Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 1 KR 862/12 - Urteil vom 28.01.2014
Die Polkörperdiagnostik ermöglicht im Rahmen einer künstlichen Befruchtung eine genetische Untersuchung der entnommenen Eizelle und soll die Zeugung eines kranken Kindes und damit gegebenenfalls eine zum Abbruch führende Schwangerschaft oder eine schwerwiegende Gesundheitsstörung beim Embryo verhindern. Sie stellt keine von der Gesetzlichen Krankenkasse zu übernehmende Leistung dar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung ihrer Aufwendungen für Polkörperdiagnostik.
Die 1978 geborene Klägerin trägt als so genannte Konduktorin die Erbanlage für eine Muskeldystrophie des Typs Duchenne/Becker; eine entsprechende Veränderung des Dystrophin-Gens wurde bei ihr festgestellt. Eine Konduktorin (Überträgerin) kann die Eigenschaft an die folgenden Generationen weitergeben bzw. übertragen. Die Muskeldystrophie des Typs Duchenne ist eine genetisch determinierte Synthesestörung des Muskelstrukturproteins Dystrophin, das bei dieser Krankheitsform nicht gebildet wird. Der Dystrophinmangel führt mit der Zeit zum Untergang von Muskelfasern und Ersatz durch Fett- oder Bindegewebe. Die Duchenne-Muskeldystrophie beginnt im Kleinkindalter mit einer Schwäche der Becken- und Oberschenkelmuskulatur, schreitet rasch voran und endet, meist im jungen Erwachsenenalter, immer tödlich, sobald die Herz- und Atemmuskulatur abgebaut wird.
Die Klägerin ist verheiratet. Ihr Ehemann leidet an einer Fertilitätsstörung.
Die Klägerin beantragte Ende des Jahres 2010 die Kostenübernahme für die künstliche Befruchtungsmaßnahme der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) sowie für eine Polkörperdiagnostik. Die Polkörperdiagnostik ermöglicht im Rahmen einer künstlichen Befruchtung eine genetische Untersuchung der entnommenen Eizelle. Diese Untersuchung erfolgt an der Eizelle vor Abschluss der Befruchtung. Vor der Verschmelzung des mütterlichen und väterlichen Vorkernes werden die Polkörper entnommen und humangenetisch untersucht. Die Polkörper sind Abschnürungen aus der Eizelle und enthalten ein Spiegelbild des Erbgutes der Eizelle.
Mit Schreiben vom 15.12.2010, das keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, teilte die Beklagte mit, dass sie sich "an der geplanten Kinderwunschbehandlung beteiligen kann", lehnte aber die Kostenübernahme für die Polkörperuntersuchung ab. Bei der Polkörperuntersuchung handele es sich um eine so genannte Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) und damit eine Maßnahme außerhalb der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 09.02.2011 Widerspruch, mit dem sie geltend machte, die Durchführung der Polkörperdiagnostik sei wünschenswerter und besser als ein ggf. später durchzuführender Schwangerschaftsabbruch wegen der Übertragung ihrer vererblichen Erkrankung. Die Entscheidung der Beklagten sei daher rechtsethisch und kostenmäßig nicht verständlich.
Die Beklagte hörte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an. Dieser führte mit Gutachten vom 22.03.2011 aus, dass die Polkörperdiagnostik - anders als die Präimplantationsdiagnostik - erlaubt sei, aber nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Als Alternative stehe die vorgeburtliche Diagnostik durch Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasseruntersuchung zur Verfügung.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2011 zurück. Bei der beantragten Untersuchungsmethode handele es sich um eine neue unkonventionelle Untersuchungsmethode, für welche die erforderliche Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht vorliege. Das Bayrische Landessozialgericht (LSG) habe mit Urteil vom 07.08.2008 (L 4 KR 259/07) den Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Polkörperdiagnostik abgelehnt, weil es sich bei der Untersuchung nicht um eine medizinische Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in dem Sinne handele, dass sie dem einzelnen Zeugungsakt entspreche und mittelbar der Befruchtung diene.
Hiergegen hat die Klägerin am 08.06.2011 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben.
Zwischenzeitlich ließ die Klägerin die Polkörperdiagnostik durchführen. Hierfür sind nach der Aufstellung der Klägerin im Rahmen des ersten Behandlungszyklus Kosten in Höhe von 7.100,97 Euro, im Rahmen des zweiten Behandlungszyklus von 3.062,16 Euro und damit insgesamt von 10.163,13 EUR entstanden; wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 41 bis 67 und 79 bis 85 der Gerichtsakte verwiesen. Der zweite Behandlungszyklus führte zu einer Schwangerschaft der Klägerin; am 22.11.2012 befand sich die Klägerin in der 21. Schwangerschaftswoche. Die Klägerin und ihr Ehemann ließen sich vor Durchführung der künstlichen Befruchtungsmaßnahme durch einen Arzt nach Maßgabe des § 27a Abs. 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterrichten und an einen Arzt bzw. eine dort genannte Einrichtung überweisen.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, die durchgeführte Polkörperdiagnostik habe dazu geführt, dass eine genetisch nicht vorbelastete Eizelle habe verwandt werden können. Diese sei die einzige nicht vorbelastete Eizelle von den insgesamt entnommenen neun Eizellen gewesen. Rein vorsorglich mache sie eine Kostenübernahme für einen dritten Behandlungszyklus geltend. Ohne die Polkörperdiagnostik hätte die Gefahr bestanden, mehrfache Befruchtungsversuche nebst anschließender Spätabtreibung auf sich nehmen zu müssen, einschließlich der damit verbundenen schwierigen Entscheidungssituation. Eine Erberkrankung hätte erhebliche gesundheitliche Folgen für das Kind, wie ihr deutlich aus den in der Familie erlittenen Schicksalen bewusst sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Fruchtwasseruntersuchungen von der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet würden, nicht dagegen die Polkörperdiagnostik.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2011 zu verurteilen, die aufgewandten Kosten für eine Polkörperdiagnostik in Höhe von 10.162,13 Euro zu erstatten und für einen etwaigen zukünftigen Behandlungszyklus zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung verblieben.
Mit Urteil vom 22.11.2012 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Bei dem übertragungsfähigen Gendefekt handelte es sich nicht um eine behandlungsbedürftige Erkrankung der Klägerin mit behandlungsbedürftigen Symptomen oder Funktionseinschränkungen im Sinne des § 27 SGB V. Selbst wenn die Eigenschaft als Konduktorin als Krankheit im Sinne dieser Vorschrift anzusehen wäre, so sei die Polkörperdiagnostik nicht geeignet, diese Gesundheitsstörung kurativ zu behandeln.
Die Polkörperdiagnostik stelle eine so genannte neue unkonventionelle Untersuchungsmethode dar, für welche die gesetzlich erforderliche Entscheidung bzw. Befürwortung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht vorliege. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss es vorwerfbar unterlassen habe, über diese Untersuchungsmethode bis zum Jahr 2011 zu entscheiden. Es sei bereits nicht ersichtlich, dass von einer antragsberechtigten Institution ein entsprechender Antrag gestellt worden sei. Darüber hinaus habe es sich bei der Polkörperdiagnostik jedenfalls im Jahr 2003 noch um eine junge wissenschaftliche Sparte und nicht um eine Routinediagnostik gehandelt.
Das Gericht habe auch unter Berücksichtigung des von der Klägerin angeführten Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 GG) keine Möglichkeit für eine positive Entscheidung gesehen. Vielmehr erscheine das aus der gesetzlichen Prüfung gewonnene Ergebnis auch verfassungsrechtlich beanstandungsfrei. Die Klägerin sei gegenüber Frauen, die nicht auf künstliche Befruchtungsmaßnahmen angewiesen seien, nicht benachteiligt. Denn ohne die ICSI-Behandlung wäre die Durchführung der Polkörperdiagnostik nicht möglich gewesen. Frauen mit der Erbkrankheit der Klägerin, die keine künstliche Befruchtungsmaßnahmen durchführen müssten bzw. könnten, liefen vielmehr regelmäßig Gefahr, der Entscheidungssituation bei späterer Fruchtwasseruntersuchung mit den damit verbundenen Folgen ausgesetzt zu sein.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 06.12.2012 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 31.12.2012 Berufung erhoben.
Am 11.04.2013 wurde die Tochter Fiona der Klägerin geboren. Die Klägerin hat daraufhin das Verfahren für erledigt erklärt, soweit sie die Übernahme der Kosten für einen etwaigen zukünftigen (dritten) Behandlungszyklus begehrt hatte.
Die Klägerin ist der Auffassung, es seien entgegen der Auffassung des SG sowohl eine Krankheit als auch eine Heilbehandlung gegeben. Zum "Bauplan eines gesunden Körpers" gehöre es, "fehlerfreie Gene zu haben, die es im Rahmen der Fortpflanzungsorgane erlauben, Nachkommen zu zeugen, die ebenfalls frei von genetischen Defekten sind". Ansonsten greife eine "Rechtsfiktion", weil eine Schädigung der Leibesfrucht einer Erkrankung der Mutter gleichstehe. Die Polkörperdiagnostik sei keine neue Behandlungsmethode, sondern werde seit Jahrzehnten praktiziert. Eine Versorgungslücke bestehe. Eine "Schwangerschaft auf Probe" in Verbindung mit Pränataldiagnostik und Spätabtreibung sei keine adäquate Alternative. Im Übrigen greife die Sperrwirkung des § 135 SGB V nicht, weil hier ein Systemversagen, eine schwere bzw. tödlich verlaufende Krankheit sowie eine Krankheit mit Seltenheitswert gegeben seien. Auch das BSG habe bei den ICSI-Leistungen einen rechtswidrigen Leistungsausschluss angenommen, weil ein Systemmangel gegeben sei; diese Argumentation sei auf die Polkörperdiagnostik zu übertragen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 22.11.2012 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2011 zu verurteilen, die aufgewandten Kosten für eine Polkörperdiagnostik in Höhe von 10.163,13 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Gemeinsame Bundesausschuss habe die gutachterliche Alleinkompetenz festzustellen, ob eine neue Methode dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Dies müsse er nach dem wissenschaftlich allein maßgebenden Kriterium der statistischen Signifikanz prüfen. Nur so werde eine bundeseinheitliche und alle Krankenkassen erfassende gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung sichergestellt. Eine Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses sei zur Polkörperdiagnostik noch nicht ergangen. Zudem sei fraglich, ob eine Krankheit im Sinne des SGB V vorliege und - falls dies der Fall sei - bei wem. Ob der Gendefekt eine körperliche Anomalie und aufgrund der Überträgereigenschaft eine Krankheit darstelle, könne dahinstehen. Denn tatsächlich erfolge die Diagnostik nicht am Körper der Klägerin und diene auch nicht der Untersuchung einer Krankheit. Die Diagnostik sei auch nicht an der Leibesfrucht der Klägerin vorgenommen worden. Denn die Polkörperdiagnostik erfolge vor der Verschmelzung der weiblichen Eizelle und der männlichen Samenzelle. Es handele sich somit nicht um beginnendes Leben und nicht um einen Embryo. Eine Ausweitung des Leistungskataloges des SGB V auf Fälle, in denen noch kein "beginnendes Leben" entstanden sei, gehe zu weit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Das SG Düsseldorf hat ihre zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und Abs. 4, § 56 SGG) zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 15.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2011 zu Recht ab, der Klägerin die Kosten für die durchgeführte Polkörperdiagnostik zu erstatten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten.
1. Der Senat musste sich inhaltlich mit dem Begehren der Klägerin befassen. Denn der mit dem Schreiben vom 15.12.2010 verlautbarte ablehnende Verwaltungsakt der Beklagten ist nicht bestandskräftig gemäß § 77 SGG geworden. Die Klägerin hat hiergegen am 09.02.2011 fristgerecht Widerspruch erhoben, weil hierfür aufgrund der fehlenden Rechtsmittelbelehrung in dem Schreiben vom 15.12.2010 eine Jahresfrist galt (§ 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG). Im Übrigen hat sich die Beklagte im Widerspruchsverfahren auch auf die inhaltliche Überprüfung eingelassen.
2. Für das Begehren der Klägerin existiert keine gesetzliche Anspruchsgrundlage.
Ohne eine gesetzliche Anspruchsgrundlage können sowohl die Beklagte als auch die Sozialgerichte dem Begehren der Klägerin nicht entsprechen. Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuchs dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (§ 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Dieser einfach-rechtliche Gesetzesvorbehalt ist unabdingbar (§ 37 Satz 2 SGB I). Die Verwaltung sowie die Rechtsprechung sind zudem auch von Verfassungs wegen an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG)). Der Senat konnte und musste sich somit auf die Prüfung beschränken, ob für das Zahlungsbegehren der Klägerin eine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist. Der Senat musste angesichts der allein streiterheblichen Frage der Kostentragungspflicht damit weder die Zulässigkeit dieser präkonzeptionellen Diagnostik (vgl. zur Terminologie Griesinger u.a., Deutsches Ärzteblatt 2009, S. 533 (533)) prüfen noch damit verbundene rechtsethische Fragen beantworten.
Für die Erstattung der Kosten für die von der Klägerin bereits durchgeführte Polkörperdiagnostik kommt als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind indes nicht erfüllt.
Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V gilt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V lag nicht vor. Denn eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG, Urteil vom 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R). Hierfür ist kein Anhaltspunkt gegeben.
Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Die Polkörperdiagnostik ist keine von der Beklagten geschuldete Leistung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, so dass die Ablehnung nicht zu Unrecht erfolgte und damit auch kein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin entstanden sein kann.
a) Die Polkörperdiagnostik stellt keine Früherkennungsuntersuchung im Sinne der §§ 25 und 26 SGB V dar.
Die Polkörperdiagnostik dient anlässlich der Entscheidung über eine künstliche Befruchtung dem möglichen Ausschluss von mit einer Erbkrankheit versehenen Eizellen. Die Polkörperdiagnostik soll die Zeugung eines kranken Kindes und damit gegebenenfalls eine zum Abbruch führende Schwangerschaft oder eine schwerwiegende Gesundheitsstörung beim Embryo verhindern. Die untersuchte Eizelle ist dabei keine versicherte Person im Sinne der §§ 25 und 26 SGB V, weil dies lebende Personen sind (LSG Bayern, Urteil vom 07.08.2008, L 4 KR 259/07; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013, L 4 KR 5058/12, und Urteil vom 19.07.2013, L 4 KR 4624/12, anhängig BSG, B 1 KR 19/13 R).
b) Die Polkörperdiagnostik ist keine Krankenbehandlung gemäß § 27 (i.V.m. § 11 Abs. 1) SGB V, die eine Krankenkasse ihren Versicherten erbringen muss.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Eine Krankenbehandlung ist hierbei notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand behoben, gebessert oder vor einer Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können (BSG, Urteil vom 10.07.1979, 3 RK 21/78, BSGE 48, 258 m.w.N.).
Durch die Polkörperdiagnostik wird weder ein regelwidriger Körperzustand der Klägerin behoben, gebessert oder vor einer Verschlimmerung bewahrt noch können Schmerzen und Beschwerden gelindert werden. Denn die Polkörperdiagnostik ist keine Maßnahme mit Therapiecharakter, sondern dient ausschließlich dazu, erbgesunde Zellen aufzufinden und erbkranke Zellen für die künstliche Befruchtung auszusondern (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013, L 4 KR 5058/12, und Urteil vom 19.07.2013, L 4 KR 4624/12). Krankenbehandlung sind medizinische Maßnahmen, die nach der Absicht des Leistungserbringers darauf gerichtet sind, die Krankheit im Sinne der gesetzlichen Behandlungsziele gezielt zu behandeln und dabei an der Krankheit selbst bzw. an ihren Ursachen ansetzen (Fahlbusch in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 27 SGB V m.N. zur Rspr. des BSG). Dies ist bei der Polkörperdiagnostik nicht der Fall.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf das Kind. Bei Durchführung der Polkörperdiagnostik, die vor Entstehung des Embryos erfolgt, ist noch kein Kind gezeugt, weshalb auch noch keine Krankenbehandlung an ihm stattfinden kann (LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Ob eine Krankheit eines ungeborenen Kindes wegen der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Mutter und Kind einer Erkrankung der Mutter grundsätzlich gleichzustellen sein könnte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen (NRW), Beschluss vom 26.01.2012, L 5 KR 720/11 ER), kann deshalb dahinstehen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgt aus dem Urteil des BSG vom 24.01.1990 (3 RK 18/88) nichts anderes. Das BSG hatte dort ausgeführt: "Eine Schädigung des Embryos ist nicht loslösbar von der psycho-physischen Befindlichkeit der Mutter; die Abweichung der Leibesfrucht von der gesundheitlichen Norm beeinträchtigt zugleich auch sie in ihrer psycho-physischen Normalität." Im dortigen Fall war jedoch eine Schädigung des Embryos im Rahmen einer natürlichen Schwangerschaft aufgrund einer zwingend erforderlichen Medikamenteneinnahme durch die zukünftige Mutter sehr wahrscheinlich, während es bei der Klägerin um die Untersuchung einer befruchteten Eizelle vor Entstehung eines Embryos im Rahmen einer künstlichen Befruchtung geht. Im der Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Fall diente das dort streitige Medikament zudem "zugleich zur Gesunderhaltung der Mutter" (BSG a.a.O.).
Überdies sind alle Leistungen zur Herbeiführung einer künstlichen Schwangerschaft keine Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 28.02.2007, 1 BvL 5/03, BVerfGE 117, 316; vgl. LSG Bayern, Urteil vom 07.08.2008, L 4 KR 259/07). Denn "der Gesetzgeber hat ( ...) medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a SGB V nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt (vgl. BTDrucks. 11/6760, S. 14)" (BVerfG, a.a.O., S. 326). Diese Aussage muss sich zur Überzeugung des Senates konsequenterweise auch auf diagnostische Maßnahmen erstrecken, die wie die Polkörperdiagnose zeitlich im Rahmen bzw. anlässlich einer künstlichen Befruchtung (hier: ICSI-Behandlung) zum Einsatz kommen.
c) Die Regelung des § 27a SGB V scheidet als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ebenfalls aus. Die Polkörperdiagnostik kann nicht unter die dort geforderte bzw. vorausgesetzte "medizinische Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft" subsumiert werden. aa) Der in der Überschrift des § 27a SGB V verwendete Rechtsausdruck der "künstlichen Befruchtung" erstreckt sich nach der Rechtsprechung des BSG nur auf Maßnahmen, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen (BSG, Urteil vom 22.03.2005, B 1 KR 11/03 R, SozR 4-2500 § 27a Nr. 1, m.w.N.).
Die Polkörperdiagnostik erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Denn sie entspricht weder dem einzelnen Zeugungsakt noch dient sie unmittelbar der Befruchtung. Sie dient vielmehr dazu, den zukünftigen Eltern bei der Entscheidung zu helfen, ob sie das Risiko einer Schwangerschaft unter dem mit der Polkörperdiagnostik erkannten Zustand der weiblichen Eizelle überhaupt eingehen wollen oder nicht, und dabei erberkrankte Eizellen zu identifizieren. Zwar erfolgt die Polkörperdiagnostik im zeitlichen Ablauf der Untersuchung der Eizelle nach ihrer Entnahme - ein Vorgang, der unter § 27a SGB V fällt, - doch ist sie kein notwendiger Bestandteil für die im Gesetz genannte "Herbeiführung der Schwangerschaft". Vielmehr erfolgt sie lediglich anlässlich einer darauf gerichteten Maßnahme, indem anders als bei der natürlichen Zeugung das Ei der Frau entnommen und bei einer künstlichen Befruchtung damit relativ leicht einer Untersuchung zugänglich ist (zum Vorstehenden: LSG Bayern, Urteil vom 07.08.2008, L 4 KR 259/07).
Somit gehört die Polkörperdiagnostik nicht zu den Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung in Betracht kommen. In den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ("Richtlinien über künstliche Befruchtung") in der Fassung vom 14.08.1990 (Bundesarbeitsblatt 1990, Nr. 12; zuletzt geändert am 18.10.2012, Bundesanzeiger 2012, AT 17.12.2012 B 2) ist unter Nr. 12 der Umfang der Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung in Betracht kommen, abschließend aufgezählt. Dort ist die Polkörperdiagnostik nicht erwähnt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013, L 4 KR 5058/12, und Urteil vom 19.07.2013, L 4 KR 4624/12).
bb) Der Rechtsausdruck der "künstlichen Befruchtung" im Sinne des § 27a SGB V erstreckt sich nach der soeben dargestellten Rechtsprechung des BSG nur auf Maßnahmen, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen (BSG, Urteil vom 22.03.2005, B 1 KR 11/03 R, SozR 4-2500 § 27a Nr. 1, m.w.N.). Diese tatbestandliche Definition bzw. Eingrenzung der Leistungen nach § 27a SGB V durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich zur Überzeugung des Senates nicht dadurch überholt, dass die Gesetzgebung später die Regelung des § 3a in das Gesetz zum Schutz vom Embryonen (Embryonenschutzgesetz (ESchG)) vom 13.12.1990 (BGBl. I S. 2746) einfügte.
Untersuchungen an Embryonen sind danach nun - in engen Grenzen - gestattet. Das ESchG hatte bisher die Präimplantationsdiagnostik nur sehr eingeschränkt erlaubt. Durch das Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG) vom 21.11.2011 (BGBl. I S. 2228) ist das ESchG geändert worden. Der durch das PräimpG eingefügte § 3a ESchG enthält in Absatz 1 ein ausdrückliches Verbot der Präimplantationsdiagnostik; in § 3a Absatz 2 ESchG werden in engen Grenzen die Fälle bestimmt, in denen die Durchführung der Präimplantationsdiagnostik trotz des grundsätzlichen Verbots ausnahmsweise zulässig sein soll (vgl. zu Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Urteil vom 28.08.2012, 54270/10). Diese Ausnahmen liegen dann vor, wenn auf Grund der genetischen Disposition der Frau, von der die Eizelle stammt, oder des Mannes, von dem die Samenzelle stammt, oder von beiden für deren Nachkommen das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht oder wenn eine schwerwiegende Schädigung des Embryos, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird, festgestellt werden soll. Eine gemäß § 3 Satz 1 ESchG grundsätzlich verbotene Auswahl einer Eizelle nach dem in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom war bereits zuvor nach Maßgabe des § 3 Satz 2 ESchG gestattet, wenn die Auswahl der Samenzelle - also die Spermienselektion, nicht die Selektion der Eizellen - durch einen Arzt dazu dient, eine Muskeldystrophie vom Typ Duchenne zu vermeiden.
Diese legislative Neuregelung der Zulässigkeit von Präimplantationsdiagnostik in § 3a ESchG hat aber zu keiner Änderung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung geführt; jene schlägt also auf dieses nicht durch. Zum einen wird die hier streitige Polkörperuntersuchung von dem sachlichen Anwendungsbereich des ESchG nicht erfasst. Denn bei der Polkörperuntersuchung wird eine befruchtete Eizelle vor der Kernverschmelzung untersucht, nicht dagegen ein Embryo. Die Regelung des § 3a ESchG schützt und erfasst aber ausschließlich einen Embryo. Gemäß § 8 Abs. 1 ESchG gilt als Embryo im Sinne dieses Gesetzes die befruchtete, entwicklungsfähige Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an. Zum anderen hat die Gesetzgebung mit der Einfügung des § 3a in das ESchG nur eine Regelung mit Blick auf die Strafbarkeit getroffen. Hinsichtlich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte im SGB V dagegen keine Änderung. Die Frage, ob die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland strafrechtlich bewehrt ist oder nach Maßgabe des § 3a Abs. 2 ESchG als nicht rechtswidrig durchgeführt werden darf, ist von der Frage nach dem aus § 27a SGB V resultierenden Anspruch auf Maßnahmen der Befruchtungsmedizin zu trennen. Allein die Tatsache, dass eine bestimmte Untersuchungsmethode nicht strafbar ist, hat nicht zur Folge, dass in diesem Fall die Krankenkasse dann auch diese Untersuchungsmethode zu gewähren hat. Es gibt eine Vielzahl von Untersuchungsmethoden, die nicht strafbewehrt sind, die aber dennoch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführen, sondern vom Einzelnen selbst zu tragen sind (zum Vorstehenden: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013, L 4 KR 5058/12, und Urteil vom 19.07.2013, L 4 KR 4624/12; vgl. ferner bereits LSG Hessen, Beschluss vom 30.01.2007, L 8/14 KR 314/04).
Die einen ethisch-rechtlich umstrittenen Sachverhalt betreffende Entscheidung, ob über die Änderung des ESchG hinaus krankenversicherungsrechtlich ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für eine Polkörperdiagostik geschaffen werden soll, bedarf einer eindeutigen gesetzgeberischen Entscheidung. Eine solche Entscheidung wäre wünschenwert, liegt aber tatsächlich nicht vor (LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).
d) Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 24b SGB V.
Aus Abs. 2 dieser Vorschrift ergibt sich, dass im Falle eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs nach § 218a Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) alle Leistungen zu gewähren sind, die der Feststellung der Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dienen (vgl. Schütze in: jurisPK, 2. Aufl. 2012, § 24b SGB V Rn. 51; ferner LSG NRW, Beschluss vom 26.01.2012, L 5 KR 720/11 ER). Die Polkörperdiagnostik dient jedoch nicht der Feststellung der Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch, sondern erfolgt zeitlich gerade vor einer (hier künstlich herbeigeführten) Schwangerschaft der Frau, und überdies in einer frühen Entwicklungsphase der befruchteten Eizelle vor der Kernverschmelzung.
e) Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich ebenfalls nicht über die Grundsätze des so genannten Systemversagens.
Die Polkörperdiagnostik stellt, wie zuvor dargelegt, bereits tatbestandlich weder eine Maßnahme der Krankenbehandlung noch eine medizinische Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft dar. Ein Systemversagen kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013, L 4 KR 5058/12, und Urteil vom 19.07.2013, L 4 KR 4624/12).
Die Voraussetzungen eines Systemversagens wären zudem nicht erfüllt. Ein Systemversagen liegt vor, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 135 SGB V trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird. In einem solchen Fall dient der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V nicht mehr der Qualitätssicherung und die hieraus entstehende Versorgungslücke muss zugunsten des Versicherten mit Hilfe des § 13 Abs. 3 SGB V geschlossen werden (BSG, Urteil vom 03.04.2001, B 1 KR 22/00 R, BSGE 88, 51; BSG, Urteil vom 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R; beide m.w.N.). Für etwaige Versäumnisse des Bundesausschusses ist hier indessen nichts ersichtlich, wie das SG zu Recht ausgeführt hat.
Im Übrigen kann sich die Aufgabe des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, vor der Einbeziehung neuer medizinischer Verfahren in die ambulante vertragsärztliche Versorgung deren Qualität und Wirtschaftlichkeit zu prüfen und gegebenenfalls persönliche und apparative Voraussetzungen für eine sachgerechte Anwendung festzulegen, nicht auf einzelne ärztliche Maßnahmen oder Verrichtungen, sondern nur auf leistungsübergreifende methodische Konzepte beziehen, die auf ein bestimmtes diagnostisches oder therapeutisches Ziel ausgerichtet sind (BSG a.a.O.). Ob ein solches leistungsübergreifendes methodisches Konzept bei der Polkörperuntersuchung anzunehmen ist, kann dahinstehen, weil jedenfalls, wie zuvor ausgeführt, die Voraussetzungen für die Annahme eines Systemversagens nicht vorliegen.
f) Die Nichtaufnahme der Polkörperdiagnostik als eine Kassenleistung verstößt entgegen der (allerdings nicht näher begründeten und damit nicht substantiiert dargelegten) Rechtsauffassung der Klägerin nicht gegen höherrangiges Recht.
aa) Art. 6 Abs. 1 GG wird dadurch nicht verletzt. "Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht berührt, weil ihm - auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip - keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers entnommen werden kann, die Entstehung einer Familie durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung zu fördern. Eine derartige Förderung liegt in seinem Ermessen" (BVerfG, Urteil vom 28.02.2007, 1 BvL 5/03, BVerfGE 117, 316, 329). Dasselbe muss zur Überzeugung des Senates konsequenterweise für diagnostische Maßnahmen gelten, die wie die Polkörperdiagnose zeitlich im Rahmen bzw. anlässlich einer medizinischen Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (hier: ICSI-Behandlung) zum Einsatz kommen.
bb) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist schließlich ebenfalls nicht verletzt. Eine verfassungswidrige Benachteiligung der Klägerin in diesem Sinne ist nicht zu erkennen.
Zunächst gebietet es Art. 3 Abs. 1 GG nicht, dass die Gerichte die Behebung einer Fertilitätsstörung mit der Embryonen-Vorauswahl zur Vermeidung erbkranken Nachwuchses bei bestehender Fertilität gleichsetzen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30.11.2001, 1 BvR 1764/01). Aber auch bei einer gestörten Fertilität (hier des Ehemannes der Klägerin) ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nichts anderes. Dem Gesetzgeber kommt bei der Definition des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung, wie zuvor ausgeführt, vielmehr ein Gestaltungsspielraum zu. Der Verfassung ist kein Gebot oder Gestaltungsauftrag an den Parlamentsgesetzgeber zu entnehmen, eine Eizellenvorauswahl zur Vermeidung erbkranken Nachwuchses in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen.
Im Übrigen erstrebt die Klägerin keine Gleichbehandlung, sondern im Ergebnis eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen gesetzlich krankenversicherten Frauen, bei denen die Zeugung des Kindes auf natürlichem Wege geschieht und die deshalb keinen Anspruch auf medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft haben. Für diese kommt, ebenso wie für die Klägerin, der Maßnahmekatalog der Mutterschaftsrichtlinien - insbesondere eine Fruchtwasseruntersuchung - in Betracht (LSG Bayern, Urteil vom 07.08.2008, L 4 KR 259/07).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
4. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine Entscheidung des BSG zur Polkörperdiagostik liegt noch nicht vor, so dass es sich um eine klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfrage handelt.