Bayerisches Landessozialgericht - L 2 SB 22/09 B SF - Beschluss vom 11.09.2009
Wird ein Arzt vom Gericht zur Abgabe eines Befundberichts aufgefordert und kommt er dieser Aufforderung nicht nach, kann er zu einem Vernehmungstermin geladen werden. Erscheint der Arzt zu diesem Termin nicht, ist ihm ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Das gilt auch, dann wenn er den Befundbericht noch am Tag des Vernehmungstermins, aber zeitlich nach dem Termin einreicht.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung von Ordnungsgeld. I
n einem Schwerbehindertenverfahren bat das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region S. (ZBFS) den Beschwerdeführer, einen ärztlichen Befundbericht über die Antragstellerin, seine Patientin, zu erstatten.
Nach vergeblichen Erinnerungen am 19.08.2008 und 09.09.2008 richtete das ZBFS an das Sozialgericht Augsburg (SG) ein Rechtshilfeersuchen und bat, den Beschwerdeführer als Zeugen einzuvernehmen.
Das SG informierte den Beschwerdeführer am 27.10.2008 über das Rechtshilfeersuchen und forderte ihn auf, den Befundbericht unverzüglich, jedoch spätestens bis 14.11.2008 zu übersenden. Es kündigte an, im Falle der fortwährenden Weigerung werde es den Beschwerdeführer zu seiner persönlichen Vernehmung vorladen. Für den Fall, dass er dieser Zeugenladung nicht Folge leiste, könne gegen ihn Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angeordnet werden.
Der Befundbericht ging nicht ein. Das SG lud den Beschwerdeführer zum Vernehmungstermin auf den 09.12.2008 um 11.20 Uhr. Die Ladung mit Angabe des Beweisthemas wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 20.11.2008 zugestellt. Darin wurde darauf hingewiesen, die Ladung werde gegenstandslos, falls der Befundbericht bis spätestens 28.11.2008 beim SG eingehen sollte. Gleichzeitig kündigte das SG an, der Beschwerdeführer müsse mit Auferlegung von Ordnungsgeld rechnen, falls er unentschuldigt ausbleiben sollte. Im Termin am 09.12.2008 erschien der Beschwerdeführer nicht. Mit Beschluss vom selben Tage legte das SG dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 Euro auf. Die schriftliche mit Rechtsmittelbelehrung versehene Ausfertigung des Beschlusses wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 11.12.2008 zugestellt. Am 09.12.2008 ging um 13.53 Uhr beim SG ein Fax ein, in dem auf die Ladung Bezug genommen wurde und das den handschriftlichen Befundbericht des Beschwerdeführers über die Antragstellerin im Schwerbehindertenverfahren enthielt. Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 09.12.2008 legte der Beschwerdeführer am 08.01.2009, eingegangen bei Gericht am 09.01.2009, Beschwerde ein. Zur Begründung führte er an, es handle sich bei der an ihn gerichteten Aufforderung, einen Befundbericht zu übersenden, um eine völlig überflüssige Überprüfung des Grades der Behinderung. Die Befunderstellung werde zudem nicht angemessen vergütet. Er habe versucht, den Befundbericht noch rechtzeitig dem SG zukommen zu lassen. Trotz gesundheitlicher Probleme habe er diesen noch am Abend des 08.12.2008 zu Hause abgefasst und am nächsten Tag, dem 09.12.2008, morgens 09.00 Uhr seiner Arzthelferin den Auftrag gegeben, den Befundbericht an das SG zu faxen und telefonisch nachzufragen. Bis 11.00 Uhr sei dies nicht gelungen. Telefonisch sei beim SG weder die Geschäftsstellenkraft noch die Richterin zu erreichen gewesen. Erst gegen 13.00 Uhr habe er die Geschäftsstelle telefonisch erreicht. Er habe dann erfahren, dass der richterliche Bußgeldbeschluss schon getroffen worden war. Er bitte unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu seinen Gunsten zu entscheiden. Der Beschwerdeführer beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 09.12.2008 aufzuheben. Das SG zog das Faxprotokoll des Gerichts vom 09.12.2008 bei. Darin sind drei Faxeingänge von der Nummer des Beschwerdeführers zu verzeichnen, das früheste datiert um 13.53 Uhr, das nächste um 13.54 Uhr und das dritte um 14.16 Uhr. Das SG legte die Beschwerde dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet.
Im Wege der Rechtshilfe kann eine Behörde gemäß § 22 Abs. 1 des Zehnten Sozialgesetzbuchs (SGB X) ein Gericht ersuchen, eine Person als Zeugen bzw. als sachverständigen Zeugen einzuvernehmen, wenn diese ohne Rechtfertigungsgründe eine nach § 21 Abs. 3 SGB X erbetene Aussage verweigert. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 380 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO aufgehoben. Für die Höhe des Ordnungsgeldes setzt Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) einen Rahmen zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro fest. Voraussetzung für das Auferlegen eines Ordnungsgeldes ist demnach, dass der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäßer Ladung und Hinweis auf die Folgen seines Nichterscheinens im Termin nicht erscheint. Dies trifft hier zu. Demnach liegen die Voraussetzungen zur Festsetzung von Ordnungsgeld vor. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Begründung seiner Beschwerde stellt weder eine rechtzeitige hinreichende Entschuldigung noch eine nachträgliche hinreichende Entschuldigung dar. Rechtzeitig ist eine Entschuldigung nur dann, wenn sie so frühzeitig bei Gericht eingeht, dass eine Verlegung des Termins und das Abbestellen der zur mündlichen Verhandlung geladenen Personen noch im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb möglich ist. Zwar waren zum Termin zur Beweisaufnahme andere Personen als der Beschwerdeführer nicht geladen worden, jedoch musste eine entsprechend ausreichende Zeit zur Vernehmung vorgehalten werden. Eine derart rechtzeitige Entschuldigung wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet, sie liegt auch nicht vor. Die in der Beschwerdebegründung vom 16.01.2009 genannten Gründe rechtfertigen auch keine nachträgliche hinreichende Entschuldigung. Zwar trifft es zu, dass der Befundbericht per Fax um 13.53 Uhr am 09.12.2008 beim SG eingegangen war. Es sind jedoch keine Gründe vorgebracht worden und auch nicht ersichtlich, weswegen der Befundbericht nicht so rechtzeitig vor dem Termin abgefasst und übermittelt werden konnte, dass der Termin hätte aufgehoben werden können. Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, weshalb die Säumnis unverschuldet gewesen sei. Dass er das von der Antragstellerin betriebene Schwerbehindertenverfahren für überflüssig und die Entschädigung für die Erstellung eines Befundberichtes für ungenügend halte, rechtfertigt sein unentschuldigtes Fernbleiben nicht. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe rechtzeitig vor dem Termin, nämlich ab 09.00 Uhr versucht, den Befundbericht an das SG zu faxen bzw. das Gericht telefonisch zu erreichen, findet im Faxprotokoll des Gerichts keine Stütze und wird auch vom Beschwerdeführer nicht weiter glaubhaft gemacht. Auch die Tatsache, dass er den Befundbericht kurze Zeit nach dem Termin übersandte, rechtfertigt nicht die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses. Zwar kann von der Auferlegung von Ordnungsgeld abgesehen werden, wenn die auf diese Weise erzwungene Maßnahme keine Bedeutung für den Prozess hat. Dies ist in der Regel aber nur dann der Fall, wenn der Rechtsstreit ohne die mit Ordnungsgeld erzwungene Maßnahme entschieden werden konnte. Dies trifft hier nicht zu. Das Rechtshilfeersuchen konnte im Termin nicht erledigt werden. Auch die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Zum einen brachte der Beschwerdeführer gegen die Höhe des gegen ihn verhängten Ordnungsgeldes nichts vor. Zum anderen bewegt sich das Ordnungsgeld im unteren Rahmen zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro. Die berufliche Stellung des Beschwerdeführers zwingt in keiner Weise zur Annahme, er werde durch die ihm auferlegte Zahlung in eine wirtschaftliche Notlage geraten. Insgesamt kommt der Senat daher zum Ergebnis, dass der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 09.12.2008 rechtmäßig ist. Dem Beschwerdeführer waren in analoger Anwendung des § 197a SGG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Er gehört als Zeuge nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis, für den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei sind. Kostenfreiheit genießen nur Versicherte, Leistungsempfänger, Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen und deren Sonderrechtsnachfolger, wenn sie in einem sozialgerichtlichen Verfahren als Kläger oder als Beklagte in dieser Eigenschaft beteiligt sind. Die Kosten waren dem Beschwerdeführer gemäß § 197a i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung aufzuerlegen. Danach hat derjenige die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Rechtsmittels zu tragen, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).