Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 7 SO 2971/09 - Urteil vom 29.08.2013
Obwohl in § 64 SGB XII - im Gegensatz zu § 15 Abs. 3 SGB XI - nicht ausdrücklich genannt, hängt auch im Rahmen der Hilfe zur Pflege die Gewährung und die konkrete Höhe des Pflegegeldes nicht nur von der Häufigkeit des Hilfebedarfs, sondern darüber hinaus vom täglichen Zeitaufwand ab, der für die erforderliche Hilfe benötigt wird. Das folgt aus der Bestimmung des § 61 Abs. 6 SGB XII, welche auf die Richtlinien der Pflegekassen nach § 17 SGB XI verweist. Demnach sind die zur Bestimmung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit erlassenen Pflegebedürftigkeits-Richtlinien entsprechend anzuwenden.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt gegen den beklagten Sozialhilfeträger im vorliegenden Verfahren noch Anspruch auf ein höheres Pflegegeld nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008.
Die 2005 geborene Klägerin leidet an einer frühinfantilen spinalen Muskelatrophie (intermediär I Werdnig-Hoffmann; ICD-10 G12.0) sowie an einem angeborenen Herzfehler (Herzvitium PDA/ASD II); bei ihr sind seit der Geburt ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G", "B" und "H" anerkannt (vgl. Bescheid vom 23. August 2006). Die Klägerin ist - wie ihre Eltern - türkischer Staatsangehörigkeit; sie ist - vermittelt über den Aufenthaltstitel ihres Vaters (Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)) - im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG. Die Klägerin besuchte seit 2007 den Schulkindergarten für Kinder mit Körper- und Mehrfachbehinderung; dreimal wöchentlich erhielt sie häusliche Krankenpflege durch einen Kinderkrankenpflegedienst, zweimal wöchentlich kam für die Eltern Unterstützung durch einen Familien- und Erziehungsberatungsdienst. Die häusliche Pflege wurde von den Eltern und namentlich der Mutter der Klägerin sichergestellt. In der Familie der Klägerin lebten im streitbefangenen Zeitraum noch drei weitere Geschwister (geb. Juli 2004, September 2006 und April 2008), wobei das 2006 geborene Kind gleichfalls vom Grundleiden der Klägerin betroffen ist. Der Vater der Klägerin war seit 1. Dezember 2004 als Mitglied sozial pflegeversichert; für die Klägerin bestand eine Familienversicherung. Alle Familienangehörigen bezogen nach Aktenlage in der fraglichen Zeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); außerdem wurde von der Familienkasse Kindergeld gezahlt.
Ein erster von der Klägerin im Juli 2006 gestellter Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung wurde von der AOK wegen der damals geltenden Regelung zur Vorversicherung (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der Fassung bis 30. Juni 2008 (i.F.: a.F.)) abgelehnt (Bescheid vom 26. Juli 2006). Seit Juli 2008 erhält die Klägerin indes von der aus der sozialen Pflegeversicherung ein Pflegegeld, wobei die Zuordnung zunächst zur Pflegestufe II (Bescheid vom 25. September 2008) und sodann ab 1. Juni 2009 zur Pflegestufe III (Bescheid vom 26. September 2011) erfolgte.
Auf den zuvor bereits im Juni 2006 beim Beklagten gestellten Antrag bewilligte dieser der Klägerin nach Einholung des Gutachtens der Ärztin des Gesundheitsamts Dr. vom 5. September 2006, in dem von einem Grundpflegemehrbedarf von 60 Minuten für den Bereich der Nahrungsaufnahme ausgegangen worden war, ab dem 27. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 im Rahmen der Hilfe zur Pflege ein Pflegegeld entsprechend der Pflegestufe I in Höhe von monatlich 205,00 Euro (Bescheid vom 8. September 2006). Dem im Juni 2007 gestellten Weitergewährungsantrag, mit dem zugleich eine höhere Pflegestufe geltend gemacht worden war, gab der Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 2007 zunächst insoweit statt, als er das Pflegegeld in Höhe von monatlich 205,00 Euro auch für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 bewilligte. Der Beklagte veranlasste ferner eine erneute Begutachtung durch Dr. diese gelangte im Gutachten vom 8. Oktober 2007 zum Ergebnis, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin vorliege und bei dieser im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind ein Mehraufwand in den Bereichen Körperpflege (10 Minuten), Ernährung (118 Minuten) und Mobilität (55 Minuten) bestehe, sodass bei einem Hilfe-Mehrbedarf von 183 Minuten die Pflegestufe II vorgeschlagen werde.
Durch Bescheid vom 22. Oktober 2007 bewilligte der Beklagte darauf für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 ein Pflegegeld entsprechend der Pflegestufe II in Höhe von monatlich 410,00 Euro. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Pflegegeldleistung sei rückwirkend ab dem 1. Juni 2007 nach der Pflegestufe III zu gewähren. Der Beklagte ließ die Klägerin darauf durch die Pflegefachkraft am 30. Januar 2008 untersuchen. Im Gutachten vom 31. Januar 2008 setzte die Gutachterin den täglichen Zeitaufwand der Grundpflege mit 176 Minuten (Zeitbedarf Körperpflege 28 Minuten, Ernährung 90 Minuten, Mobilität 58 Minuten) sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung mit 60 Minuten an; im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind bestehe im Bereich der grundpflegerischen Versorgung ein deutlicher Mehraufwand, welcher einer Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II entspreche, wobei längerfristig eher von einer Steigerung der grundpflegerischen Versorgung auszugehen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2008 wies der Beklagte darauf den Widerspruch der Klägerin zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 25. Februar 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.
Während des Klageverfahrens bewilligte der Beklagte das Pflegegeld auf den von der Klägerin im Mai 2008 gestellten Weitergewährungsantrag noch für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 2008 wiederum in Höhe von 410,00 Euro (Bescheid vom 7. Juni 2008).
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ein krankheitsbedingter Pflegebedarf bestehe mindestens sechs Stunden täglich, wobei auf den grundpflegerischen Aufwand (Waschen, Anziehen) mindestens fünf Stunden täglich entfielen. Das SG hat sodann den unabhängigen Pflegesachverständigen Rau mit der Erstattung eines Pflegegutachtens beauftragt. Dieser ist im Gutachten vom 24. Juli 2008 - nach einer ambulanten Untersuchung im Rahmen eines Hausbesuchs am 5. Juni 2008 sowie unter Auswertung der Akten - zum Ergebnis gelangt, dass sich der tägliche Mehraufwand für eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson im Verhältnis zum Zeitaufwand für den Hilfebedarf eines altersentsprechend entwickelten gesunden Kindes im Bereich der Grundpflege auf 201 Minuten (31 Minuten Körperpflege, 94 Minuten Ernährung, 76 Minuten Mobilität) und der Mehrbedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten belaufe; es liege eine Schwerpflegebedürftigkeit gemäß der Pflegestufe II vor. Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG ferner den Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. zum Sachverständigen bestellt; dieser hat - nach einem Hausbesuch am 26. November 2008 - im Gutachten vom 8. Dezember 2008 die Auffassung vertreten, die Benennung konkreter Minutenwerte für die pflegerischen Verrichtungen werde der Lebenswirklichkeit kinderreicher Familien nicht gerecht und sei beliebig, da objektive Orientierungswerte fehlten; Pflegebedürftigkeit liege - bei dem sehr hohen Zeitbedarf dieser Kinder - eindeutig vor, wobei er die Pflegestufe III empfehle. Diesem Gutachten ist der Beklagte entgegengetreten. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2009 die Sachverständigen Dr. zur Erläuterung ihrer Gutachten vernommen. Dr. hat den täglichen Zeitaufwand für ein schwerbehindertes Kind in einer Ein-Kind-Familie auf ca. fünf bis sechs Stunden täglicher Pflegezeit geschätzt. Der Pflegesachverständige hat dem entgegengehalten, dass zwischen gesunden und kranken Kindern differenziert werden müsse; während ein gesundes dreijähriges Kind der täglichen Pflege in einem Zeitumfang von 138 Minuten bedürfe, kämen bei einem schwerkranken Kind - wie der Klägerin - noch 201 Minuten Grundpflegebedarf hinzu, sodass sich insgesamt 339 Minuten (also 5,65 Stunden) ergäben. Allerdings werde sich ein weiterer höherer Pflegebedarf für die Klägerin wegen der rasch fortschreitenden Krankheit schon bald ergeben, sodass davon auszugehen sei, dass die Voraussetzungen für die Pflegestufe III etwa ab dem vierten Lebensjahr als erfüllt anzusehen seien. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2008 zu verurteilen, ihr vom 1. Juni 2007 bis 30. Juni 2008 Pflegegeldleistungen entsprechend der Pflegestufe III zu gewähren. Mit Urteil vom 28. Mai 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe im streitgegenständlichen Bezugszeitraum zu Recht Pflegegeldleistungen in Höhe von 410,00 Euro entsprechend Pflegstufe II gewährt; es folge dem Sachverständigen, der sein Gutachten entsprechend der allgemein anerkannten Pflegerichtlinien erstattet und die Pflegezeiten entsprechend der allgemeinen Standards in Minuten umgerechnet habe. Bei einem Grundpflegebedarf der Klägerin von 201 Minuten sei aber das für die Pflegestufe III erforderliche Zeitfenster von mindestens 240 Minuten im Zeitraum bis Juni 2008 nicht erreicht. Der Beklagte sei an die gesetzlichen Vorgaben des § 64 SGB XII i.V.m. den §§ 15 ff. SGB XI gebunden und könne sich darüber nicht aus Billigkeitserwägungen oder ganzheitlichen Überlegungen, wie von Dr. angeregt, hinwegsetzen.
Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 5. Juni 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Juni 2009 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hält das Gutachten des Sachverständigen Rau für nicht verwertbar, weil es keine Angaben zu den Schwankungen des täglichen Pflegebedarfs gemacht habe und somit das gesetzliche Erfordernis der Ermittlung eines Tagesdurchschnitts nicht erfüllt sei. Demgegenüber sei unter Zugrundelegung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. von einem durchschnittlichen Nachtpflegebedarf von 3 x 20 Minuten sowie von einem täglichen Zeitbedarf für die Nahrungsaufnahme von durchschnittlich zwei Stunden auszugehen; weitere zwei bis drei Stunden seien für die von der Nahrungsaufnahme ausgenommenen Bereiche der Hygiene einschließlich Stuhlgang, Urinieren, Körperwäsche, Waschen der Wäsche sowie der Mobilität erforderlich, sodass sich ein tagesdurchschnittlicher Pflegeaufwand von 5½ Stunden errechne. Auch die Gutachterin Schnabel habe festgestellt, dass der Umfang der Pflege im Juni 2007 schon genauso wie im Juli 2009 gewesen sei.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 29. August 2013 einen Teilvergleich geschlossen, in dem die Klägerin die Berufung auf die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 begrenzt und der Beklagte sich verpflichtet hat, über ein Pflegegeld nach dem Grad eines Schwerstpflegebedürftigen für den Monat Juni 2008 erneut zu entscheiden, sofern der vorliegende Rechtsstreit zugunsten der Klägerin endet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Mai 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2008 zu verurteilen, ihr in der Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 ein monatliches Pflegegeld nach dem Grad eines Schwerstpflegebedürftigen in Höhe von monatlich 665,00 Euro unter Anrechnung bereits gezahlter Pflegegeldleistungen zu gewähren, hilfsweise, ein Obergutachten nach § 412 ZPO einzuholen aufgrund der Unterschiede der Gutachten, und auch aufgrund der Stellungnahme der Zeugin Schnabel im Berufungsverfahren zum Beweis dafür, wie hoch der Pflegebedarf der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum war und in welcher Höhe ein Abzug für den Bedarf gleichaltriger nichtpflegebedürftiger Kinder von diesem zu ermittelnden Pflegebedarf vorzunehmen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Er hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Die näheren Bestimmungen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit seien in den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen über die Abgrenzung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit und der Pflegestufen sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Pflegebedürftigkeits-Richtlinien) zu finden. Die vorliegenden Gutachten entsprächen diesen Richtlinien mit Ausnahme des Gutachtens des Dr.
Während des Berufungsverfahrens hat die den von der Klägerin im Juni 2009 gestellten Höherstufungsantrag nach Einholung eines Gutachtens der Pflegefachkraft vom 25. August 2009, die einen Zeitaufwand für die Grundpflege von 181 Minuten (Körperpflege 30 Minuten, Ernährung 90 Minuten, Mobilität 61 Minuten) ermittelt hatte, zunächst abgelehnt (Bescheid vom 20. Oktober 2009). Nachdem sich die im Rahmen eines vor dem SG im Verfahren S 10 P 5446/10 geschlossenen Vergleichs zur Überprüfung verpflichtet hatte, hat sie von der Pflegefachkraft das Gutachten vom 23. August 2011 eingeholt; diese hat aufgrund des Hausbesuchs vom 8. August 2011 einen täglichen Grundpflegebedarf von 355 Minuten (Körperpflege 116 Minuten, Ernährung 105 Minuten, Mobilität 134 Minuten) sowie einen Zeitaufwand für die Hauswirtschaft von täglich 60 Minuten für gegeben erachtet und die Zuordnung zur Pflegestufe III ab Juni 2009 empfohlen. Die hat darauf, wie oben bereits ausgeführt, ab 1. Juni 2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe III bewilligt (Bescheid vom 26. September 2011).
Der Senat hat sodann nach Beiziehung der oben genannten Unterlagen der die Pflegefachkraft als sachverständige Zeugin schriftlich gehört. In ihrem am 5. Dezember 2012 mittels Telefax eingegangenen Schreiben hat sie dargelegt, dass der Umfang der Pflege im Juni 2007, als die Klägerin erst 23 Monate alt gewesen sei, nicht anders gewesen sei als im Juni 2009, wobei seinerzeit entsprechend der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) noch hohe Zeiten für die Versorgung gesunder gleichaltriger Kinder in Abzug zu bringen und deshalb die Voraussetzungen für die Pflegestufe III noch nicht erfüllt gewesen seien. Sie stimme mit den Schlussfolgerungen im Gutachten des Sachverständigen Rau überein, weil zum Zeitpunkt von dessen Begutachtung bei der damals erst knapp dreijährigen Klägerin die Zeitabzüge im Vergleich zu einem gleichaltrigen gesunden Kind noch sehr hoch gewesen seien.
Der Senat hat außerdem vom SG die Klageakte des Verfahrens S 10 P 5446/10 sowie von der weitere Aktenteile, die dortigen Verfahren auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit betreffend, beigezogen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogenen Akten und Unterlagen, die Klageakte des SG (S 4 SO 869/08) sowie die Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 und 2 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG); die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG greifen nicht ein. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Mit Blick auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29. August 2013 geschlossenen Teilvergleich sowie dem darauf von der Klägerin gestellten Sachantrag geht es ihr im vorliegenden Berufungsverfahren nur noch um ein höheres als das vom Beklagten zugestandene Pflegegeld im Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008, welches sie entsprechend der erstrebten Zuordnung zum Grad der Schwerstpflegebedürftigkeit über die monatlich bewilligten 410,00 Euro hinaus in Höhe von insgesamt 665,00 Euro (also monatlich weiteren 255,00 Euro) gezahlt haben möchte. Insoweit handelt es sich um einen eigenständigen - von den übrigen im Leistungskatalog der Hilfen zur Pflege enthaltenen Leistungsarten - abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. April 2013 - B 8 SO 8/12 R - (juris; Rdnr. 13)), den die Klägerin zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) verfolgt. Streitgegenständlich ist lediglich der - den Bescheid vom 17. Juli 2007 ersetzende und ihn damit erledigende (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch) - Bescheid vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2008. Der Beklagte, der die streitbefangenen Bescheide erlassen hat, ist auch der richtige Klagegegner. Er war ferner in der fraglichen Zeit der örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger (§ 97 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII - AGSGB XII - vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 534) ), denn die Klägerin hatte im streitbefangenen Zeitraum noch ihren Wohnsitz in der Stadt Rastatt und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten; eine Heranziehung der Stadt (vgl. § 99 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 AGSGB XII) war nicht erfolgt. Ferner greift der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII bereits deswegen nicht ein, weil die AOK wegen der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB XI a.F. erforderlichen Vorversicherungszeit die Gewährung von Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung zunächst abgelehnt und derartige Leistungen erst nach einer Rechtsänderung (vgl. § 33 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII i.d.F. des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874)) ab 1. Juli 2008 bewilligt hat. Indessen vermag die Klägerin der Sache nach mit ihrem Begehren auf ein höheres Pflegegeld auch im Berufungsverfahren nicht durchzudringen; das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlagen des erhobenen Anspruchs sind die §§ 61, 64 SGB XII i.V.m. § 19 Abs. 3 SGB XII. Nach der letztgenannten Bestimmung ist die Hilfe zur Pflege von der Bedürftigkeit des Leistungsberechtigten abhängig, wobei bei minderjährigen, unverheirateten Kindern grundsätzlich auch das Einkommen und Vermögen von deren Eltern heranzuziehen ist. Die Aufbringung der Mittel war der Klägerin und ihren Eltern in der streitbefangenen Zeit nicht zuzumuten (vgl. hierzu §§ 85 ff., § 90 SGB XII), weil sie und ihre Eltern - wie die zu den Akten gelangten Unterlagen zeigen - in der genannten Zeit als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten haben und ferner einsetzbares Vermögen nicht vorhanden war. Dies wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen, der in den streitgegenständlichen Bescheiden das der Klägerin zugestandene Pflegegeld nach der Pflegestufe II in voller Höhe bewilligt hat. Die Klägerin ist Leistungsberechtigte im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 SGB XII; auch darüber bestehen unter den Beteiligten keine Meinungsverschiedenheiten. Die Klägerin, die u.a. an einer ererbten neuromuskulären Erkrankung leidet, ist infolgedessen in ihrer Bewegungsfähigkeit massiv eingeschränkt und deshalb ohne jeden Zweifel auf Dauer in erheblichem Maß auf Hilfe für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verpflichtungen im Ablauf des täglichen Lebens angewiesen. Sie kann weder stehen noch gehen, die Wirbelsäule nicht selbständig aufrechthalten und die Kopfhaltung nur kurze Zeit selbständig kontrollieren; darüber hinaus ist sie krankheitsbedingt nicht in der Lage, ihre Position im Liegen selbständig zu verändern, ferner ist die Halte- und Greiffunktion der Hände deutlich abgeschwächt. Es besteht fraglos ein im Vergleich zu gesunden gleichaltrigen Kindern zusätzlicher Pflegebedarf (§ 64 Abs. 4 SGB XII). Indessen kann die Klägerin ein höheres als das vom Beklagten bewilligte Pflegegeld in der vorliegend umstrittenen Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 nicht beanspruchen, weil in diesem Zeitraum die gesetzlichen Voraussetzungen für den Pflegegrad eines Schwerstpflegebedürftigen nicht vorgelegen haben.
Gemäß § 64 Abs. 3 SGB XII erhalten Schwerstpflegebedürftige, also die Pflegebedürftigen, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld in Höhe des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI, d.h. entsprechend der in der sozialen Pflegeversicherung so genannten Pflegestufe III. Demgegenüber erhalten Pflegebedürftige, die bei den Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tagesszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (Schwerpflegebedürftige), nach § 64 Abs. 2 SGB XII ein Pflegegeld in Höhe des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI (also entsprechend der Pflegestufe II). Für das Pflegegeld für erheblich Pflegebedürftige reicht ein Hilfebedarf mindestens einmal täglich unter den in § 64 Abs. 1 SGB XII näher geregelten Voraussetzungen aus.
Obwohl in § 64 SGB XII - im Gegensatz zu § 15 Abs. 3 SGB XI - nicht ausdrücklich genannt, hängt auch im Rahmen der Hilfe zur Pflege die Gewährung und die konkrete Höhe des Pflegegeldes nicht nur von der Häufigkeit des Hilfebedarfs, sondern darüber hinaus vom täglichen Zeitaufwand ab, der für die erforderliche Hilfe benötigt wird. Das folgt aus der Bestimmung des § 61 Abs. 6 SGB XII (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022)), welche auf die Richtlinien der Pflegekassen nach § 17 SGB XI verweist (vgl. H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage, § 64 Rdnr. 7; Meßling in jurisPK-SGB XII, § 64 Rdnrn. 8, 25 (Stand: 05.01.2011); Krahmer/Sommer in LPK-SGB XII, 9. Auflage, § 64 Rdnr. 1; ferner schon Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht FEVS 49, 175); demnach sind die zur Bestimmung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit erlassenen Pflegebedürftigkeits-Richtlinien (hier in der Fassung vom 11. Mai 2006; abrufbar unter www.gkv-spitzenverband.de/ /richtlinien /richtlinien /PflRi 110506 Genehmigung.pdf) entsprechend anzuwenden. Die Pflegebedürftigkeits-Richtlinien wiederum sehen - in Übereinstimmung mit § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB XI - für die Abgrenzung der drei Pflegestufen (vgl. Ziff. 4.1.1 ff.) einen zeitlichen Mindestaufwand vor; hiernach muss der wöchentliche Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht professionell tätige Pflegeperson für die Versorgung des Pflegebedürftigen benötigt, bei der Pflegestufe III im Tagesdurchschnitt (gemeint ist: "täglich im Wochendurchschnitt", vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr. 1; SozR 3-3300 § 14 Nr. 10; BSGE 110, 214 =SozR 4-3300 § 15 Nr. 5 (jeweils Rdnr. 11)) mindestens fünf Stunden (bei der Pflegestufe II drei Stunden) betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens vier Stunden (bei der Pflegestufe II mindestens zwei Stunden) entfallen müssen. Über die Katalogfälle des § 61 Abs. 5 SGB XII hinaus können wegen der Öffnungsklausel des § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für die vorgenannten drei Pflegegrade auch andere Verrichtungen zu berücksichtigen sein, wenn sie sich den Bereichen der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität zurechnen lassen (H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., Rdnr. 7; Meßling in jurisPK-SGB XII, a.a.O., Rdnr. 26; Krahmer/Sommer in LPK-SGB XII a.a.O.).
Hinsichtlich der Zuordnung pflegebedürftiger Kinder zu einem der vorbezeichneten Pflegegrade (oder andersgenannt Pflegestufen) ist darüber hinaus die bereits oben erwähnte Bestimmung des § 64 Abs. 4 SGB XII zu beachten, die inhaltlich weitestgehend mit § 15 Abs. 2 SGB XI übereinstimmt (vgl. hierzu auch BSG SozR 3-2500 § 53 Nr. 7); die hierzu durch die Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe sind deshalb auch bei der sozialhilferechtlichen Hilfe zur Pflege heranzuziehen (vgl. Meßling in jurisPK-SGB XII, a.a.O., Rdnr. 43). Der von Gesetzes wegen gebotene Vergleich mit gesunden gleichaltrigen Kindern stellt keine Schlechterstellung gegenüber Erwachsenen dar, denn damit ist lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass Kinder, insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, einen natürlichen, altersentsprechenden Pflegebedarf haben (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 9; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., Rdnr. 14); bei Kindern kann mithin im Rahmen der Hilfe zur Pflege nur ein krankheits- und behinderungsbedingter Pflegemehraufwand berücksichtigt werden. Wegen der Verweisung in § 61 Abs. 6 SGB XII auf § 17 SGB XI können zur Ermittlung des Pflegemehraufwands für Kinder die Begutachtungs-Richtlinien herangezogen werden (vgl. H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., Rdnr. 15; Meßling in jurisPK-SGB II, a.a.O., Rdnr. 44;); diese haben zwar keinen Rechtssatzcharakter, sind jedoch - soweit sie sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen halten - als Konkretisierung des Gesetzes zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen zu beachten (vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr. 1). Die Begutachtungs-Richtlinien, die derzeit in der Fassung vom 8. Juni 2009 vorliegen (abrufbar z.B. unter www.mds-ev.de/media/pdf/BRi Pflege 090608.pdf), sehen unter Abschnitt D 4.0 III Nr. 9 - insoweit unverändert zu den Begutachtungs-Richtlinien in der Fassung vom 11. Mai 2006 (abrufbar unter www.mdk.de/media/pdf/Begutachtungsrichtlinien screen.pdf) - einen Zeitwertekatalog hinsichtlich des tatsächlichen Grundpflegebedarfs von Kindern vor; da die dortigen Abzugswerte für gesunde Kinder der täglichen Praxis der Kindererziehung und Kinderpflege entnommen und damit empirisch gesichert sind (vgl. BSGE 110, 214 = SozR 4-3300 § 15 Nr. 5 (jeweils Rdnr. 13)), bestehen grundsätzlich keine Bedenken, sie auch im Rahmen der sozialhilferechtlichen Hilfe zur Pflege zu übernehmen.
Unter Beachtung der vorstehend aufgezeigten Maßstäbe vermag die Klägerin ihr vorliegendes Begehren auf ein höheres Pflegegeld nicht mit Erfolg durchzusetzen. Zwar ist die häusliche Pflege durch die Eltern der Klägerin sichergestellt (vgl. hierzu § 64 Abs. 5 Satz 1 SGB XII), wobei insoweit unerheblich ist, dass der Kinderkrankenpflegedienst im streitbefangenen Zeitraum neben der Behandlungspflege in den Zeiten seiner Anwesenheit (3 x wöchentlich zwei Stunden) auch Grundpflegeleistungen im Sinne der §§ 61, 64 SGB XII - nach Mitteilung des Sachverständigen Rau die vollständige Übernahme des Windelnwechsels, der Intimhygiene und der Entsorgung nach der Darm- und Blasenleerung, die vollständige Übernahme des mundgerechten Zubereitens der Nahrung, die teilweise Übernahme der Aufnahme der Nahrung - übernommen hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 25. April 2013 a.a.O. (Rdnr. 17); H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., Rdnr. 16; Meßling in jurisPK-SGB XII, a.a.O., Rdnr. 33). Zu Recht hat der Beklagte der Klägerin im Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 indes lediglich ein Pflegegeld für Schwerpflegebedürftige nach § 64 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB XII bewilligt; der insoweit monatlich gewährte Betrag von 410,00 Euro ergibt sich aus § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI (in der bis 30. Juni 2008 maßgeblichen Fassung des Art. 1 des Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3728)). Ein höheres als dieses Pflegegeld steht der Klägerin in der streitbefangenen Zeit, in der sie gerade zwischen 1 Jahr und 11 Monate und 2 Jahre und 10 Monate alt war, nicht zu, weil sie in dieser Zeit die Voraussetzungen für eine Schwerstpflegebedürftigkeit im Sinne des § 64 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 SGB XII nicht erfüllt hat. Eine Zuordnung zu diesem Pflegegrad vermag sie nicht schon deswegen zu beanspruchen, weil sie als schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 100 sowie den Merkzeichen "G", "B" und "H" anerkannt ist (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 9).
Die Klägerin hat ihren tagesdurchschnittlichen Pflegebedarf (vgl. Schriftsatz vom 30. September 2009) selbst auf 5½ Stunden geschätzt. Diese Einschätzung entspricht indes ziemlich genau der Bewertung des Zeitaufwands für die Pflege der Klägerin durch den Sachverständigen. Sein Gutachten vom 24. Juli 2008, das der Sachverständige, ausgebildeter Krankenpfleger mit einer Weiterbildung zum unabhängigen Pflegesachverständigen im Gesundheitswesen, zeitnah zum streitbefangenen Zeitraum erstattet hat, basiert auf seiner Beobachtung und Untersuchung der Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung am 5. Juni 2008, seiner einschlägigen beruflichen Erfahrung und Sachkunde sowie den von ihm ausgewerteten Akten, der beigezogenen Pflegedokumentation des Kinderkrankenpflegedienstes und den mündlichen Angaben des Vaters; die Eltern der Klägerin, die im Übrigen bereits zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs am 7. November 2007 anwaltlich vertreten war, haben in der fraglichen Zeit kein detailliertes Pflegetagebuch geführt. Der Sachverständige hat den gesamten Grundpflegebedarf der Klägerin in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität auf insgesamt 339 Minuten (= 5 Stunden und 39 Minuten) errechnet. Er hat als pflegeerschwerende, in die Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung einfließende Faktoren die krankheitsbedingte Fehlstellung der Extremitäten sowie darüber hinaus zutreffend berücksichtigt, dass die Klägerin verrichtungsbezogener krankheitsspezifischer Pflegemaßnahmen bedarf, weil nach dem Aufstehen manuelle Vibrationsmaßnahmen zur Mobilisierung der Schleimansammlung in der Lunge erforderlich sind (analog dem Abklopfen bei an Mukoviszidose erkrankten Kindern) und darüber hinaus ein Stützkorsett (Wirbelsäulen-Orthese) angelegt werden muss; diesen aus medizinisch-pflegerischen Gründen erforderlichen verrichtungsbezogenen Bedarf (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 12/98 R - (juris)) im Bereich der Mobilität hat er im Gutachten vom 24. Juli 2008 mit einem separaten Zeitfaktor von 14 Minuten für die Thoraxmobilisation sowie von weiteren jeweils zwei Minuten für das An- und Ausziehen des Wirbelsäulen-Stützkorsetts berücksichtigt. Vom Hilfebedarf der Klägerin hat der Sachverständige aber zu Recht, was jene nicht beachtet haben dürfte, Zeitabzüge für den Hilfebedarf gesunder gleichaltriger Kinder vorgenommen. Der Sachverständige hat insoweit den für den normalen Pflegeaufwand eines gesunden Kindes in der Altersgruppe der Zwei- bis Dreijährigen günstigsten Abzugswert der "Tabelle zum Pflegeaufwand eines gesunden Kindes in Minuten pro Tag" in Abschnitt D 4.0 III Nr. 9 der Begutachtungs-Richtlinien (138 Minuten) angesetzt; diese Tabelle sieht in der genannten Altersgruppe (ohne Hilfen beim Treppensteigen) Rahmenwerte von 169 bis 138 Minuten sowie bei der Altersgruppe der Eineinhalb- bis Zweijährigen Rahmenwerte von 208 bis 169 Minuten vor. Unter Berücksichtigung des Ausgangswerts von 339 Minuten sowie des für die Klägerin günstigsten Abzugswerts von 138 Minuten ist der Sachverständige Rau zu einem krankheits- und behinderungsbedingten Mehrbedarf für die Grundpflege von 201 Minuten gekommen, wobei nach seinen Ausführungen auf die Körperpflege 31 Minuten, die Ernährung 94 Minuten und die Mobilität 76 Minuten entfallen sind. Der errechnete Mehrbedarf von 201 Minuten ist indessen ein Wert, mit dem der für den Grad der Schwerstpflegebedürftigkeit erforderliche zeitliche Mindestaufwand von 240 Minuten (= 4 x 60 Minuten) bei Weitem nicht erreicht ist. Weitaus ungünstiger für die Klägerin wäre es im Übrigen, wenn bei ihr - gemäß der neueren Rechtsprechung des BSG zur sozialen Pflegeversicherung (vgl. BSGE 110, 214 = SozR 4-3300 § 15 Nr. 1) - wegen der stärkeren Ausdifferenzierung der neuen Zeitkorridore in den Begutachtungs-Richtlinien 2006/2009 in der Zeit vom 18. Juli 2007 bis 31. Mai 2008 entsprechend der Altersgruppe der zwei- bis dreijährigen Kinder ein Mittelwert von 154 Minuten und in der Zeit vom 1. Juni bis 17. Juli 2007 entsprechend der Altersgruppe der Eineinhalb- bis Zweijährigen gar ein Mittelwert von 189 Minuten für die Grundpflege gesunder Kinder in Abzug gebracht würde.
Ein höherer Ausgangswert und daraus folgend ein höherer Mehrbedarf der Klägerin in der Grundpflege lässt sich für die streitbefangene Zeit auch sonst nicht feststellen. Ein Pflegetagebuch, mit dem der Hilfebedarf und ggf. ein im Einzelfall von den Begutachtungs-Richtlinien abweichender Mehrbedarf ermittelt werden könnte, wenn dieses anhand konkreter Zeitmessungen erstellt ist (vgl. BSG 4-3300 § 15 Nr. 1), haben die Eltern der Klägerin - wie bereits oben dargestellt - nicht geführt. Der Senat folgt deshalb dem - nach sorgfältiger Erhebung des für die Pflege der Klägerin erheblichen Aufwands sowie unter Beachtung der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit maßgeblichen Kriterien - zeitnah erstatteten Gutachten des Sachverständigen; die gegen dieses Gutachten erhobenen pauschalen Einwände der Klägerin sind in Anbetracht der oben dargestellten Sach- und Rechtslage nicht nachvollziehbar. Dem vom SG bei Dr. nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 8. Dezember 2008, auf das sich die Klägerin bezogen hat, vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen; dieses Gutachten ist zur Feststellung des pflegerischen Hilfebedarfs der Klägerin als Beweismittel nicht geeignet, ebenso wenig wie seine Angaben im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 28. Mai 2009, weil im Gutachten keinerlei nachvollziehbare Zeitansätze enthalten sind und ferner der von diesem Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung geschätzte Zeitaufwand von fünf bis sechs Stunden täglicher Pflege nicht erkennen lässt, ob überhaupt und welche Maßstäbe er mit Blick auf den gesetzlich gebotenen Vergleich zu einem gesunden, gleichaltrigen Kind angelegt hat. Das ebenfalls zeitnah auf Veranlassung des Beklagten erstattete Gutachten der Pflegefachkraft vom 31. Januar 2008, das vom Senat - wie auch die weiteren im Verwaltungsverfahren vom Beklagten und der in Auftrag gegebenen Gutachten - urkundenbeweislich zu verwerten ist, ist im Übrigen hinsichtlich der Bereiche der Körperpflege (28 Minuten) und der Ernährung (90 Minuten) zu ähnlichen Werten wie der Sachverständige Rau gekommen; dort sind jedoch im Bereich der Mobilität (58 Minuten) die vom Sachverständigen zu Recht angesetzten verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nicht ausgewertet. Dasselbe gilt für das Gutachten der Ärztin des Gesundheitsamts Dr. vom 8. Oktober 2007, die für die Mobilität lediglich 55 Minuten berücksichtigt hat. Deren Einschätzung zum Mehrbedarf im Bereich der Ernährung (118 Minuten) ist indes, worauf der Sachverständige zutreffend hingewiesen hat, mangels detaillierter Ausarbeitung des Zeitaufwandes für die mundgerechte Zubereitung und die Nahrungsaufnahme - es ist insoweit im Gutachten nur von einer Häufigkeit des Hilfebedarfs jeweils drei bis viermal täglich die Rede - nicht schlüssig; ein Mehrbedarf in einem solchen Ausmaß für den Bereich der Ernährung findet sich auch in keinem der sonstigen im Gerichts- und Verwaltungsverfahren erhobenen, verwertbaren gutachtlichen Äußerungen. Die vom Senat als sachverständige Zeugin schriftlich befragte Pflegefachkraft Schnabel ist zwar in ihrem für die AOK erstellten Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 23. August 2011 bei der Klägerin, bei der zwischenzeitlich eine weitere Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit einer nach häufigen Lungenentzündungen seit einem Krankenhausaufenthalt im Juli 2010 erforderlich gewordenen CPAP-Maskenbeatmung eingetreten ist, zu einem Grundpflegemehrbedarf von insgesamt 335 Minuten (Körperpflege 116 Minuten, Ernährung 105 Minuten, Mobilität 134 Minuten) rückwirkend ab Juni 2009 gekommen, wobei sie als Erschwernisfaktoren die fehlende Körperspannung, die respiratorische Insuffizienz sowie Schluckstörungen berücksichtigt hat; sie ist deshalb von dem Gutachten vom 25. August 2009 abgerückt, die dort ohne Berücksichtigung von Erschwernisfaktoren einen Mehrbedarf in der Grundpflege von lediglich 181 Minuten errechnet hatte. Gleichwohl hat die Zeugin in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 5. Dezember 2012 ausdrücklich ihre volle Übereinstimmung mit den Bewertungen des Sachverständigen bekundet, der im Übrigen anlässlich seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 28. Mai 2009 wegen der bei der Klägerin rasch fortschreitenden Krankheit selbst von der Pflegestufe III ab etwa dem vierten Lebensjahr (Juli 2009) ausgegangen ist. Die sachverständige Zeugin Schnabel hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Zeitaufwand bei einem vierjährigen gesunden Mädchen gerade in den Bereichen Ausscheidungen bei der Körperpflege, Nahrungsaufnahme bei der Ernährung und Gehen/Stehen bei der Mobilität unter Beachtung des oben aufgezeigten Zeitwerte-Katalog der Begutachtungs-Richtlinien wesentlich geringer anzusetzen ist als bei einem dreijährigen und erst recht bei einem noch jüngeren Kind, wie es die Klägerin im Juni 2007 mit ihrem Lebensalter von damals erst 23 Monaten war.
Den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 29. August 2013 gestellten Hilfsanträgen war nicht nachzugehen, wobei vorliegend dahinstehen kann, ob die dort formulierten Beweisanträge überhaupt prozessordnungsgemäß bezeichnet sind (vgl. hierzu BSG SozR 4-1500 § 160a Nrn. 3, 21). Eines "Obergutachtens" zur Ermittlung des Pflegebedarfs der Klägerin in der streitbefangenen Zeit bedurfte es nicht, weil das Gutachten des Pflegesachverständigen sorgfältig erhoben, zeitnah erstellt sowie unter Beachtung der für die Feststellung einer Pflegebedürftigkeit maßgeblichen Kriterien überzeugend begründet ist. Gerade an der Beachtung dieser Maßstäbe mangelt es indessen dem Gutachten des Dr., das deshalb - wie oben bereits ausgeführt - als Beweismittel ungeeignet ist. Die Würdigung sämtlicher im Verlauf des Verfahrens erhobenen gutachtlichen Äußerungen zum Pflegebedarf der Klägerin in der streitbefangenen Zeit ergibt vielmehr, dass der Grad der Schwerstpflegebedürftigkeit seinerzeit noch nicht erfüllt gewesen ist. Ohne dass es hierauf noch ankäme, sei aber dennoch darauf hingewiesen, dass eine neuerliche Begutachtung der Klägerin für die hier streitbefangene Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 als Beweismittel von vornherein untauglich ist, nachdem - wie bereits ausgeführt - eine Pflegetagebuch durch die Eltern der Klägerin nicht geführt worden ist und deshalb in Anbetracht der verstrichenen Zeit für ein solches Gutachten hinreichende Ansatzmöglichkeiten fehlen. Dem Hilfsantrag auf Ermittlung des für den Pflegebedarf gleichaltriger nichtpflegebedürftiger Kinder vorzunehmenden Abzugs war schon deswegen nicht zu folgen, weil diese Rechtstatsache durch das vorstehend wiederholt erörterte Urteil des BSG vom 15. März 2012 - B 3 P 1/11 R - (BSGE 110, 214 = SozR 4-3300 § 15 Nr. 5) bereits geklärt ist.
Nach allem scheitert der vorliegend erhobene Anspruch schon daran, dass der für die Schwerstpflegebedürftigkeit erforderliche Zeitaufwand bei der Klägerin in der streitbefangenen Zeit nicht erreicht ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).