Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Bescheidung eines Antrags auf Leistungen nach dem AsylbLG.

Der im Jahr 1994 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsbürger und reiste im Februar 1991 erstmals in das Bundesgebiet ein. Dort wurde er der Stadt W zugewiesen. Seinen nach Einreise gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestandskräftig ab (Bescheid vom 16.10.1993). Nach Androhung der Abschiebung (Bescheid vom 17.10.1993) tauchte der Kläger unter, wobei er sich von 1999 bis ca. 2001 in Belgien, möglicherweise auch in Frankreich und Spanien aufhielt. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland lebte er zunächst in E und O. Ab September 2008 wurde der Kläger in einer Gemeinschaftsunterkunft der Stadt W untergebracht. Anlässlich seines zugleich gestellten Asylfolgeantrags erhielt er eine befristete Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG. Die Duldung war mit der Auflage versehen, dass der Aufenthalt des Klägers auf Nordrhein-Westfalen beschränkt und die Wohnsitznahme nur in W gestattet sei. Die Duldung wurde nachfolgend zunächst bis zum 31.08.2010 verlängert, am 20.01.2011 mit den genannten Auflagen erneut erteilt und - mit Unterbrechungen - letztmalig bis zum 21.01.2011 verlängert.

Der Asylfolgeantrag des Klägers aus September 2008 blieb erfolglos (Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge - BAMF vom 22.06.2010). Die dagegen beim Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf erhobene Klage (11 K 000/10.A) wurde rechtskräftig abgewiesen (Urteil vom 02.05.2011, rechtskräftig seit 12.07.2011). Im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens stellte das BAMF durch Bescheid vom 16.10.2013 (bestandskräftig seit dem 14.11.2013) erneut fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Zugleich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Marokko oder in einen anderen Staat aufgefordert, Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen.

Vom Zeitpunkt der Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft der Stadt W (im September 2008) bis zum 10.04.2012 bezog der Kläger von dort Leistungen nach § 3 AsylbLG. Die Stadt W stellte die Leistungen seinerzeit mit der Begründung ein, dass nicht feststellbar sei, ob der Kläger weiterhin bedürftig sei. Er verfüge nach eigenen Angaben über Einkommen, weigere sich jedoch, dessen Höhe mitzuteilen (Bescheid vom 10.04.2012, dem Kläger persönlich ausgehändigt am 30.04.2012).

Im November 2012 wandte sich der Kläger wegen der Leistungseinstellung seitens der Stadt W an das VG Düsseldorf. Die vom VG Düsseldorf an das Sozialgericht (SG) Duisburg und von dort an das SG Düsseldorf verwiesene Klage (S 30 AY 51/13) blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 15.10.2013).

Während des noch anhängigen Streitverfahrens beim VG Düsseldorf erhob der Kläger im Februar 2013 unmittelbar beim SG Duisburg Klage und beanstandete wiederum die Einstellung der Leistungen nach dem AsylbLG. Das SG Düsseldorf (S 30 AY 37/13) wies die Klage nach Verweisung des Rechtsstreits seitens des SG Duisburg ebenfalls ab (Gerichtsbescheid vom 15.10.2013). Die dagegen eingelegte Berufung (L 20 AY 135/13) nahm der Kläger in einem Erörterungstermin am 13.05.2014 zurück. Zuvor hatte er zu seinen Aufenthaltsorten erklärt, nach der Leistungseinstellung zunächst ca. drei Monate an unterschiedlichen Orten, u.a. in E, O und E1, gewohnt zu haben. Seither halte er sich bei einem Bekannten im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf.

Noch während der laufenden Klageverfahren (S 30 AY 37/13 und S 30 AY 51/13) suchte der Kläger die Beklagte (Sachgebiet Hilfe für Obdachlose und Flüchtlinge) auf und beantragte unter Hinweis auf seinen gegenwärtigen Aufenthalt die Vermittlung einer Wohnung in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich. Am 30.08.2013 sprach der Kläger erneut bei der Beklagten (Sachgebiet Hilfe für Obdachlose und Flüchtlinge) vor und legte einen Beratungsschein zur Durchsetzung von Leistungen nach dem AsylbLG vor. Von dort wurde er an das für die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG zuständige Sachgebiet (Wirtschaftliche Hilfe nach dem AsylbLG, N-Straße 00) verwiesen. Am 12.09.2013 erschien der Kläger wiederum bei der Beklagten (Sachgebiet Hilfe für Obdachlose und Flüchtlinge), wurde aber wegen Störung des Dienstbetriebs und eines aggressiven Verhaltens gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten unter Einschaltung der Polizei und Erteilung eines vorläufigen Hausverbots aus den Diensträumen entfernt. Der Aufforderung des Amtes für wirtschaftliche Hilfe nach dem AsylbLG, dort am 06.12.2013 zur Klärung eines Anspruchs nach dem AsylbLG vorzusprechen, kam der Kläger nicht nach. Vielmehr suchte er am 06.12.2013 erneut das Amt "Hilfe für Obdachlose und Flüchtlinge" auf und erklärte dort ausweislich eines in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen Vermerks angeblich, "kein AsylbLG" beantragen zu wollen. Nachfolgend meldete er sich nicht mehr bei der Beklagten.

Bereits am 16.09.2013 hat der Kläger bei dem VG Düsseldorf (21 K 000/13) Klage erhoben. Das VG hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 16.10.2013 an das sachlich und örtlich zuständige SG Düsseldorf verwiesen. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, Mitarbeiter der Beklagten hätten es mehrfach abgelehnt, ihm einen Antrag auszuhändigen, um seine Lebensangelegenheiten zu organisieren. Er sei schließlich aufgefordert worden, das Büro zu verlassen. Zuletzt habe man ihn am 12.09.2013 unter Zuhilfenahme der Polizei des Gebäudes verwiesen. Er wolle medizinische Untersuchungen auf Anweisung des Gerichts durchführen lassen. Der Aufforderung des SG, sein Klagebegehren zu konkretisieren, ist der Kläger nicht nachgekommen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, nicht sie, sondern die Stadt W sei für die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG zuständig. Die Behörde des tatsächlichen Aufenthaltsorts nach § 10a Abs. 1 S. 2 AsylbLG sei nur dann örtlich zuständig, wenn eine Verteilungs- und Zuweisungsentscheidung i.S.d. Abs. 1 S. 1 der Vorschrift (noch) nicht getroffen worden oder nicht mehr wirksam sei. Der Kläger sei aber anlässlich seines erstmaligen Asylantrags der Stadt W zugewiesen worden. Im Übrigen dürfe die für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständige Behörde, in deren örtlichem Bereich sich der Leistungsberechtigte einer asyl- oder ausländerrechtlichen räumlichen Beschränkung zuwider aufhalte, gemäß § 11 Abs. 2 AsylbLG lediglich die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe leisten. Hierzu gehörten zunächst einmal lediglich die Kosten für eine Rückfahrt nach W sowie ggf. die Zuweisung einer Notschlafstelle für eine Nacht. Abgesehen davon bestünden erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Klägers; denn er habe seit nunmehr über eineinhalb Jahren keine Leistungen mehr nach dem AsylbLG bezogen und verfüge daher offenbar über anderweitige Geldmittel. Schließlich habe der Kläger offenbar auch kein Interesse mehr an der Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG; denn er habe bei der Beklagten weder am 06.12.2013 noch nachfolgend vorgesprochen, obwohl er hierzu schriftlich aufgefordert worden und ihm im Rahmen des Erörterungstermins vom 13.05.2014 (im vorangegangenen Berufungsverfahren L 20 AY 135/13) ein konkreter Ansprechpartner für die weitere Bearbeitung seines Leistungsantrags benannt worden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.11.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Da der Kläger sein Klageziel trotz Aufforderung nicht konkretisiert habe, sei eine rechtliche Beurteilung seines Begehrens nicht möglich. Insbesondere sei nicht feststellbar, ob der Kläger eine Untätigkeitsklage habe erheben wollen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

Gegen den ihm am 02.12.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.12.2014 sinngemäß Berufung eingelegt. Ergänzend hat er sich gegen die Vorgehensweise des SG in den vorangegangenen Klageverfahren gewandt und Schadensersatz i.H.v. 100.000 EUR begehrt.

Der Kläger, der im Verhandlungstermin nicht anwesend und auch nicht vertreten gewesen ist, beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf vom 13.11.2014 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, seinen Antrag auf Leistungen nach dem AsylbLG zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Streitakten des SG Düsseldorf (S 30 AY 37/13 und S 30 AY 51/13) Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe:

A) Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 SGG verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesen ist; denn er ist in der Terminsmitteilung, welche ihm am 11.03.2015 zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

B) Die sinngemäß eingelegte, gemäß § 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.

I. Insofern mag offen bleiben, ob das SG die Klage unter Hinweis auf eine mangelnde Konkretisierung des Klägervorbringens durch Gerichtsbescheid abweisen durfte, ohne dem Kläger zuvor - im Rahmen eines Erörterungs- oder eines Verhandlungstermins - Gelegenheit gegeben zu haben, sein Klageziel mündlich zu erläutern. Ungeachtet eines insoweit naheliegenden erstinstanzlichen Verfahrensfehlers sieht der Senat jedenfalls angesichts des ihm in § 159 Abs. 1 SGG eingeräumten Ermessens und der Interessen der Beteiligten an einer möglichst zügigen Sachentscheidung von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG ab.

II. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die (als eine solche auszulegende; dazu sogleich) Untätigkeitsklage im Sinne des § 88 SGG hat Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten die Bescheidung seines spätestens am 30.08.2013 gestellten Antrags auf Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG beanspruchen.

1. Der Senat legt das einzig zur Verfügung stehende schriftliche Vorbringen des Klägers bei verständiger Betrachtung und unter Berücksichtigung der verfahrensrechtlichen Vorgaben im Sinne des § 123 SGG dahingehend aus, dass er (lediglich) die Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung seines Antrags auf Leistungen nach dem AsylbLG begehrt.

a) Dieses Begehren hat der Kläger bereits bei Klageerhebung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Mit seiner Klage, die zeitnah zu seinen erfolglos gebliebenen Vorsprachen bei der Beklagten (im Juli, August und September 2013) und dort geltend gemachten Leistungen nach dem AsylbLG erhoben wurde, hat sich der Kläger unmissverständlich gegen die Untätigkeit der Mitarbeiter der Beklagten im Zusammenhang mit seinem Leistungsbegehren gewandt. Zwar hat er insoweit ausdrücklich nur beanstandet, dass ihm kein Antragsformular ausgehändigt worden sei. Unter Berücksichtigung des sog. Meistbegünstigungsgrundsatzes (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/7b AS 42/06 R) ist aber davon auszugehen, dass der Kläger mit seiner Klage ohne Rücksicht auf den konkreten Wortlaut seines Begehrens das erreichen will, was ihm den größten Nutzen bringen kann. Dies ist jedoch letztlich nicht die Aushändigung entsprechender Formulare, sondern die Bescheidung seines Antrags auf Leistungen nach dem AsylbLG.

b) Dass der Kläger mit seiner Klage darüber hinaus weitere Ziele, etwa die Aufhebung des am 12.09.2013 erteilten Hausverbots oder die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG verfolgt, lässt sich seinem Vorbringen hingegen - insbesondere unter Berücksichtigung seiner prozessual allein sinnvollen Möglichkeiten - nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen. Das mündlich erteilte Hausverbot, das die Beklagte ohnehin nur vorläufig für einen Tag ausgesprochen hatte, war bei Klageerhebung bereits nicht mehr aktuell; es wurde vom Kläger bei verständiger Würdigung seines gesamten Vorbringens lediglich zur Schilderung der Erfolglosigkeit seiner Vorsprachen erwähnt, welche ihm Anlass zur Klageerhebung gab. Eine - weiterreichende - Anfechtungs- und Leistungsklage auf Leistungen nach dem AsylbLG wäre (dies war dem Kläger bei Klageerhebung schon aufgrund der richterlichen Hinweise in den vorangegangenen Streitverfahren bekannt) bereits unzulässig gewesen, weil bislang weder eine gerichtlich überprüfbare Entscheidung der Beklagten über den Leistungsantrag im Sinne § 54 Abs. 1 SGG vorliegt noch das notwendige Widerspruchsverfahren (§ 78 SGG) durchgeführt wurde. Vom Kläger in der Klagebegründung angesprochene medizinische Untersuchungen auf Veranlassung des Gerichts versteht der Senat als bloßen Hinweis auf medizinische Versorgung, über welche die Beklagte für den (gesundheitlich ersichtlich eingeschränkten) Kläger im Rahmen der beantragten Leistungen nach dem AsylbLG ebenfalls zu entscheiden hat.

2. Die - somit ausschließlich als solche auszulegende - Klage auf Bescheidung seines Antrags auf Leistungen nach dem AsylbLG ist zulässig und begründet.

Gemäß § 88 Abs. 1 SGG ist eine Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten zulässig, wenn ein Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden wurde.

a) Zwar war die Untätigkeitsklage im Zeitpunkt ihrer Erhebung beim VG Düsseldorf am 16.09.2013 noch unzulässig, weil die Sechs-Monats-Frist seinerzeit noch nicht abgelaufen war. Die Klage ist aber - ausgehend von einem spätestens im August 2013 gestellten Antrag des Klägers (dazu im Folgenden) - im Verlauf des Klageverfahrens zulässig geworden.

b) Die Untätigkeitsklage ist auch begründet; denn die Beklagte hat ohne sachlichen Grund nicht innerhalb von sechs Monaten über den Antrag des Klägers entschieden.

aa) Insofern ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass der Kläger anlässlich seiner Vorsprachen bei der Beklagten zumindest auch Leistungen nach dem AsylbLG begehrt hat. Unter Zugrundelegung der in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Aktenvermerke hat er dieses spätestens am 30.08.2013 hinreichend klar zum Ausdruck gebracht. Denn anlässlich dieser Vorsprache hat er einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Beratungsschein zur Durchsetzung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz überreicht; dies kann bei verständiger Betrachtung (und insbesondere unter Berücksichtigung der für den Kläger bestehenden kommunikativen Hürden) nicht anders denn als Leistungsbegehren verstanden werden.

bb) Eine Entscheidung der Beklagten über diesen Antrag ist bislang nicht ergangen. Auch die Beklagte behauptet nicht, den Antrag des Klägers - sei es in schriftlicher oder mündlicher Form - im Sinne des § 35 VwVfG NRW (vgl. zur Anwendbarkeit des VwVfG auf das Verwaltungsverfahren nach dem AsylbLG, sofern § 9 Abs. 3 AsylbLG nicht ausdrücklich eine entsprechende Anwendung bestimmter Vorschriften des SGB X vorsieht, BSG, Urteil vom 09.06.2011 - B 8 AY 1/10 Rn. 21 und Urteil vom 26.06.2013 - B 7 AY 3/12 R Rn. 12) bereits verbindlich abgelehnt oder diesem entsprochen zu haben. Nach den in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Vermerken wurde der Kläger anlässlich seiner Vorsprachen bei Mitarbeitern des Sachgebiets für Obdachlose und Flüchtlinge vielmehr lediglich an das für die Leistungsgewährung intern zuständige Sachgebiet für wirtschaftliche Hilfen nach dem AsylbLG in der Münsterstraße verwiesen. Auch dort wurde der Leistungsantrag des Klägers bislang jedoch nicht beschieden. Die Beklagte hat insofern selbst vorgetragen, den Antrag des Klägers bisher nicht aufgenommen zu haben, weil der Kläger bei seinen Vorsprachen kein gültiges Aufenthaltsdokument habe vorlegen können; erst recht hat sie dann über den Antrag keine Entscheidung getroffen.

cc) Es liegt auch kein zureichender Grund für die bislang unterbliebene Bescheidung des Antrags (spätestens) vom 30.08.2013 vor.

(1) Insbesondere ist der Umstand, dass die Beklagte sich für die Entscheidung über den Antrag des Klägers für örtlich unzuständig hält, kein im Sinne des § 88 Abs. 1 SGG zureichender Grund für die Nicht-Bescheidung in angemessener Frist (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 36/02 R). Auch wenn ein von einem Antragsteller angegangener Leistungsträger meint, für eine bestimmte Leistung nicht zuständig zu sein, muss es dem Antragsteller möglich sein, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Dass der Leistungsträger in einem solchen Fall schlicht nichts zu tun braucht und der Versicherte ggf. gezwungen ist, nach sechs Monaten Untätigkeitsklage zu erheben, entspricht nicht dem Rechtsschutzsystem, welches das SGG zur Verfügung stellt. Das gilt umso mehr, wenn der Leistungsträger - wie hier die Beklagte für die Durchführung des AsylbLG nach § 10 AsylbLG - für eine Leistung oder Feststellung der begehrten Art grundsätzlich (sachlich) zuständig ist (zu alledem BSG, a.a.O. Rn. 16).

Der Senat weist in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass die Beklagte ohnehin - entgegen ihrer Auffassung - gemäß § 10a Abs. 1 AsylbLG nicht nur sachlich, sondern auch örtlich für die in Rede stehenden Leistungen zuständig ist:

Gemäß § 10a Abs. 1 S. 1 AsylbLG ist für Leistungen nach dem AsylbLG die nach § 10 AsylbLG bestimmte Behörde zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte auf Grund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Im Übrigen ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält (§ 10a Abs. 1 S. 2 AsylbLG).

Ausgehend hiervon war zwar ursprünglich die Stadt W gemäß § 10a Abs. 1 S. 1 AsylbLG für die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG örtlich zuständig, weil ihr der Kläger anlässlich seiner erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet (im Februar 1991) zugewiesen worden war. Diese Zuständigkeit aufgrund Zuweisung ist aber jedenfalls dadurch entfallen, dass der Kläger Deutschland im Jahr 1999 verlassen und sich bis ca. 2001 in Belgien, möglicherweise auch in Spanien und Frankreich aufgehalten hat.

Zwar regelt § 10a Abs. 1 AsylbLG nicht, wann die Entscheidung über die Verteilung oder Zuweisung unwirksam wird bzw. eine durch sie begründete örtliche Zuständigkeit endet. Gemäß § 41 Abs. 2 VwVfG endet die örtliche Zuständigkeit aber zum einen dann, wenn die Verteilungsentscheidung des Bundesamtes oder die landesbehördliche Zuweisungsentscheidung zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben wird (vgl. Hohm, AsylbLG, § 10a Rn. 29 und 30 m.w.N.), zum anderen dann, wenn sie sich gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG "auf andere Weise" erledigt (Groth in jurisPK-AsylbLG § 10a Rn. 19; Hohm, AsylbLG § 10a Rn. 31). Letzteres ist jedenfalls dann der Fall, wenn die leistungsberechtigte Person - wie hier der Kläger im Jahr 1999 - aus dem räumlichen Geltungsbereich des AsylbLG ausreist (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 15.04.2013 - L 20 AY 68/12; ferner Hohm, a.a.O., § 10a Rn. 31). Denn mit der Ausreise ist nicht nur das (formelle) Asylverfahren, sondern der gesamte den Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet betreffende Lebenssachverhalt abgeschlossen; diese Zäsur ist so wesentlich, dass kein Grund erkennbar ist, aus welchen Gründen die Zuweisung nach § 50 AsylVfG, die allein zur geordneten verwaltungstechnischen Abwicklung dieses Lebenssachverhalts dient, weiter Geltung beanspruchen sollte (vgl. zu alledem den Beschluss des Senats vom 27.12.2013 - L 20 AY 106/13 B ER). Nach Wiedereinreise des Klägers im September 2008 wurde im Rahmen des dann eingeleiteten Asylfolgeverfahrens zudem weder eine erneute Zuweisungsentscheidung getroffen (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 15.04.2013 - L 20 AY 68/12), noch lebte die ursprüngliche, durch Ausreise erloschene Zuweisungsentscheidung anlässlich des Asylfolgeantrags erneut auf (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 27.12.2013 - L 20 AY 106/13 B ER).

Endete somit die durch die Zuweisungsentscheidung begründete örtliche Zuständigkeit der Stadt W nach § 10a Abs. 1 S. 1 AsylbLG im Jahr 1999, so war für die vorliegend fragliche Leistungszeit die Beklagte zuständig, in deren Bereich sich der Kläger schon seit Antragstellung im Jahr 2013 (und im Übrigen auch schon zuvor) tatsächlich aufhält (vgl. S. 2 der Vorschrift).

(2) Ebenso wenig liegt ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Leistungsantrags des Klägers darin, dass dieser zu der schließlich für den 06.12.2013 terminierten Aufnahme seine Antrags beim intern zuständigen Sachgebiet der Beklagten für wirtschaftliche Hilfen nicht vorgesprochen hat und auch im Anschluss an den Erörterungstermin vom 13.05.2014 (im früheren Berufungsverfahren L 20 AY 135/13) bis heute nicht erneut bei der Beklagten vorstellig geworden ist. Selbst wenn der Kläger im Zusammenhang mit der Antragstellung seinen Mitwirkungspflichten im Sinne der Regelungen des §§ 60 ff. SGB I (die gemäß § 7 Abs. 4 AsylblG entsprechend anwendbar sind) nicht ausreichend nachgekommen sein und die Beklagte infolge unzureichender Angaben an einer Sachentscheidung über den Anspruch nach dem AsylbLG gehindert gewesen sein sollte, hätte sie nach § 66 SGB I (i.V.m. § 7 Abs. 4 AsylbLG) vorgehen können und müssen, um einer Untätigkeitsklage des Klägers die Grundlage zu entziehen (vgl. insofern zu § 66 SGB I BSG, Urteil vom 26.08.1994 - 13 RJ 17/94 Rn. 20 ff.). Die Beklagte hätte den Kläger also nach § 66 Abs. 3 SGB I (i.V.m. § 7 Abs. 4 AsylbLG) zunächst schriftlich auf die Folgen fehlender Mitwirkung hinweisen, eine Frist zur Erfüllung seiner Mitwirkung setzen und nach erfolglosem Fristablauf einen Versagensbescheid erlassen können. Die bloße Einstellung der Verwaltungstätigkeit bei Unterlassen einer für notwendig erachteten Mitwirkungshandlung widerspricht hingegen nicht nur den Grundsätzen eines ordnungsgemäßen und zweckmäßigen Verwaltungsverfahrens (vgl. §§ 9 und 10 VwVfG NRW), sondern zwingt den Antragsteller auch in unvertretbarer Weise, entweder die von ihm geforderte Mitwirkungshandlung ohne Möglichkeit einer Überprüfung der Voraussetzungen des § 66 SGB I (i.V.m. § 7 Abs. 4 AsylbLG) nachzuholen, den Leistungsantrag aufzugeben oder bei Gericht eine Untätigkeitsklage zu erheben (vgl. BSG, a.a.O.).

(3) Ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung kann schließlich auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger am 06.12.2013 bei dem (intern unzuständigen) Amt für Obdachlose und Flüchtlinge der Beklagten vorgesprochen hat und dort laut einem in den Verwaltungsakten enthaltenen Vermerk erklärt haben soll, "kein AsylbLG" beantragen zu wollen. Darin kann keine - notwendig eindeutige - Rücknahme seines spätestens am 30.08.2013 gestellten Antrags auf Leistungen nach dem AsylbLG gesehen werden. Denn dem Vermerk lässt sich schon ein genauer, vom Kläger erklärter Wortlaut nicht entnehmen. Der allein von einem Mitarbeiter der Beklagten gefertigte Aktenvermerk aber reicht zum Nachweis einer Rücknahmeerklärung des Klägers nicht aus. Eine derart weitreichende Erklärung müsste vielmehr (unbeschadet etwa weiterer Fragen wie der Sicherstellung einer hinreichenden sprachlichen Verständigungsmöglichkeit) zweifelsfrei feststellbar sein, indem etwa der Mitarbeiter eine entsprechende Erklärung aufnimmt und sie vom Kläger unterzeichnen lässt.

dd) Der Senat muss im vorliegenden Zusammenhang einer Untätigkeitsklage zwar nicht entscheiden, ob dem Kläger ggf. Leistungen nach § 2, nach §§ 3 ff. oder nach § 11 Abs. 2 AsylbLG zustehen; dies ist vielmehr Aufgabe der Beklagten bei der von ihr noch zu treffenden Entscheidung, die ggf. erst später einer gerichtlichen Überprüfung unterläge. Bei einer Entscheidung zu § 11 Abs. 2 AsylbLG (Beschränkung der Leistungen auf die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe) wird die Beklagte allerdings Folgendes zu bedenken haben:

Die Vorschrift kann zum einen vorliegend nur dann zur Anwendung kommen, wenn die in den (zuletzt bis Januar 2011 erteilten, befristeten) Duldungen des Klägers verfügte Wohnsitzbeschränkung auf das Gebiet der Stadt W als räumliche Beschränkung im Sinne des § 11 Abs. 2 AsylbLG zu qualifizieren sein sollte (vgl. zum Charakter der Norm nach der ganz h.M. als Bestimmung des Leistungsumfangs bei unerlaubtem Aufenthalt, nicht jedoch als eigene Zuständigkeitsregelung u.a. LSG NRW vom 27.10.2006 - L 20 B 52/06 AY ER; ferner LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.02.2014 - L 8 AY 98/13 B ER Rn. 25 mit zahlreichen Nachweisen; a.A. wohl Groth in jurisPK-SGB XII, § 11 AsylbLG Rn. 29 ff. zumindest für den Fall, in dem die leistungsberechtigte Person einer wirksamen asylrechtlichen Verteilung oder Zuweisung zuwiderhandelt); der Kläger hatte zwar eine Wohnsitzauflage für W erhalten, durfte sich allerdings zugleich in ganz Nordrhein-Westfalen aufhalten.

Zum anderen mag zur Bemessung dessen, was als Hilfe unabweisbar geboten ist, zwar bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 und 2/11) in Literatur und Rechtsprechung weitgehend Einigkeit darüber bestanden haben, dass sich die Hilfe nach § 11 Abs. 2 AsylbLG auf das beschränkt, was nötig ist, um es dem Leistungsberechtigten zu ermöglichen, so schnell wie möglich an den rechtmäßigen Aufenthaltsort zurückzukehren; dazu gehörten primär die notwendigen Reisekosten sowie dringend erforderliche Verpflegungskosten, jedoch nur ausnahmsweise weitergehende (im Einzelfall bis an den regulären Umfang heranreichende) Leistungen (vgl. hierzu u.a. den Beschlüsse des Senats vom 02.04.2012 - L 20 AY 24/12 B ER und L 20 AY 25/12; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 27.05.2011 - L 8 AY 31/11 B ER und vom 20.02.2014 - L 8 AY 98/13 B ER). Im Hinblick darauf, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums den Staat nach der Entscheidung des BVerfG dazu verpflichtet, das Existenzminimum zu jeder Zeit und uneingeschränkt sicherzustellen, stellt sich jedoch auch im Falle eines ausländerrechtlich zu missbilligenden Auflagenverstoßes die Frage, ob auch die am tatsächlichen Aufenthaltsort zuständige Behörde grundrechtswahrend Leistungen erbringen muss, die das gesamte Existenzminimum auch bei unterbleibender Abreise zum auferlegten Wohnsitzort abdecken (vgl. insoweit zum Begriff der unabweisbar gebotenen Leistungen in § 1a AsylbLG die Beschlüsse des Senats vom 24.04.2013 - L 20 AY 153/12 B ER sowie vom 09.05.2014 - L 20 AY 91/13 B).

ee) Etwaige Zweifel daran, dass der Kläger über anspruchsschädliches Einkommen oder Vermögen im Sinne des § 7 Abs. 1 AsylbLG verfügt und daher nicht bedürftig ist, dürften schließlich spätestens im Anschluss an die Befragung des Klägers im Erörterungstermin vom 15.05.2014 (im früheren Berufungsverfahren L 20 AY 135/13) ausgeräumt sein. Soweit danach in der Vergangenheit Dritte den Kläger durch Zuwendungen unterstützt haben, entlastet dies die Beklagte als staatlichen Leistungsträger, der primär zur Existenzsicherung verpflichtet ist, nicht.

ff) Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren wegen eines von ihm als fehlerhaft angesehenen Verhaltens des Sozialgerichts in früheren Klageverfahren Schadensersatz i.H.v. 100.000 EUR begehrt, fehlt es - selbst wenn man die Zulässigkeit einer solchen Klageerweiterung zugunsten des Klägers unterstellt - schon an der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Für einen derartigen Amtshaftungsanspruch ist vielmehr der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (vgl. Art. 34 Abs. 1 S. 3 GG). Der Senat hat insoweit im wohlverstandenen, vermuteten Interesse des Klägers, namentlich im Hinblick auf den insoweit vor den zuständigen Landgerichten (vgl. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) bestehenden Anwaltszwang (vgl. § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO) und das damit verbundene Kostenrisiko sowie auf die fehlende Gerichtskostenfreiheit solcher Verfahren, von einer Verweisung des Rechtsstreits an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht abgesehen. Gegebenenfalls mag der Kläger diese Klage selbst bei dem zuständigen Landgericht anbringen.

C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

D) Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.