leistungspflicht der Krankenkassen ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht. Ein solcher Systemmangel kann (auch) vorliegen, wenn ein Anerkennungsverfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Denn die Ermächtigung in § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V besagt nicht, dass es dem GBA freigestellt ist, ob und wann er sich mit einem Antrag auf Anerkennung einer neuen Methode befassen und hierzu eine Erklärung abgeben will. Ebenso wenig kann es im Belieben der antragsberechtigten Körperschaften und Verbände stehen, ob überhaupt ein Verfahren vor dem Bundesausschuss in Gang gesetzt wird. Das präventive Verbot in § 135 SGB V dient allein dem Zweck der Qualitätssicherung, nur soweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Behandlungsmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Grundsätzlich zählen auch neue medizinische Verfahren zum Leistungsumfang der Krankenversicherung. Soweit sie sich als zweckmäßig und wirtschaftlich erweisen, dürfen sie dem Versicherten nicht vorenthalten werden. Dem muss das Verfahren vor dem GBA gerecht werden. Es muss gewährleistet sein, dass bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterlagen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Wird die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht das dem Auftrag des Gesetzes (BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54).

Der nach wie vor geltende Ausschluss der ambulanten hyperbaren Sauerstofftherapie bei diabetischem Fußsyndrom beruht nicht auf einen Systemversagen im vorbezeichneten Sinne:

Die Aufnahme der hyperbaren Sauerstofftherapie in den Katalog der nicht zugelassenen Behandlungsmethoden erfolgte durch den Beschluss des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: GBA) vom 10.04.2000. Der Bundesausschuss hatte festgestellt, dass zum damaligen Zeitpunkt zuverlässige wissenschaftliche Belege zum Nutzen, zur Abklärung der möglichen Risiken, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie insbesondere für ambulante Therapiekonzepte nicht vorlagen (Begründung des Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur hyperbaren Sauerstofftherapie vom 10.04.2000).

Seither hat sich die Erkenntnislage hinsichtlich der HBO in der ambulanten Versorgung nicht so wesentlich geändert, dass die Einleitung und Durchführung eines neuen Anerkennungsverfahrens geboten gewesen wäre. Ein neuer Prüfantrag ist nach der vom Senat eingeholten Mitteilung des GBA vom 20.09.2011 nicht gestellt worden. Die Einleitung eines Prüfverfahrens ist nicht rechtswidrig unterblieben (hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2008 - L 5 KR 81/08). Vielmehr wird aus dem Beschluss des GBA zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nach § 137c SGB V vom 13.03.2008 deutlich, dass auch im Lichte der bis zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Erkenntnisse eine abweichende Beurteilung nicht geboten ist. Denn weiterhin ist die hyperbare Sauerstofftherapie beim diabetischen Fußsyndrom als alleinige Therapie oder in Kombination von der Krankenhausbehandlung ausgeschlossen. Unberührt von diesem Ausschluss bleibt lediglich die hyperbare Sauerstofftherapie als adjuvante Anwendung bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium Wagner III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie. Aus der sehr umfangreichen zusammenfassenden Dokumentation des Beratungsverfahrens nach § 137 c SGB V vom 13.11.2008 wird deutlich, dass der GBA unter Auswertung zahlreicher Studien und sorgfältiger Abwägung zu der beschränkten Zulassung der HBO im Rahmen der Krankenhausbehandlung gelangt ist und bewusst eine Zulassung der Therapie als alleinige Therapie außerhalb eines multimodulären stationären Behandlungskonzeptes unterblieben ist. In dem diesem Beschluss zugrundeliegenden Antrag der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 05.11.2001 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die hyperbare Sauerstofftherapie derzeit als ambulante vertragsärztliche Leistung nicht abgerechnet werden kann. Nach der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren wurde die Entscheidung des GBA nach insgesamt schwierigen und eingehenden Beratungen getroffen. Im Einzelnen erfolgte eine durchaus unterschiedliche Bewertung durch die Beteiligten. Ausdrücklich unstrittig und damit Grundlage für den getroffenen Beschluss aber war, dass Voraussetzung für die adjuvante HBO-Anwendung ein Erkrankungszustand ist, der eine stationäre Behandlung erfordert (Dokumentation S. A-4). Die Behandlung in der als aussagekräftigste identifizierten Studie erfolgte nach einem interdisziplinären Behandlungskonzept unter Einschluss konservativer und invasiver Diagnose- und Therapieverfahren unter stationären Bedingungen (Dokumentation S. B-23 und S. C-4). Die von der Klägerin vorgelegte einzelne Veröffentlichung (Diabetes Care, Volume 33, Number 5, Mai 2010) begründet angesichts dessen Anhaltspunkte für ein Systemversagen nicht (zur Nichteignung des Hinweises auf eine einzelne Studie zur Begründung von Systemversagen vergl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2009 - L 16 B 88/08 KR), zumal die Studie zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht vorlag (zur Maßgeblichkeit des Vorliegens des Systemversagens im Zeitpunkt der Leistungserbringung vergl. Hess, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 135 SGB V Rnr. 7; zur rechtswidrigen Untätigkeit als Voraussetzung des Systemversagens auch BSG, Urteil vom 19.02.2002 - B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12).

Dass die hyperbare Sauerstofftherapie bei diabetischem Fußsyndrom unter bestimmten Voraussetzungen in der stationären Versorgung zu den von einer Krankenkasse geschuldeten Leistungen gehören kann, führt allein nicht schon zur Leistungspflicht für eine entsprechende ambulante Therapie. Das hierauf abzielende Vorbringen der Klägerin verkennt die grundsätzlichen rechtlichen Unterschiede einer Leistungserbringung im ambulanten und im stationären Bereich: Während für die ambulante Versorgung bezüglich neuer Behandlungsmethoden gem. § 135 SGB V ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gilt, ist die rechtliche Konstruktion für den stationären Bereich durch § 137c SGB V so ausgestaltet, dass neuartige Behandlungsverfahren im Rahmen einer Krankenhausbehandlung umgekehrt keiner besonderen Zulassung bedürfen und nur ausgeschlossen sind, wenn der GBA dazu eine negative Stellungnahme abgegeben hat. Der sachliche Grund für diese unterschiedliche rechtliche Behandlung liegt darin, dass der Gesetzgeber die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen im Krankenhausbereich geringer eingestuft hat, als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 135 Nr. 8).

c) Die Klägerin kann sich schließlich nicht mit Erfolg auf eine notstandsähnliche Krankheitssituation unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1995 - 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 = BVerfGE 115, 25) berufen. Allerdings scheitert ein entsprechender Anspruch entgegen der Meinung der Beklagten nicht daran, dass ein ausdrücklicher Ausschluss der Therapie durch den GBA vorliegt (BVerfG, Beschluss vom 29.11.2007 - 1 BvR 2496/07, SozR 4-2500 § 27 Nr. 17; abweichend BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06, SozR 4-2500 § 135 Nr. 12 = BSGE 97, 190). Jedoch sind die Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Hiernach ist es mit den Grundsätzen aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nicht nur bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden sondern darüber hinaus auch bei wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen in Betracht (BSG, Urteil vom 20.04.2010 - B 1/3 KR 22/08 R, SozR 4-1500 § 109 Nr. 3 = BSGE 106,81 - drohende Erblindung). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sogenannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 16, mit einer Aufzählung der Erkrankungen, bei denen eine Vergleichbarkeit mit einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung nicht geboten ist). Abgesehen davon, dass die drohende Amputation des linken Fußes trotz der Schwere dieses Eingriffs keine notstandsähnliche Extremsituation im Sinne dieser Rechtsprechung darstellen dürfte (das von der Klägerin insoweit angeführte Urteil des SG Dresden vom 04.09.2008 - S 18 KR 298/06 - bezieht sich auf einen drohenden Verlust der Sehkraft und gibt für den vorliegenden Fall nichts her), sind die Voraussetzungen dieser Entscheidung bei der Klägerin allein deshalb nicht erfüllt, weil eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht. Wenn das Krankheitsbild der Klägerin ein Ausmaß erreicht, das eine stationäre Aufnahme gebietet, ist eine multimodulare Behandlung, in deren Rahmen auch die hyperbare Sauerstofftherapie als adjuvante Therapieform zur Verfügung gestellt werden kann, gerade nicht ausgeschlossen. Entscheidend ist, dass diese Therapie nur nicht als alleinige ambulante Therapie außerhalb einer stationären Gesamtversorgung durchgeführt werden darf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.