Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Kostenübernahme einer operativen Gesichtsfeminisierung.

Die 1962 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin wird in Folge eines Mann-zu-Frau-Transsexualismus seit 2006 mit weiblichen Hormonen behandelt. Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine geschlechtsangleichende Genitaloperation, die alsdann im Jahr 2008 ebenso wie phonochirurgische Maßnahmen durchgeführt wurden. Des Weiteren erfolgten zahlreiche Epilationsbehandlungen zulasten der Beklagten. Auf eigene Kosten ließ die Klägerin eine weitere Genitaloperation in Thailand durch Dr. S. durchführen.

Im April 2009 begehrte die Klägerin bei der Beklagten die Versorgung mit einer geschlechtsangleichenden Gesichtsoperation (Facial Feminization Surgery -FFS-). Hierbei handele es sich nicht um eine Schönheitsoperation sondern um eine standardisierte geschlechtsangleichende Operation, denn das Gesicht sei das allerentscheidendste Geschlechtsmerkmal eines Menschen. Diese Operation, die in Deutschland nicht möglich sei, werde in ausgezeichneter Qualität von Dr. S. in Thailand durchgeführt.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein ein. Dr. T. führte unter dem 24.5.2009 aus, mit einer FFS werde eine operative Gesichtsfeminisierung bezeichnet. Je nach Wunsch und Bedürfnis könnten ein Augenbrauen-Lifting, eine Lidstraffung, eine Remodellierung der Stirnregion oder eine Anhebung der Stirnhaargrenze, eine Anhebung der Lippen und eine Rhinoplastik ebenso durchgeführt werden wie das Auffüllen der Wangenregion mit Fillern oder auch ein Facelift. Hierbei handele es sich jedoch um ästhetisch-kosmetische Leistungen, die auf Selbstkostenbasis weltweit von ästhetisch kosmetischen Chirurgen angeboten würden. Eine solche Operation sei auch in Deutschland sehr gut möglich.

Mit Bescheid vom 8.4.2010 lehnte die Beklagte die begehrte Kostenübernahme ab, da die gewünschte gesichtsangleichende Operation als reine kosmetische Maßnahme einzustufen sei, für die keine medizinische Indikation bestehe.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, bei der begehrten Operation handle es sich nicht um eine kosmetische Maßnahme. Mit der Operation sollten vielmehr die vorhandenen männlichen Gesichtszüge an diejenigen einer durchschnittlichen biologischen Frau angeglichen werden. Die Beklagte veranlasste erneute Stellungnahmen des MDK. Dr. R. (MDK Nordrhein) verblieb unter dem 11.8.2010 und 16.3.2011 bei der Auffassung, eine FFS sei grundsätzlich als kosmetische Operation zu bewerten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.7.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 15.8.2011 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat vorgetragen, im Erstkontakt mit Kindern in ihrem Beruf als Musiklehrerin werde ihr stets bewusst, dass sie durch ihr Gesicht als Mann und nicht als Frau wahrgenommen werde. Die Durchführung einer geschlechtsangleichenden Gesichtsoperation sei für sie deshalb von besonderer Bedeutung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 8.4.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.7.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die gesichtsangleichende Operation dem Grunde nach zu übernehmen, wobei eine Operation in Deutschland seitens der Klägerin nicht gewünscht ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Durch Urteil vom 13.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne keine geschlechtsangleichende Gesichtsoperation verlangen. Der Anspruch auf geschlechtsangleichende Operationen sei auf den Zustand beschränkt, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechtes eintrete. Bei der Klägerin sei eine solche Annäherung bereits eingetreten. Sie werde im Erstkontakt als Frau wahrgenommen.

Gegen das ihr am 14.1.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.2.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Gesicht sei das allerwichtigste sekundäre Geschlechtsmerkmal eines Menschen. Die FFS sei unerlässlicher Bestandteil einer geschlechtsangleichenden Behandlung. Es gebe hinreichende Gesichtsskelettunterschiede zwischen Männern und Frauen. Bei der FFS handle es sich um eine hochspezialisierte operative Nischentechnik, die nur wenige Chirurgen weltweit beherrschten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2012 zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte geschlechtsangleichende Gesichtsoperation.

Versicherte - wie die Klägerin - haben nach § 27 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Klägerin leidet an Transsexualismus, dessen Behandlung, was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, notwendig ist.

Das Spektrum medizinisch indizierter Krankenbehandlung des Transsexualismus ist mittlerweile - anknüpfend an den Erkenntnisfortschritt über die Erkrankung - weit gefächert. Für erforderlich werden individuelle therapeutische Lösungen erachtet, die von einem Leben im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen über hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung reichen können (vergleiche BSG Urteil vom 11.9.2012 - B 1 KR 9/12 R -).

Ein Anspruch Versicherter auf geschlechtsangleichende Operation am - krankenversicherungsrechtlich betrachtet - gesunden Körper zur Behandlung des Transsexualismus bedarf danach zunächst der medizinischen Indikation. Die geschlechtsangleichende Operation muss zudem zur Behandlung erforderlich sein. Daran fehlt es, wenn zum Erreichen der in § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V genannten Therapieziele Behandlungsmaßnahmen ausreichen, die ein Leben im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen unterstützen oder sich auf hormonelle Behandlungen ohne Operation beschränken. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen kann nicht losgelöst von der inneren Reichweite des Anspruchs überprüft werden.

Die Reichweite des Anspruchs Transsexueller auf Krankenbehandlung bestimmt sich auf der Basis der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach den medizinischen Kriterien des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. Für das erforderliche Ausmaß der Behandlung ist dagegen nicht auf das Erscheinungsbild des Betroffenen im gesellschaftlichen Alltag in dem Sinne abzustellen, dass dem Anspruch bereits mit der Behebung einer Entstellung genüge getan ist (vergleiche BSG a.a.O.).

Besteht eine Indikation für eine begehrte geschlechtsangleichende Operation transsexueller Versicherter, bestimmen vornehmlich objektivierte medizinische Kriterien das erforderliche Ausmaß. Hierbei ist vor allem die Zielsetzung der Therapie zu berücksichtigen, den Leidensdruck der Betroffenen durch solche operativen Eingriffe zu lindern, die darauf gerichtet sind, dass körperlich bestehende Geschlecht dem empfundenen Geschlecht anzunähern, es diesem näherungsweise anzupassen.

Die Begrenzung auf eine bloße Annäherung des körperlichen Erscheinungsbildes an das gefühlte Geschlecht ergibt sich nicht nur aus den faktischen Schranken, die hormonelle Therapie und plastische Chirurgie setzen. Die Einräumung von Ansprüchen für transsexuelle Versicherte führen unverändert nicht dazu, Betroffenen Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsangleichenden operativen Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild und ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Grenzen einzuräumen. Die Ansprüche sind vielmehr beschränkt auf einen Zustand, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert ist (vergleiche BSG a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze besteht kein Anspruch der Klägerin auf geschlechtsangleichende Behandlung im Sinne einer Gesichtsfeminisierung. Nach dem persönlichen Eindruck des Senats in der mündlichen Verhandlung ist bei der Klägerin nämlich ein Zustand erreicht, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild einer Frau deutlich angenähert ist. Das von der Klägerin erreichte körperliche Erscheinungsbild bewegt sich auch unter Berücksichtigung der großen Vielfalt der Phänotypen bei Männern und Frauen in einem für Frauen geschlechtstypischen Bereich.

Diese Grenze trägt auch dem Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Grundgesetz (GG) Rechnung. Die Grenzziehung vermeidet es, transsexuellen Versicherten einen umfassenden leistungsrechtlichen Zugang zu kosmetischen Operationen zu eröffnen, der nicht transsexuellen Versicherten von vornherein versperrt ist (vergleiche BSG a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, da die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.