Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Alg II - und die Zahlung eines Zuschusses zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung streitig.

Die Beklagte bewilligte den 1970 bzw. 1963 geborenen Klägern ab 01.01.2005 Alg II. Mit Bescheid vom 20.07.2005 bewilligte sie die Leistung für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2005, und zwar für Juni 2005 in Höhe von 468,47 Euro und für die Monate Juli bis November 2005 von monatlich 291,33 Euro.

Nachdem der Kläger zu 2. die Gehaltsabrechnung über ein im September 2005 ausbezahltes Nettoeinkommen von 1.251,50 Euro aus einer im August ausgeübten Beschäftigung vorgelegt hatte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2005 die Bewilligung des Alg II ab 01.09.2005 ganz auf. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2005 als unbegründet zurück. Von dem Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1. seien 77,24 Euro anzurechnen, von dem Nettoeinkommen des Klägers zu 2. 965,77 Euro. Das Gesamteinkommen von 1.043,01 Euro übersteige den festgestellten Bedarf von 1.012,00 Euro.

Mit ihrer zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin zu 1. geltend gemacht, bei der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2. werde nicht der angemessene Selbstbehalt berücksichtigt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie ab 01.09.2005 freiwillige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 111,50 Euro entrichte.

Die Beklagte hat dargelegt, dass in Fällen, in denen die Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zur Bedürftigkeit führe, den Antragstellern ein Zuschuss zu den Beiträgen zur freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu gewähren sei; allerdings sei ihr die freiwillige Versicherung erst im Rahmen eines am 30.12.2005 gestellten Antrages bekannt geworden.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Durch das ab September 2005 dem Kläger zu 2. zufließende Erwerbseinkommen sei eine Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft nicht mehr gegeben gewesen. Hinsichtlich der fehlenden Krankenversicherung verweise die Beklagte zu Recht auf das im Rahmen des SGB II geltende Antragserfordernis des § 37 SGB II. Nachdem die Klägerin zu 1. erst im Rahmen eines am 30.12.2005 gestellten neuen Antrags auf entsprechende Leistungen auf den fehlenden Versicherungsschutz hingewiesen habe, wirke dies nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.09. bis 30.11.2005 zurück.

Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung haben sich die Kläger zunächst weiterhin gegen die Höhe der Anrechnung des erzielten Erwerbseinkommens gewandt, in der mündlichen Verhandlung am 19.12.2006 jedoch erklärt, dass nicht mehr die Einkommensanrechnung, sondern nur noch die Bewilligung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung, soweit sich nicht ohnehin für die Monate Oktober und November 2005 ein Alg II errechne, streitig sei. Sie verweisen auf die vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die für September 2005 einen Nettolohn von 1.225,57 Euro und für Oktober 2005 von 1.190,45 Euro aufweisen.

Sie beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 19.06.2006 und den Bescheid vom 16.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2005 insoweit aufzuheben, als ein Anspruch auf einen Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung und Pflegeversicherung für die Monate September und Oktober 2005 und ein Anspruch auf Alg II für den Monat November 2005 besteht.

Die Beklagte erkennt an, dass für den Monat November 2005 ein Leistungsanspruch besteht und die Kläger damit auch zusätzlich krankenversichert sind. Im Übrigen beantragt sie,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor. Bezüglich des Beschwerdewerts ist abzustellen auf den zunächst bei Berufungseinlegung gestellten Antrag, nämlich die Aufhebung der Aufhebungsbescheide, soweit sie nicht einen Selbstbehalt von 890,00 Euro und die Zahlung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung von monatlich 111,50 Euro berücksichtigen; insoweit hat der Beschwerdewert die Grenze von 500,00 Euro überschritten.

In der Sache ist die Berufung bezüglich des zuletzt im Berufungsverfahren gestellten Antrages begründet.

Die Beklagte hat selbst anerkannt, dass die vollständige Aufhebung der Bewilligung des Alg II für November 2005 rechtswidrig war, da sich bei Heranziehung des im November 2005 zugefloßenen Oktobergehaltes ein Anspruch errechnet und deshalb auch Kranken- und Pflegeversicherungsschutz besteht. Sie war insoweit entsprechend ihrem Teilanerkenntnis zu verurteilen.

Bezüglich der Monate Septemer und Oktober 2005 sind die Aufhebungsbescheide rechtmäßig, soweit sie die Bewilligung der Regelleistung gemäß § 40 SGB II und der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) gemäß § 22 SGB II aufgehoben haben. Rechtsgrundlage ist § 40 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB II i.V.m. §§ 330 Abs.3 Satz 1 SGB III, 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X. Das von den Klägern erzielte Erwerbseinkommen ist gemäß den Bestimmungen des § 11 SGB II und der Alg II-V vom 20.10.2004 (BGBl I S.2622) in der bis 30.09.2005 geltenden Fassung anzurechnen; von den Klägern wird nicht mehr bestritten, dass die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung zutreffend ist. Von dem der Klägerin zu 1. im September 2005 zugefloßenen Nettoerwerbseinkommen von 151,80 Euro waren die Fahrtkosten von 15,60 Euro, die Werbungskostenpauschale von 15,33 Euro, der Freibetrag gemäß § 30 SGB II von 13,63 Euro und die Versicherungspauschale von 30,00 Euro abzuziehen, so dass ein anzurechnendes Einkommen von 77,24 Euro verblieb. Von dem Nettoerwerbseinkommen des Klägers zu 2. von 1.251,50 Euro waren Fahrtkosten von 20,52 Euro, eine Werbungskostenpauschale von 15,33 Euro, ein Freibetrag gemäß § 30 SGB II von 173,88 Euro, Aufwendungen zur Kfz-Haftpflichtversicherung von 46,00 Euro und die Versicherungspauschale von 30,00 Euro abzuziehen, so dass ein anzurechnendes Einkommen von 965,77 Euro verblieb. Das heranzuziehende Gesamteinkommen von 1.043,01 Euro überstieg den Gesamtbedarf von 1.012,00 Euro, der sich aus den Regelleistungen von 622,00 Euro und den Kosten für Unterkunft und Heizung von 390,00 Euro zusammensetzt. Gleiches gilt für den Monat Oktober 2005; in diesem Monat ist dem Kläger zu 2. neben dem Nettoverdienst von 1.225,57 Euro eine steuerfreie Auslöse von 64,47 Euro, somit eine Zahlung von 1.290,04 Euro zugefloßen.

Wegen des Wegfalles des Anspruches auf Regelleistung und KdU war die Klägerin zu 1. nicht mehr gesetzlich kranken- und pflegeversichert, weshalb sie Anlass hatte, diesen Versicherungsschutz durch freiwillige Beiträge herzustellen. Bei Berücksichtigung dieser Beiträge von monatlich 111,50 Euro wäre wiederum Bedürftigkeit gegeben. Dieser Sachlage hat der Gesetzgeber durch Anfügung des Abs.3 in § 26 SGB II durch das Gesetz vom 20.07.2006, BGBl I S.1706, Rechnung getragen und bestimmt, dass die Bundesagentur auf Antrag im erforderlichen Umfang die Aufwendungen für die angemessene Kranken- und Pflegeversicherung, soweit Personen allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würden, übernimmt.

Eine Pflicht zur Übernahme solcher angemessener Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bestand aber bereits vor dem 01.08.2006; insoweit ist § 26 SGB II in der bis dahin geltenden Fassung entsprechend anzuwenden. Dies hat die Beklagte im Klageverfahren auch eingeräumt und auf die gleichlautenden Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit verwiesen. Danach könne die Tragung von angemessenen Beiträgen dazu führen, dass infolge der Berücksichtigung dieser Beiträge im Rahmen des § 11 Abs.2 Nr.3 SGB II Bedürftigkeit entstehe. Der Antragsteller wäre dann über den Leistungsbezug kranken- und pflegeversichert. Hierdurch entfiele wiederum die Notwendigkeit der Zahlung von freiwilligen oder privaten Beiträgen durch den Antragsteller und somit die Bedürftigkeit. Leistungsbezug und Versicherungsschutz wären über den Bezug nicht mehr gegeben, weshalb der Antragsteller sich freiwillig bzw. privat versichern müsse, wodurch Bedürftigkeit wieder gegeben wäre. Um einen durchgehenden Versicherungsschutz sicher zu stellen, sei Antragstellern in derart gelagerten Fällen ein Zuschuss zu den Beiträgen zur freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu gewähren.

Zu Recht hat die Bundesagentur für die Zeit vor dem 01.08.2006 eine Gesetzeslücke angenommen, die durch entsprechende Anwendung des § 26 SGB II in der bis dahin geltenden Fassung zu schließen ist. Eine andere Auslegung würde den sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des SGB II ergebenden Intentionen des Gesetzgebers nicht gerecht. Bezieher eines Erwerbseinkommens haben grundsätzlich Anspruch darauf, dass sie das Einkommen zunächst für die Abdeckung eines angemessenen Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes verwenden. Es wäre unzumutbar und mit dem Sozialstaatsprinzip des Art.20 Abs.1 GG nicht vereinbar, Antragstellern diesen Anspruch zu verweigern. Da Alg II-Bezieher grundsätzlich in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert sind, ist Beziehern von Erwerbseinkommen das Recht zuzubilligen, sich einen Versicherungsschutz in dem selben Umfang zu verschaffen, andernfalls wäre auch der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.3 GG verletzt.

Somit ist die Beklagte verpflichtet, soweit das den Gesamtbedarf übersteigende anzurechnende Erwerbseinkommen nicht ausreicht, die freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abzudecken, insoweit einen Zuschuss entsprechend § 26 SGB II zu bewilligen. Dies hatte sie im Rahmen der Aufhebung der Bewilligung der Leistungen für die Zeit ab 01.09.2005 zu berücksichtigen. Insoweit kann sie sich nicht auf einen fehlenden Antrag nach § 37 SGB II berufen. Die Kläger haben am 10.09.2004 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch gestellt; zu diesen Leistungen zählt auch der Zuschuss entsprechend § 26 SGB II. Eine andere Auslegung des Antragserfordernisses würde den Interessen der Antragsteller nicht gerecht. Gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Erwerbseinkommen erzielt wird, das um den Betrag des Gesamtbedarfes schwankt, können Antragsteller selbst nicht erkennen, ob Alg II mit gesetzlicher Krankenversicherung zusteht oder eben ein Zuschuss entsprechend § 26 SGB II. Stellt sich heraus, dass das anzurechnende Einkommen den Gesamtbedarf knapp übersteigt, ist die Beklagte von sich aus verpflichtet, den Antragsteller auf die Möglichkeit des Zuschusses hinzuweisen und anzufragen, in welcher Weise der Krankenversicherungsschutz sicher gestellt ist. In diesem Fall ist im Zuge der Prüfung der Aufhebung einer bereits erfolgten Bewilligung der Anspruch auf einen Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung mit einzubeziehen; die in der vollständigen Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II liegende Ablehnung eines solchen Zuschusses ist rechtswidrig; vielmehr ist die Beklagte in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem für den Aufhebungszeitraum noch keine Leistungen erbracht worden sind, verpflichtet, einen Betrag in Höhe des zustehenden Zuschusses entsprechend § 26 SGB II zu zahlen und diesen Anspruch von der Aufhebung auszunehmen.

Somit war die Beklagte zu verpflichten, entsprechend ihrem Teilanerkenntnis für November 2005 Alg II und für die Monate September und Oktober 2005 einen Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.