Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Gewährung einer erneuten Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nebst Unterkunfts- und Fahrkosten bei Dr. R. in L. in Anspruch.

Die 1959 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin, die nach eigenen Angaben an vielfältigen schweren Überempfindlichkeiten in Form eines sog. Multiple-Chemical-Sensitivity-Syndroms (MCS) i.V.m. einem chronischen Müdigkeitssyndrom als Folge einer - so ihre Angaben - chronischen Vergiftung durch Amalgam-Inhaltsstoffe, Pentachlorphenol (PCP) und Formaldehyd leidet, beantragte mit Schreiben vom 12.09.2008 unter Beifügung eines Attestes des Nervenarztes Dr. I. die Gewährung einer PET als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Den Antrag lehnte die Beklagte ab und teilte mit, dass der für die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) festgestellt habe, dass ein diagnostischer oder therapeutischer Nutzen der PET nicht habe nachgewiesen werden können. Fahrkosten seien als unselbstständige Nebenleistung nur übernahmefähig, wenn die Krankenkasse auch eine Hauptleistung übernehme (Bescheid vom 22.09.2008).

Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin u.a. Folgendes vor: Sie bezweifele, dass der GBA auch die PET zum Nachweis von Hirnschäden/Stoffwechselstörungen - speziell bei toxisch geschädigten Patienten - geprüft habe. In diesem Fall sei jedoch ein Systemversagen anzunehmen. Ihr Gesundheitszustand sei schon 1996 als lebensbedrohlich eingestuft worden.

Sodann veranlasste die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Unter dem 23.02.2009 legte die Ärztin Dr. U. u.a. dar: Im Hinblick auf die PET liege bereits eine Bewertung des GBA vor. Die Methode sei in Anlage II aufgenommen worden. Eine Bewertung der Methode sei nur für die Indikationen vorgenommen worden, für die durch das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte bereits zugelassene radioaktive Substanzen verwendet würden. Die Wertigkeit der PET in der Diagnostik cerebraler Schädigungen werde intensiv beforscht. Derzeit könne jedoch noch keine abschließende Beurteilung erfolgen. Im Falle der Klägerin solle die Indikation für eine weitere PET-Untersuchung auch sorgfältigst überprüft werden, da schon die letzte Untersuchung hochgradige Besorgnis bewirkt habe. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung könne eine Darstellung des Gehirns auch mittels Computer- oder Kernspintomographie erfolgen.

Dieses Gutachten des MDK übersandte die Beklagte an Dr. I. und teilte der Klägerin u.a. mit, dass es bei der Entscheidung vom 22.09.2008 verbleibe (Schreiben vom 03.03.2009). Sodann wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009).

Im Klageverfahren hat die Klägerin die Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht (SG) Düsseldorf beantragt. In der Sache hat die Klägerin vorgetragen, Untersuchungen durch Kernspin- und Computertomographie seien von ihr in den letzten Jahren ausgeschöpft worden. 2008 hätten sich multiple, ein Zentimeter große Läsionen und ein Zentimeter große Löcher im Gehirn gezeigt. Da ihre Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen immer schlimmer würden und die Hirnschädigung fortschreitend sei, stelle sich eine PET des Gehirns als medizinisch notwendig dar.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zur Kostenübernahme einer PET-Aufnahme, nebst Fahrkosten und Unterkunftskosten (Übernachtung) zu verurteilen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Gerichtsbescheid vom 23.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Im Berufungsverfahren hält die Klägerin im Wesentlichen an ihrem Vorbringen aus dem Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren fest.

 

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 23.02.2010 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten.

 

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten auf diese Möglichkeit mit der Ladung hingewiesen worden sind (§§ 110 Abs. 1 , 126 SGG).

Die Berufung ist zulässig. Der Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) wird erreicht, auch wenn Dr. R. in seiner "Patienten-Information für Hirn-PET" u.a. mitgeteilt hat, dass "zumindest 500 EUR als Beitrag vom Patienten selbst" zu zahlen seien. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass Gegenstand des Verfahrens auch Fahr- und Übernachtungskosten sind, so dass der Senat letztlich davon ausgeht, dass der erforderliche Beschwerdewert erreicht wird.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer PET als Sachleistung der GKV. Damit entfällt auch ein Anspruch auf Übernahme von Fahr- und Unterkunftskosten.

Das SG konnte die Streitsache in der Besetzung, wie sie der Geschäftsverteilungsplan vorsieht, durch Gerichtsbescheid entscheiden, obwohl die Klägerin am 23.11.2009 einen weiteren Befangenheitsantrag gestellt hat. Vor Erlass des Gerichtsbescheides bedurfte es keiner (weiteren) förmlichen Entscheidung über den Befangenheitsantrag durch das LSG NRW. Vielmehr konnte die Kammer über das Ablehnungsgesuch zugleich mit der Entscheidung über die Hauptsache befinden (vgl. BSG, Beschluss v. 16.02.2001 - B 11 AL 19/01 B, SozSich 2003, 397), weil die Klägerin ihr Ablehnungsrecht missbraucht hat und der Antrag damit unzulässig war. Das LSG NRW hat die von der Klägerin zuvor gestellten Befangenheitsanträge durch Beschlüsse vom 06.07.2009 (L 15 AR 96/09 AB) und 17.12.2009 (L 15 AR 110/09 AB) für unbegründet erklärt. Neue Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Über ein - wie hier - offenbar rechtsmissbräuchlich gestelltes Ablehnungsgesuch muss nicht (erneut) förmlich entschieden werden (vgl. BSG, Beschluss v. 27.12.2006 - B 1 KR 10/06 BH; Keller in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 10d m.w.N. zur Rspr.).

Mit zutreffender Begründung hat das SG auch seine örtliche Zuständigkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 SGG angenommen.

Unerheblich ist in der vorliegenden Konstellation, dass das SG über den (abermals) mit Schriftsatz vom 11.02.2010 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Denn das Berufungsvorbringen der durchaus gerichtserfahrenen Klägerin beschränkt sich ausschließlich auf die Gewährung der PET nebst Nebenleistungen; die erneute Versagung von PKH ist mithin nicht angegriffen worden (vgl. auch LSG NRW, Beschluss v. 21.08.2007 - L 1 B 37/07 AS).

Ein Sachleistungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gewährung einer PET und der in diesem Zusammenhang anfallenden Fahr- und Unterkunftskosten ist nicht gegeben. Die PET darf - wie bereits die Beklagte und das SG zutreffend dargelegt haben - nach der Richtlinie des GBA zu den Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung/Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung, Anlage II Nr. 39 und Anlage I Nr. 14 § 1 nur bei den dort genannten Indikationen zu Lasten der GKV erbracht werden. Eine solche Indikation besteht bei der Klägerin auch unter Zugrundelegung der von ihr vorgelegten Berichte der behandelnden Ärzte Dr. I. und Dr. R. nicht. Die Klägerin wurde überdies von beiden Ärzten darüber informiert, dass die PET nicht als Kassenleistung erbracht werden kann (vgl. Senat, Beschluss v. 14.01.2010 - L 5 B 67/09 KR).

Ein Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss v. 06.12.2005, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) zum Vorliegen einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

Diese Voraussetzungen sind hier bereits deshalb nicht erfüllt, weil als in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Untersuchungsmethoden die Computer- und Kernspintomographie in Betracht kommen, wie der MDK nachvollziehbar ausgeführt hat. Dass diese Untersuchungsmethoden nach Ansicht der Klägerin "ausgeschöpft" sind, ist nicht erheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).