Thüringer Landessozialgericht - L 6 R 1117/08 - Urteil vom 29.04.2014
Die Tätigkeit eines Pförtners ist zwar eine ungelernte Tätigkeit, die sich jedoch wegen der sozialen Stellung und Verantwortung aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten hervorhebt. Pförtner kontrollieren den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen und sind der erste Ansprechpartner für Besucher. Zuverlässigkeit, korrektes Auftreten und Sicherheitsbewusstsein sind für ihre Tätigkeit von zentraler Bedeutung. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Besonders in sicherheitsrelevanten Bereichen verhindern sie das Eindringen von Unbefugten und überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen und evtl. bestehende Fotografierverbote. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Passierscheine für Besucher aus und melden diese bei der zuständigen Stelle an. In solchen Funktionen sind Pförtner dem Werkschutz zugeordnet. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit. Sie verwalten Schlüssel und Schließanlagen, führen Aufzeichnungen, nehmen Postsendungen an und leiten sie sortiert zur Verteilung weiter. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Größere Schreibarbeiten sind nicht zu leisten. Zu ihren Aufgaben gehören zum Teil oft auch der Telefondienst, das Aushändigen von Formularen sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck. Es handelt sich um leichte körperliche Arbeit, überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen sowie für körperlich Behinderte geeignet. Der Zugang zur Erwerbstätigkeit als Pförtner ist nicht geregelt. Bei fehlenden Kenntnissen kann eine Einarbeitung bzw. ein Anlernen praktiziert werden, wobei feste Einarbeitungszeiten nicht existieren.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat.
Der 1957 geborene Kläger absolvierte von 1972 bis 1974 eine Ausbildung zum Facharbeiter für Textiltechnik und erlangte einen entsprechenden Teilabschluss. Von 1974 bis 1977 arbeitete er im VEB G. als Schlosser und von 1978 bis 1982 bei der S. W. unter Tage als Maurer/Spritzbetonierer bzw. von 1983 bis 1989 als Grubenzimmerer.
Der Kläger litt seit 1985 zunehmend unter Rückenbeschwerden. Die Ärzte stellten eine Segmentlockerung der Lendenwirbelsäule 3. Grades mit motorischen und sensiblen Restausfällen links bei Zustand nach lumbalem Wurzelkompressionssyndrom fest. Ein Gutachten der Ärztekommission zur Feststellung der Berufsunfähigkeit vom 14. März 1989 gelangte zu dem Ergebnis, dass der Kläger wegen der festgestellten Wirbelsäulenerkrankung seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Nach der Feststellung seiner Berufsunfähigkeit für die Tätigkeit eines Grubenzimmerers arbeitete er vom 22. Mai 1989 bis 31. Oktober 1990 bei der S. W./W. GmbH als Brandschutzarbeiter und war vom 1. November 1990 bis zum 16. Januar 1991 in der sogenannten Kurzarbeit Null von der Arbeit freigestellt. Im weiteren Verlauf des Jahres 1991 war er bis 1992 als Kabelleger und von 1993 bis 2002 als Technischer Mitarbeiter im Bereich des Fensterbaus beschäftigt. Seit dem 9. September 2002 war er arbeitsunfähig erkrankt.
Der Kläger absolvierte vom 9. bis zum 30. Januar 2003 eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht vom 31. Januar 2003 wurde ausgeführt, dass er eine körperlich mittelschwere Tätigkeit in wechselnden Körperhaltungen ohne ständige schwere Hebe- und Tragebelastungen sowie ohne ständiges Arbeiten in Zwangshaltungen mehr als sechs Stunden täglich ausüben könne.
Im Februar 2003 beantragte er eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten führte in seinem Gutachten vom 28. Mai 2003 aus, dass der Kläger eine körperlich leichte, anteilig auch mittelschwere berufliche Tätigkeit unter Vermeidung von Zeitdruck, Zwangshaltungen, Einwirkung von Nässe und Kälte sowie Ganzkörpervibration mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12. Februar 2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2004 mit der Begründung zurück, dass eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zu gewähren sei, da der Kläger noch über ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten von sechs Stunden und mehr verfüge. Er sei noch in der Lage, folgende Tätigkeiten zu verrichten: Pförtner, Telefonist, Vervielfältiger/Fotokopierer, Mitarbeiter in der Poststelle, Auszeichnen und Kontrollieren von Waren nach einfachen Ordnungsmerkmalen, Anfertigen von Lichtpausen einschließlich dazugehöriger einfacher Karteiführung, Sortieren und Beschriften von Materialkarteikarten nach Vorlage, Bote, Wärter in der Produktion sowie Lagerarbeiter. Diese Arbeiten seien dem Kläger auch sozial und wirtschaftlich zumutbar, sodass eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ebenfalls nicht vorliege.
Mit seiner am 16. September 2004 vor dem Sozialgericht Altenburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er aufgrund seiner Erkrankungen nicht mehr erwerbsfähig sei. Er habe starke Schmerzen in der rechten Hand und in der Hüfte sowie eine Einschränkung der Feinmotorik der rechten Hand. Längeres Sitzen sei ihm wegen der dabei auftretenden Zwangshaltung nicht mehr möglich. Die im Widerspruchsbescheid genannten Verweisungstätigkeiten seien ihm gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich nicht zumutbar, sodass ihm zumindest eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zustehe. Aus berufskundlicher Sicht sei er in die Berufsgruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktionen einzugliedern. Zwar könne er als Zimmerer unter Tage keine entsprechende Ausbildung nachweisen. Er sei bei der S. W. jedoch als Brigadier tätig gewesen. Brigadiere seien für die Anleitung und den Einsatz der ihnen zugewiesenen Beschäftigten verantwortlich gewesen. Die Tätigkeit sei daher der Tätigkeit eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion gleichzusetzen. Die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten stellten sehr allgemeine Tätigkeiten dar, die heute kaum noch anzutreffen und als Verweisungstätigkeiten nicht geeignet seien.
Demgegenüber hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die maßgebliche berufliche Tätigkeit des Klägers als Grubenzimmerer sei dem oberen Anlernbereich zuzuordnen. Der Kläger habe für die Tätigkeit als Zimmerer keine Berufsausbildung gehabt. Auch verfüge er über keinen sonstigen Facharbeiterabschluss im Bergbaubereich. Die berufliche Tätigkeit eines Brigadiers habe einen gesellschaftspolitischen Hintergrund und könne daher nicht mit der ersten Berufsgruppe des Mehrstufenschemas gleichgesetzt werden.
Das SG hat zur medizinischen Sachaufklärung Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung T. (MDK) vom 14. November 2002 beigezogen und PD Dr. med. habil. B. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Er hat in seinem Gutachten vom 22. April 2005 folgende Diagnosen gestellt: 1. Chronisches unteres Halswirbelsäulenschmerzsyndrom (Zervikobrachialsyndrom) 2. Chronisches Brustwirbelsäulenschmerzsyndrom 3. Chronischer Kreuzschmerz mit Ausstrahlung in das linke Bein (Pseudoradikulärsyndrom) Zum Restleistungsvermögen des Klägers hat er ausgeführt, dass ihm in Würdigung der objektivierbaren Befunde und Funktionseinschränkungen möglich sei, ohne Gefahr einer Schädigung seiner Gesundheit ganztägig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten. Diese sollten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen erfolgen. Die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden bestünden vordergründig im Zusammenhang mit muskulären Fehlsteuerungen. Zusätzlich finde sich insbesondere am Halswirbelsäulensegment C5/C6 eine Verschleißerkrankung, die zumindest zu einer Beeinträchtigung der 6. Halswirbelsäulennervenwurzel geführt habe. Daher könne der Kläger keine Tätigkeiten mit Zwangshaltungen sowie keine regelmäßigen Überkopfarbeiten ausüben. Die Begrenzung auf leichte und mittelschwere Tätigkeiten ergebe sich daraus, dass es bereits bei regelmäßigem mittelschwerem Heben und Tragen zu einer erhöhten Zugbelastung des Hals- und Brustwirbelbereichs komme, die sich schmerzverstärkend äußern würde. Der Kläger solle im Arbeitsprozess nicht Nässe, Kälte oder Zugluft ausgesetzt sein, da es andernfalls zu einer Verstärkung der bereits bestehenden muskulären Verspannung kommen könne. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 hat PD Dr. med. habil. B. an seiner Leistungseinschätzung im Gutachten vom 22. April 2005 festgehalten.
Nach Einholung weiterer Befundberichte des behandelnden Orthopäden hat das SG den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Sch. mit der Erstellung eines nervenärztlich-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 2. Februar 2007 ausgeführt, dass beim Kläger keine eindeutigen sensiblen und motorischen Ausfälle zu verzeichnen seien. Auch sei kein ausreichender Anhalt für Nervenwurzelausfallerscheinungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gegeben. Die zeitweilig verstärkt in das linke Bein ausstrahlenden Schmerzen seien am ehesten im Sinne eines Pseudoradikulärsyndroms zu bewerten. Ein belastungs- und bewegungsabhängiges Wurzelreizsyndrom C 6 sei ebenfalls möglich. Ohne mittelschwere bis schwere körperliche Belastung sei die funktionelle Auswirkung auf die Gebrauchsfähigkeit der Hände aber gering. Angesichts der vorliegenden Diskrepanzen zwischen der Befundlage und dem Beschwerdevortrag des Klägers sei von der Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung auszugehen. Zusammenfassend sei der Kläger in der Lage, mindestens sechs Stunden werktäglich leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten möglichst in wechselnder Arbeitsposition und ohne Zwangshaltungen zu verrichten. Insbesondere seien mittelschwere bis schwere Hebe- und Tragearbeiten, Überkopfarbeiten, häufige Bückarbeiten sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten zu vermeiden. Schichttätigkeiten oder Arbeiten in besonderem Zeitdruck sollten im Zusammenhang mit der psychischen Komponente nicht erfolgen, da dies zu einer zusätzlichen muskulären Verspannung führe. Tätigkeiten im Freien könnten in angemessener Kleidung erfolgen. Der Kläger besitze eine durchschnittliche intellektuelle Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie eine ausreichende Flexibilität auch für neue Anforderungen.
Das SG hat sodann Dr. med. N. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Er hat im Gutachten vom l. Juli 2007 im Wesentlichen die selben Diagnosen gestellt und ausgeführt, dass im Vergleich zum Vorgutachten vom 14. April 2005 eine Befundverschlechterung nicht feststellbar sei. Auch aus den neu vorgelegten Befunden ergebe sich insgesamt keine Änderung hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsbildes. In Würdigung der objektivierbaren Befunde von Seiten der Stütz- und Bewegungsorgane sei es dem Kläger möglich, vollschichtig einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit nachzugehen. Diese sollte in wechselnden Köperhaltungen unter Vermeidung von Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten erfolgen.
Nach der Einholung weiterer medizinischer Unterlagen, darunter der Reha-Entlassungsbericht der C. Klinik an der W. vom 2. Oktober 2007 (leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr, ohne Zwangshaltungen, häufiges Bücken, schweres Heben sowie unter Vermeidung von Nässe und Zugluft) hat das SG eine neurologische Begutachtung durch Dr. med. S. veranlasst. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten vom 15. Juli 2008 dargelegt, dass bei der Untersuchung des Klägers eine deutliche Diskrepanz zwischen der Schilderung der Beschwerden und der Untersuchungsergebnisse aufgetreten sei. Neurologisch habe sich kein sicher wiederholbares neurologisches Defizit gefunden, insbesondere seien keine Hinweise auf ein Radikulärsyndrom (Störung der Nervenwurzel mit entsprechender Schmerzausbreitung und neurologischem Defizit) vorhanden. Die sicher bestehenden Beschwerden seien Ausdruck der bestehenden degenerativen, also verschleißbedingten Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule. Bezüglich der Gebrauchsfähigkeit der Hände habe sich nach Operation des bestehenden Karpaltunnelsyndroms die Situation für den Kläger deutlich gebessert. Die noch bestehenden leichten sensiblen Störungen im Bereich der Fingerkuppen l bis 3 schränkten die Leistungsfähigkeit des Klägers nur wenig ein. Aus neurologischer Sicht sei dieser auch unter Berücksichtigung der orthopädischen Beschwerden in der Lage, vollschichtig (acht Stunden am Tag pro Woche) zu arbeiten. Ein Großteil der Tätigkeit sollte in sitzender Körperhaltung durchgeführt werden; längeres Stehen und Gehen, Überkopfarbeit sowie bückende Stellungen seien zu vermeiden.
Das SG hat außerdem eine Arbeitgeberauskunft der K. GmbH, der letzten Arbeitgeberin des Klägers, vom 13. Dezember 2004 eingeholt. Darin wird angegeben, dass die Tätigkeit als Technischer Mitarbeiter für Fensterbau, die der Kläger bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit ausgeübt hatte, weder eine Lehre noch den Erwerb besonders qualifizierter Kenntnisse, sondern lediglich eine Anlernzeit von ca. vierzehn Tagen voraussetzt. Es hat zudem eine Arbeitgeberauskunft der W. GmbH vom 30. August 2005 eingeholt, in der diese bestätigt, dass der Kläger in der Zeit von 1978 bis 1991 bei der S. W./W. GmbH als Maurer/Spritzbetonierer, Grubenzimmerer und Brandschutzarbeiter tätig war. Auf einer als Anlage 2 beigefügten Übersicht wird erklärt, dass die Tätigkeit als Grubenzimmerer verschiedene Kenntnisse auf technischem, naturwissenschaftlichem und ökonomischem Gebiet voraussetzt. Unter dem Stichwort "erforderliche Qualifikation" befindet sich folgende Aufzählung: Facharbeiter für Bergbautechnologie oder Facharbeiter für Erzbergbau oder Zimmerer mit Bergbauerfahrung. Weiterhin ist der Arbeitgeberauskunft als Anlage 5 die Ablichtung einer "Anlage zur Verdachtsmeldung B 70 für W. S." beigefügt. Dort ist auf Seite 2 vermerkt, dass die Tätigkeit des Klägers als Brigadier von Januar 1983 bis April 1989 darin bestand, horizontale Grubenbaue zu rekonstruieren, in denen beispielsweise der Holzausbau gebrochen bzw. vermorscht war und durch einen neuen Ausbau ersetzt werden musste. Ergänzend hierzu hat die W. GmbH einen Auszug aus dem Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen der S. W. übergeben.
Der Kläger hat ein Schreiben der W. GmbH vom 6. Juni 2005 zur Gerichtsakte gereicht, in welchem bestätigt wird, dass er als Brigadier Zuschläge im Zeitraum von Dezember 1981 bis Februar 1982 und durchgängig von Februar 1983 bis März 1989 erhielt; ab wann die Funktion des Brigadiers ausgeübt wurde, sei aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Er hat des Weiteren seine Personalakte hinsichtlich des Zeitraums, in dem er bei der S. W./W. GmbH gearbeitet hatte, zur Gerichtsakte gereicht. Darin befindet sich u. a. ein Änderungsvertrag vom 14. Januar 1983, nach dem der zuvor als Maurer tätig gewesene Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1983 als Zimmerer weiterbeschäftigt wurde. Weiterhin befindet sich in der Personalakte ein mit "Jahresplaninformation 1987 - Brigade S." überschriebenes Dokument, in dem auf Seite 2 als "weitere Schwerpunktaufgaben" u. a. aufgeführt sind: Kampf um die Titel "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" und "Kollektiv der DSF" (= Deutsch-Sowjetische Freundschaft), Festigung des Brigadekollektivs insbesondere bei Neuzuführung von Mitarbeitern, strikte Einhaltung der geplanten Arbeitszeitbilanz, Erhöhung der Ordnung und Sauberkeit auf den Betriebspunkten , Gewinnung von Kollektivmitgliedern für eine Form der Landesverteidigung, Erfüllung von Planaufgaben ohne Unfälle und Havarien, Gewinnung eines Kollegen als Kandidat der SED.
Das SG hat schließlich G. M. schriftlich als Zeugen vernommen. Er hat bestätigt, dass der Kläger als Brigadier im Grubenbereich II des Bergbaubetriebes D. der S. W. tätig war. Er sei für ca. 10 gewerbliche Arbeitnehmer verantwortlich gewesen und habe Aufgaben zur Versorgung mit den erforderlichen Materialien zur Vortriebsabsicherung sowie zur Aufrechterhaltung des Grubenbetriebes im 3-Schicht-System wahrgenommen.
Mit Urteil vom 16. Oktober 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger zum einen keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe, da sein letzter maßgeblicher Beruf der des Grubenzimmerers gewesen sei, den er auf Dauer ausgeübt und 1989 aufgrund gesundheitlicher Probleme aufgegeben habe. Dieser Beruf sei als höherwertig gegenüber der letzten Tätigkeit als technischer Mitarbeiter im Bereich des Fensterbaus einzustufen, nämlich im oberen Bereich des angelernten Arbeiters. Eine Einstufung als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion wegen der langjährigen Tätigkeit als Brigadier komme nicht in Betracht, denn Brigadiere seien an die Weisungen ihrer Vorgesetzten gebunden gewesen und hätten weitestgehend die gleichen Aufgaben wie die sonstigen Mitglieder des Kollektivs verrichtet. Die Tätigkeit eines Grubenzimmerers sei nicht der Facharbeiterebene zuzuordnen. Nach den Unterlagen der W. GmbH habe es sich dabei um keinen eigenständigen Ausbildungsberuf gehandelt. Vielmehr habe er die Qualifikation eines von drei Facherbeiterberufen erfordert. Da der Kläger keinen der drei Ausbildungsgänge durchlaufen habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich durch die praktische Berufsausübung die entsprechenden Kenntnisse angeeignet habe, zumal er nur in einem eng umgrenzten Teilbereich des Aufgabenkomplexes der drei Facharbeiterberufe befasst gewesen sei. Ausgehend von der von der W. GmbH vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung seien die vom Kläger durchgeführten Tätigkeiten am ehesten mit dem Ausbildungsberuf eines Berg- und Maschinenmannes mit der Fachrichtung Transport und Instandsetzung, der nur eine zweijährige Ausbildungszeit erfordere, vergleichbar. Damit könne der Kläger gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich zumutbar noch auf eine Tätigkeit als Hauswart in größeren Wohnanlagen, auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter einer Poststelle sowie eines Registrators nach der Vergütungsgruppe BAT VIII verwiesen werden. Zum anderen scheide ein Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus, weil der Kläger nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Beweisaufnahme noch über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte und zeitweise mittelschwere Tätigkeiten verfüge.
Mit seiner am 13. November 2008 eingelegten Berufung gegen das seinen Bevollmächtigten am 6. November 2008 zugestellte Urteil verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und hat zur Begründung geltend gemacht, er sei in seiner Tätigkeit sowohl als Grubenzimmerer als auch als Brandschutzarbeiter bei der S. W. aufgrund der Entlohnung in der Lohngruppe 6 als Facharbeiter einzustufen. Als Brigadier sei er für den Einsatz seiner gewerblichen Arbeitnehmer verantwortlich gewesen und habe somit die Tätigkeit eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion ausgeübt. Zeugen für die Tätigkeit könne er nicht mehr benennen. Das Gutachten des Dr. P. vom 24. August 2012 sei nicht zeitnah zu seiner persönlichen Untersuchung am 3. November 2011 erstattet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. März 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Kläger noch eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter sowie als Pförtner an der Nebenpforte ausüben kann. Der Grubenzimmerer mit der politischen Zusatzfunktion als Brigadier sei nicht dem Leitberuf eines Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion zuzuordnen. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der Knappschaftsklinik W. vom 21. Februar 2012 könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig, ohne Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten sowie ohne Tätigkeiten, die eine schnelle Kopfwendung erfordern, ausüben.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt sowie die Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens bei Doktor Medicine/Medizinische Fakultät T. P. in Auftrag gegeben. Er hat in seinem Gutachten vom 24. August 2012 aufgrund Untersuchung am 3. November 2011 folgende Diagnosen gestellt: - Degeneratives HWS-Syndrom mit sensibler Wurzelkompressionssymptomatik im Dermatom C6 rechts, - Lumboischialgie rechts bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit Wurzelreizsymptomatik im Dermatom L5 rechts, Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich an 5 Tagen verrichten. Sie sollten in wechselnder Körperhaltung, jedoch überwiegend im Sitzen ohne häufige körperliche Belastungen verrichtet werden. Zu meiden seien häufige einseitige Körperhaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken sowie das Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten von mehr als 10kg, außerdem eine Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft, das Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten mit Absturzgefahr. Die Wegefähigkeit sei gegeben, betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter oder als Pförtner an der Nebenpforte sei dem Kläger noch möglich. Das Leistungsvermögen bestehe in dem von ihm festgestellten Umfange bereits seit September 2002.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. Dezember 2013 hat Doktor Medicine/Medizinische Fakultät T. P. ausgeführt hat, dass die zwischenzeitlich erstellten medizinischen Befundunterlagen keine Änderung der in seinem Gutachten getroffenen Leistungseinschätzung rechtfertigen.
Der Senat hat den Beteiligten außerdem einen Auszug aus dem berufskundlichen Sachverständigengutachtens der H. J. vom 6. Juni 2004 aus einem anderen Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 301/02) zur Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters sowie vom 22. September 2002, aus einem anderen Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 663/01) zur Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte und Auskünfte des B. vom 20. Dezember 2007, 1. Juni 2011 und 29. August 2013 zur Kenntnis übersandt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet, denn die zulässige Klage des Klägers ist nicht begründet. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI besteht nicht.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 241 SGB VI) erfüllen. Der Kläger ist nicht berufsunfähig i.S.v. § 240 SGB VI, weil seine Leistungsfähigkeit nicht in erforderlichem Umfang herabgesunken ist. Damit ist er auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert i.S.v. § 43 SGB VI, denn dies setzt noch weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens voraus als für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Berufsunfähigkeit liegt nicht schon dann vor, wenn der Versicherte "seinen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht der Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird. Die bisherige Auslegung und Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeit findet bei der Neuregelung Anwendung.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das sogenannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird hauptsächlich nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt- hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996 - Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Die Arbeiterberufe werden durch das Mehrstufenschema in Gruppen untergliedert, die durch den Leitberuf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 1994 - Az.: 13 RJ 77/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 49).
Die Einordnung eines bestimmten Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt nach dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Fachlich-qualitativ gleichwertig sind demnach alle Vergleichsberufe, die nach dem "Schema" in die gleiche oder in die nächst niedrigere Stufe einzuordnen sind; im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Wesentliches Merkmal und Beurteilungsmaßstab für die Qualität eines Berufes ist nach der Rechtsprechung des BSG die tarifliche Einstufung durch die Tarifvertragsparteien. Sie ist einerseits wesentlich für die abstrakte - "tarifvertragliche" - Qualifizierung (im Sinne eines selbstständigen Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrages, zum anderen für die tarifliche Zuordnung der konkreten, zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Versicherten zu einer Berufssparte und hierüber zu einer bestimmten Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991 - Az.: 13/5 RJ 69/90 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14; BSG, Urteil vom 21. Juni 2001 - Az.: B 13 RJ 45/00 R, nach juris).
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf ", den der Versicherte ausgeübt hat. Dies ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Letzte versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers war die eines Technischen Mitarbeiters im Fensterbau, die er bis 2002 ausübte. Sie ist nur dann nicht bisheriger Beruf im Rechtssinne, wenn zuvor eine nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema höherwertige Tätigkeit ausgeübt und keine so genannte "Lösung" von diesem Beruf stattgefunden hat. Eine berufliche Lösung ist immer dann zu bejahen, wenn der rentenrechtlich relevante Berufswechsel freiwillig erfolgt. Wurde die Arbeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, bleibt in der Regel der Berufsschutz erhalten, weil sich insofern gerade das versicherte Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung verwirklicht hat. Lagen hingegen andere Gründe vor, ist eine Lösung vom höherwertigen Beruf jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich der Versicherte sofort oder im Laufe der Zeit mit dem Wechsel endgültig abgefunden hat (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005 - Az.: B 5 RJ 27/04 R m.w.N., nach juris).
In Anwendung dieser Grundsätze war die vom Kläger zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit eines Technischen Mitarbeiters im Fensterbau ausweislich der Arbeitgeberauskunft der K. GmbH vom 13. Dezember 2004 eine ungelernte Tätigkeit, da die Anlernzeit nur etwa 14 Tage dauerte und keine Lehre oder besonders qualifizierten Kenntnisse erforderte. Dagegen waren die davor ausgeübten Tätigkeiten als Grubenzimmerer und Brandschutzarbeiter höherwertig, da sie ausweislich der der von der W. GmbH übersandten Arbeitgeberauskunft vom 30. August 2005 beigefügten Unterlagen als Qualifikation näher bezeichnete Facharbeiterabschlüsse voraussetzten, so dass dabei jedenfalls von angelernten höherwertigeren Tätigkeiten auszugehen ist. Auf sie käme es dann an, wenn sich der Kläger von ihnen unfreiwillig, weil krankheitsbedingt, gelöst hätte.
Der Kläger hatte die von der bis 1989 ausgeübten Tätigkeit eines Grubenzimmerers aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme aufgegeben und war ab Mai 1989 in die Tätigkeit eines Brandschutzarbeiters gewechselt. Allerdings fehlt es insoweit an einer (unfreiwilligen) Lösung von dieser Tätigkeit, weil der Kläger danach als Brandschutzarbeiter ebenfalls in einer mit der Lohngruppe 6 entlohnten und damit nicht geringer wertigen Tätigkeit bis zum Ausscheiden aus der S. W. beschäftigt war (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand August 2012, § 240 Rdnr. 21). Bei beiden Tätigkeiten handelte es sich trotz der Entlohnung allenfalls um Angelerntentätigkeiten oberen Ranges. Der Kläger kann für den Brandschutzhelfer keine einschlägige Facharbeiterausbildung als erforderliche Zugangsqualifikation vorweisen und die Tätigkeit ist - ebenso wie die des Grubenzimmerers - kein Ausbildungsberuf. Die Entlohnung ist deshalb kein Indiz für den Wert der Tätigkeit. Anhaltspunkte für eine unfreiwillige Lösung von dieser Tätigkeit bestehen zudem nicht; vielmehr erfolgte sie aus wirtschaftlichen Gründen. Gegenteiliges macht auch der Kläger nicht geltend. Bemühungen in den Folgejahren, wieder eine entsprechende Tätigkeit als Brandschutzarbeiter aufzunehmen, sind für den Senat nicht erkennbar und werden auch vom Kläger nicht behauptet. Maßgeblicher bisheriger Beruf des Klägers ist somit die Tätigkeit eines Technischen Mitarbeiters im Fensterbau.
Der Senat weist darauf hin, dass auch die Tätigkeit des Grubenzimmerers und Brigadiers entgegen der Auffassung des Klägers keinen Berufsschutz begründen würde. Weder handelt es sich um eine Facharbeitertätigkeit, noch rechtfertigt die langjährige Stellung als Brigadier die Einstufung als Facharbeiter bzw. Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion. Der Senat verweist zur Begründung gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG und geht mit ihm davon aus, dass der Kläger, der gerade nicht über einen einschlägigen Facharbeiterabschluss verfügte, in dieser Tätigkeit lediglich als Angelernter oberen Ranges einzustufen ist. Dem steht nicht entgegen, dass er sowohl in der Tätigkeit als Grubenzimmerer als auch nachfolgend als Brandschutzarbeiter in die Lohngruppe 6, einer Facharbeiterlohngruppe, eingruppiert war. Dies war, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, offensichtlich dem Umstand geschuldet, dass zur erforderlichen Qualifikation für beide Tätigkeiten die vorherige Absolvierung einer näher bezeichneten Facharbeiterausbildung gehörte und deshalb zur Rekrutierung geeigneter Fachkräfte die Gewährung einer Facharbeiterentlohnung notwendig war. Eine solche Facharbeiterausbildung hatte der Kläger gerade nicht durchlaufen. Die von ihm absolvierte fachfremde Ausbildung zum Facharbeiter für Textiltechnik genügt hierfür nicht, zumal der Kläger lediglich einen Teilabschluss als Webereihelfer erlangt hatte. Die gleichwohl gewährte Facharbeiterentlohnung lässt deshalb für den nicht einschlägig vorgebildeten Kläger keinen Schluss auf die Qualität der von ihm verrichteten Tätigkeit zu. Soweit er darauf verweist, dass er als Brigadier für den Einsatz seiner gewerblichen Arbeitnehmer verantwortlich war, ist ihm mit dem SG entgegenzuhalten, dass die Brigadiersfunktion angesichts der vorliegenden Unterlagen in seiner Personalakte im Gegensatz zur klassischen Vorgesetztenfunktion eines Meisters vornehmlich eine (gesellschafts)politische Bedeutung im Rahmen der sozialistischen Wirtschaft hatte, eine berufliche Qualifikation nicht begründete und der Kläger damit allenfalls als Vorarbeiter der übrigen Grubenzimmerer tätig war.
Dem Senat konnte nicht mit dem notwendigen Vollbeweis feststellen, dass der Kläger sich während seiner Tätigkeit bis 1989 die für die Facharbeiterzuerkennung (für Berbautechnologie, Erzbergbau oder Zimmerer) notwendigen praktischen und theoretischen Kenntnisse tatsächlich angeeignet hatte. Die Angaben des am 20. August 2007 verstorbenen Zeugen M. in seiner schriftlichen Befragung durch das SG sind insoweit nicht ergiebig. Weitere Zeugen hat der Kläger auf Anfrage des Senats nicht angeben können. Dass 2005/2006 dem Sozialgericht eine persönliche Befragung des Zeugen M. noch möglich gewesen wäre und damit die Umstände hätten geklärt werden können, führt nicht zu einer Beweislastumkehr (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 128 Rdnr. 3e). Nachdem heute weitere Ermittlungsmöglichkeiten nicht ersichtlich sind, trägt der Kläger die Beweislast für seinen Vortrag.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger seinen bisherigen Beruf im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich weiterhin ausüben kann, denn zum einen kann er aufgrund seines medizinischen Restleistungsvermögens noch zumutbare Verweisungstätigkeiten vollschichtig verrichten. Selbst wenn auf die früher ausgeübten Tätigkeiten als Grubenzimmerer bzw. als Brandschutzarbeiter, d.h. auf Angelerntentätigkeiten oberen Ranges abzustellen wäre und der Kläger nicht auf ungelernte Tätigkeiten mit nur ganz geringem qualitativen Wert, sondern nur auf solche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden dürfte, die sich durch Qualitätsmerkmale, etwa das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einweisung bzw. Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, auszeichnen (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2001 - Az.: B 13 RJ 61/00 R, nach juris), könnte er jedenfalls zumutbar auf die Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiter und Pförtner an der Nebenpforte verwiesen werden.
Die Tätigkeit in einer Poststelle ist Angelernten oberen Ranges zumutbar (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - Az.: L 6 R 461/05). Sie gehört nach dem Gutachten der Sachverständigen J. vom 6. Juni 2004 zur Berufsgruppe der Bürohilfskräfte, für die im Allgemeinen keine Berufsausbildung erforderlich ist und bei der fehlende Kenntnisse durch Einarbeitung beziehungsweise Anlernen in weniger als drei Monaten erworben werden können. Es handelt sich um einfache wiederkehrende kaufmännisch verwaltende körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen (z.B. Öffnen und Auszeichnen sowie Verteilen von Post, Kuvertieren und Frankieren der ausgehenden Post usw.), die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweisen Gehen und Stehen ausgeführt werden; zum Teil erfordern sie Umgang mit Kommunikationsmitteln. Entlohnt wird sie in der Vergütungsgruppe IX BAT-Bund/Länder (so die Sachverständige J.), teilweise in der Vergütungsgruppe X Nr. 1 BAT-Ost (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2000 - L 6 RJ 238/97). Stellen für Bürohilfskräfte sind in ausreichender Menge auf dem Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik vorhanden. Die Tätigkeit eines Pförtners ist nach dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 22. September 2002 zwar eine ungelernte Tätigkeit, die sich jedoch wegen der sozialen Stellung und Verantwortung aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten hervorhebt (vgl. z.B. auch Senatsurteil vom 12. Februar 2004 - Az.: L 6 RJ 919/02). Pförtner kontrollieren den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen und sind der erste Ansprechpartner für Besucher. Zuverlässigkeit, korrektes Auftreten und Sicherheitsbewusstsein sind für ihre Tätigkeit von zentraler Bedeutung. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Besonders in sicherheitsrelevanten Bereichen verhindern sie das Eindringen von Unbefugten und überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen und evtl. bestehende Fotografierverbote. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Passierscheine für Besucher aus und melden diese bei der zuständigen Stelle an. In solchen Funktionen sind Pförtner dem Werkschutz zugeordnet. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit. Sie verwalten Schlüssel und Schließanlagen, führen Aufzeichnungen, nehmen Postsendungen an und leiten sie sortiert zur Verteilung weiter. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Größere Schreibarbeiten sind nicht zu leisten. Zu ihren Aufgaben gehören zum Teil oft auch der Telefondienst, das Aushändigen von Formularen sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck. Es handelt sich um leichte körperliche Arbeit, überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen sowie für körperlich Behinderte geeignet. Der Zugang zur Erwerbstätigkeit als Pförtner ist nicht geregelt. Bei fehlenden Kenntnissen kann eine Einarbeitung bzw. ein Anlernen praktiziert werden, wobei feste Einarbeitungszeiten nicht existieren. Nach den Ausführungen des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen in dessen Schreiben vom 20. Dezember 2007 und vom 1. Juni 2011 erlaubt die Tätigkeit ein Arbeiten überwiegend im Sitzen, ein beliebiger Haltungswechsel sowie ein Hin- und Hergehen in der Pförtnerloge bzw. je nach Örtlichkeit auch davor, ist möglich. Der Pförtner/die Pförtnerin an der Nebenpforte muss durchschnittlichen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Übersicht gewachsen sein. Die Tätigkeit wird entgegen der Auffassung des Klägers von zahlreichen Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes bedient. Dies bestätigt der Bundesverband der Wach- und Sicherheitsunternehmen in seiner Stellungnahme vom 1. Juni 2011, die als Urkundenbeweis in das Verfahren eingeführt worden ist, ausdrücklich. Es stehen danach ca. 800 bis 850 Arbeitsplätze zur Verfügung, die nicht nur betriebsintern, sondern auch über den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Stellenausschreibungen besetzt werden. Die Behauptung der Prozessbevollmächtigten des Klägers, nach eigenen Recherchen sei der sog. Unterrichtungsnachweis Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit entspricht nicht der Stellungnahme des Bundesverbands der Wach- und Sicherheitsunternehmen vom 1. Juni 2011. Im Übrigen kann dieser in einem dreitägigen Lehrgang (vgl. Stellungnahme vom 1. Juni 2011) und damit auf jeden Fall innerhalb einer dreimonatigen Einweisungs- und Einarbeitungszeit erworben werden (vgl. BSGE 44, 288).
Nach dem beruflichen Werdegang gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in weniger als drei Monaten Einarbeitungszeit als Poststellenmitarbeiter oder einfacher Pförtner tätig sein kann. Er hat im Laufe seines Berufslebens im Hinblick auf die verschiedenen Arbeitsstellen die notwendige Flexibilität sowie Umstellungsfähigkeit bewiesen.
Die Verweisungstätigkeiten kann der Kläger auch noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Das ergibt sich aus den im Laufe des Gerichtsverfahrens eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des PD Dr. med. habil. B., der Dres. Sch., N. und S. sowie des Doktor Medicine/Medizinische Fakultät T. P ... Nach den Tätigkeitsbeschreibungen der oben zitierten berufskundlichen Unterlagen werden bei diesen Arbeiten keine Anforderungen gestellt, die das von den Sachverständigen festgestellte medizinische (Rest-)Leistungsvermögen des Klägers überschreiten. Sämtliche der im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erstellten Gutachten beschreiben m Wesentlichen degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, allen anderen Diagnosen wird von Seiten der Sachverständigen kein leistungsmindernder Dauereinfluss zugeschrieben. Die neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen Dres. Sch. und S. haben bei ihren Untersuchungen des Klägers zudem eine deutliche Diskrepanz zwischen der Befundlage und dem Beschwerdevorbringen festgestellt. Jedenfalls aber halten alle gerichtlichen Sachverständigen den Kläger übereinstimmend noch für in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Die sich aus den Wirbelsäulenbeschwerden ergebenden qualitativen Leistungseinschränkungen werden von den Sachverständigen wie folgt beschrieben: Die dem Kläger medizinisch zumutbaren Tätigkeiten sollen in wechselnder Körperhaltung, jedoch überwiegend im Sitzen ohne häufige körperliche Belastungen verrichtet werden, wobei häufige einseitige Körperhaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken sowie das Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten, eine Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft, das Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten mit Absturzgefahr zu meiden sind. Bezüglich der Gebrauchsfähigkeit der Hände hat sich nach Operation des bestehenden Karpaltunnelsyndroms die Situation für den Kläger deutlich gebessert. Die noch bestehenden leichten sensiblen Störungen im Bereich der Fingerkuppen l bis 3 schränken seine Leistungsfähigkeit nur wenig ein. Die Wegefähigkeit des Klägers ist gegeben und betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Dies deckt sich im Übrigen mit den im Reha-Entlassungsbericht der Knappschaftsklinik W. vom 21. Februar 2012 zu der vom 11. Januar bis 1. Februar 2012 durchgeführten Reha-Maßnahme festgestellten Leistungseinschränkungen.
Die genannten Einschränkungen werden bei den Verweisungstätigkeiten berücksichtigt. Es handelt es sich um leichte körperliche Arbeiten, die überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen verrichtet werden. Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken sowie das Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten fallen ebenso wenig an wie das Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten mit Absturzgefahr. Zudem hat Doktor Medicine/Medizinische Fakultät T. P. in seinem Gutachten vom 24. August 2012 ausdrücklich bestätigt, dass dem Kläger die Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich medizinisch zumutbar sind. Das Gutachten ist entgegen den vom Kläger geäußerten Zweifeln auch trotz des Umstandes, dass zwischen der persönlichen Untersuchung am 3. November 2011 und der Gutachtenserstellung am 24. August 2012 neun Monate liegen, verwertbar. Zum einen existieren insoweit weder eine gesetzliche Regelung, die eine generelle Höchstbearbeitungszeit zwischen Untersuchung und Gutachtensabfassung vorschreibt, noch eine entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung. Zum anderen kann der Senat dem vorliegenden Gutachten keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich der Sachverständige nicht mehr ausreichend an die Person des Klägers erinnern konnte. Zwischenzeitliche Änderungen im Restleistungsvermögen hat der Sachverständige schließlich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. Dezember 2013 verneint. Nachdem der Kläger noch vollschichtig arbeiten kann, liegen auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI nicht vor.
Es kommt nicht darauf an, ob dem Kläger eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter oder als Pförtner an der Nebenpforte auch tatsächlich vermittelt werden kann. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.