Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleiches 1. Kl. (Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten) hat.

Bei dem am ... geborenen Kläger sind als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) folgende Gesundheitsstörungen anerkannt:

"Verlust des rechten Auges, Fehlstellung der Unterlidkante rechts mit Auswärtswendung des Tränenpünktchens. Chronische Mittelohrschleimhauteiterung rechts bei großer Trommelfellperforation rechts und narbigen Trommelfellveränderungen links. Hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit rechts, leicht- bis mittelgradige kombinierte Schwerhörigkeit links, Schädigung des Gleichgewichtsorgans. Speichennervenlähmung und distale Mittel- und Ellennervenschädigung rechts. Distale Ellennervenschädigung links. Zahlreiche kleine Granatsplitterchen in den vorderen rechten oberen und linken unteren Halsweichteilen, in den linksseitigen Schulterweichteilen, in den Ober- und Unterarmweichteilen rechts und links und in der rechten Hand. Mittelnervenschädigung links, leichte Mundwinkelschwäche rechts als Zustand nach leichter Facialisparese nach Ohrenoperation." (Bescheid des Versorgungsamts Ravensburg über die Neubezeichnung der Schädigungsfolgen vom 30.01.2001).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hierfür beträgt 100 v.H. Als Nachteilsausgleiche im Sinne des Schwerbehindertenrechts wurden in der Vergangenheit die Nachteilsausgleiche RF und G festgestellt. Der Antrag des Klägers vom 28.05.1999 auf Feststellung des Nachteilsausgleiches 1. Kl. wurde vom Versorgungsamt Ravensburg (VA) mit Bescheid vom 16.06.1999 abgelehnt; Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidung wurden nicht eingelegt.

Im September 2000 beantragte der Kläger die Feststellung der Nachteilsausgleiche B (Notwendigkeit ständiger Begleitung) und aG (außergewöhnliche Gehbehinderung). Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen, insbesondere dem Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S., R., vom 25.09.2000, lehnte das VA den Antrag mit Bescheid vom 10.10.2000 ab. Dagegen legte der Kläger insbesondere unter Hinweis auf seine Gleichgewichtsstörungen am 26.10.2000 Widerspruch ein und machte zudem geltend, er hielte es auch für angemessen, wenn ihm der Nachteilsausgleich 1. Kl. zugebilligt werden würde, um wenigstens zu einem kleinen Teil einen Nachteilsausgleich für die Vielzahl der schweren Kriegsverletzungen zu erhalten. Der Kläger legte den Kurbericht der Versorgungskuranstalt B. W. vom 06.04.2000 über seinen stationären Aufenthalt vom 09.02. bis 22.03.2000 vor. Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2000 zurück.

Am 07.02.2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung des Nachteilsausgleiches 1. Kl. und brachte hierzu vor, die Fahrt in der 1. Wagenklasse, die er sich aber - nachdem er nicht mehr berufstätig sei - nicht mehr leisten könne, wäre eine große Erleichterung für ihn. Die Unterbringung in der 1. Wagenklasse sei bei ihm nicht nur wegen der Vielzahl der anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich. Es müsse ein Sitzplatz gewährleistet sein. Gedränge bei vor allem fahrenden Zügen führe zu Stürzen. Medizinaldirektorin K. vom Ärztlichen Dienst des VA führte zum Antrag des Klägers aus, dieser gehöre nicht zum geschützten Personenkreis und könne ihm auch nicht gleichgestellt werden. Es sei hier ein "strenger Maßstab" anzulegen. Mit Bescheid vom 08.05.2002 lehnte das VA den Antrag ab.

Dagegen legte der Kläger am 16.05.2002 Widerspruch ein, mit dem er - bezogen auf den Nachteilsausgleich 1. Kl. - geltend machte, dass seine Hände und Arme häufig versagten, ja immer wieder völlig die Dienste verweigerten, sodass er nichts fassen bzw. halten könne. Ferner leide er infolge der zahlreichen Granatsplitter unter fortdauernden Schmerzen. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2002 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch zurück. Nach der eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Gleichstellung des Klägers mit dem berechtigten Personenkreis unter Anlegung des geforderten strengen Maßstabes nicht vor.

Am 06.09.2002 (S 1 SB 1701/02) erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Mit Beschluss vom 30.10.2002 verband das SG diese Klage mit einem anderen Rechtsstreit (S 1 SB 78/01), in dem es um die Merkzeichen B und aG ging, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Der Kläger schilderte seine Kriegsverletzungen und deren Auswirkungen im Einzelnen und brachte vor, sehr viele Kriegsschäden - darunter zahlreiche Narben sowie große Schmerzen infolge der vielen Splitter im Körper - seien vom Beklagten nicht anerkannt worden. Bei der Vielzahl der Behinderungen und der Schwere der Kriegsleiden sei der Nachteilsausgleich 1. Kl. gerechtfertigt. Die dauernden und erheblichen Schmerzen machten dies notwendig. Mehr Platz in der Bahn und bequemere, weiche Sitze wären eine Erleichterung. Der Kläger legte die Kurberichte der Versorgungskuranstalt B. W. vom 22.05.2001 und 27.06.2002 sowie das für die B. Krankenversicherung zur Frage der Pflegebedürftigkeit erstattete hausärztliche Gutachten von Dr. S. vom 02.07.2000 vor. Der Beklagte anerkannte mit Bescheid vom 07.02.2003 ab 28.09.2000 den Nachteilsausgleich B, trat den Klagen aber im Übrigen entgegen. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.12.2002 führte Dr. K. aus, es sei nicht davon auszugehen, dass der auf den Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand des Klägers bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordere, wenn man sich die diesbezüglichen Anmerkungen im Kommentar zum Schwerbehindertenrecht von Rohr/Sträßer vor Augen halte. Der Kläger zähle auch nicht zu dem in Nr. 34 Abs. 2, S. 2 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) näher bezeichneten Personenkreis.

Das SG zog das in einem anderen Rechtsstreit vor dem SG (S 2 P 1872/00) eingeholte Pflegegutachten von Frau Dr. B. vom 27.06.2001 und deren ergänzende Stellungnahme vom 03.09.2001 bei und machte das im Verwaltungsverfahren nach dem BVG erstellte HNO-ärztliche Gutachten von Prof. Dr. M., Bundeswehrkrankenhaus U., vom 27.08.2001 zum Gegenstand des Rechtsstreits. Mit Gerichtsbescheid vom 07.10.2003 verurteilte das SG den Beklagten, dem Kläger die Nachteilsausgleiche aG und 1. Kl. zuzuerkennen. Zum Nachteilsausgleich 1. Kl. führte es aus, die multiplen und komplexen Funktionseinschränkungen beim schwerkriegsbeschädigten Kläger rechtfertigten die besonderen Vorzüge der 1. Bahnwagenklasse, insbesondere den wesentlich größeren Abstand zwischen gegenüberliegenden Sitzen als in der 2. Klasse. Dadurch könnten anhaltende bzw. wiederkehrende Beschwerden während des Reisens gelindert oder vermieden werden. Zu diesem Ergebnis gelange die Kammer hier auch dann, wenn ein "strenger Maßstab" angelegt werde, weil die gravierende Gesamtbehinderung des Klägers besonders günstige Sitzverhältnisse bei Bahnfahrten geboten sein lasse.

Gegen den ihm am 15.10.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 24.10.2003 Berufung eingelegt, mit der er sich nach Rücknahme der den Nachteilsausgleich aG betreffenden Berufung nur noch gegen die Verurteilung zur Anerkennung des Nachteilsausgleichs 1. Kl. wendet. Er macht geltend, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches 1. Kl. seien beim Kläger nicht erfüllt. Bei deren Beurteilung sei allein der auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand maßgebend, sodass die verschiedenen, zum Teil schwerwiegenden schädigungsunabhängigen Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers außer Acht zu bleiben hätten. Mit dem auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhenden körperlichen Zustand lasse sich aber die Notwendigkeit der Benutzung der 1. Wagenklasse nicht begründen. Die Gewährleistung eines Sitzplatzes und das Bedürfnis, Menschengedränge und -geschiebe zu entgehen, stelle kein ausreichendes Kriterium dar. Vielmehr bestünden die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme technischer Vorzüge bzw. der Sonderausstattung der 1. Wagenklasse (etwa größerer Abstand zwischen den gegenüberliegenden Sitzen, bessere Sitzpolsterung) ausschließlich in besonderen Bedürfnissen durch die schädigungsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen. Der Beklagte legt hierzu die versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 20.10.2003, 23.12.2003, 04.05.2004, vom 11.06.2004 und 19.08.2005 vor.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Oktober 2003 hinsichtlich der Verurteilung zur Zuerkennung des Nachteilsausgleiches 1. Kl. aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf seine schweren Kriegsschäden und die dadurch bedingten starken Schmerzen. Er sei Schwerkriegsbeschädigter mit einer MdE von 100 v.H., erfülle also die Voraussetzung einer MdE von 70 v.H. Insbesondere aufgrund seiner konstanten Schmerzen sei eine Unterbringung in der 1. Wagenklasse mit größeren Räumlichkeiten, bequemeren Sitzen und einer besseren Polsterung der Sitze erforderlich. Auch sei das Gedränge hier erheblich geringer. Ferner sei der Nachteilsausgleich aufgrund der ständigen Fallneigung und den größeren Toiletten in der 1. Wagenklasse erforderlich. Zudem sei er inzwischen schwer herzkrank. Am 02.03.2004 habe er sich einer Herzoperation unterziehen müssen. Hierzu legt der Kläger verschiedene Klinikberichte, insbesondere den Bericht der Universitätsklinik M. vom 04.03.2004 (RIVA-PTCA und Stentimplantation am 02.03.2004 aufgrund instabiler Angina pectoris bei coronarer Zweigefäßerkrankung) und die Berichte des Diabeteszentrums M. vom 16.03.2004 und des C.-Krankenhauses B. M. vom 01.04.2004 über stationäre Aufenthalte des Klägers, vor. Ferner beruft sich der Kläger auf das Gutachten von Dr. S. vom 06.10.2004, in dem die Schädigungsfolgen des Klägers und seine sonstigen Erkrankungen beschrieben sind und ihm Pflegebedürftigkeit attestiert wird.

Der Senat hat Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat am 03.12.2003 unter Übersendung weiterer ärztlicher Unterlagen (Klinikberichte des Stiftungskrankenhauses S. vom 20.06.2003 und 16.07.2003, Kurbericht vom 26.11.2003) angegeben, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich seit September 2000 verschlimmert. Hinzugekommen seien Schmerzen im Bereich der rechten Gesichtshälfte und des rechten Kniegelenks sowie in beiden Vorfüßen. Die Beschwerden an beiden Armen hätten sich verschlimmert. Darüber hinaus bestünden schmerzbedingte Schlafstörungen und eine allgemein verminderte Belastbarkeit. Im Rahmen einer erneuten schriftlichen Befragung hat Dr. S. am 28.07.2005 den Krankheits- und Behandlungsverlauf seit 03.12.2003 geschildert und ausgeführt, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich seit Dezember 2003 verschlimmert. Dies gelte insbesondere für die Schädigungsfolgen. Er sei dadurch im Alltag stark eingeschränkt und teilweise sogar hilflos, was Verrichtungen des alltäglichen Lebens angehe. Er sei auf die ständige Anwesenheit und Hilfe seiner Lebenspartnerin angewiesen. Die Unsicherheit beim Gehen habe deutlich zugenommen und es bestehe eine ständige Fallneigung. Der Kläger könne ohne Stock nicht gehen. Darüber hinaus bestehe inzwischen auch eine Herzerkrankung, sodass sich auch hinsichtlich seiner kardialen Leistungsfähigkeit eine weiterführende Verschlechterung ergeben habe. Dr. S. hat hierzu Klinikberichte und den Kurentlassungsbericht der Kurklinik L., B. D., vom 29.06.2005 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Akten des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG frist- sowie formgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Streitgegenstand ist (nur noch) die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 08.05.2002 (Widerspruchsbescheid vom 28.08.2002), mit dem der Beklagte die Feststellung des Nachteilsausgleiches 1. Kl. abgelehnt hat. Nicht mehr streitig sind die Nachteilsausgleiche B und aG; insoweit hat der Beklagte das Begehren des Klägers anerkannt und mittlerweile auch entsprechende Bescheide erlassen.

Zu Unrecht hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger den Nachteilsausgleich 1. Kl. zuzuerkennen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung dieses Nachteilsausgleiches.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Abs. 1 (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Hierzu gehört auch der Nachteilsausgleich 1. Kl., dessen Voraussetzungen in Ziffer 2.2. der Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG geregelt sind. Danach werden Schwerkriegsbeschädigte, deren Erwerbsfähigkeit durch die Leiden um mindestens 70 % gemindert ist und deren körperlicher Zustand eine ständige Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert in Zügen der Produktklasse C unentgeltlich in der 1. Wagenklasse auf den im Streckenverzeichnis zum Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragenen Strecken und in allen übrigen Zügen mit einer Fahrkarte zum Normalpreis für die 2. Wagenklasse in der 1. Wagenklasse befördert.

Gemäß Nr. 34 Abs. 2, S. 142 der AHP 2004 sind die Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Klasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten in der Regel als gegeben anzusehen, wenn unter Anlegung eines strengen Maßstabes festzustellen ist, dass der auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert. Bei schwerkriegsbeschädigten Empfängern der drei höchsten Pflegezulagestufen sowie bei Kriegsblinden, kriegsbeschädigten Ohnhändern und kriegsbeschädigten Querschnittsgelähmten wird das Vorliegen der Voraussetzungen unterstellt.

Zur Frage der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches 1. Kl. hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem grundlegenden Urteil vom 28.03.1984 (BSGE 56, 238 ff.) folgende Grundsätze aufgestellt: Da der Nachteilsausgleich allein Kriegsbeschädigten (in Form einer Sonderregelung) gewährt wird, müssen die anerkannten Schädigungsfolgen die ausschließliche Ursache der Beschwerden sein, die das Benutzen der 1. Klasse erfordern. Insoweit gilt also nicht die allgemeine versorgungsrechtliche Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung, die auch Mitbedingungen berücksichtigen lässt, wenn sie nicht bedeutsamer sind als die Schädigungsfolgen. Anderen Kriegsbeschädigten als den in Nr. 34 Abs. 2 Satz 2, S. 142 der AHP 2004 genannten Schwerkriegsbeschädigten kann bei einer MdE von wenigstens 70 v.H. dieser Nachteilsausgleich nur dann gewährt werden, wenn sie an annähernd ebenso schweren Funktionsbeeinträchtigungen leiden. Diese Funktionsbeeinträchtigungen müssen allerdings - im Unterschied zur Unterstellung in den Beispielsfällen - tatsächlich den Kriegsbeschädigten wegen ihres ähnlichen Ausmaßes, nicht notwendig wegen ähnlicher Art, gerade auf die regelmäßig allein in der 1. Wagenklasse gebotene Ausstattung angewiesen sein lassen. Der kriegsbedingte Funktionsausfall muss es bei Schwerkriegsbeschädigten notwendig machen, Abteile der 1. Klasse deshalb zu benutzen, weil deren technische Vorzüge, die allgemein die 2. Klasse nicht bietet, geeignet sind, nennenswerte Beschwerden zu verhindern oder beträchtlich zu mildern. Die Ausstattung der 1. Klasse muss im Unterschied zu derjenigen der 2. Klasse funktionsgerecht gerade im Hinblick auf die Schädigungsfolgen ansehnliche gesundheitliche Vorteile bieten. Auf das gesundheitlich begründete Bedürfnis, einem Menschengedränge und -geschiebe sowie einem Anstoßen durch andere auszuweichen, kann der geltend gemachte Anspruch grundsätzlich nicht gestützt werden.

Unter Beachtung dieser Regeln und Grundsätze, die auch im Hinblick auf die jetzt geltenden Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG Anwendung finden, steht dem Kläger der Nachteilsausgleich 1. Kl. nicht zu. Die gesundheitlichen Voraussetzungen dieses Nachteilsausgleiches wären demnach nur dann erfüllt, wenn der Kläger allein wegen seines auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhenden körperlichen Zustandes auf die Vorteile der 1. Wagenklasse angewiesen wäre. Nicht berücksichtigt werden können also seine schädigungsunabhängigen Leiden, insbesondere die Herzerkrankung und der Diabetes, die inzwischen zu einer - schädigungsunabhängigen - Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers geführt haben. Nicht maßgebend ist auch, ob der Kläger durch die kostenfreie Benutzung der 1. Wagenklasse - wie von ihm vorgebracht - einem geringeren Menschengedränge ausgesetzt ist und ihm größere Räumlichkeiten und Bequemlichkeiten die Bahnfahrt erleichtern. Auch die Größe der Toilette kann hier keine Rolle spielen. Entscheidend ist nach dem genannten Urteil des BSG allein, ob der Kläger bei Bahnfahrten schädigungsbedingt regelmäßig auf besonders günstige Sitzverhältnisse, die die 1. Wagenklasse im Unterschied zur 2. Klasse bietet, angewiesen ist, um nennenswerte Beschwerden zu verhindern oder beträchtlich zu mildern.

Dies vermag der Senat aber nicht festzustellen. Zum einen hat der Kläger schon nicht konkret geltend gemacht, dass und wegen welcher Schädigungsfolgen im Einzelnen die Sonderausstattung der 1. Wagenklasse, insbesondere die günstigeren Sitzverhältnisse (in Form von größerem Abstand zwischen den gegenüberliegenden Sitzen und besserer Polsterung) notwendig ist, um Beschwerden zu verhindern oder nennenswert zu mildern. Soweit der Kläger vorbringt, die Unterbringung in der 1. Wagenklasse würde für ihn allein durch die größeren Räumlichkeiten und Bequemlichkeiten eine Erleichterung darstellen, reicht dies angesichts der genannten Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, nicht aus. Was die angegebenen Gleichgewichtsstörungen und Schmerzen infolge von Splittern und Narben anbetreffen, ist nicht ersichtlich, dass diese durch die Unterbringung in der bequemeren 1. Wagenklasse verhindert oder nennenswert gemildert werden könnten, da die Splitter ausschließlich in den oberen Extremitäten vorhanden sind.

Aber auch wenn man sich die Schädigungsfolgen des Klägers im Einzelnen vor Augen führt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Sowohl sein Augen- und Ohrenleiden einschließlich Schwerhörigkeit haben keinerlei Einfluss auf die Notwendigkeit günstigerer Sitzverhältnisse bei Bahnfahrten. Auch die mit Bescheid vom 30.01.2002 zusätzlich als Schädigungsfolge anerkannte Schädigung des Gleichgewichtsorgans vermag - wie bereits erwähnt - die Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches 1. Kl. nicht zu begründen. Diese Schädigungsfolge kann zwar beim Ein- und Aussteigen einschließlich Hinsetzen und Aufstehen Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Diese können aber nicht durch die Unterbringung in der 1. Wagenklasse verhindert bzw. nennenswert gemildert werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Wagenklasse hierauf keinen wesentlichen Einfluss hat. Die Nervenschädigungen im Bereich des rechten und linken Armes erfordert ebenfalls keine günstigeren Sitzverhältnisse. Dies gilt auch für die als Schädigungsfolgen anerkannten Splitter und die Mittelnervenschädigung links sowie die leichte Mundwinkelschwäche rechts.

Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf die Angaben des vom Senat als sachverständigen Zeugen gehörten Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. und die weiteren aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, insbesondere die verschiedenen Kurberichte, stützen. Sowohl die Angaben von Dr. S. vom 03.12.2003 als auch die vom 28.07.2005 ergeben keinen Anhalt dafür, dass wegen der Schädigungsfolgen die Unterbringung des Klägers in der 1. Wagenklasse erforderlich ist. Zwar hat er bescheinigt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit September 2000 und nach Dezember 2003 nochmals weiter verschlimmert hat. Soweit es sich bei den einzelnen Gesundheitsstörungen, die sich nach seinen Angaben verschlimmert haben, überhaupt um anerkannte Schädigungsfolgen handelt (in Betracht kommen eigentlich nur die neu aufgetretenen Schmerzen im Bereich der rechten Gesichtshälfte und die Beschwerden an beiden Armen), ergibt sich daraus kein Gesichtspunkt für die Notwendigkeit der Unterbringung des Klägers in der 1. Wagenklasse. Dies gilt auch für die von Dr. S. am 28.07.2005 angegebene ständige Fallneigung, soweit diese als Auswirkung der als Schädigungsfolge anerkannten Schädigung des Gleichgewichtsorgans beurteilt werden kann. Im Übrigen beziehen sich seine Angaben vom 28.07.2005 in erster Linie auf die schädigungsunabhängigen Leiden des Klägers (Bluthochdruck, Herzerkrankung, Polyneuropathie). Soweit er ausführt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers, insbesondere die durch die anerkannten Schädigungsfolgen hervorgerufenen Beschwerden, verschlimmert haben, macht er keine konkreten Angaben, bejaht aber eine teilweise Hilflosigkeit hinsichtlich der Verrichtungen des täglichen Lebens. Auch aus den weiteren ärztlichen Unterlagen, insbesondere den Kurberichten der letzten Jahre, lässt sich nicht entnehmen, dass die Unterbringung des Klägers in der 1. Wagenklasse aus schädigungsbedingten Gründen erforderlich ist.

Dass dem Kläger der Nachteilsausgleich 1. Kl. nicht zusteht, erfährt durch Nr. 34 Abs. 2 Satz 2, S. 142 der AHP 2004 eine zusätzliche Bestätigung. Der Kläger, der nicht zu den dort ausdrücklich genannten Schwerkriegsbeschädigten gehört, ist aufgrund der bei ihm anerkannten Schädigungsfolgen nicht in einem ähnlichen Ausmaß wie schwerkriegsbeschädigte Empfänger der drei höchsten Pflegezulagestufen, Kriegsblinde, kriegsbeschädigte Ohnhänder und kriegsbeschädigte Querschnittsgelähmte beeinträchtigt, sodass auch deshalb nicht anzunehmen ist, dass der Kläger gerade auf die regelmäßig allein in der 1. Wagenklasse gebotene Ausstattung angewiesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.