Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 5 SF 36/10 KO - Beschluss vom 10.10.2012
Wegen der Vielfalt der möglichen Sachverhalte, die einer Begutachtung zugrunde liegen können, ist es aus Gründen der Handhabbarkeit sowie der Gleichbehandlung geboten, eine gewisse Pauschalierung vorzunehmen und einen objektivierenden Maßstab zu entwickeln, der für alle Sachverständigenentschädigungen gleichermaßen gilt. Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen angegebene Zeit auch erforderlich war. Daher beschränkt sich die Überprüfung der Kostenrechnung regelmäßig auf eine Plausibilitätsprüfung anhand dieses objektivierenden Maßstabs. Kostenrechtlich ist dabei nicht zu berücksichtigen, ob der Antragsteller die von ihm vor Erstellung des Gutachtens geschätzten voraussichtlichen Kosten dem Gericht mitgeteilt hat, solange das geforderte Honorar den auf die Schätzung gezahlten Kostenvorschuss nicht übersteigt. Grundlage des Vergütungsanspruchs kann nur der tatsächlich objektiv erforderlich gewesene und nicht ein vorab vom Sachverständigen lediglich geschätzter Zeitaufwand sein.
Gründe:
I.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens L 1 U 56/07 war die Entschädigung einer anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung.
Mit Beweisbeschluss vom 25. September 2008 ernannte der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts den Antragsteller in diesem Verfahren zum Sachverständigen nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit Schreiben vom 6. März 2009 teilte der Antragsteller dem Gericht mit, dass der von der Klägerin eingezahlte Kostenvorschuss von 2.500,00 EUR nicht ausreiche, um die bereits für die Begutachtung durch den Hauptgutachter Prof. D angefallenen Kosten und die durch seine - des Antragstellers - zu erwartenden Kosten von voraussichtlich 2.470,00 EUR für die Zusatzbegutachtung abzudecken. Daraufhin zahlte die Klägerin einen weiteren Kostenvorschuss von 2.500,00 EUR ein. Der Antragsteller erstattete das Hals-Nasen-Ohrenärztliche/allergologische Zusatzgutachten vom 11. Mai 2009, das erst im Mai 2010 auf besondere Anforderung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht einging, weil es dem am 22. Januar 2010 eingegangenen Hauptgutachten nicht beigefügt war.
Mit Kostenrechnung vom 20. November 2009 hatte der Antragsteller zunächst eine Forderung von 3.124,63 EUR geltend gemacht, die er wie folgt aufschlüsselte:
Datum Ziffer Text Faktor Betrag
09.03.09 1 Beratung, auch telefonisch 1,00 4,66 6 Untersuchung, Organsystem, Kopf 1,00 5,83 2-1415 Binokularmikroskopie, Trommelfell/Paukenhöhle 1,00 10,60 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 3-395 Provokationstest, nasal/konjunktival, mit apparativer Registrierung, je Test 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 0,00 - 0,00 - 11.08 Uhr 1530 Laryngoskopie 1,00 10,61 417 Sonographie, Schilddrüse 1,00 12,24 401 Sonographie, Duplexzuschlag, zu 410-418 1,00 23,31 420 Folgesonographie, Organ, max. 3 Organe, je Organ 1,00 - 4,66 - Halsorgane und Nasennebenhöhlen 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 0,00 - 0,00 - 11:19 250 Blutentnahme, Vene 1,00 2,33 3501 BKS / BSG 1,00 3,50 3560 Glukose 1,00 2,33 5098 Nasennebenhöhlen, ggf. in mehreren Ebenen 1,00 15,15 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 - 11.36 Uhr 1403 Tonschwellenaudiometrie 1,00 9,21 1407 Impedanzmessung, Trommelfell/ Binnenohrmuskel 1,00 10,61 1409 Otoakustische Emissionen 1,00 23,31 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 - 5,83 - 12.42 Uhr 28-380 Epikutantest, 1.-30., je Test 1,00 49,00 20-385 Pricktest, 1.-20., je Test 1,00 52,40 20-386 Pricktest, 21.-40., je Test 1,00 35,00 10-387 Pricktest, 41.-80., je Test 1,00 11,70 17-390 Intrakutantest, 1.-20., je Test 1,00 59,50 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 1530 Laryngoskopie 1,00 - 10,61 - 18:57 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 - 5,83 - 19:03 70 Folgerezept/Kurzbescheinigung 1,00 2,33 396 Höchstwert für Tests nach 395 je Tag 1,00 32,64
10.03.09 Sachkosten 1,00 - 70,98 - externe Laborrechnung 5 Untersuchung, symptombezogen 1,00 4,66 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 1530 Laryngoskopie 1,00 10,61
11.03.09 3572 IgE 1,15 16,75 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - D.pteron 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - D.farinae 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Acerus siro (Vorratsmilbe) 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Lepidoglyphus 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Tyrophagus putrenscentiae 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Euroglyphus maynei 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Katzenepithelien 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Ficus ben. 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Latex 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Cladosporium herbarum 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Aspergillus fumigatus 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Candida albicans 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Alt.alternata 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Birke 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Beifuss 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 410 Sonographie, Organ 1,00 - 11,66 - Nasennebenhöhlen
12.03.09 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 1530 Laryngoskopie 1,00 10,61
13.03.09 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49
27.03.09 Sachkosten 1,00 - 107,86 - externe Laborrechnung
06.04.09 Sachkosten 1,00 - 900,00 - Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten 15 Std. Sachkosten 1,00 - 90,00 - Untersuchung und Anamnese 1,5 Std. Sachkosten 1,00 - 210,00 - Abfassung und Beurteilung 3.5 Std. Sachkosten 1,00 - 810,00 - Diktat und Korrektur 13,5 Std.
09.04.09 Sachkosten 1,00 - 126,97 - Schreibgebühr 169298 Anschläge
08.10.09 Sachkosten 1,00 - 8,00 - Porto
Umsatzsteuerfrei nach Paragraph 4 Nr. 14 UstG.
Rechnungsbetrag EUR 3.124,63
Der Kostenbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts kürzte die Vergütung auf einen Gesamtbetrag von 2.616,15 EUR. Dabei reduzierte er mit seiner Feststellung vom 10. Februar 2010 den Stundenansatz für das Aktenstudium auf 8,5 Stunden und das Honorar für Sachleistungen. Die übersandten Akten hätten insgesamt 1.062 Blatt umfasst. Innerhalb einer Stunde hätten 125 Blatt ausgewertet werden können. Bei der Ausfüllung der Rahmensätze der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) könnten grundsätzlich nur die einfachen Gebührensätze der ärztlichen Gebührenordnung in Ansatz gebracht werden. Die Sachleistungen nach den GOÄ-Ziffern 1, 5 und 6 seien bereits mit dem Zeitaufwand für die Untersuchung abgegolten. Nach GOÄ-Ziffer 3891 sei die Bestimmung von höchstens zehn Einzelallergenen berechnungsfähig. Bei seiner Festsetzung berücksichtigte der Kostenbeamte auch das geltend gemachte Honorar gemäß GOÄ-Ziffer 70 für ein Folgerezept/Kurzbescheinigung nicht. Demgegenüber erhöhte er die Vergütung für die Untersuchung der Nasennebenhöhlen gemäß GOÄ-Ziffer 5098 unter Berücksichtigung einer Entschädigung nach dem 1,3 fachen Gebührensatz für Röntgenleistungen auf 19,71 EUR, für die geltend gemachten Sachkosten für die externe Laborrechnung auf 109,50 EUR und den Ersatz für Schreibauslagen auf 127,50 EUR.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung vom 3. März 2010, mit dem er die korrigierte Rechnung vom 5. März 2010 übersandte, die sich wie folgt aufschlüsselt:
Datum Ziffer Text Faktor Betrag
09.03.09 2-1415 Binokularmikroskopie, Trommelfell/Paukenhöhle 1,00 10,60 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 3-395 Provokationstest, nasal/konjunktival, mit apparativer Registrierung, je Test 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 0,00 - 0,00 - 11.08 Uhr 1530 Laryngoskopie 1,00 10,61 417 Sonographie, Schilddrüse 1,00 12,24 401 Sonographie, Duplexzuschlag, zu 410-418 1,00 23,31 420 Folgesonographie, Organ, max. 3 Organe, je Organ 1,00 - 4,66 - Halsorgane und Nasennebenhöhlen 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 0,00 - 0,00 - 11:19 250 Blutentnahme, Vene 1,00 2,33 3501 BKS / BSG 1,00 3,50 3560 Glukose 1,00 2,33 5098 Nasennebenhöhlen, ggf. in mehreren Ebenen 1,30 19,69 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 - 11.36 Uhr 1403 Tonschwellenaudiometrie 1,00 9,21 1407 Impedanzmessung, Trommelfell/ Binnenohrmuskel 1,00 10,61 1409 Otoakustische Emissionen 1,00 23,31 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 - 5,83 - 12.42 Uhr 28-380 Epikutantest, 1.-30., je Test 1,00 49,00 20-385 Pricktest, 1.-20., je Test 1,00 52,40 20-386 Pricktest, 21.-40., je Test 1,00 35,00 10-387 Pricktest, 41.-80., je Test 1,00 11,70 17-390 Intrakutantest, 1.-20., je Test 1,00 59,50 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 1530 Laryngoskopie 1,00 - 10,61 - 18:57 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 - 5,83 - 19:03 70 Folgerezept/Kurzbescheinigung 1,00 2,33 396 Höchstwert für Tests nach 395 je Tag 1,00 32,64 396 Höchstwert für Tests nach 395 je Tag 1,00 32,64
10.03.09 Sachkosten 1,00 - 70,98 - externe Laborrechnung 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 1530 Laryngoskopie 1,00 10,61
11.03.09 3572 IgE 1,15 16,75 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - D.pteron 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - D.farinae 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Acerus siro (Vorratsmilbe) 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Lepidoglyphus destructor 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Tyrophagus putrenscentiae 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Euroglyphus maynei 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 0,00 - 0,00 - Katzenepithelien 3890 Immunglobulin, Mischallergentest 1,15 - 16,75 - Ficus ben.spp. 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Latex 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Cladosporium herbarum 3890 Immunglobulin, Mischallergentest 1,15 - 16,75 - Aspergillus spp. 3890 Immunglobulin, Mischallergentest 1,15 - 16,75 - Candida spp. 3890 Immunglobulin, Mischallergentest 1,15 - 16,75 - Alternaria spp. 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Birke 3891 Immunglobulin, Einzelallergentest 1,15 - 16,75 - Beifuss 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 410 Sonographie, Organ 1,00 - 11,66 - Nasennebenhöhlen
12.03.09 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49 1530 Laryngoskopie 1,00 10,61
13.03.09 1417 Rhinomanometrie z.Diagnostik 1,00 5,83 1418 Endoskopie, Nasenhaupthöhlen/ Nasenrachenraum 1,00 10,49
27.03.09 Sachkosten 1,00 - 107,86 - externe Laborrechnung
06.04.09 Sachkosten 1,00 - 900,00 - Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten 15 Std. Sachkosten 1,00 - 90,00 - Untersuchung und Anamnese 1,5 Std. Sachkosten 1,00 - 210,00 - Abfassung und Beurteilung 3.5 Std. Sachkosten 1,00 - 810,00 - Diktat und Korrektur 13,5 Std.
09.04.09 Sachkosten 1,00 - 127,50 - Schreibgebühr 169298 Anschläge
08.10.09 Sachkosten 1,00 - 8,00 - Porto
Umsatzsteuerfrei nach Paragraph 4 Nr. 14 UstG.
Rechnungsbetrag EUR 3.130,44
Der Antragsteller macht geltend, der berücksichtigte Stundenansatz für das Aktenstudium sei zu gering und widerspreche der Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte. Insoweit verweist er auf den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2005 - L 4 B 5/05 -, nach dem ein Zeitaufwand von einer Stunde für die Durcharbeitung von 40 bis 60 Seiten einer mit medizinischem Inhalt durchsetzten Akte als sachgerecht anzusehen sei. Dieser Erfahrungswert werde auch vom Landessozialgericht Niedersachsen im Beschluss vom 31. Juli 2002 L 4 SF 6/01 -, dem Thüringer Landessozialgericht im Beschluss vom 1. August 2008 L 6 SF 220/03 - und dem Bayerischen Landessozialgericht im Beschluss vom 12. Juli 1982 - L 7/B 40/81 - geteilt. Es sei zu berücksichtigen, dass bei einem Sachverständigen nicht die Übung eines erfahrenen Richters im Lesen von Verwaltungs- und Gerichtsakten vorausgesetzt werden könne. Deshalb sei ein erhöhter Zeitaufwand für das Sichten der Akten selbst dann erforderlich, wenn nur Teile davon für die Erstellung des Gutachtens relevant seien. Hier seien ein überdurchschnittlich hoher Anteil an medizinischen Vorgutachten und eine Vielzahl teils divergierender Untersuchungsbefunde auszuwerten gewesen. Dabei hätten im Rahmen des Aktenstudiums die von den Vorgutachtern erhobenen Befunde tabellarisch nebeneinander angeordnet werden müssen, um die Werte vergleichen zu können. Dieser Arbeitsschritt hätte auch nicht delegiert werden können, da die Beschriftung der Befunde der fünf Vorgutachter mit unterschiedlichen Termini erfolgt sei. Außerdem hätten sich zahlreiche Einzelatteste, Allergiepässe, Arztbriefe und Stellungnahmen mit Angaben zur Entwicklung der allergischen Symptomatik der Klägerin verstreut in den Akten gefunden. Auch diese hätten aufgrund der unterschiedlichen Messmethodik jeweils einzeln ausgewertet und chronologisch geordnet werden müssen, um den Verlauf der allergischen Erkrankung beurteilen zu können. Ohne diese Chronologie hätte die Frage nach einem möglichen ursächlichen Zusammenhang mit der beruflichen Exposition gegenüber Tonern nicht beantwortet werden können. Darüber hinaus habe sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin schriftsätzlich auf diverse Publikationen bezogen, die im Hinblick auf neue Forschungserkenntnisse zur Frage einer Tonerstaubreaktion kritisch zu würdigen gewesen seien.
Der Kostenprüfungsbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts bestätigt in seiner Stellungnahme vom 25. Mai 2010 die Kürzung der Vergütung. Er stützt sich auf die Rechtsprechung im Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. Juli 2009 - L 1 SF 30/09 KO -.
Die zuständige Einzelrichterin hat das Verfahren nach § 4 Abs. 7 JVEG dem Senat übertragen, da es im Hinblick auf die Frage, ob die Rechtsprechung des bislang zuständigen 1. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 17. Juli 2009 - L 1 SF 30/09 KO - fortgeführt wird, grundsätzliche Bedeutung hat.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 und 3 JVEG durch seine Berufsrichter.
Die vom Antragsteller nach § 2 Abs. 1 JVEG rechtzeitig geltend gemachte Gesamtvergütung für die von ihm mit dem Gutachten vom 11. Mai 2009 erbrachten Leistungen ist auf insgesamt 2.822,77 EUR festzusetzen.
Die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse sie beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Hier hat der Antragsteller die Festsetzung durch das Gericht beantragt.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kürzung des Zeitaufwandes für das Aktenstudium und des Honorars für Sachleistungen gerechtfertigt ist, soweit der Antragsteller die Einwände des Kostenbeamten in seiner korrigierten Rechnung vom 5. März 2010 nicht berücksichtigt hat. Diese betreffen die GOÄ-Ziffer 70 für ein Folgerezept bzw. eine Kurzbescheinigung sowie die Anzahl und der Gebührensatz für die Einzelallergentests. Unabhängig davon überprüft der Senat mit seiner Entscheidung die angefochtene Festsetzung in vollem Umfang.
Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach § 8 JVEG. Gemäß dieser Vorschrift erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen, eine Entschädigung für Aufwand sowie Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen nach den §§ 9 bis 11, 5 bis 7 und 12 JVEG. Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war, anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.
Das Honorar des Sachverständigen errechnet sich gemäß der §§ 9 Abs. 1, 8 Abs. 2 JVEG nach der erforderlichen Zeit. Maßstab der festzusetzenden Vergütung ist der Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung und durchschnittlicher Arbeitsintensität (vgl. u. a. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Juni 2007, 1 BvR 55/07; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Dezember 2003, X ZR 206/98; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 28. Dezember 2011, L 6 SF 1586/11 E; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2010, L 2 SF 12/10 B, m.w.N.).
Wegen der Vielfalt der möglichen Sachverhalte, die einer Begutachtung zugrunde liegen können, ist es aus Gründen der Handhabbarkeit sowie der Gleichbehandlung geboten, eine gewisse Pauschalierung vorzunehmen und einen objektivierenden Maßstab zu entwickeln, der für alle Sachverständigenentschädigungen gleichermaßen gilt. Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen angegebene Zeit auch erforderlich war. Daher beschränkt sich die Überprüfung der Kostenrechnung regelmäßig auf eine Plausibilitätsprüfung anhand dieses objektivierenden Maßstabs. Kostenrechtlich ist dabei nicht zu berücksichtigen, ob der Antragsteller die von ihm vor Erstellung des Gutachtens geschätzten voraussichtlichen Kosten dem Gericht mitgeteilt hat, solange das geforderte Honorar - wie hier - den auf die Schätzung gezahlten Kostenvorschuss nicht übersteigt. Grundlage des Vergütungsanspruchs kann nur der tatsächlich objektiv erforderlich gewesene und nicht ein vorab vom Sachverständigen lediglich geschätzter Zeitaufwand sein.
In Anwendung dieses objektivierenden Maßstabs ist nach der Rechtsprechung des 1. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im bereits genannten Beschluss vom 17. Juli 2009 bisher davon ausgegangen worden, dass ein Sachverständiger bei seinem Aktenstudium grundsätzlich zwischen 100 und 150 Blatt je Stunde auswerten kann. Dieser Arbeitsaufwand sollte keine starre Grenze darstellen, sondern einen Anhaltspunkt geben, von dem im Einzelfall abgewichen werden konnte. Die Plausibilitätskontrolle sollte sich nach der Anzahl handschriftlicher Notizen, schwer lesbarer Kopien, eng oder klein beschriebener Seiten, fremdsprachlicher Texte, medizinischer Befunde, ärztlicher Stellungnahmen und Gutachten sowie dem gestellten Beweisthema richten. Diese Rechtsprechung des 1. Senats ist grundsätzlich sachgerecht, sie ist allerdings dahingehend zu modifizieren, dass die genannten Kriterien für die Plausibilitätskontrolle innerhalb des Rahmens von 100 bis 150 Seiten je Stunde darüber entscheiden, wie viele Seiten je Stunde zugrunde zu legen sind. Bei einem durchschnittlichen Fall wären dies dann 125 Seiten je Stunde. Eine Entschädigung außerhalb des Rahmens kommt nur in extremen Ausnahmefällen mit einer besonderen Begründung in Betracht. Mit dieser Modifizierung hält der jetzt für die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschluss zuständige Senat an der zitierten Rechtsprechung des 1. Senats im Grundsatz fest. Dies gewährleistet eine objektivierte Vergütung für vergleichbare Sachverständigenleistungen, wobei durch die Plausibilitätskontrolle berücksichtigt wird, dass ein ungewöhnlich hoher Zeitaufwand entweder zugunsten des Sachverständigen zum Tragen kommen kann oder aber im umgekehrten Fall eine Kürzung im Einzelfall vorzunehmen ist.
Gemessen an den genannten Grundsätzen ist für das Aktenstudium der mit der Kostenrechnung vom Antragsteller geltend gemachte Aufwand von 15 Stunden für das Studium der vom Gericht zur Verfügung gestellten 1.062 Blatt Akten nicht plausibel. Lediglich die Ausschöpfung des unteren Rahmens von 100 Seiten je Stunde ist hier nachvollziehbar, weil der Antragsteller zur Beantwortung der Beweisfragen mehrere Vorgutachten, diverse Befundberichte und arbeitstechnische Ermittlungen zur Kenntnis nehmen und auswerten musste. Im Rahmen der Plausibilitätskontrolle ist es daher gerechtfertigt, beim Zeitaufwand für das Aktenstudium 10,62 Stunden zu berücksichtigen. Ein extremer Ausnahmefall, der eine Entschädigung außerhalb des objektivierten Rahmens von 100 bis 150 Seiten je Stunde zu begründen vermag, liegt hier nicht vor. Verwaltungs- und Gerichtsakten, deren Streitgegenstand die Anerkennung und/oder Entschädigung von Berufskrankheiten ist, zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass Befunderhebungen mehrerer Gutachter und behandelnder Ärzte ausgewertet und gegenübergestellt werden müssen, um sie vergleichen und mit den arbeitstechnischen Ermittlungen in Beziehung setzen zu können. Anhaltspunkte dafür, dass hier eine extreme Abweichung vom Regelfall vorlag, die es einem Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung und durchschnittlicher Arbeitsintensität nicht ermöglicht hätte, 100 Blatt je Stunde auszuwerten, sind für den Senat nicht erkennbar. Eine entsprechende Situation wird insbesondere nicht durch den abgerechneten Zeitaufwand des Hauptgutachters bestätigt.
Dies zugrunde gelegt, ist das Honorar gemäß § 9 JVEG für 10,62 Stunden Aktenstudium, 1,5 Stunden Untersuchung, 3,5 Stunden Abfassung und Beurteilung und 13,5 Stunden Diktat und Korrektur (insgesamt 29,12 Stunden zu je 60,00 EUR, wobei die letzte begonnene Stunde halb gerechnet wird) mit 1.770,00 EUR zu vergüten. Der Ersatz der Schreibauslagen ist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG für 170 mal 1.000 Anschläge zu je 0,75 EUR mit 127,50 EUR antragsgemäß zu ersetzen sowie 8,00 EUR Porto.
Hinzu kommt das Honorar für besondere Leistungen gemäß § 10 JVEG (Sachleistungen) in Höhe von insgesamt 917,27 EUR. Soweit ein Sachverständiger oder ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG bezeichnet sind, bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung nach dieser Anlage. Für die Vergütungen der hier bezeichneten Verrichtungen sind teilweise Rahmensätze vorgesehen, für deren Ausfüllung die einfachen Sätze des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte GOÄ ) einen Anhalt bieten (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl., § 10 Rn. 10.8 m.w.N.). Für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ -) bezeichneten Art bemisst sich das Honorar gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung in § 10 Abs. 2 JVEG in entsprechender Anwendung dieses Gebührenverzeichnisses jedoch nach dem 1,3 fachen Gebührensatz. Daraus lässt sich ableiten, dass das Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen auch auf die Leistungen entsprechend anzuwenden ist, die in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG nicht bezeichnet sind und es geboten ist, diese lediglich mit dem einfachen Gebührensatz zu entschädigen.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kostenbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts die vom Antragsteller geltend gemachte GOÄ-Ziffer 70 für ein Folgerezept/Kurzbescheinigung bei seiner Festsetzung zu Recht gestrichen. Dem Senat erschließt sich nicht, welche Einzelleistung der Sachverständige insoweit erbracht hat, für die er eine Entschädigung begehrt. Von der GOÄ-Ziffer 70 wird eine kurze Bescheinigung oder kurzes Zeugnis und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfasst. Derartige Bescheinigungen für die Klägerin sind aber nicht Inhalt des Gutachtenauftrags. Alle Ausführungen gegenüber dem Gericht sind mit dem Honorar nach § 9 JVEG abgegolten.
Soweit der Kostenbeamte des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts den Gebührensatz für die Einzelallergentests auf 14,57 EUR gekürzt hat, entspricht dies dem einfachen Gebührensatz, der nach Auffassung des Senats hier aus den oben genannten Gründen lediglich Anwendung finden kann. Allerdings hält es der Senat - im Rahmen der Begutachtung in einem Gerichtsverfahren nicht für gerechtfertigt, die Anzahl der Einzelallergentests entsprechend der Abrechnungsfähigkeit nach dem Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen auf höchstens zehn zu begrenzen. Insoweit obliegt es dem Sachverständigen zu beurteilen, welche Testungen benötigt werden, um das Beweisthema nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand umfassend beantworten zu können. Anhaltspunkte dafür, dass hier überflüssige Testungen erfolgt sind, sind nicht ersichtlich. Daher ist es auch nicht gerechtfertigt, die Entschädigung der erbrachten Einzelleistungen insoweit zu beschränken. Aus diesem Grunde kann es der Senat dahingestellt lassen, ob es sich bei den Testungen am 11. März 2009 um Einzelallergentests - wie zunächst mit Rechnung vom 20. November 2009 geltend gemacht - gehandelt hat oder teilweise um Mischallergentests - wie in der korrigierten Rechnung vom 5. März 2010 bezeichnet.
Soweit der Antragsteller mit der Rechnung vom 5. März 2010 abweichend von der Ursprungsrechnung unter dem 9. März 2009 die GOÄ-Ziffer 396 (Höchstwert für Tests nach 395 je Tag) nunmehr zweimal abrechnet, handelt es sich offensichtlich um ein Versehen, da ihm aufgrund seiner eigenen Angaben in der Rechnung selbst bewusst war, dass der Höchstwert je Tag nur einmal abgerechnet werden kann.
Die übrigen Sachleistungen des Antragstellers sind entsprechend der mit Rechnung vom 5. März 2010 geltend gemachten Beträge zu entschädigen.
Daraus ergibt sich die festzusetzende Gesamtvergütung von 2.822,77 EUR.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).