Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Klägerin eine Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens zusteht.

Am 20.08.1998 erhob der Ehemann der Klägerin Klage zum Sozialgericht B-Stadt (S ...). Streitgegenstand war das Vorliegen einer Berufskrankheit. Am 29.01.1999 verstarb der Ehemann; die Klägerin führte das Verfahren fort. Nachdem zwei Gutachten eingeholt worden waren, wies das SG B-Stadt die Klage mit Urteil vom 21. November 2001 ab. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 06.02.2002 zugestellt.

Die Klägerin erhob Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (L ... U .../02). Nach Einholung eines Gutachtens wies das LSG die Berufung mit Urteil vom 12. November 2003 zurück. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 04.02.2004 zugestellt.

Nachdem das BSG auf eine Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin das Urteil vom 12.11.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen hatte (Beschluss vom 22.06.2004, B ... U .../04 B), wurde es beim LSG unter dem Az. L ... U .../04 ZVW fortgeführt. Das LSG vernahm mehrere Zeugen, holte ein weiteres Gutachten ein und wies die Berufung mit Urteil vom 9. November 2011 zurück. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 16.02.2012 zugestellt.

Am 01.06.2012 hat die Klägerin beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eine Entschädigungsklage gegen den Beklagten auf Zahlung von 19.800,00 Euro wegen Verfahrensverzögerung erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der zeitliche Aufwand, der für die mehrfache Einschaltung des Sachverständigen Dr. Sch. aufgewendet worden sei, stelle angesichts der Qualität der Gutachten, denen am Ende auch das Gericht nicht mehr gefolgt sei, eine nicht vertretbare Verzögerung dar. Im Übrigen stelle die Auswahl des Sachverständigen Dr. Sch. als solche eine Verfahrensverzögerung dar. Denn dieser Sachverständige bestätige regelmäßig Verwaltungspositionen; von ihm sei keine sachliche Aufklärung zu erwarten gewesen.

Eine Verzögerung liege auch darin, dass einem Beweisantrag nicht Folge geleistet worden sei, was eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG erforderlich gemacht habe.

Ein konkreter Schaden sei der Klägerin dadurch entstanden, dass der verstorbene Zeuge K. zu Lebzeiten nicht angehört worden sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass bei Anhörung dieses Zeugen mit höherer Wahrscheinlichkeit positiv entschieden worden wäre. Ein weiterer Schaden sei dadurch entstanden, dass auch der Zeuge S. verstorben und der Zeuge W. zum Erörterungstermin am 18.01.2007 nicht mehr erschienen sei.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2013 hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, auch in der ersten Instanz bestehe eine Verzögerung von mindestens einem Jahr. Diese werde hilfsweise für den Fall geltend gemacht, dass das Gericht dem bisherigen Antrag nicht in vollem Umfang folgen sollte.

§ 198 GVG sei am 03.12.2011 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt sei das Berufungsverfahren abgeschlossen gewesen. Daran ändere die nachträgliche Absetzung des Urteils nichts; es handele sich hierbei nur um einen Vollzugsakt.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung folgenden Antrag gestellt:

1. Es wird eine Verfahrensverzögerung festgestellt. 
2. Der Beklagte wird verurteilt, wegen überlanger Verfahrensdauer Schadensersatz in Höhe von 1.200 Euro für jedes volle Jahr der festgestellten Verzögerung, mindestens jedoch 7.200 Euro, sowie materiellen Schadensersatz in Höhe von 12.000 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Tatsachenbehauptungen die Klägerin bezüglich der Zeugen seien teilweise unzutreffend. Der Zeuge W. sei gehört worden, der Zeuge K. sei vor der Zurückverweisung nicht benannt worden.

Ein Entschädigungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Die einvernommenen Zeugen hätten die Aussagen der Klägerin bestätigt. Die Aussagen der Zeugen seien vom Gericht auch zu Gunsten der Klägerin für zutreffend gehalten worden. Gleichwohl sei das LSG trotz der zu Gunsten der Klägerin gewerteten Zeugenaussagen zu dem Ergebnis gelangt, eine höhere als die im Gutachten zu Grunde gelegte Schadstoffbelastung sei nicht beweisbar; die Klägerin treffe die objektive Beweislast. Bei dieser Sachlage sei ein kausaler Zusammenhang zwischen einer unangemessenen Dauer des Verfahrens und dem von der Klägerin behaupteten materiellen Nachteil zu verneinen. Eine Aussage des verstorbenen Zeugen S. hätte ebenfalls die Auffassung der Klägerin bestätigen können. Dies hätte aber sicherlich nicht zu einer abweichenden Entscheidung des Gerichts geführt, so dass auch insoweit ein Kausalzusammenhang fehle.

Soweit die Klägerin geltend mache, Verfahrensfehler hätten zu einer sachlich unzutreffenden Entscheidung geführt, sei allenfalls ein Amtshaftungsanspruch gegeben.

Auch eine Entschädigung für immaterielle Nachteile stehe der Klägerin nicht zu. Der Zeitraum, für den von einer unangemessenen Dauer des Verfahrens ausgegangen werden könne, betrage nicht 6 1/2 Jahre, sondern allenfalls 2 Jahre. Eine generelle zeitliche Grenze, bei deren Überschreitung ein Verstoß gegen Art. 6 EMRK zu vermuten sei, liege bei drei Jahren pro Gerichtsinstanz. Diese Grenze sei im Berufungsverfahren vor Zurückverweisung durch das BSG nicht erreicht worden. Im Berufungsverfahren nach Zurückverweisung seien äußerst schwierige medizinische Fragen und Ursachenzusammenhänge umfassend und sorgfältig zu klären gewesen, was die wiederholte Befragung von Sachverständigen und die Einvernahme von Zeugen erforderlich gemacht habe. Dies habe zwangsläufig zu einer mehrjährigen Verfahrensdauer geführt.

Für das Ausgangsverfahren L ... U .../04 ZVW habe es einer Verzögerungsrüge bedurft, da es zur Zeit des Inkrafttretens des ÜGG am 03.12.2011 noch nicht abgeschlossen, sondern weiterhin beim LSG anhängig gewesen sei. Maßgeblich für das Ende der Rechtshängigkeit sei die formelle Rechtskraft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten S ... U .../98 (SG B-Stadt), L ... U .../02, L ... U .../04 ZVW und L 8 SF 134/12 EK (Bayer. LSG) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Für die Entscheidung über die Klage ist das LSG zuständig. Nach § 200 Satz 1 GVG haftet das Land für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten des Landes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen ein Land ist nach § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 Satz 2 SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198-201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das LSG tritt.

Der Freistaat Bayern wird im vorliegenden Verfahren durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle München - als allgemeine Vertretungsbehörde vertreten (§ 7 Satz 1 VertrV). Einer der in §§ 7a ff. VertrV speziell geregelten Fälle liegt nicht vor.

1. Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin eine Entschädigung wegen der Dauer des Berufungsverfahrens L ... U .../02 / L ... U .../04 ZVW begehrt.

Die Klage ist statthaft. Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) maßgebend. Nach Art. 23 Satz 1 ÜGG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die - wie hier - bei seinem Inkrafttreten (gemäß Art. 24 ÜGG am 03.12.2011) bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist oder noch werden kann.

Das Berufungsverfahren L ... U .../02 / L ... U .../04 ZVW war bei Inkrafttreten des ÜGG bereits anhängig. Der Rechtsstreit war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Maßgeblich für den Abschluss eines Verfahrens im Sinne des ÜGG ist der Eintritt der Rechtskraft. Dies ergibt sich aus § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG. Danach ist ein Gerichtsverfahren im Sinne dieser Vorschrift jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Die Rechtskraft war bei Inkrafttreten des ÜGG am 03.12.2011 noch nicht eingetreten. Das LSG hat am 09.11.2011 ein Urteil verkündet; das vollständig abgefasste Urteil ist am 14.02.2012 versandt worden und am 16.02.2012 beim Bevollmächtigten der Klägerin eingegangen. Das Urteil ist daher erst am 17.03.2012 in Rechtskraft erwachsen (Zustellung des Urteils am 16.02.2012, Frist für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a Abs. 1 Satz 2 SGG vom 17.02.2012 bis zum 16.03.2012). Wegen der Konsequenzen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Verzögerungsrüge wird auf die Ausführungen unter 3. verwiesen.

Auch aus dem Beschluss des BSG vom 06.06.2007 (B 8 KN 8/07 B) lässt sich nicht ableiten, dass der Rechtsstreit bereits mit Verkündung des Urteils am 09.11.2011 abgeschlossen war. In diesem Beschluss hat das BSG ausgeführt, ein Ablehnungsgesuch sei unzulässig, wenn das Verfahren bereits beendet sei. Aus Sinn und Zweck des Ablehnungsgesuchs ergebe sich, dass es nur bis zum Erlass der Endentscheidung des Gerichts zulässig sei, dem der betreffende Richter bzw. die betreffenden Richter angehörten. Zunächst gab der diesem Beschluss zu Grunde liegende Sachverhalt keinen Anlass zu einer Prüfung der Frage, ob ein Verfahren bereits mit Verkündung eines Urteils "beendet" im Sinne dieser Rechtsprechung sei. Die dem zitierten Beschluss vorangegangenen Entscheidungen waren nämlich im schriftlichen Verfahren ergangen; Rechtsmittel waren nicht gegeben. Im Übrigen wäre es im vorliegenden Kontext auch nicht relevant, wenn ein Ablehnungsgesuch bereits nach Verkündung eines Urteils nicht mehr zulässig wäre. Denn die eindeutige und sachnahe gesetzliche Regelung in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG steht einer Analogie entgegen.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft. Aus § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug entsprechend anzuwenden sind, ergibt sich i.V.m. § 202 Satz 2 SGG, dass auch für Verfahren vor dem LSG die Vorschriften des SGG über das Verfahren vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug heranzuziehen sind. Gemäß § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Klägerin macht angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, dass sie auf die begehrte Entschädigungszahlung, eine Leistung i.S. des § 54 Abs. 5 SGG, einen Rechtsanspruch habe. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG). Die Klage wurde auch formgerecht erhoben. Die gemäß § 90 SGG für die Klage vorgeschriebene Schriftform ist eingehalten. Die Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG wurde eingehalten. Die Klage wurde am 01.06.2012 und damit innerhalb eines halben Jahres nach Eintritt der Rechtskraft (17.03.2012, s.o.) erhoben.

Keine Zulässigkeitsvoraussetzungen sind nach der Rechtsauffassung des Senats die (rechtzeitige) Erhebung einer Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 GVG und die Einhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG.

Die in § 198 Abs. 3 GVG geregelte Verzögerungsrüge stellt eine materielle Entschädigungsvoraussetzung dar (BT-Drs. 17/3802, S. 20, 27; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 170). Dass das Vorliegen einer Rüge nicht gleichzeitig eine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt, ergibt sich aus § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13.02.2013, L 12 SF 3/12 EK AL, Rn. 35; a.A. möglicherweise BSG, Urteile vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 KL und B 10 ÜG 2/12 KL, jeweils Rn. 18, wo das Erfordernis einer Verzögerungsrüge unter 1. f) als Frage der Zulässigkeit behandelt wird; davon abrückend aber - nach Verkündung des vorliegenden Urteils - BSG, Beschluss vom 27.06.2013, B 10 ÜG 9/13 B, Rn. 27). Nach § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG kann das Entschädigungsgericht die Feststellung aussprechen, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG nicht erfüllt sind. Dies schließt insbesondere auch den Fall ein, dass es an einer Verzögerungsrüge fehlt (Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 168). Handelte es sich bei der Erhebung der Rüge um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, so käme bei fehlender Rüge nur die Abweisung der Klage als unzulässig, nicht aber die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer in Betracht.

Dies bedeutet gleichzeitig, dass der Senat auch der in der Literatur vertretenen Auffassung, die Einhaltung der Wartefrist nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG stelle eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar, nicht folgt. Diese Vorschrift sieht vor, dass eine Klage zur Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann. Nach der genannten Auffassung ist die Wartefrist eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Entschädigungsklage. Da die Frist an die Verzögerungsrüge anknüpfe, handele es sich bei der Rüge um eine doppelrelevante Tatsache, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage bedeutsam sei. Die für die Begründetheit erforderliche Prüfung gehe dabei über die für die Zulässigkeit notwendige Prüfung hinaus. Die Nichteinhaltung der von Amts wegen zu prüfenden Frist führe bereits zur Unzulässigkeit der Klage (Ott, a.a.O., § 198 GVG Rn. 247 m.w.N.). Folgte man dieser Auffassung, wäre die Klage bei fehlender Rüge auch unter diesem Aspekt unzulässig, denn wenn die Wartefrist mangels Verzögerungsrüge nicht zu laufen beginnt, so kann sie nicht eingehalten werden. Dies bedeutete wiederum, dass die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer bei Fehlen einer Verzögerungsrüge nicht möglich wäre.

Dass eine Verzögerungsrüge nicht erhoben wurde und dementsprechend auch die Wartefrist nicht eingehalten wurde, die mit der Erhebung der Verzögerungsrüge beginnt, steht also der Zulässigkeit der Entschädigungsklage nicht entgegen.

2. Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin eine Entschädigung wegen der Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens S ... U .../98 begehrt.

Insoweit liegt eine nach § 99 Abs. 1 SGG unzulässige Klageänderung vor. Die Klägerin hat erstmals mit Schriftsatz vom 20.03.2013 geltend gemacht, dass sie hilfsweise eine Verzögerung im (erstinstanzlichen) Klageverfahren geltend mache. Dabei handelt es sich nicht um eine Ergänzung der tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG oder eine Erweiterung des Klageantrags im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Denn dem Gericht wird ein völlig neuer Sachverhalt - die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens - und damit eine neuer Streitgegenstand (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 95 Rn. 5) unterbreitet.

Der Beklagte hat in diese Klageänderung nicht eingewilligt. Insbesondere hat er sich nicht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen, (§ 99 Abs. 2 SGG), sondern ihr in der mündlichen Verhandlung widersprochen.

Das Gericht hält die Klageänderung nicht für sachdienlich, weil die zusätzlich erhobene Klage wegen Verfristung unzulässig ist. Der Schriftsatz vom 20.03.2013 ist am 21.03.2013, also deutlich nach Ablauf der Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG (s.o. unter 1.) bei Gericht eingegangen. Damit liegen die Sachurteilsvoraussetzungen für die zusätzlich erhobene Klage nicht vor.

Angesichts der dargestellten Verfristung der geänderten Klage kommt auch eine Feststellung der Unangemessenheit der Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens nicht in Betracht. § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG ermöglicht zwar eine solche Feststellung, wenn es an Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG fehlt, nicht aber, wenn die Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG nicht eingehalten wurde.

3. Die Klage ist nicht begründet, soweit die Klägerin eine Entschädigung wegen der Dauer des Berufungsverfahrens L ... U .../02 / L ... U .../04 ZVW begehrt. Ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung steht der Klägerin nicht zu, weil es an einer Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG fehlt.

a) Das Erfordernis einer Verzögerungsrüge ergibt sich aus § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG. Weil das Verfahren bei Inkrafttreten des ÜGG noch nicht abgeschlossen war (s.o.), kommt die Ausnahmevorschrift des Art. 23 Satz 5 ÜGG (Ausschluss von § 198 Abs. 3 und 5 GVG) nicht zur Anwendung. Art. 23 Satz 2, 3 ÜGG bestimmt zusätzlich, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erheben ist, um einen Anspruch für den vorangegangenen Zeitraum zu wahren. Vorliegend kann eine Auseinandersetzung mit dem Begriff "unverzüglich" unterbleiben, weil die Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Verzögerungsrüge erhoben hat.

b) Das Erfordernis einer Verzögerungsrüge entfällt auch nicht deswegen, weil die Rüge nach Verkündung des Urteils ihre Warnfunktion (sie soll dem bearbeitenden Richter - soweit erforderlich - die Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen, BT-Drs. 17/3802, S. 20) nur noch für die vollständige Abfassung und Versendung des Urteils erfüllen kann. Denn der Gesetzgeber sieht in der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 2,3 ÜGG ausdrücklich vor, dass in bereits verzögerten Verfahren unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Verzögerungsrüge zu erheben ist, um einen Anspruch für den vorausgehenden Zeitraum zu wahren. Diese Wirkung der Rüge hätte gerade auch im vorliegenden Fall im Vordergrund gestanden. Im Hinblick auf Verzögerungen, die bereits in der Vergangenheit eingetreten sind, kommt jedoch eine Warnfunktion der Rüge von vornherein nicht in Betracht, ohne dass der Gesetzgeber die Rüge deshalb für entbehrlich angesehen hätte. Aber auch unabhängig von dieser übergangsrechtlichen Konstellation ist die Erhebung einer Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 GVG nach Verkündung eines Urteils nicht ausgeschlossen. Denn auch die Zeit, die das Gericht für die vollständige Abfassung und Versendung des Urteils in Anspruch nimmt, kann in extrem gelagerten Einzelfällen unangemessen lang sein und einen Entschädigungsanspruch begründen.

c) Das Erfordernis der Verzögerungsrüge erstreckt sich auch auf den Teil des Berufungsverfahrens, der zeitlich vor der Zurückverweisung der Sache an das LSG liegt (Az. L ... U .../02). Art. 23 Satz 4 ÜGG, nach dem es keiner Verzögerungsrüge bedarf, wenn bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt ist, steht dem nicht entgegen. Das Berufungsverfahren ist nämlich als Einheit zu betrachten. Eine Auslegung von Art. 23 Satz 4 ÜGG, nach der das Berufungsverfahren vor der Zurückverweisung durch das BSG als abgeschlossene Instanz zu betrachten wäre, für die keine Verzögerungsrüge zu erheben ist, widerspräche der Konzeption des SGG. Nach der Zurückverweisung durch das BSG wird das Berufungsverfahren nicht neu begonnen (was dafür spräche, das "erste" Berufungsverfahren als abgeschlossen zu betrachten), sondern fortgesetzt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 170 Rn. 9). Das Verfahren wird also in den Stand versetzt, in dem es sich vor dem Erlass des nach § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG aufgehobenen Urteils befand. Bis dahin vorgenommene Prozesshandlungen wie etwa Teilrücknahmen oder Teilvergleiche bleiben wirksam. Das "frühere" Berufungsverfahren ist auch nicht unter dem Aspekt abgeschlossen, dass die Beteiligten mit bestimmten Erklärungen präkludiert wären oder dass bestimmte Ermittlungen nicht mehr zulässig wären. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht neu zu prüfen. Der Rechtsstreit wird in der Tatsacheninstanz weitergeführt mit der Folge, dass sich die Tatsachengrundlage etwa durch neue Ermittlungen, Klageänderung oder Widerklage ändern kann (Leitherer, a.a.O.). Dieser Konzeption entspricht auch die kostenrechtliche Regelung des § 37 GKG, wonach im Fall einer Zurückverweisung zur anderweitigen Verhandlung an das Gericht des unteren Rechtszugs das weitere Verfahren mit dem früheren Verfahren vor diesem Gericht im Sinne des § 35 GKG einen Rechtszug bildet. Konsequenterweise gilt auch die Bewilligung von PKH für einen Rechtszug nach einer Zurückverweisung fort und muss nicht neu beantragt werden (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 09.06.2008, 5 B 204/07 u.a., Rn. 8; Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 119 Rn. 5 m.w.N.; Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 119 Rn. 2). Dies bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber gehindert wäre, für bestimmte Rechtsbereiche abweichende Regelungen zu treffen; so hat er etwa in § 21 Abs. 1 RVG zu Gunsten der Anwaltschaft bestimmt, dass im Fall einer Zurückverweisung an ein untergeordnetes Gericht das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug ist. Im Recht der Entschädigungen für überlange Gerichtsverfahren findet sich jedoch keine entsprechende Vorschrift. Daher verbleibt es bei der allgemeinen Regelung, dass es sich bei dem ursprünglichen und dem nach Zurückverweisung wiedereröffneten Verfahren um ein einheitliches Verfahren handelt.

4. Der Senat stellt jedoch fest, dass die Dauer des Berufungsverfahrens unangemessen war. Rechtsgrundlage ist insoweit § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG. Danach kann die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG nicht erfüllt sind. So liegt es hier; es fehlt - wie bereits ausgeführt - an einer Verzögerungsrüge im Sinne von § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG. Dem Gericht steht insoweit ein Ermessen zu, für dessen Ausübung der Gesetzgeber keine näheren Bestimmungen getroffen hat. Der Senat übt sein Ermessen dahingehend aus, die Unangemessenheit der Verfahrensdauer festzustellen, weil eine reine Klageabweisung unbillig erschiene (Ott, a.a.O., § 198 GVG Rn. 168). Ausschlaggebend hierfür sind die erhebliche Überschreitung der durchschnittlichen Verfahrensdauer und die Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin.

Die Dauer des Berufungsverfahrens war deutlich unangemessen. Der erste Teil des Verfahrens (L ... U .../02) hat 23 Monate gedauert (28.02.2002 bis 04.02.2004), der zweite Teil (L ... U .../04 ZVW) 90 Monate (29.07.2004 bis 16.02.2012). Insgesamt hat das Berufungsverfahren also 113 Monate gedauert.

Gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG ist ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Darunter ist die formelle Rechtskraft einer Entscheidung zu verstehen, so dass in die Verfahrensdauer auch der Zeitraum bis zur Zustellung des Urteils oder einer anderen das Verfahren abschließenden Entscheidung einbezogen ist (Ott, a.a.O., § 198 GVG Rn. 54 m.w.N.).

§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG bestimmt, dass sich die "Angemessenheit der Verfahrensdauer" nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und der Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter, richtet. Damit hat der Gesetzgeber von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen, weil eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, nicht möglich ist. Er benennt hingegen nur beispielhaft ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit einer Verfahrensdauer besonders bedeutsam sind. Derartige Umstände reichen jedoch für die Anwendung des Begriffs der "unangemessenen Verfahrensdauer" (§ 198 Abs. 1 Satz 1 GVG) nicht aus. Vielmehr sind diese Umstände in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen, der sich aus folgenden Erwägungen ergibt:

Haftungsgrund für den gesetzlich begründeten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer ist die Verletzung des in Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit. § 198 Abs. 1 GVG knüpft für die Bestimmung der (Un)Angemessenheit inhaltlich an die Maßstäbe an, die EGMR und BVerfG für die Beurteilung der Verfahrensdauer entwickelt haben (BSG, Urteil vom 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 KL, Rn. 25 m.w.N.).

Die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs gemäß § 198 GVG an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG (i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verdeutlicht, dass es darauf ankommt, ob der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht beeinträchtigt worden ist. Damit wird eine gewisse Schwere der Belastung von vornherein vorausgesetzt. Es reicht also nicht jede Abweichung vom Optimum, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, a.a.O., Rn. 26).

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG) und auch zu dem Ziel einer inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidungen steht. Auch das spricht dagegen, bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer eine enge zeitliche Grenze zu ziehen (BSG, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.).

Die Dauer eines Verfahrens ist in hohem Maße von dem Verhältnis abhängig, in dem die Zahl der von Rechtsuchenden betriebenen Verfahren zu den persönlichen und sächlichen Mitteln des jeweils zuständigen Gerichts steht. Dabei reicht es aus, dass dieses Verhältnis angemessen ist. Der Staat ist jedenfalls nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängig gemachte Verfahren sofort und ausschließlich von einem Richter bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat. Insofern ist ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten. Im Hinblick darauf kann es von Bedeutung sein, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt werden. Die betreffenden statistischen Zahlen sind allerdings daraufhin zu prüfen, ob sie eine im Durchschnitt überlange Verfahrensdauer widerspiegeln. Ist das nicht der Fall, so können diese Zahlen einen hilfreichen Maßstab bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines konkreten Verfahrens bieten. Entscheidend sind dabei allerdings die Umstände des Einzelfalls (BSG, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.).

Dafür, dass die Verfahrensdauer im konkreten Fall unangemessen war, spricht bereits ein Vergleich mit den wesentlich niedrigeren statistischen Durchschnittswerten. Nach den statistischen Berichten des Bayer. Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung über die Tätigkeit der Sozialgerichte war ein im Kalenderjahr 2012 beim Bayer. Landessozialgericht durch Urteil/Beschluss erledigtes Berufungsverfahren durchschnittlich 22,8 Monate (2011: 23,3 Monate) anhängig. Den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 10 Reihe 2.7) lässt sich entnehmen, dass Berufungsverfahren bei den Landessozialgerichten, die 2011 durch Urteil erledigt wurden, im Bundesdurchschnitt 21,4 Monate gedauert haben. Im Jahr 2011 erledigte Berufungsverfahren im Sachgebiet Unfallversicherung (nicht nach Erledigungsart differenziert) haben im Bundesdurchschnitt 19,5 Monate gedauert. Die Frage, ob bereits diese statistischen Zahlen eine im Durchschnitt überlange Verfahrensdauer widerspiegeln, spielt keine Rolle, wenn - wie hier - eine erhebliche Überschreitung der statistischen Werte vorliegt.

Die konkreten Umstände des Einzelfalles können die Länge des Verfahrens jedenfalls nicht in vollem Umfang erklären. Insoweit genügt die Feststellung, dass zwischen dem 20.03.2006 und dem 04.01.2007 sowie zwischen dem 16.04.2009 und dem 10.12.2010 bis auf die Beantwortung von Sachstandsanfragen kein Schriftverkehr angefallen ist. In diesen Zeiträumen hat jedenfalls das Verhalten der Beteiligten oder Dritter die Verzögerungen nicht (mit-)verursacht. Das Gericht hatte nämlich keine Stellungnahmen, Gutachten oder Befundbereichte angefordert oder angemahnt. Anhaltspunkte dafür, dass das Verfahren für die Klägerin eine besonders geringe Bedeutung gehabt hätte und dass dieser Umstand die Verzögerungen - gerade angesichts der jeweils schon angefallenen Verfahrenslaufzeit - gerechtfertigt hätte, liegen nicht vor. Vielmehr hatte das Verfahren angesichts der im SGB VII vorgesehenen Leistungen für Hinterbliebene eine erhebliche Bedeutung für die Klägerin. Eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Umständen des Einzelfalls kann unterbleiben, weil der Ausspruch, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, Zeitraum oder Zeitdauer der Überlänge nicht genau beziffern muss (Ott, a.a.O., § 198 GVG Rn. 165).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG, § 201 Abs. 4 GVG. Sie berücksichtigt einerseits, dass die Klägerin teilweise obsiegt hat, weil der Senat eine unangemessene Dauer des Berufungsverfahrens festgestellt hat. Andererseits war zu berücksichtigen, dass die Klägerin neben dem nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermuteten immateriellen Schaden auch einen materiellen Schaden in Höhe von 12.000,00 Euro geltend gemacht hat, für den keine gesetzliche Vermutung streitet. Insoweit wären die Erfolgsaussichten der Klage auch dann sehr ungünstig gewesen, wenn die Klägerin ihrer Rügeobliegenheit genügt hätte.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich. Zwar ist das Rechtsgebiet neu. Das BSG hat aber inzwischen über zwei Klagen entschieden. Der Senat weicht hiervon nicht - jedenfalls nicht in entscheidungserheblicher Weise - ab. Die Frage, ob die Erhebung einer Verzögerungsrüge eine Sachurteilsvoraussetzung oder eine materielle Anspruchsvoraussetzung ist, war in den Urteilen des BSG vom 21.02.2013 nicht entscheidungserheblich, weil es sich in den dort zu beurteilenden Verfahren um abgeschlossene Verfahren handelte, in denen eine Rüge in jedem Fall entbehrlich war. Wenn eine gesetzliche Neuregelung ständige Rechtsprechung kodifiziert, werden dadurch nicht per se schwierige Rechtsfragen aufgeworfen. Die gesetzliche Regelung in § 198 GVG nimmt gerade die schon langjährige ständige Rechtsprechung des EGMR wie auch des BVerfG und des BSG zu den Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch und den Prüfkriterien zur Frage, wann ein Verfahren unangemessen lange gedauert hat, auf. D.h. mit anderen Worten, bei der Prüfung zur Frage der Angemessenheit der Verfahrensdauer sind gerade keine neuen schwierigen Rechtsfragen zu lösen, sondern ist vielmehr eine ständige und gefestigte Rechtsprechung anzuwenden.

Das vorliegende Urteil ist im Übrigen wesentlich auf die Auslegung der Übergangsvorschrift des Art. 23 ÜGG gestützt. Die Klärungsbedürftigkeit und damit die grundsätzliche Bedeutung sind hinsichtlich der Auslegung von Übergangsvorschriften in der Regel zu verneinen. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn die anzuwendende Vorschrift von fortwirkender Bedeutung für eine nennenswerte Zahl vergleichbar gelagerter Fälle ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 160 Rn. 8d m.w.N.). Hierfür sind nach der Erfahrung des erkennenden Senats vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich.