Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) und die Feststellung des Merkzeichens "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (G) im Wege der Verschlimmerung streitig.

Das ehemalige Versorgungsamt F. hatte unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Sozialmedizinerin Dr. L. vom 19.06.2001, in welcher diese als Behinderungen eine Hirnleistungsschwäche und eine seelische Störung mit einem Einzel-GdB von 40, eine Sehbehinderung mit einem Einzel-GdB von 20 sowie Krampfadern mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt hatte, mit Abhilfebescheid vom 21.06.2001 bei der am 11.12.1949 geborenen Klägerin den GdB mit 50 ab 01.09.2000 festgestellt.

Die Klägerin beantragte am 03.12.2008 die Neufeststellung des GdB und die Feststellung diverser Merkzeichen. Das zuständig gewordene Landratsamt B.-H. holte den Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. Dr. M. vom Februar 2009 (rezidivierende Gastritiden, Adipositas, Depression, Varikosis, keine arterielle Verschlusskrankheit) ein und zog den Arztbrief des Orthopäden Dr. W. vom 25.07.2008 (Unterschenkelödem beidseits, Phlebothrombose beidseits, Ausschluss einer Sprunggelenksarthrose beidseits) bei. Dr. M. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.04.2009 als Behinderungen eine Hirnleistungsschwäche und eine seelische Störung mit einem Einzel-GdB von 40, eine Sehbehinderung mit einem Einzel-GdB von 20, Krampfadern, eine Lymphstauung beider Beine und ein postthrombotisches Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20, eine chronische Magenschleimhautentzündung mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Funktionsstörung durch Fußfehlform mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB mit 60. Ferner wurde ausgeführt, die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr sei nicht erheblich beeinträchtigt. Mit Bescheid vom 27.04.2009 änderte das Landratsamt den Bescheid vom 21.06.2001 ab, stellte den GdB mit 60 seit 03.12.2008 fest und lehnte die Feststellung von Merkzeichen ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 04.05.2009 Widerspruch ein. Das Landratsamt holte den Befundbericht des Dr. Dr. M. vom 07.06.2009 (Unterschenkelödeme, Gelenkschmerzen, Schonhaltungen, einige 100 Meter Gehen ohne Unterstützung möglich) ein. Dr. F. hielt in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.07.2009 an der bisherigen GdB-Einschätzung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2009 wies das Regierungspräsidium St. gestützt hierauf den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 07.09.2009 Klage beim Sozialgericht F. erhoben.

Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 06.04.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat eine chronische venöse Insuffizienz mit postthrombotischem Syndrom und deutlicher Ödembildung mit einem Einzel-GdB von 20, eine mittelgradige Varusgonarthrose und eine deutliche Retropatellararthrose beidseits mit einem Einzel-GdB von 20, eine Osteochondrosis dissecans an der medialen Talusrolle rechts mit einem Einzel-GdB von 10, eine Arthrose im Bereich des rechten Vorfußes mit einem Einzel-GdB von 0 sowie chronische rezidivierende Lumbalgien bei mäßigen degenerativen Lendenwirbelsäulen-Veränderungen mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet sowie ausgeführt, es liege ein leicht verlangsamtes Gangbild bei gut durchführbarem Zehen- und Hackengang beidseits vor und die Klägerin könne trotz der Einschränkung ihres Gehvermögens durchaus noch 2 Kilometer in 30 Minuten zurücklegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 10.12.2010 hat das Sozialgericht die Klage nach vorangegangener Anhörung abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, zu der Hirnleistungsschwäche und der seelischen Störung im Sinne einer depressiven Entwicklung und der Sehbehinderung seien Gesundheitsstörungen an den unteren Extremitäten hinzugekommen, die im Wesentlichen in einer chronisch venösen Insuffizienz mit postthrombotischem Syndrom sowie deutlicher Lymphödembildung und der Notwendigkeit, ständig Kompressionsstrümpfe zu tragen, sowie einer mittelgradigen Varusgonarthrose und einer deutlichen Retropatellararthrose beidseits bestünden. Für die noch recht gering ausgeprägte Bewegungseinschränkung in beiden Kniegelenken sei ein GdB zwischen 10 und 20 gerechtfertigt. Für die chronische venöse Insuffizienz mit deutlicher Ödembildung im Bereich beider Unter- und teilweise auch Oberschenkel sei ein Einzel-GdB von 20 gerechtfertigt. Dies führe zu einer Erhöhung des früheren Gesamt-GdB von 50 auf 60. Dass die Klägerin beim Gehen in mäßigem Umfang auch durch die mittelgradige Varusgonarthrose beeinträchtigt und auch noch eine Osteochondrosis dissecans an der Talusrolle rechts, ebenso wie chronisch rezidivierende Lumbalgien bei nur mäßigen degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen, mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sei, rechtfertige darüber hinaus keine weitere Anhebung des Gesamt-GdB. Bei der Klägerin liege auch sicherlich noch keine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor. Dies sei erst bei einer Bewertung des GdB für die unteren Extremitäten und die Lendenwirbelsäule mit 50 gegeben. Bei der Klägerin liege insoweit dem Sachverständigen folgend jedoch lediglich ein GdB von 30 vor.

Die Klägerin hat gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts am 17.12.2010 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, wegen ihrer schmerzhaften und "schlimmen" Füße falle ihr das Gehen schwer. Ihr Leiden an der Lendenwirbelsäule und den unteren Extremitäten sei insgesamt mit einem GdB von 60 zu bewerten. Diese Funktionsbeeinträchtigungen wirkten sich besonders auf ihre Gehfähigkeit aus. Zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens sei ihr behandelnder Phlebologe Dr. H. gehört worden. Im Rahmen der durch Dr. K. erfolgten Untersuchung sei sie lediglich im Untersuchungsraum einmal hin- und hergelaufen. Sie sei nicht aufgefordert worden, auf den Zehen beziehungsweise Hacken zu gehen. In Anbetracht dessen sei nicht nachvollziehbar, wie Dr. K. zu der Einschätzung gekommen sei, dass sie lediglich ein leicht verlangsamtes Gangbild habe, der Zehen- und Hackengang beidseits jedoch noch gut durchführbar sei. Tatsächlich könne sie weder auf den Zehen noch auf den Hacken gehen. Es seien daher ein weiteres orthopädisches sowie phlebologisches Gutachten einzuholen.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 10. Dezember 2010 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 27. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 21. Juni 2001 abzuändern und den Grad der Behinderung mit 80 sowie das Merkzeichen "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" festzustellen, hilfsweise von Amts wegen oder auf Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz ein phlebologisches Gutachten einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat ausgeführt, der medizinische Sachverhalt sei vom Sozialgericht zutreffend gewürdigt worden.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 01.08.2011 eingeholt. Dieser hat eine ausgeprägte H.hautbeschwielung der Füße, geringe Flüssigkeitseinlagerung (eher Lipödem) und ausgeprägte Besenreiservarikosis beider Unterschenkel und Füße beschrieben. Der Sachverständige hat die Funktionsbeeinträchtigung der Lendenwirbelsäule durch degenerative Veränderungen in Verbindung mit erheblichem Übergewicht mit einem Einzel-GdB von 20, der Kniegelenke bei deutlichen degenerativen Veränderungen medial und retropatellar in Verbindung mit erheblichem Übergewicht mit einem Einzel-GdB von 30, der Sprunggelenke bei beginnender Arthrose im Rahmen einer Osteochondrosis dissecans in Verbindung mit erheblichem Übergewicht mit einem Einzel-GdB von 10 und der Beine bei erheblicher und chronischer venöser Insuffizienz mit typischen sekundären Gewebeveränderungen und deutlichem Lymph- und Lipödem mit einem Einzel-GdB von 20 sowie die Fehlstellung der Großzehen und der 2. sowie 3. Zehe beidseits mit einem Einzel-GdB von 0 und den GdB auf orthopädischem Fachgebiet insgesamt mit 50 bewertet. Er hat ferner ausgeführt, eine deutliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit sei durch die Verschleißsymptomatik beider Kniegelenke und der unteren Lendenwirbelsäule sowie dem venösen und postthrombotischen Symptomenkomplex beider Beine und Unterschenkel gegeben. Er halte die Klägerin für nicht fähig, 2 Kilometer in 30 Minuten zurückzulegen. Die Limitierung der Gehfähigkeit werde mit der zunehmenden Schmerzhaftigkeit der Kniegelenke und geringer auch der Sprunggelenke sowie der Lendenwirbelsäule begründet. In erster Linie habe die Klägerin nicht die motorischen Fähigkeiten und Kapazitäten, ihr Körpergewicht über einen längeren Zeitraum mit angemessener Geschwindigkeit zu bewegen. Eine vorzeitige und überdurchschnittlich frühe Ermüdbarkeit sei bei der Betrachtung ihrer Bewegungen im Untersuchungszimmer sowie der körperlichen Verhältnisse schlüssig nachzuvollziehen. Schnelle und kontrollierte Bewegungen des Rumpfes auf den Beinen könne die Klägerin überhaupt nicht mehr durchführen. Der Barfußgang sei kleinschrittig und langsam, aber ohne Lähmungszeichen, Hinken oder Seitenunterschied gewesen, die Kompressionsstrümpfe trage sie nicht. Da ein wesentlicher Teilaspekt der Gehbehinderung in der Einstufung des venösen und postthrombotischen Symptomenkomplexes an den beiden Beinen liege, halte er eine phlebologische beziehungsweise lymphologische Beurteilung der Gehfähigkeit für sinnvoll und empfehlenswert.

Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.11.2011 ausgeführt, für die nur geringgradige Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule sei allenfalls ein Einzel-GdB von 10 zu vergeben. Da ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke nicht eindeutig nachgewiesen seien und sich bei ansonsten freier Beweglichkeit der Kniegelenke nur eine leichte Ergussbildung finde, sei von Seiten der Kniegelenke maximal ein Einzel-GdB von 10 begründbar. Für die Sprunggelenke sei ein Einzel-GdB von 10 vertretbar. Im Ergebnis könne allenfalls vertreten werden, sämtliche Funktionseinschränkungen der Beine zusammenfassend mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, wobei der Einzel-GdB von 10 für beide Sprunggelenke und der Einzel-GdB von 10 für die bereits anerkannte Fußfehlform mitenthalten seien. Unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Einzel-GdB von 40 für die Hirnleistungsschwäche und die seelische Störung, eines Einzel-GdB von 20 für die Sehbehinderung und eines Einzel-GdB von 10 für die chronische Magenschleimhautentzündung ergebe sich ein Gesamt-GdB von 60. Ferner ließen sich die Voraussetzungen für das Merkzeichen G nicht feststellen, zumal sich allein von Seiten der Lendenwirbelsäule und/oder der unteren Gliedmaßen kein GdB von wenigstens 50 ergebe. Eine fachphlebologische beziehungsweise fachlymphologische Begutachtung sei entbehrlich, da die Befunde in den Gutachten des Dr. K. und des Dr. H. für eine sachgerechte Beurteilung ausreichend seien.

Sodann hat der Senat Dr. Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter dem 12.06.2012 ausgeführt, die Lymphödeme beidseits seien durch häufige Lymphdrainagen zu behandeln. Ferner lägen schwergradige Anpassungs- und Persönlichkeitsstörungen vor. Er hat die Arztbriefe des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. M. vom 24.03.2009 (Verdacht auf Karpaltunnelsyndrom beidseits, Anpassungsstörungen) und des Neurologen Dr. C. vom 30.04.2009 (beidseits stark ausgeprägtes Karpaltunnelsyndrom) vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.

Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Ein phlebologisches Gutachten war nicht einzuholen, so dass der hierauf gerichtete Hilfsantrag abzulehnen war (siehe dazu unten).

Bei der Klägerin liegen weder die Voraussetzungen für einen höheren GdB als 60 noch für das Merkzeichen G vor.

Die Abänderung von Verwaltungsakten wegen einer Gesundheitsverschlechterung richtet sich nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (hier des Bescheides vom 21.06.2001) vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).

Die Feststellung des GdB richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich bei der Klägerin kein höherer GdB als 60 feststellen. Eine über die mit Bescheid vom 27.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2009 hinausgehende Abänderung des Bescheides vom 21.06.2001 und damit eine weitere GdB-Erhöhung kommt nicht in Betracht.

Für das Funktionssystem Gehirn, einschließlich Psyche beträgt der Einzel-GdB nicht mehr als 40.

Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (zum Beispiel schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100.

Versorgungsärztlich ist in der der GdB-Feststellung mit Bescheid vom 21.06.2001 zugrundeliegenden Stellungnahme vom 19.06.2001 allein aufgrund des Befundberichts der Internistin Dr. G. vom 18.09.2000 (geistige Retardierung mit Minderbegabung) und deren telefonischen Angaben vom 11.06.2001 (psychische Dekompensierung) von einer einen Einzel-GdB von 40 rechtfertigenden Hirnleistungsschwäche mit seelischer Störung ausgegangen worden. Anhaltspunkte für eine Gesundheitsverschlechterung auf psychiatrischem Fachgebiet sind nicht gegeben. Bei der Klägerin liegt nach den Angaben des Dr. Dr. M. in seinem Befundbericht vom Februar 2009 und seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 12.06.2012 sowie dem Arztbrief des Dr. M. vom 24.03.2009 eine Depression sowie eine Anpassungs- und Persönlichkeitsstörung vor. Dass die hieraus resultierenden Funktionsstörungen über die versorgungsärztlich angenommene einen GdB von 40 rechtfertigende stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit hinaus eine mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewertende schwere Störung mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten bedingt, ist weder von der Klägerin vorgetragen noch lässt sich dies feststellen. Gegen eine solch starke Ausprägung der seelischen Erkrankung der Klägerin spricht schon, dass eine regelmäßige fachpsychiatrische Behandlung nicht durchgeführt wird (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10) und Dr. M. nicht von einer wesentlichen depressiven Symptomatik ausgegangen ist, zumal er keinen Hinweis auf inhaltliche oder formale Denkstörungen gesehen hat.

Für das Funktionssystem Beine beträgt der Einzel-GdB nicht mehr als 30.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 beträgt bei einer einseitigen Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung bis 0/0/90 Grad) der GdB 0 bis 10, mittleren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung 0/10/90 Grad) der GdB 20 und stärkeren Grades (zum Beispiel Streckung/Beugung 0/30/90 Grad) der GdB 30 sowie beträgt bei einseitigen ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (zum Beispiel Chondromalacia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ohne Bewegungseinschränkung der GdB 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkung der GdB 20 bis 40.

Vorliegend rechtfertigen die von Dr. K. und Dr. H. in ihren Gutachten dokumentierten Bewegungsmaße bei der Streckung/Beugung von 0/0/110 Grad beziehungsweise 0/0/135 Grad beidseits (Normalmaß 5-10/0/120-150 Grad) und damit weit über 90 Grad keinen Einzel-GdB. Im Hinblick auf die von den Gutachtern im Bereich der Kniegelenke erhobenen radiologischen Befunde in Form der von Dr. K. beschriebenen Varusgonarthrose und Retropatellararthrose beidseits beziehungsweise des von Dr. H. beschriebenen Knorpelschadens Stadium III bis IV beidseits kann es dahingestellt bleiben, ob die nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 für einen Einzel-GdB ab 10 erforderlichen anhaltenden Reizerscheinungen von Dr. H. objektiviert worden sind, indem dieser eine leichte intraartikuläre Ergussbildung beschrieben hat. Denn aufgrund der vom Sachverständigen gemessenen Beugungsfähigkeit von 135 Grad beidseits bei einem Normalmaß von 120-150 Grad fehlenden Bewegungseinschränkung wäre lediglich der nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 für eine Chondromalacia Grad II bis IV vorgegebene GdB-Rahmen zwischen 10 und 30 eröffnet. Da bei der Klägerin aber nur eine Chondromalacia Grad III bis IV beschrieben worden ist, käme man über den mittleren Bereich dieses GdB-Rahmens nicht hinaus, so dass ein höherer GdB als 20 nicht in Betracht käme. Lediglich unter zusätzlicher Berücksichtigung der von Dr. K. diagnostizierten chronischen venösen Insuffizienz mit postthrombotischem Syndrom und deutlicher Ödembildung beziehungsweise der von Dr. H. diagnostizierten Besenreiservarikosis mit Lipödem beider Unterschenkel, was unter Berücksichtigung der von Dr. Dr. M. beschriebenen Notwendigkeit häufiger Lymphdrainagen nach den VG, Teil B, Nr. 9.2.3 mit einem GdB von 20 zu bewerten ist, lässt sich für das Funktionssystem Beine insgesamt ein Einzel-GdB von allenfalls 30 rechtfertigen. Die von beiden Sachverständigen diagnostizierten Gesundheitsstörungen im Bereich der Sprunggelenke und Füße rechtfertigen keinen höheren Einzel-GdB. Die Osteochondrosis dissecans an der medialen Talusrolle des oberen Sprunggelenks rechts sowie die von beiden Gutachtern diagnostizierte und von Dr. H. beschriebene Arthrose der Sprunggelenke bedingen keine GdB-relevanten Bewegungseinschränkungen im Sinne der VG, Teil B, Nr. 18.14. Nichts anderes gilt nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 für die von Dr. H. angenommene Coxarthrose Stadium II bis III beidseits, zumal er die Hüftgelenke als unauffällig beschrieben hat. Die Arthrose im rechten Vorfuß, der Hallux valgus beidseits und die Hammerzehe beidseits haben keine statischen Auswirkungen im Sinne der VG, Teil B, Nr. 18.14.

Für das Funktionssystem Augen beträgt der Einzel-GdB nicht mehr als 20.

Versorgungsärztlich ist in der der GdB-Feststellung mit Bescheid vom 21.06.2001 zugrundeliegenden Stellungnahme vom 19.06.2001 allein aufgrund des Befundberichts der Augenärztin H. vom Oktober 2000 (Sehschärfe beidseits 0,4 mit Korrektur) von einem Einzel-GdB von 20 ausgegangen worden. Anhaltspunkte für eine Gesundheitsverschlechterung auf ophtalmologischem Fachgebiet sind weder vorgetragen noch objektiviert.

Für das Funktionssystem Rumpf beträgt der Einzel-GdB allenfalls 10.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 beträgt bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität der GdB 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40.

Zutreffend hat Dr. K. den Einzel-GdB für das Wirbelsäulenleiden der Klägerin mit 10 bewertet. Denn er hat im Bereich des Rumpfes mit einer Seitneigung im Stehen von 25 Grad (Normalmaß 30 bis 40 Grad) und Rotation im Sitzen von 30 Grad (Normalmaß 30 bis 40 Grad) bei einem Fußbodenabstand von 20 Zentimetern, einem Schober-Wert von 10/13 Zentimetern und einem Ott-Wert von 30/31 Zentimetern lediglich eine einen Einzel-GdB von 10 rechtfertigende leichte Bewegungseinschränkung gemessen. Nichts anderes ergibt sich aus den von Dr. H. dokumentierten Bewegungsmaßen. Er hat im Bereich des Rumpfes im Sitzen beidseits eine Seitneigung von 25 Grad (Normalmaß 30 bis 40 Grad), Rotation von 45 Grad (Normalmaß 30 bis 40 Grad), Rückwärtsneigung von 15 Grad und Vorwärtsneigung von 55 Grad bei einem Fußbodenabstand von 10 Zentimetern gemessen, ohne Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hals- oder Brustwirbelsäule angegeben zu haben. In Anbetracht dessen kann allenfalls von einer einen Einzel-GdB von 10 rechtfertigenden leichten Bewegungseinschränkung in einem Wirbelsäulenabschnitt ausgegangen werden.

Im Funktionssystem Verdauung ist ein Einzel-GdB von 10 gegeben.

Dabei hat der Senat die von Dr. Dr. M. beschriebenen rezidivierenden Gastritiden berücksichtigt. Häufige Rezidive mit Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes, die nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.1 einen Einzel-GdB von mindestens 20 rechtfertigen würden, sind nicht beschrieben.

Ferner ist eine aus dem von Dr. C. in seinem Arztbrief vom 30.04.2009 beschriebenen Karpaltunnelsyndrom resultierende GdB-relevante Funktionsbehinderung weder vorgetragen noch aktenkundig.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB nicht mehr als 40 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Einzel-GdB nicht mehr als 30 für das Funktionssystem Beine, Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem Augen, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Verdauung) beträgt der Gesamt-GdB jedenfalls nicht mehr als 60. Dies ergibt sich aus der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf nervenheilkundlichem, orthopädischem, ophtalmologischem und internistischem Fachgebiet.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens G.

Auch die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach den Vorschriften des SGB IX.

Auf Antrag des behinderten Menschen treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).

Zu den gesundheitlichen Merkmalen im Sinne des § 69 Abs. 5 SGB IX gehört die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr. Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX). In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

Als solchermaßen üblich sind - ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall - Wegstrecken von bis zu 2 Kilometern mit einer Gehdauer von etwa 30 Minuten anzusehen (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R; BSG, Urteil vom 13.08.1997 - 9 RVS 1/96; BSG, Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87). Der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Merkzeichens entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Merkzeichen G, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG), "Gehörlosigkeit" (Gl) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Merkzeichens "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteil des Senats vom 04.11.2010 - L 6 SB 2556/09 - unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 - und 24.09.2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4; so zuletzt auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2011 - L 8 SB 2294/10).

An einer das Merkzeichen G rechtfertigenden Einschränkung der Gehfähigkeit leidet die Klägerin auch zur Überzeugung des Senats nicht.

Zwar liegt bei der Klägerin nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit vor. Diese erreicht aber noch nicht ein solches Maß, dass die Klägerin wegen der bei der Prüfung des Merkzeichens G zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage wäre, ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne Gefahren für sich oder andere eine Wegstrecke von etwa 2 Kilometern in einer Zeit von 30 Minuten zu Fuß zurücklegen.

Denn die bei der Klägerin diagnostizierten Funktionsstörungen sind nicht so schwerwiegend, dass die zu beachtenden Beurteilungskriterien als erfüllt angesehen werden könnten. GdB-relevante Leiden, die sich auf die Gehfähigkeit auswirken, liegen bei der Klägerin nach Auswertung der Gutachten lediglich in Form der Funktionsbehinderung der Beine mit einem Einzel-GdB von 30 und der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 10 vor. Weitere GdB-relevante Funktionseinschränkungen ergeben sich aus den umfangreichen ärztlichen Unterlagen nicht. Daher folgt der Senat der überzeugenden Einschätzung des Dr. K., dass die Klägerin noch in der Lage ist, zu Fuß 2 Kilometer in 30 Minuten zurückzulegen. Die gegenteilige Ansicht des Dr. H. ist nicht schlüssig. Er hat "in erster Linie" auf die Verschleißsymptomatik der Kniegelenke hingewiesen, dabei aber unberücksichtigt gelassen, dass er mit dem Bewegungsmaß bei der Streckung/Beugung von 0/0/135 Grad (Normalmaß 5-10/0/120-150 Grad) beidseits gerade keine die Gehstrecke limitierende Funktionseinschränkung beschrieben hat. Soweit er allein auf die Schmerzhaftigkeit der Knie- und Sprunggelenke sowie der Rumpfwirbelsäule hingewiesen hat, genügt dies den strengen an die Vergabe des Merkzeichens G zu stellenden Voraussetzungen nicht. Für die Beurteilung der der Klägerin zumutbar zu bewältigenden Gehstrecke kommt es nicht maßgeblich auf die mit dem Gehen verbundenen Schmerzen, sondern allein darauf an, ob die Gehstrecke von 2 Kilometern durch die Klägerin zu Fuß in 30 Minuten - auch mit Schmerzen - bewältigbar ist. Auch überzeugt den Senat die klägerische Selbsteinschätzung, die schmerzhaften Beschwerden in den Beinen und der Wirbelsäule hinderten sie, 2 Kilometer zu gehen, nicht. Wesentliche orthopädisch bedingte Bewegungseinschränkungen sind nicht objektiviert. Eine regelmäßige fachorthopädische Behandlung erfolgt derzeit nicht.

Auch das Übergewicht der Klägerin rechtfertigt nicht die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens G.

Dafür ist bei der Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird (Urteil des Senats vom 19.04.2012 - L 6 SB 5039/11; nachgehend BSG, Beschluss vom 19.09.2002 - B 9 SB 32/12 B). Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren sind all jene heraus zu filtern, die nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.09.2010 - L 11 SB 77/07 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R).

Zwar gehört ein erhebliches Übergewicht zu den Faktoren, die einen Bezug zu einer Behinderung haben und daher bei der Beurteilung des Gehvermögens zu berücksichtigen sind. Die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas per magna sind nämlich nicht nur nach den VG Teil B Nr. 15.3 bei der Einschätzung eines aus anderen Gesundheitsstörungen folgenden GdB (erhöhend) zu berücksichtigen, sondern auch insoweit, als sie zu einer Einbuße der in § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.04.2010 - L 13 SB 82/08 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R). Dennoch sind bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G zu verneinen. Denn die aus den oben dargelegten GdB-relevanten Gesundheitsstörungen folgenden Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr werden durch funktionelle Auswirkungen der Adipositas per magna nicht so weit verstärkt, dass die der Klägerin in 30 Minuten zumutbare Wegstrecke auf unter 2 Kilometer abgesunken wäre. Allein der mit einem Gewicht von 85 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,56 Metern zu errechnende Body-Mass-Index (BMI) der Klägerin von 34,93 kg/m² und damit einen Adipositas-Grad I begründet nicht diese Annahme.

Gleiches gilt für den venösen und postthrombotischen Symptomenkomplex, den Dr. H. als wesentlichen Teilaspekt der Gehbehinderung gesehen hat. Insoweit hat der Sachverständige aber nur ein geringes Ausmaß der Erkrankung festgehalten, nämlich nur relativ geringe Flüssigkeitseinlagerungen, die er als Lipödem bezeichnet hat, obwohl die Klägerin einräumen musste, dass sie die ihr verordneten Kompressionsstrümpfe nicht trägt. In diesem Zusammenhang hat er aber unberücksichtigt gelassen, dass er eine ausgeprägte Hornhautbeschwielung der Füße beschrieben hat, was für einen tatsächlichen Einsatz und mithin dagegen spricht, dass die Klägerin tatsächlich nennenswert in ihrem Gehvermögen limitiert ist. Insoweit konnte der Sachverständige einen zwar verlangsamten und kleinschrittigen, aber im Wesentlichen normalen Gang beobachten, was er aber indessen ebenfalls nicht berücksichtigt hat. Vor diesem Hintergrund hat sich der Senat nicht zu einer weiteren Sachaufklärung veranlasst gesehen (dazu siehe unten).

Mithin bleibt dem auf die Feststellung eines höheren GdB und die Feststellung des Merkzeichens G gerichteten Hauptantrag der Erfolg versagt.

Auch der Hilfsantrag war abzulehnen.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen auf phlebologischem Fachgebiet war nicht erforderlich. Der Gesundheitszustand ist durch die beigezogenen ärztlichen Unterlagen sowie eingeholten Auskünfte und Gutachten ausreichend objektiviert. Die Frage, ob sich hieraus die Voraussetzungen eines höheren GdB oder des Merkzeichens G ableiten lassen, konnte vom Senat ohne Hinzuziehung eines weiteren Sachverständigengutachtens getroffen werden. Dass die Klägerin an einer chronisch venösen Insuffizienz mit postthrombotischem Syndrom und deutlicher Ödembildung beziehungsweise einer Besenreiservarikosis mit Lipödem beider Unterschenkel leidet, ergibt sich bereits aus der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. Dr. M. sowie den Gutachten von Dr. K. und Dr. H.  Mit der Frage der hieraus resultierenden Beeinträchtigung der Gehfähigkeit haben sich beide Sachverständigen ausreichend auseinandergesetzt. Die Erforderlichkeit einer darüber hinausgehenden phlebologischen Beurteilung dieser Fragestellung drängte sich dem Senat nicht auf. Maßgeblich für die Einschätzung der Gehfähigkeit ist nicht die jeweilige Diagnose, sondern die aus der Gesundheitsstörung resultierende Funktionseinschränkung. Trotz der von ihm festgestellten deutlichen Varikosis mit deutlicher prätibialen Ödembildung hat Dr. K. nur ein leicht verlangsamtes Gangbild ausgemacht. Er hat sogar dargelegt, dass die Klägerin gerade wegen der chronischen venösen Insuffizienz viel herum laufen sollte. Daraus ergibt sich, dass der Sachverständige in dieser Erkrankung gerade keine wesentliche Beeinträchtigung der Gehstrecke gesehen hat. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Gutachten des Dr. H.  Er hat für seine Einschätzung der Limitierung der Gehfähigkeit der Klägerin nämlich nicht die phlebologische Symptomatik, sondern die Schmerzhaftigkeit der Wirbelsäule sowie der Knie- und Sprunggelenke beziehungsweise die fehlenden "motorischen Fähigkeiten und Kapazitäten, ihr Körpergewicht über einen längeren Zeitraum mit angemessener Geschwindigkeit zu bewegen" verantwortlich gemacht.

Auch der nach § 109 SGG gestellte Antrag der Klägerin, ein phlebologisches Gutachten einzuholen, war abzulehnen, da er verbraucht ist. Denn das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02.03.2011 - L 6 SB 4878/08 - juris Rz. 22; zu einem wiederholten Antrag auf demselben Fachgebiet: BSG, Beschluss vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B - juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.02.2011 - L 11 R 221/09; Hessisches LSG, Urteil vom 13.08.2008 - L 4 V 12/07 - juris Rz. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.02.2006 - L 1 U 2572/05 - juris Rz. 41; zu einem wiederholten Antrag für die Beurteilung von Schmerzen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2009 - L 11 R 4832/08). Es entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - juris Rz. 16; Kolmetz, SGb 2004, S. 83, 86). Außerdem ist § 109 SGG als Ausnahmevorschrift zu der Regelung des § 103 Satz 2 SGG, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, eng auszulegen (BSG, Beschluss vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B - juris Rz. 12). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher - auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 26.01.1970 - 7/2 RU 64/69 - SozR Nr. 37 zu § 109 SGG; BSG, Urteil vom 06.05.1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG; BSG, Urteil vom 29.11.1957 - 2 RU 241/56 - SozR Nr. 14 zu § 109 SGG; BSG, Urteil vom 31.07.1957 - SozR Nr. 6 LS zu § 109 SGG) - nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche besonderen Umstände sind zwar in der Literatur anerkannt, wenn für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig sind und ein Spezialist auf einem Fachgebiet gehört werden soll, dem der zuerst gehörte Gutachter nicht angehört (Berchtold, Prozesse in Sozialsachen, S. 345, Rz. 556; Hauck in Hennig, SGG, § 109, Rz. 28; Kerber in jurisPR-MedizinR 7/2010 Anm. 1, E.; Kolmetz in Jansen, SGG, § 109, Rz. 6; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Auflage, S. 98, Rz. 94; Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, 2. Auflage, S. 163, Rz. 17; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 109, Rz. 10b; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Auflage, § 109, Rz 6; Udsching, NZS 1992, S. 50, 54). Dies kann bei eng verwandten Fachgebieten wiederum Einschränkungen unterliegen (so: Roller in Lüdtke, SGG, 3. Auflage, § 109, Rz 6). Vorliegend sind solche besonderen Umstände nicht gegeben. Denn für die Beurteilung des GdB beziehungsweise von Merkzeichen ist - wie oben dargelegt - nicht die jeweilige Diagnose, sondern sind die aus der gestellten Diagnose resultierenden Funktionseinschränkungen maßgeblich. Da es im Falle der Klägerin hauptsächlich auf die Auswirkungen der chronischen venösen Insuffizienz mit postthrombotischem Syndrom und deutlicher Ödembildung auf ihre Gehfähigkeit ankommt und sich der von Amts wegen gehörte Orthopäde Dr. K. sowie der auf Antrag der Klägerin bereits gemäß § 109 SGG gehörte Orthopäde Dr. H. bereits zu den Auswirkungen sowohl der orthopädischen als auch der phlebologischen Erkrankungen auf die Gehfähigkeit geäußert haben, sind besondere Gründe, die die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 109 SGG bei einem Spezialisten auf dem phlebologischen Fachgebiet rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.