Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Infektion des Klägers mit Yersiniose als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; im folgenden BK 3102) streitig.

Ab März 2002 befand sich der Kläger bei Dr. M. in E. in Behandlung. Dieser zeigte mit Schreiben vom 5. Juli 2002 bei der Beklagten den Verdacht einer BK 3102 an, da der Kläger nach seinen Feststellungen an erheblichen Muskel- und Gelenkbeschwerden infolge einer Yersiniose leide. Der Kläger war im Zeitraum von Februar 2000 bis April 2004 bei den Stadtwerken in E. überwiegend im Bereich der Biomüllentsorgung eingesetzt. Seine Aufgabe war es, bei einer Tour Biomülltonnen vom Straßenrand heranzuholen, auf die Ladevorrichtung des Müllfahrzeuges zu stellen, den Entladevorgang auszulösen und die Tonne wieder zurückzustellen. Ebenso war er bei der Reinigung von Biomülltonnen mit einem speziellen Reinigungsfahrzeug, einem sogenannten "Waschbären", eingesetzt. Im Laufe des Jahres 2001 litt der Kläger unter Muskel- und Gelenkschmerzen. Deshalb war er in der Zeit vom 7. bis zum 17. August 2001 im H. Klinikum E. stationär untergebracht. Dort konnte die Ursache der vom Kläger beklagten Myalgien im Bereich der Oberschenkel und Schultergürtelmuskulatur nicht geklärt werden. In der stationären Behandlung in der neurologischen Klinik der M.-L.-Universität H./W. vom 13. bis zum 20. September 2001 wurde der Verdacht auf ein muskuläres Überlastungssyndrom gestellt. Bei einer Laboruntersuchung am 22. Juli 2002 wurden Yersinia-Antikörper nachgewiesen, was für eine zurückliegende Infektion mit Yersninien-Bakterien sprach.

Nach Anzeige des Verdachts auf eine Berufskrankheit holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein. Dieser kam in seiner Stellungnahme vom 4. Juli 2003 unter Auswertung verschiedener Veröffentlichungen zu dem Ergebnis, dass eine Infektion mit Yersiniose beim Entsorgen von Biomüll sowie beim Säubern des Fahrzeugs ausgeschlossen sei. Eine Infektion mit Yersinien-Bakterien erfolge über die Nahrungsaufnahme. In seiner Stellungnahme vom 29. Juli 2003 empfahl der Gewerbearzt Dr. A., eine BK nicht anzuerkennen. Die Infektionen entstünden in aller Regel alimentär durch Schweinefleisch und könnten mit der stadtwirtschaftlichen Tätigkeit nicht in Verbindung gebracht werden. Es handle sich um eine Fehlanzeige. Mit Bescheid vom 7. November 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV ab, weil sich der Kläger beim Entsorgen von Biomüll oder beim Säubern des Sammelfahrzeugs nicht mit Yersinien infiziert haben könne. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2004 zurück.

Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht hat ein internistisches Zusammenhangsgutachten des Arztes für Innere Medizin F. eingeholt. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 19. November 2007 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine Infektion mit Yersinien nachgewiesen ist. Die durchgemachte Infektion als solche habe für sich genommen keinen Krankheitswert. Es bestehe die Möglichkeit, die Gelenkbeschwerden des Klägers als Ausdruck eines beginnenden Morbus Bechterew zu deuten. Diese Krankheit könne kausal durch eine Yersinien-Infektion hervorgerufen worden sein. Der Zeitpunkt der Infektion sei ungewiss. Belegt seien eine Infektionskrankheit im Dezember 2000 sowie Durchfälle im Juni 2001. Antikörper gegen Yersinien seien erstmalig Anfang 2002 nachgewiesen worden. Anhaltspunkte für eine vermehrte Kontamination von Biotonnen mit Yersinien seien nicht wahrscheinlich. Eine Infektion mit Yersinien erfolge in der Regel durch kontaminierte Nahrungsmittel. Ob Biotonnen mit Yersinien häufig oder gelegentlich kontaminiert seien, lasse sich aus ärztlich-gutachterlicher Sicht nicht beantworten. Die Vermutung, dass die Erreger durch kontaminierte Sprühflüssigkeit über den Nasen-Rachenraum in den Körper gelangt seien, könne zwar nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Nach dem bisherigen Stand sei dieser Infektionsweg aber nicht wahrscheinlich, sondern liege nur im Bereich des entfernt Denkmöglichen.

Daraufhin hat der Kläger einen Befundbericht der orthopädischen Klinik des M. A. vom 1. August 2008 vorgelegt, wonach bei ihm ein Morbus Bechterew gesichert vorliege. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 12. Februar 2009 hat der Gutachter F. ausgeführt, dass aus seiner Sicht nach wie vor gegen die Diagnose eines Morbus Bechterew Bedenken bestünden. Sofern es darauf ankomme, sei allerdings eine orthopädische Zusammenhangsbegutachtung erforderlich, weil der Morbus Bechterew als mögliche Folge einer beruflich bedingten Erkrankung erst am Ende einer komplexen Kausalkette stehe. Unklar bleibe nach wie vor, wann die Infektion mit Yersinien erfolgt sei. Nach wie vor sei daran festzuhalten, dass es möglich sei, dass sich der Kläger beim Reinigen von Biotonnen über Sprühnebel infiziert habe. Gegen diese Hypothese spreche aber die Tatsache, dass der bekannte Infektionsweg über die Nahrungsmittelaufnahme erfolge. Man könne sich das alles vorstellen, es gebe dafür aber keine belastbaren Hinweise. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Morbus Bechterew beim Kläger vorliege, spreche dies nicht für einen Zusammenhang mit einer Infektion mit Yersinien, da ein solcher auch ohne Yersinien-Infektion auftreten könne. Der Krankheitsverlauf beim Kläger lasse keine schlüssigen zeitlichen Zusammenhänge erkennen. Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht ein Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Dr. B. eingeholt. Dieser kommt in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2009 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger ein Zustand nach schwerer Yersinien Infektion mit der Folge massiver Gelenk- und Muskelbeschwerden unter Initiierung eines Morbus Bechterew vorliege. Aus seiner Sicht sei die Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger sich während der Expositionen in einem mit Lebensmittelresten kontaminierten Transportfahrzeug und dem Aussetzen von Sprühnebel mit Yersinien infiziert habe, signifikant höher als das im täglichen privaten Leben bestehende Risiko einer Infizierung durch Lebensmittel. Des Weiteren habe der Kläger Kontakt mit einer Ratte gehabt. Auch hier könne eine Erregerübertragung erfolgt sein. Die Yersinien-Infektion sei überwiegend ursächlich auf die frühere Berufstätigkeit des Klägers in der Biomüllentsorgung der Stadtwirtschaft Erfurt zurückzuführen. Über die Gefährdung von Mitarbeitern durch Yersinien-Infektionen in der Biomüllentsorgung lägen keine Studienergebnisse vor. Das "Für und Wider" könne nicht durch wissenschaftliche Studien belegt, sondern sollte "nach dem gesunden Menschenverstand" beurteilt werden.

Mit Urteil vom 15. März 2010 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Sachverständigengutachten des Internisten F. der bekannte Infektionsweg mit Yersinien über die Nahrungsaufnahme erfolge. Über eine Kontamination durch den Umgang mit Biotonnen auch in der Form von deren Reinigung durch Sprühnebel sei nichts bekannt. Allein die Möglichkeit des Übertragungsweges reiche nicht aus. Dem Gutachten von Dr. B. könne nicht gefolgt werden. Dieser habe zwar ausgeführt, dass nach seiner Ansicht die Yersinien-Infektion überwiegend ursächlich auf die Tätigkeit in der Stadtwirtschaft zurückzuführen sei. Er habe allerdings eingeräumt, dass über die Gefährdung von Mitarbeitern der Biomüllentsorgung durch Yersinien-Infektion keine Studienergebnisse vorliegen würden. Sofern er selbst darlege, dass es für das Für und Wider dieser Fragestellung keine wissenschaftlichen Studien gebe, sondern der gesunde Menschenverstand herangezogen werden solle, habe er den zu verlangenden Vollbeweis gerade nicht als erbracht angesehen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die von ihm durchlebte Yersinien-Infektion sei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch seine Berufstätigkeit in der Biomüllentsorgung bedingt. In den zu leerenden Biotonnen hätten sich nicht nur Gartenabfälle, sondern auch Essens- und damit auch Schweinefleischreste befunden. Für die Reinigung der Biotonnen sei auch ein externes Fahrzeug der sogenannte "Waschbär" jeweils separat angemietet wurden. Die Reinigung sei mit Hochdrucksprühnebel erfolgt, so dass er oft mit Sprühnebel in Kontakt gekommen sei. Eine Yersinien-Infektion könne auch nicht nur durch Nahrungsaufnahme erfolgen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 15. März 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2004 aufzuheben und eine Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Bei der Berufskrankheit Nr. 3102 reiche es für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und Krankheit aus, dass der Kläger bei der Tätigkeit einer besonderen und über das normale Maß hinaus gehenden Erkrankungsgefahr ausgesetzt gewesen sei. Der Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle sei daher nicht erforderlich, wenn die Gefahr einer Infektion durch die beruflichen Verhältnisse deutlich größer sei als das Risiko, im privaten Bereich zu erkranken. Dieser Nachweis sei nicht geführt. Es sei allenfalls möglich, dass sich der Kläger beim Reinigen von Biotonnen über Sprühnebel infiziert haben könnte. Dies reiche aber für den zu führenden Vollbeweis einer besonderen Infektionsgefahr nicht aus. Dagegen spreche bereits der bekannte Infektionsweg über die Nahrungsaufnahme. Der Senat hat durch seinen Berichterstatter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N. und O. über die Arbeitsbedingungen des Klägers. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 28. Mai 2013 verwiesen. Des Weiteren hat der Senat ein epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Instituts vom 13. Februar 2012 Nr. 6/12, das sich mit Yersiniose-Risikofaktoren beschäftigt, und eine Stellungnahme des Robert-Koch-Instituts vom 3. Juli 2013 in das Verfahren eingeführt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichts- und Beklagtenakten, die Gegenstand der Verhandlung waren, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG), aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 3102. Ein möglicher Anspruch des Kläger auf Anerkennung scheitert bereits daran, dass sich der Senat nicht die notwendige Gewissheit verschaffen konnte, dass der Kläger durch seine versicherte Tätigkeit in der Zeit von Februar 2000 bis April 2004 im Vergleich zur übrigen Bevölkerung einer besonders erhöhten Infektionsgefahr mit Yersinien-Bakterien ausgesetzt war.

Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer in den §§ 2, 3 und 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 1 der BKV sind Berufskrankheiten die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten (sogenanntes Listenprinzip).

Voraussetzung für die Feststellung jeder Erkrankung als BK ist, dass die versicherte Tätigkeit, Art und Umfang der belastenden beruflichen Einwirkungen im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII (arbeitstechnische Voraussetzungen) sowie die Erkrankung, für die Entschädigungsleistungen beansprucht werden, im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sind. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Das ist der Fall, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt. Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige Unterstellungen reichen ebenso wenig aus wie eine möglicherweise hohe Wahrscheinlichkeit. Erforderlich ist vielmehr eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Darüber hinaus muss die sogenannte haftungsbegründende Kausalität zwischen den berufsbedingten Einwirkungen und der erforderlichen Erkrankung zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bejaht werden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 20. März 2007, Az.: B 2 U 27/06 R, zitiert nach Juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise außer Betracht bleiben können und darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG; Urteil vom 9. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R, zitiert nach juris). Jedoch ist der ursächliche Zusammenhang nicht bereits dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Sofern die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht von demjenigen, der sie geltend macht, mit dem von der Rechtsprechung geforderten Grad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass dann der entsprechende Anspruch entfällt.

Bei der Infektionskrankheit BK 3102 ("von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten") tritt an die Stelle der Einwirkung die Gefahr einer Infektion mit von Tieren übertragbaren Krankheitserregern (vgl. BSG, Beschluss vom 25. Oktober 1989 Az.: 2 B U 82/89 zitiert nach Juris). Dabei genügt eine schlichte Infektionsgefahr nicht. Vielmehr setzt die BK 3102 gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VII eine besonders erhöhte Infektionsgefahr voraus. Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung" und "Einwirkungen", d.h. die besondere Infektionsgefahr und Krankheit müssen dabei im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (siehe zu besonderen Infektionsgefahr BSG, Urteil vom 2.4.2009, Az.: B 2 U 30/07 zitiert nach Juris zur BK 3101).

Ausgehend von diesen Grundsätzen konnte sich der Senat nach Würdigung des Akteninhalts insbesondere der vorliegenden Gutachten sowie der Zeugenaussagen nicht mit der notwendigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass der Kläger im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit in der Biomüllentsorgung bei der Stadtwirtschaft Erfurt im Zeitraum von Februar 2000 bis April 2004 durchgängig einer besonderen Gefahr der Infektion mit Yersiniosen ausgesetzt war und sich diese Gefahr mit der notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit in einer Yersinien-Infektion verwirklicht hat.

Die besondere Exposition gegenüber einer Infektionsgefahr kann sich auf Grund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit, nämlich des Personenkreises oder der Objekte mit oder an denen zu arbeiten ist, und der Übertragungsgefährlichkeit der ausgeübten Verrichtungen ergeben. Die Übertragungsgefährlichkeit bestimmt sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit und nach der Art der Häufigkeit und der Dauer der von Versicherten verrichteten gefährlichen Handlungen (vgl. BSG, Urteil vom 2.4.2009, Az.: B 2 U 30/07 R zitiert nach Juris). Durch seine Tätigkeit im Rahmen der Biomüllentsorgung bei der Stadtwirtschaft E. war der Kläger in dem genannten Zeitraum allenfalls einer Infektionsgefahr ausgesetzt, die im Verhältnis zu der Gefahr für die Durchschnittsbevölkerung, sich im privaten Bereich eine Yersinien-Infektion zuzuziehen, leicht erhöht war.

Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen handelt es sich bei der Yersiniose um eine gastrointestinale meist lebensmittelbedingte Erkrankung, die durch Infektionen mit dem Bakterium "yersinia enterocolitica" verursacht wird. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über Lebensmittel und dabei überwiegend über den Verzehr von Schweinefleisch und Schweinefleischprodukten. Nach den vorliegenden Studien ist der wichtigste Risikofaktor für eine Yersiniose in Deutschland der Verzehr von rohem Schweinehackfleisch (vgl. epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Institutes vom 13.2.2012 Nr. 6/12 "Yersiniose-Risikofaktoren in Deutschland"). Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Stellungnahme des Robert-Koch-Instituts vom 3. Juli 2013, die der Senat in diesem Verfahren eingeholt hat. Danach erfolgt eine Infektion mit humanpathogenen "yersinia enterocolitica" Bakterien insbesondere über den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln wie rohes oder nicht durchgegartes Schweinefleisch. Die Aufnahme einer ausreichend hohen Infektionsdosis in den Gastrointestinaltrakt ist dabei eine Voraussetzung für eine Infektion. Verlässliche Angaben zur minimalen Infektionsdosis bestehen nach der Auskunft des Robert-Koch-Institutes nicht. Schätzungen gehen aber davon aus, dass die Infektionsdosis bei mindestens einer Milliarde Zellen liegt.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Müllentsorgung im erheblichen Umfang einer Infektionsgefahr mit Yersinien ausgesetzt war, bestehen nicht. Hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit geht der Senat dabei von den Angaben des Klägers und der Zeugen N. und O. aus. Daraus ergibt sich, dass der Kläger als Lader bei der Biomüllentsorgung eingesetzt war. Aufgabe eines Laders ist es, bei einer Tour die Biomülltonnen vom Straßenrand heran zu holen, auf die Ladevorrichtung zu stellen, den Entladevorgang auszulösen und die Tonne wieder zurückzustellen. Vier bis sechs Wochen im Jahr kam im Rahmen der jährlich vorgesehenen Reinigung der Biotonne ein sogenannter "Waschbär" zum Einsatz. Diese Fahrzeuge wurden von der Stadtwirtschaft angemietet. Der Lader hatte in diesem Fall, ähnlich wie bei der Biomüllentsorgung als solcher, die leeren Biotonnen vom Straßenrand zu holen, auf den Waschbären zu setzen, den Reinigungsvorgang auszulösen und die Tonne anschließend zurück zu stellen. Zusätzlich war es auch ihre Aufgabe, den Waschbären zu reinigen. Hierfür musste eine Reinigungsklappe geöffnet und ausgespritzt werden. Insofern geht der Senat davon aus, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Biomüll yersinia enterocolitica Bakterien durch entsorgte Lebensmittel wie z. B. Reste von rohem Schweinehackfleisch vorhanden gewesen sind. Diese bloße Möglichkeit reicht aber nicht aus, um den Senat mit der erforderlichen notwendigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon zu überzeugen, dass der Kläger im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit durchgängig einer besonderen Infektionsgefahr mit Yersinien ausgesetzt war. Dies scheitert bereits daran, dass es keine gesicherten wissenschaftlichen Untersuchungen zum Vorkommen von yersinia enterocolitica Bakterien in Biomüll gibt (vgl. Auskunft Robert-Koch-Institut vom 3. Juli 2013). Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass nach den vorliegenden und im epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts vom 13. Februar 2012 Nr. 6/12 "Yersiniose-Risikofaktoren in Deutschland" zitierten Studien weitere Risikofaktoren für Yersiniose-Infektionen festgestellt worden sind, wie z. B. die Zubereitung von Schweinehackfleisch im Haushalt, Spielen im Sandkasten und Kontakt zu Vögeln (wobei nur ein kleiner Anteil von Infektionen in der Bevölkerung über den Kontakt zu Vögeln als Risikofaktor erklärbar war), hingegen Biomüll nicht erwähnt wird. Ebenso verhält es sich hinsichtlich des Kontakts mit möglicherweise kontaminierter Sprühflüssigkeit von Biotonnen während der Reinigungsvorgangs. Nach der bereits genannten Auskunft des Robert-Koch-Instituts vom 3. Juli 2013 erscheint eine Infektion über diesen Weg sehr ungewöhnlich, kann aber ebenfalls nicht völlig ausgeschlossen werden. Dies reicht allerdings für die Annahme einer besonderen Infektionsgefahr nicht aus.

Insoweit überzeugen den Senat die Ausführungen des Sachverständigen Dr. B. in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2009 nicht. Dieser räumt zunächst in seinem Gutachten selbst ein, dass über die Gefährdung von Mitarbeitern durch Yersinien-Infektion über die Biomüllentsorgung im Zeitraum von 1999 bis 2003 keine Studienergebnisse vorliegen. Sofern er dennoch den Schluss zieht, dass es durchaus wahrscheinlicher sei, sich im Arbeitsmilieu der Biomüllentsorgung eine Yersinien-Infektion zuzuziehen als im täglichen Leben, ist diese Schlussfolgerung wissenschaftlich nicht untermauert. Genauso wenig wissenschaftlich untermauert ist die Schlussfolgerung, dass die Wahrscheinlichkeit einer Yersinien-Infektion durch den Sprühnebel von Biomülltonnen höher sei, als das im täglichen privaten Leben vorkommende Risiko. Sofern Dr. B. selbst einräumt, dass das Für und Wider nicht durch wissenschaftliche Studien belegt werden kann, hat dies zur Folge, dass die geforderte besondere Infektionsgefahr nach jetzigem Erkenntnisstand nicht angenommen werden kann. Die von ihm eingeforderte Lösung über den gesunden Menschenverstand läuft im Ergebnis darauf hinaus, allein auf Grund der Tätigkeit in der Biomüllentsorgung unter Verzicht auf wissenschaftliche Validierung eine besondere Infektionsgefahr anzunehmen. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass der Hauptrisikofaktor für eine Yersinien-Infektion der Verzehr von rohem Schweinehack ist. Vor diesem Hintergrund kann der erforderliche Nachweis einer besonderen Infektionsgefahr erst recht nicht geführt werden. Das gleiche gilt für die von Dr. B. angesprochene Möglichkeit einer Erregerübertragung durch den Kontakt mit einer Ratte im Gesicht des Klägers, bei der allenfalls das Vorliegen eines Arbeitsunfalles zu diskutieren wäre.

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen F. in seinem Gutachten vom 19. November 2007 und insbesondere der Ergänzung vom 12. Februar 2009. Auch er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Kläger möglicherweise beim Reinigen von Biotonnen über Sprühnebel infiziert hat, und hat darauf hingewiesen, dass gegen diese Hypothese die Tatsache spricht, dass der bekannte Infektionsweg über die Nahrungsaufnahme erfolgt. Zu Recht hat er auch darauf hingewiesen, dass es insoweit nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht ausgeschlossen und überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Kläger sich über kontaminierte Nahrung infiziert hat.

Angesichts dieses Ergebnisses braucht nicht weiter darauf eingegangen zu werden, welche Folgen es hat, dass nach dem Gutachten des Internisten F. offen bleibt, wann die Infektion des Klägers letztlich erfolgt ist und welche Auswirkungen dies hat. Grundsätzlich ist es erforderlich, den Zeitpunkt der Infektion nach Möglichkeit zu ermitteln, um festzustellen, ob mit diesem Zeitraum die Ausübung der gefährdenden Arbeitsvorgänge zusammenfällt und ob in diesem Zeitraum andere Ansteckungsrisiken bestanden haben.

Aus genannten Gründen war eine weitere Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.