Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 9 R 5715/11 - Urteil vom 17.12.2013
Die Höhe der Rente ergibt sich im Wesentlichen auf Grund der persönlichen Entgeltpunkte, die mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt werden (§§ 64, 66 SGB VI). Ein zu Gunsten bzw. zu Lasten von Versicherten durchgeführter Versorgungsausgleich wird gemäß § 76 Abs. 1 SGB VI durch einen Zuschlag oder Abschlag an Entgeltpunkten berücksichtigt. Wird eine Rente zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen, zu dem bereits über die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht rechtskräftig entschieden ist, so ist von Anfang an bei der Rentenhöhe der Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Von diesem Grundsatz lässt § 5 Abs. 1 VAHRG dann eine Ausnahme zu, wenn der aus dem Versorgungsausgleich Berechtigte noch keinen Rentenanspruch hat und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachzahlung von Rentenleistungen, ohne Kürzung aufgrund der im Wege des Versorgungsausgleichs vom Konto des Versicherten auf das Konto der früheren Ehefrau übertragenen Entgeltpunkte, streitig.
Der 1944 geborene Kläger wurde am 16.08.1988 von Frau H. D. geborene S., geschieden. Für die Ehezeit vom 01.08.1965 bis 31.07.1988 hat das Amtsgericht Darmstadt von dem Versicherungskonto des Klägers Rentenanwartschaften in Höhe von 441,20 DM monatlich zur Durchführung des Versorgungsausgleichs übertragen.
In zweiter Ehe war der Kläger seit 08.10.1988 mit Frau A. D. (geb. M.) verheiratet. Die zweite Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Ettlingen (Familiengericht) vom 09.03.1999 geschieden. Zum Ausgleich der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte übertrug das Familiengericht vom Versicherungskonto des Klägers auf das von Frau A. D. Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 294,76 DM. Die Entscheidung ist seit dem 27.04.1999 rechtskräftig. Am 17.08.1999 schlossen der Kläger und seine geschiedene Ehefrau in der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Karlsruhe u. a. zur Regelung der Vermögensauseinandersetzung, des Zugewinnausgleichs, des Ehegatten- und des Kindesunterhalts einen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, seinen Miteigentumsanteil von ½ am Grundstück L.straße in E. an seine geschiedene Ehefrau zu übertragen. Die Mutter seiner geschiedenen Ehefrau verpflichtete sich, ihren Miteigentumsanteil von 1/8 an der, früher von den Eheleuten gemeinsam, später nur noch vom Kläger bewohnten Doppelhaushälfte zu übertragen. In § 4 der Vereinbarung verpflichtete sich u. a. die geschiedene Ehefrau des Klägers, an diesen ein Ausgleichsgeld in Höhe von 250.000,00 DM zu zahlen. In § 8 verzichteten der Kläger und seine geschiedene Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt, auch für den Fall der Not. Für seine Kinder verpflichtete sich der Kläger zu Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt 848,00 DM monatlich. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 522 bis 531 der Verwaltungsakte (Band III) verwiesen.
Am 30.12.1999 heiratete die geschiedene (zweite) Ehefrau des Klägers den Beigeladenen zu 1 und führte den Namen A. B.-D ...
Mit Bescheid vom 19.05.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Wirkung vom 01.09.1999 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Bei der Berechnung der Rentenhöhe erfolgte eine Kürzung der Entgeltpunkte für die durchgeführten Versorgungsausgleiche für die Ehezeit vom 01.08.1965 bis 31.07.1988 um 11,8387 Punkte sowie für die Ehezeit vom 01.10.1988 bis 31.07.1997 um 6,2133 Punkte.
Hiergegen legte der Kläger mit einer E-Mail vom 22.05.2003 Widerspruch hinsichtlich des durchgeführten Versorgungsausgleichs ein. Die ausgleichsberechtigten Ehegatten hätten bisher keinerlei Ansprüche aus den Rentenanwartschaften, sodass der ungeschmälerte Anspruch zunächst bei ihm verbleiben müsse.
Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 30.07.2003 mit, dass der Bescheid vom 19.05.2003 rechtmäßig sei. Allerdings könne nach Feststellung der gekürzten Rente in einem gesonderten Antragsverfahren geklärt werden, ob die Rente nach § 5 und 6 VAHRG ungekürzt zu zahlen sei. Insoweit wurde der Widerspruch des Klägers als Antrag nach §§ 5, 6 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) umgedeutet. Nach Ermittlung der Einkommensverhältnisse der ersten Ehefrau des Klägers berechnete die Beklagte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 09.01.2004 ab dem 01.09.1999 neu. Bei der Neuberechnung wurde nur noch ein Abschlag von den Entgeltpunkten aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.10.1988 bis 31.07.1997 in Höhe von 6,2133 Punkten berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 22.02.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Voraussetzungen des § 5 VAHRG für beide geschiedenen Ehefrauen des Klägers geprüft habe. Die Voraussetzungen seien jedoch nur für die geschiedene Ehefrau H. S. gegeben. Die Rente sei daraufhin neu berechnet worden und werde nicht mehr um den an Frau S. zu übertragenden Anteil des Versorgungsausgleichs gekürzt. Aufgrund der Wiederverheiratung von Frau A. B.-D. ende jedoch deren nachehelicher Unterhaltsanspruch, sodass auch eine Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers aufgrund des Versorgungsausgleichs nicht in Betracht komme.
Mit E-Mail vom 25.02.2004 teilte der Kläger mit, dass er im Falle von A. B.-D. eine andere Sichtweise habe und kündigte weitere Ausführungen an.
Mit E-Mail vom 14.07.2005 teilte er mit, dass er im Falle des - trotz Beschwerde - vorgenommenen Rentenausgleichs hinsichtlich seiner Exfrau A. B.-D. den Sachverhalt wieder aufnehmen werde.
Mit Schreiben vom 23.03.2009 bat der Kläger, im Rahmen eines Antrags auf Zuerkennung der Regelaltersrente, erneut um Prüfung des Versorgungsausgleichs seiner Exfrau A. B.-D ...
Mit Bescheid vom 23.04.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Nichtkürzung der Rente um den Anteil aus dem Versorgungsausgleich für A. B.-D. ab. Die Zahlung der ungekürzten Rente nach § 5 VAHRG setze voraus, dass der Ausgleichsberechtigte noch keine Rente erhalten könne und gegen den Ausgleichspflichtigen auch nach dem Rentenbeginn einen Anspruch auf Unterhalt habe. Da Frau A. B.-D. wieder geheiratet habe, sei der nacheheliche Unterhaltsanspruch nicht gegeben. Dieser sei aufgrund der Wiederheirat verfallen.
Hiergegen legte der Kläger am 26.05.2009 Widerspruch mit der Begründung ein, dass ihn die Kürzung seiner EU-Rente doppelt belasten würde, da er aufgrund des Unterhaltsbedürfnisses bzw. zur Existenzerhaltung bereits das Geschäftshaus in der L.straße einschließlich seiner Geschäftsanteile an seine geschiedene Ehefrau übertragen habe. Aufgrund der an die geschiedene Ehefrau überlassenen Abfindung durch Übertragung des Miteigentumsanteils habe er seiner Ehefrau Unterhalt gewährt. Er verweist insoweit u. a. auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.06.1994 (Az.: 4 RA 4/93).
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit Bescheid vom 02.03.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.05.2009 eine Regelaltersrente. Die bisher berücksichtigten Entgeltpunkte wurden hierbei übernommen.
Am 26.02.2010 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG).
Nach erneuter Prüfung anerkannte die Beklagte mit Schreiben vom 05.05.2010 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 VAHRG in Bezug auf den durchgeführten Versorgungsausgleich aufgrund der Ehescheidung von Frau A. B.-D. für die Zeit vom 01.09.1999 bis 31.12.1999, da diese erst am 30.12.1999 erneut geheiratet habe und somit erst zu diesem Zeitpunkt der nacheheliche Unterhaltsanspruch gegen den Kläger geendet habe. Für die Zeit danach sei der Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
Mit Beschluss vom 08.12.2010 lud das SG Frau A B.-D. zu dem Verfahren notwendig bei. Diese wurde in dem Verfahren vertreten durch ihren Ehemann und Betreuer H.B. (Betreuerausweis Bl. 41 der SG-Akte).
Unter dem 27.02.2011 kündigte das SG den Erlass eines Gerichtsbescheides an. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Am 01.03.2011 verstarb Frau A. B.-D.l. Dies teilte der Kläger dem SG mit Schriftsatz vom 02.03.2011 mit und bat darum, "prüfen zu lassen", inwieweit dies auf den zu erwartenden Gerichtsbescheid Einfluss nehme.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.11.2011 verurteilte das SG die Beklagte entsprechend ihrem Anerkenntnis vom 05.05.2010, zur Abänderung des Bescheides vom 23.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2010 und für die Zeit vom 01.09.1999 bis 31.12.1999 zur Gewährung einer nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzten Erwerbsminderungsrente. Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage ab und verurteilte die Beklagte zu einer Kostentragung von ¼. Zur Begründung führt das SG aus, dass § 5 VAHRG zwar vorliegend grundsätzlich anzuwenden sei, für die Zeit nach der Wiederverheiratung seien die Voraussetzungen dieser Vorschrift jedoch nicht erfüllt. Denn ab diesem Zeitpunkt sei nach § 1586 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt der geschiedenen Ehefrau gegen den Kläger erloschen, sodass ein Absehen von der Kürzung des § 5 Abs. 1 VAHRG nicht möglich sei. Zwar sei § 5 VAHRG auch anwendbar, wenn der Berechtigte gegen Zahlung einer Abfindung auf weitere Unterhaltsleistungen des Verpflichteten verzichtet habe. Dies gelte jedoch nicht für den vorliegenden Fall der Wiederverheiratung. Der Kläger könne sein Begehren auch nicht auf § 4 VAHRG stützen. Die Regelung sei zum 31.08.2009 außer Kraft getreten und finde nach der Übergangsregelung in § 49 Versorgungsausgleichgesetz (VersAusglG) nur noch in den Fällen Anwendung, in denen der Antrag auf Anpassung vor dem 1. September 2009 beim Versorgungsträger eingegangen sei. Dies sei vorliegend unstreitig nicht der Fall.
Gegen den am 24.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.12. 2011 Berufung beim SG eingelegt.
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass er einen Anspruch auf Neuberechnung und Auszahlung seiner Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Abschlag habe, solange das Rentenkonto seiner geschiedenen Ehefrau nicht beansprucht werde. Grundlage sei ein erheblicher Verzicht im Sinne des Vermögensausgleichs im Rahmen des Vergleichs beim Landgericht K. gewesen. Entsprechend legte er ergänzend einen Besprechungsvermerk zur Vorbereitung des Vergleichs zum 07.02.1997 vor, auf Bl. 56 der Gerichtsakte wird insoweit verwiesen.
Mit Bescheid vom 25.10.2011 bewilligte die Beklagte der Tochter des Klägers, der Beigeladenen zu 2, vom 01.08.2011 bis 31.07.2013 eine Halbwaisenrente von monatlich 80,20 EUR. Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Beklagte mit, dass ab 01.07.2012 eine monatliche Halbwaisenrente von 81,94 EUR und ab 01.01.2013 von 81,85 EUR gezahlt wurde. Weiterhin wurde aus der Versicherung von A. B.-D. eine Witwerrente an den Beigeladenen zu 1 in Höhe von 487,58 EUR monatlich für den Zeitraum 01.03. bis 30.06.2011 gewährt.
Mit Beschluss vom 15.08.2013 hat der Senat anstelle der am 01.03.2011 verstorbenen A. B.-D. deren Erben H. B., L. D. und S. D. zu dem Verfahren beigeladen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. November 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2010 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, unter Feststellung eines Härtefalles den Höchstwert seines Rechts auf Rente ohne Abschlag an Entgeltpunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich für Bezugszeiten für die Zeit ab 1. Januar 2000 festzusetzen sowie diese zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. Januar 2000 entsprechend höhere Geldbeträge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
In der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 hat sich die Beklagte verpflichtet, aufgrund des Schreibens des Klägers vom 02.03.2011 an das SG das Vorliegen eines Anpassungstatbestandes nach § 37 VersAusglG wegen des Todes der 2. Ehefrau zu prüfen und die Rentenansprüche des Klägers ab 1. April 2011 neu zu verbescheiden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gegenstand des Verfahrens ist erstens die Aufhebung der im Bescheid der Beklagten vom 23.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 26.01.2010 verlautbarten feststellenden Verwaltungsakte, es bestehe kein Härtefall nach § 5 VAHRG und kein Anspruch auf Festsetzung eines höheren Werts des Rechts auf Erwerbsunfähigkeitsrente, zweitens, die Verpflichtung der Beklagten, den Wert seines Rechts auf Rente ohne Abschlag an Entgeltpunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich für Bezugszeiten ab 01.01.2000 festzusetzen und drittens, die Beklagte zu verurteilen, ihm ab demselben Zeitpunkt entsprechend höhere Geldbeträge zu zahlen. Diese Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen ist gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2005, Az. B 4 RA 14/04 R, SozR 4-5795 § 4 Nr. 2).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind, unter Berücksichtigung des beim SG abgegebenen Teilanerkenntnisses, nicht zu beanstanden. Auch zur Überzeugung des Senats hat der Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 31.03.2011 keinen Anspruch auf Feststellung eines Härtefalles nach §§ 4, 5 VAHRG und Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. einer höheren Regelaltersrente aufgrund der Rückübertragung von Entgeltpunkten. Für den Zeitraum ab 01.04.2011 ist die Klage unzulässig (geworden). Aufgrund des Todes der geschiedenen zweiten Ehefrau des Klägers ist - wie nachfolgend näher dargelegt wird - ein neuer Sachverhalt eingetreten, der nach dem zum 01.09.2009 in Kraft getretenen VersAusglG zu beurteilen ist und dessen Berücksichtigung der Kläger am 02.03.2011 beantragt hat. Da die Beklagte diesen Antrag bis zur Entscheidung durch den Senat nicht verbeschieden hat, fehlt es der Klage insoweit an der Prozessvoraussetzung einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung.
Die Höhe der Rente ergibt sich im Wesentlichen auf Grund der persönlichen Entgeltpunkte, die mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt werden (§§ 64, 66 SGB VI). Ein zu Gunsten bzw. zu Lasten von Versicherten durchgeführter Versorgungsausgleich wird gemäß § 76 Abs. 1 SGB VI durch einen Zuschlag oder Abschlag an Entgeltpunkten berücksichtigt. Wird eine Rente zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen, zu dem bereits über die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht rechtskräftig entschieden ist, so ist von Anfang an bei der Rentenhöhe der Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (Umkehrschluss aus § 101 Abs. 3 SGB VI). Da die Entscheidung über den streitigen Versorgungsausgleich seit dem 27.04.1999 rechtskräftig ist und dem Kläger durch Bescheid vom 19.05.2003 mit Wirkung zum 01.09.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt wurde, war bei der Berechnung der Höhe der dem Kläger zustehenden Rente von Anfang an der aus dem Versorgungsausgleich resultierende Abschlag der Entgeltpunkte vorzunehmen. Von diesem Grundsatz lässt § 5 Abs. 1 VAHRG dann eine Ausnahme zu, wenn der aus dem Versorgungsausgleich Berechtigte noch keinen Rentenanspruch hat und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist. Diese Regelung ist vorliegend noch anwendbar, obwohl sie nach Art. 23 Nr. 2 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsaugleichs vom 03.04.2009 (BGB. I. S. 7000) mit Ablauf des 31.08.2009 außer Kraft getreten ist. Nach der Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG sind für Verfahren nach den §§ 4 bis 10 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, in denen der Antrag beim Versorgungsträger vor dem 01.09.2009 eingegangen ist, das bis dahin geltende Recht weiterhin anzuwenden. Der Eingang beim Versorgungsträger ist auch dann maßgebend, wenn sich an das behördliche Verfahren ein gerichtliches Verfahren angeschlossen hat und dieses Verfahren noch beim Gericht anhängig ist (BT-Drs. 16/10144 S. 87). Da vorliegend der Antrag nach § 9 Abs. 1 VAHRG bereits am 27.03.2009 gestellt wurde, ist § 5 VAHRG weiterhin anwendbar. Seine Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 5 VAHRG ist es erforderlich, dass der aus dem Versorgungsausgleich Berechtigten kein Rentenanspruch zustand und sie gegen den Kläger entweder einen Anspruch auf Unterhalt hatte oder dieser nur wegen fehlender Leistungsfähigkeit des Klägers nicht bestand. Die zweite Voraussetzung ist für die Zeit ab 01.01.2000 nicht gegeben. Spätestens mit dem Erlöschen des Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau des Klägers aufgrund ihrer Wiederverheiratung am 30.12.1999 nach § 1586 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entfällt auch der Anspruch des Klägers nach § 5 VAHRG. Hieran ändern auch die im Vergleich vom 17.08.1999 getroffenen Regelungen nichts. Zwar ist ein Unterhaltsverzicht für den Anspruch nach § 5 VAHRG unschädlich, wenn in einer Vereinbarung nach § 1585 c BGB gegen Zahlung einer Abfindung auf weitere Unterhaltszahlungen verzichtet wird. Ob im vorliegenden Fall überhaupt eine Abfindung der Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau des Klägers stattgefunden hat, kann dahinstehen, da selbst wenn man dies unterstellt, dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Zahlung der ungekürzten Rente nach § 5 VAHRG zusteht. Denn die ungekürzte Rente steht bei Leistung einer Unterhaltsabfindung dem aus einem Versorgungsausgleich Verpflichteten nur solange zu, wie die vom Verpflichteten erfüllte Unterhaltspflicht (ohne die Abfindung) reichen würde (BSG Urteil vom 12.04.1995, Az. RJ 42/94, SozR 3-5795 § 5 Nr. 3). Endet die Unterhaltsverpflichtung, fällt auch der Anspruch auf ungekürzte Versorgung weg. Dies gilt für laufende Unterhaltszahlungen ebenso wie bei Vorliegen einer Abfindungsvereinbarung (BSG a.a.O). Insoweit ist zu prüfen, ob in dem Zeitraum, für den eine ungekürzte Rentenauszahlung begehrt wird, der Berechtigte - denkt man den abgeschlossenen Abfindungsvergleich weg - einen durch Gesetz begründeten Unterhaltsanspruch nach §§ 1569 ff. BGB hatte (BSG, a.a.O). Entsprechend ist § 5 VAHRG nicht für Zeiten anwendbar, in denen die Unterhaltsverpflichtung wegen Wiederverheiratung der Berechtigten entfallen ist (BVerwG, Beschluss vom 15.04.2005, Az. 2 B 113/04, (juris)). Da die geschiedene Ehefrau des Klägers nach der Heirat mit dem Beigeladenen gegenüber dem Kläger gem. § 1586 BGB ab 01.01.2000 keinen Unterhaltsanspruch mehr hatte, hat der Kläger ab diesem Zeitpunkt bis 31.03.2011 auch keinen Anspruch auf Auszahlung einer ungekürzten Rente. Der Kläger kann sein Begehren auch nicht auf § 4 VAHRG stützen, der die Versorgung des aus dem Versorgungsausgleich Verpflichteten nach dem Tod des Berechtigten regelt. Denn die Bestimmung findet nach der Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG nur noch in Fällen Anwendung, in denen der Antrag auf Anpassung vor dem 01.09.2009 gestellt worden ist. Dies ist aber nicht der Fall. Der frühere Antrag des Klägers vom 23.03.2009 (bei der Beklagten eingegangen am 27.03.2009) auf Anpassung nach § 5 VAHRG betraf einen anderen Sachverhalt - nicht den Tod der zweiten Ehefrau - und ist daher nicht ausreichend, um eine Anwendbarkeit von § 4 Abs. 1 VAHRG im vorliegenden Fall zu begründen. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG gelten §§ 4-10 VAHRG nur für die Fälle (weiter), bei denen die Voraussetzungen für die Anpassung schon vor dem 01.09.2009 gegeben waren (Breuers in jurisPK-BGB Band 4, 6. Auflage 2012, § 49 VersAusglG, Rn 7). Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, dass das neue Recht möglichst weitgehend zur Anwendung kommen soll (BT-Drs. 16/10144, S. 85). Da die geschiedene Ehefrau aber erst am 01.03.2011 und damit nach Inkrafttreten des VersAusglG verstorben ist, waren die Anpassungsvoraussetzungen erst nach Inkrafttreten der ab 01.09.2009 gültigen Gesetzeslage erfüllt. Die Anpassung der Versorgung aufgrund des Todes der zweiten Ehefrau richtet sich daher nach §§ 37, 38 VersAusglG. Nach diesen Bestimmungen steht dem Kläger - im Gegensatz zum früheren Recht - keine rückwirkende Rentenanpassung für Zeiten vor dem Tod der Berechtigten zu, da nach § 38 Abs. 2 VersAusglG i.V.m § 34 Abs. 3 VersAusglG die Anpassung erst ab dem ersten Tag des Monats wirkt, der auf die Antragstellung folgt. Erforderlich ist insoweit eine erneute Antragstellung durch den Verpflichteten (vgl. VG München, Urteil vom 07.08.2012, Az. M 5 K 11.3211,(juris)). Eine solche Antragstellung ist in dem an das SG gerichteten Schreiben des Klägers vom 02.03.2011 zu sehen, in welchem er darum bat, "prüfen zu lassen", wie sich der Tod seiner zweiten Ehefrau auf seine Rentenansprüche auswirkt. Da eine Verbescheidung des Antrags durch die Beklagte bislang noch nicht erfolgte, ist die Klage für die Zeit ab 01.04.2011 wegen Fehlens einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung unzulässig. Allerdings hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 verpflichtet, den Antrag des Klägers, der nach §§ 37, 38, 34 Abs. 3 VersAusglG ab 01.04.2011 zu einer Rückübertragung der Entgeltpunkte aus dem Versorgungsausgleich führen kann, zu verbescheiden. Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.